TE OGH 1988/9/20 5Ob603/88

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Veröffentlicht am 20.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Klinger, Dr. Petrag und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Franz (geboren 17. April 1975), Karl (geboren 27. Mai 1976), Georg (geboren 27. September 1977) und Robert (geboren 16. März 1979) E*** infolge Rekurses des Vaters Dr. Werner E***, Gesandter-Botschaftsrat, derzeit Österreichische Botschaft in Riyadh, Saudi Arabien, vertreten durch Dr. Franz Eckert, Dr. Friedrich Eckert und Dr. Rudolf Fries, Rechtsanwälte in Baden, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 12. Juli 1988, GZ 43 R 547/88-24, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 25. April 1988, GZ 3 P 12/88-17, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Es wird dem Rekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Rekursgericht die neue Entscheidung über den Rekurs des Vaters gegen den erstgerichtlichen Beschluß unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht setzte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters, eines derzeit an der Österreichischen Botschaft in Riyadh tätigen Diplomaten, ab 18. September 1987 für die mj. Karl und Georg mit je 6.200 S und für den mj. Robert mit 4.700 S monatlich fest. Dieser Beschluß wurde dem Vater im Wege des Bundesministeriums für auswertige Angelegenheiten am 7. Juni 1988 in der Österreichischen Botschaft in Riyadh zugestellt. Am 21. Juni 1988 übergab der Vater dem diplomatischen Kurier der genannten Botschaft einen an das Erstgericht adressierten Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß (siehe die vom Vertreter des Vaters vorgelegte Fotokopie des diesbezüglichen Verzeichnisses). Dieser Rekurs wurde vom Bundesministerium für auswertige Angelegenheiten am 24. Juni 1988 in Wien zur Post gegeben.

Das Rekursgericht wies den Rekurs als verspätet zurück, weil das Rechtsmittel nicht innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung des angefochtenen erstgerichtlichen Beschlusses zur Post gegeben worden ist; eine Rücksichtnahme auf das verspätete Rechtsmittel sei wegen der durch den Beschluß bereits erlangten Rechte der Kinder nicht möglich gewesen (§ 11 Abs 2 AußStrG).

Gegen den Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Rekurs des Vaters mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den gegen den erstgerichtlichen Beschluß erhobenen Rekurs einer Sachentscheidung zuzuführen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil er nicht die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche zum Gegenstand hat, sondern verfahrensrechtliche Voraussetzungen betrifft (Jud. 60 neu Punkt I); er ist auch berechtigt.

Gemäß § 89 GOG werden bei gesetzlichen oder richterlichen Fristen, die in bürgerlichen Rechtssachen - wozu auch die Außerstreitsachen gehören (Fasching, Kommentar II 670) - einer Partei zur Abgabe von Erklärungen, Anbringung von Anträgen, Überreichung von Schriftsätzen oder zur Vornahme anderer ein gerichtliches Verfahren betreffenden Handlungen offenstehen, die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet. Das bedeutet mit anderen Worten, daß es zur Wahrung einer gesetzlichen oder richterlichen Frist genügt, wenn das an das Gericht zu richtende Schriftstück am letzten Tag der Frist zur Post gegeben worden ist (Fasching aaO 671). Nun ist es zwar richtig, daß im vorliegenden Fall der Vater den Rekurs am letzten Tag der Frist (21. Juni 1988) nicht zur Post gegeben, sondern dem diplomatischen Kurier der Österreichischen Botschaft, an der er tätig ist, übergeben hat. Diese Vorgangsweise ist aber, wie dem Vater beizupflichten ist, in bezug auf die Wahrung der Frist aus folgenden Erwägungen der Postaufgabe gleichzuhalten:

Gemäß Art. 30 Abs 2 der Diplomatenkonvention BGBl. 1966/66 sind die Papiere und die Korrespondenz des Diplomaten unverletzlich. Gemäß Art. 31 Abs 1 der genannten Konvention genießt der Diplomat Immunität von der Strafgerichtsbarkeit sowie - von hier nicht in Betracht kommenden Fällen abgesehen - von der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit des Empfangsstaates (welche Immunität ihn allerdings gemäß Abs 4 dieses Artikels nicht von der Gerichtsbarkeit des Entsendestaates befreit). Der Vater ist daher als Gesandter-Botschaftsrat der Österreichischen Botschaft in Riyadh berechtigt, sich auch bei der Abwicklung seines privaten Briefverkehrs mit den österreichischen Gerichten des diplomatischen Kuriers zu bedienen. Dem entspricht, daß Zustellungen an immune österreichische Staatsbürger im Ausland durch das Bundesministerium für auswertige Angelegenheiten zu erfolgen haben (Fasching, Lehrbuch Rz 545 und Kommentar II 629; Stohanzl, ZPO4, 210; vgl. auch die zu § 89 GOG in Verbindung mit § 14 ZustG ergangene Entscheidung SZ 58/148).

Ist aber die durch einen dienstlich im Ausland weilenden österreichischen Diplomaten erfolgte Übergabe eines Rechtsmittels an den diplomatischen Kurier der Postaufgabe gleichzuhalten, dann ist der Rekurs des Vaters gegen den erstgerichtlichen Beschluß rechtzeitig erhoben worden, weshalb spruchgemäß zu beschließen war.

Anmerkung

E15216

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00603.88.0920.000

Dokumentnummer

JJT_19880920_OGH0002_0050OB00603_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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