TE OGH 1988/9/20 10Ob510/88

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Veröffentlicht am 20.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier, Dr. Angst, Dr. Bauer und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl R***, Kaufmann, 4910 Ried im Innkreis, Riedauerstraße 42, vertreten durch Dr. Johann Kahrer, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei Hans H***, Käsereiinhaber, 6262 Sennerei, Schlitters 57, vertreten durch Dr. Reinhard Bruzek, Rechtsanwalt in Elsbethen, wegen S 326.442,51 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13. Jänner 1988, GZ 3 R 265/87-21, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Juli 1987, GZ 6 Cg 459/86-15, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger verlegte in der Zeit vom 14. bis 23. April 1986 im Auftrag des Beklagten in dessen Käsereibetrieb einen Kunstharzboden und begehrt mit seiner Klage vom Beklagten die Bezahlung von 326.442,51 sA als - nach Bezahlung einer Anzahlung von S 130.000,-- - verbleibenden Rest des für seine Arbeiten vereinbarten Entgelts.

Der Beklagte wendete die "vollständige Nichterfüllung des Vertrages" ein und brachte hiezu vor, daß das Werk zahlreiche Mängel aufweise (die im einzelnen näher bezeichnet wurden) und dem Auftrag daher in keiner Weise entspreche. Die Leistung des Klägers stelle deshalb ein Aliud dar. Die Behebung der Mängel sei nur in der Form möglich, daß ein neuer Boden verlegt werde. Hiedurch würde ihm jedoch infolge der notwendigen Einstellung des Käsereibetriebes ein großer Verdienstentgang entstehen, weshalb er zum Zweck der Schadensminderung den Käsereibetrieb wieder aufgenommen habe. Der Kläger bestritt das Vorliegen der vom Beklagten behaupteten Mängel.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die vom Kläger mit der Durchführung der Arbeiten betrauten Arbeiter haben entgegen der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung den unter dem Kunststoffboden gelegenen Betonboden nicht ordentlich gefräst, den Kunststoffboden nur in einem Arbeitsgang aufgetragen, obwohl das Auftragen in zwei Arbeitsgängen vereinbart wurde, und die gemeinsam mit der Bauleitung vor der Verlegung des Kunstharzbelages durchzuführende Höhenabmessung nicht durchgeführt. Überdies wurde der Kunstharzboden zum Großteil nur in einer Dicke von insgesamt höchstens 1 cm verlegt, obwohl vereinbart worden war, daß zunächst eine Ausgleichsschicht von mindestens 1 cm aufgebracht und darauf der Kunstharzmörtelbelag in einer Dicke von 8 bis 10 mm verlegt wird.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Kläger das Werk mit erheblichen Abweichungen von der getroffenen Vereinbarung erbracht habe, weshalb der Beklagte mit Recht die Nichterfüllung des Vertrages einwende. Damit stehe ihm aber gemäß § 1052 iVm § 1170 ABGB das Recht zu, den Werklohn zurückzubehalten. Darüber hinaus sei das Werk auch im Sinne der Gewährleistungsbestimmungen mangelhaft, was den Beklagten ebenfalls berechtigte, weitere Zahlungen zurückzuhalten. Das Berufungsgericht hob infolge Berufung des Klägers das Urteil des Erstgerichtes mit Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es erblickte einen wesentlichen Verfahrensmangel darin, daß das Erstgericht zu den Mängeln des Werkes entgegen dem Antrag des Klägers nicht das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt habe. Rechtlich führte es aus, es könne zwar nicht davon gesprochen werden, daß der Kläger den Vertrag nicht erfüllt habe. Auch aufgrund der Feststellungen des Erstgerichtes könne nämlich nicht gesagt werden, daß der vom Kläger hergestellte Kunststoffboden von der Vereinbarung soweit abweiche, daß er mit dem bestellten Boden nichts mehr gemeinsam habe. Überdies habe der Beklagte das Werk angenommen, ohne Verbesserung zu verlangen. Er könne daher nicht mehr die Einwendung des nicht erfüllten Vertrages erheben, sondern sei auf Gewährleistungsansprüche beschränkt. Sein Vorbringen lasse aber die Deutung zu, daß er Preisminderung bis auf die geleistete Anzahlung von S 130.000,-- verlange. Unter diesem Gesichtspunkt sei der Sachverhalt aber noch erörterungsbedürftig, weil der Beklagte die von ihm behaupteten Mängel noch nicht genau beschrieben und auch nicht konkret behauptet habe, daß die geltend gemachten Mängel gemäß § 933 Abs 2 ABGB dem Kläger fristgerecht angezeigt worden seien. Nach Klärung dieser Fragen müßten Beweise darüber aufgenommen werden, welche Mängel das Werk des Klägers aufweise und welche Preisminderung deshalb gerechtfertigt sei. Diesen Beschluß des Berufungsgerichtes bekämpft der Beklagte mit Rekurs, in dem er beantragt, dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung des Klägers ohne Bedachtnahme auf die Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufzutragen.

Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht kann allerdings zum Teil nicht gefolgt werden. Würde es nämlich zutreffen, daß der Beklagte die zur Begründung seiner Prozeßeinwendungen notwendigen Tatsachen nicht ausreichend vorbrachte, insbesondere also die Mängel des bestellten Werkes nicht ausreichend bezeichnete, so hätte dies zur Folge, daß auf seine Einwendungen nicht Bedacht genommen werden dürfte. Es dürfte das Urteil des Erstgerichtes aber nicht aufgehoben werden, um dem Beklagten Gelegenheit zu geben, sein Vorbringen zu ergänzen (Fasching, Kommentar IV 211; 5 Ob 734/81; vgl. auch SZ 57/162 ua), zumal das Berufungsgericht über eine Berufung des Klägers zu entscheiden hatte. Der Beklagte weist in seinem Rekurs aber mit Recht darauf hin, daß er schon in der Klagebeantwortung die notwendigen Tatsachen behauptete. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich aus dem Zeitpunkt, in dem die Klagebeantwortung eingebracht wurde, ergab, daß die Mängel jedenfalls innerhalb der Frist des § 933 Abs 1 ABGB, die hier 3 Jahre betrug (HS 249, 3161/38; SZ 47/118 ua), angezeigt wurden. Näherer Behauptungen zur Einhaltung dieser Frist bedurfte es unter diesen Umständen nicht. Ferner verkannte das Berufungsgericht die Bedeutung der Einwendungen des Beklagten. Es geht daraus hervor, daß er der Meinung ist, die eingeklagte Forderung nicht bezahlen zu müssen, weil der Kläger die bestellte Leistung nicht ordnungsgemäß erbrachte. Nun ist es zwar richtig, daß die von ihm daraus abgeleitete Rechtsansicht, der Kläger habe das bestellte Werk nicht geliefert, auch dann unzutreffend ist, wenn man von den - vom Beklagten nicht bekämpften - Feststellungen des Erstgerichtes ausgeht, weil sich daraus nur ergibt, daß der Kläger ein mangelhaftes Werk, nicht aber, daß er ein anderes als das bedungene Werk herstellte. Das Berufungsgericht erkannte daher richtig, daß dem Beklagten nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nur Gewährleistungsansprüche zustehen. Dies beschränkt ihn jedoch nicht, wie anscheinend das Berufungsgericht meint, auf den Anspruch auf Preisminderung. Der Besteller des Werkes kann nämlich gemäß § 1167 ABGB bei wesentlichen, wenn nur nicht leicht behebbaren Mängeln, welche das Werk unbrauchbar machen oder der ausdrücklichen Bedingung zuwiderlaufen, vom Vertrag abgehen, also die Wandlung des Vertrages begehren, und zwar auch dann, wenn eine Verbesserung möglich wäre (SZ 49/60 ua). Mängel der angeführten Art hat der Beklagte aber behauptet. Seinem Vorbringen ist zu entnehmen, daß er an den Vertrag nicht mehr gebunden sei, also von ihm "abgehen" will und daß er demnach Wandlung begehrt. Hiefür ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht Voraussetzung, daß er - zugleich oder früher und auch nicht später - die geleistete Anzahlung zurückfordert. Ebensowenig ist es von Bedeutung, daß er bei Abgabe seiner Erklärung von der unrichtigen Rechtsansicht ausging, der Kläger habe ein Aliud geleistet.

Die im angefochtenen Beschluß enthaltene rechtliche Beurteilung ist daher mit der Maßgabe zutreffend, daß der Beklagte bei Vorliegen der von ihm behaupteten Mängel den eingeklagten Betrag infolge Wandlung des mit dem Kläger geschlossenen Werkvertrages nicht bezahlen müßte. Es sind aber auch unter diesem Gesichtspunkt Feststellungen über die Mängel erforderlich. Wenn das Berufungsgericht der Ansicht war, daß in diesem Punkt der Sachverhalt noch nicht genügend geklärt ist, und dem Erstgericht daher eine ergänzende Beweisaufnahme auftrug, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (SZ 41/68 uva).

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E15848

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0100OB00510.88.0920.000

Dokumentnummer

JJT_19880920_OGH0002_0100OB00510_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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