TE OGH 1988/9/28 1Ob627/88

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Veröffentlicht am 28.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 1. Februar 1985 verstorbenen Dr. Gunther L*** infolge Revisionsrekurses der erblasserischen Witwe Dr. Lidia L***, Ärztin, Wien 2., Kleine Pfarrgasse 26, vertreten durch Dr. Helmut Meindl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 14. März 1988, GZ 43 R 212/88-99, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 19. Oktober 1987, GZ 6 A 126/85-74 bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Dr. Gunther L*** verstarb, ohne einen letzten Willen erklärt zu haben. Er hinterläßt eine Witwe und drei Kinder aus einer früheren Ehe. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 24. Juni 1985, ON 12, wurden die von der Witwe und den drei Kindern auf Grund des Gesetzes abgegebenen bedingten Erbserklärungen vom Gericht angenommen. Allen Erben wurde gemäß §§ 810 ABGB, 145 AußStrG gemeinsam die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen. Dr. Gunther L*** hatte gemäß § 32 Abs 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien am 21. September 1979 verfügt, die bei seinem Ableben fällige Todesfallbeihilfe zur Besicherung eines bei der Ersten Österreichischen Spar-Casse aufgenommenen Darlehens zu verwenden. Er hatte die Erste Österreichische Spar-Casse als Zahlungsempfängerin zur Tilgung seiner Kreditschuld bis zur Höhe von S 210.000,-- namhaft gemacht. Auf Grund dieser Verfügung überwies die Ärztekammer für Wien am 7. März 1985 den Betrag von S 154.129,-- auf das Kreditkonto 021-01971 des Verstorbenen bei der Ersten Österreichischen Spar-Casse. Der Restbetrag der Todesfallbeihilfe in der Höhe von S 105.871,-- wurde an die erblasserische Witwe ausgezahlt. Nach dem Tod des Erblassers wurden auf das erwähnte Konto weiters von diversen Versicherungsanstalten und der Ärztekammer überwiesene Beträge von S 103.351,94 und S 88.678,93 gutgebucht. Die in den Nachlaß fallenden Liegenschaften EZ 326, 352, 353 je KG Ramsau wurden zu E 4027/86 des Bezirksgerichtes Schladming zwangsversteigert. Nach dem Verteilungsbeschluß vom 18. Februar 1988, ON 101, ist eine Hyperocha von S 1,747.497,62 vorhanden.

In der Verlassenschaftstagsatzung vom 24. Juli 1986 beantragte die erblasserische Witwe, ihr die alleinige Verfügung über den auf das Konto 021-01971 der Ersten Österreichischen Spar-Casse überwiesenen Teil der Todesfallbeihilfe von S 154.129,-- zu erteilen; nur der sich dann ergebende Restbetrag des Kontos möge an die Erben gemäß ihren Erbquoten zur freien Verfügung überwiesen werden. Die erblasserischen Kinder beantragten, den gesamten auf dem Konto erliegenden Betrag den Erben gemäß den Erbquoten zu überlassen. Das Erstgericht wies den Antrag der erblasserischen Witwe ab und ermächtigte alle Erben, gemäß ihren Erbquoten über die auf dem Konto erliegenden Nachlaßwerte zu verfügen. Ein Teil der Todesfallbeihilfe sei zu Lebzeiten des Erblassers an die Erste Österreichische Spar-Casse zediert worden, dieser Teil stehe der erblasserischen Witwe daher nicht zu.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der erblasserischen Witwe nicht Folge.

Für die Todesfallbeihilfe der Ärztekammer für Wien bestehe eine Sonderrechtsnachfolge. Die Witwe mache somit in Wahrheit als Nachlaßgläubigerin eine Forderung gegen den Nachlaß geltend. Die Entscheidung, ob eine Forderung gegen den Nachlaß befriedigt werde oder nicht, liege beim Nachlaß, dessen Vertretung nicht dem Gericht, sondern den Erben auf Grund ihrer Befugnis, den Nachlaß zu besorgen und zu verwalten, zustehe. Komme eine Einigung nicht zustande, bleibe es der Witwe unbenommen, ihre Ansprüche im ordentlichen Rechtsweg gegen den Nachlaß durchzusetzen. Nach den Verfahrensergebnissen sei der Nachlaß hoch aktiv. Das mangelnde Einverständnis der erblasserischen Witwe vermöge daher die begehrte Verfügungsermächtigung nach § 145 Abs 2 AußStrG nicht zu hindern.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der erblasserischen Witwe ist unzulässig.

Gemäß § 70 Abs 1 ÄrzteG ist beim Tod eines Kammerangehörigen oder Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung die Todesfallbeihilfe zu gewähren. Das Ausmaß dieser Beihilfe beträgt mindestens das Zehnfache der jeweiligen Grundleistung der Altersversorgung. Auf die Todesfallbeihilfe haben, sofern der Verstorbene Kammerangehörige oder Empfänger einer Alters- oder Invaliditätsversorgung nicht einen anderen Zahlungsempfänger namhaft gemacht und hierüber eine schriftliche, eigenhändig unterschriebene Erklärung beim Wohlfahrtsfonds hinterlegt hat, nacheinander die Witwe bzw. der Witwer und die Waisen Anspruch (§ 70 Abs 2 und 3 ÄrzteG). Die Todesfallbeihilfe ist aus dem Wohlfahrtsfonds zu gewähren (§ 71 ÄrzteG). Die Verwaltung des Wohlfahrtsfonds obliegt dem Verwaltungsausschuß (§ 79 Abs 1 ÄrzteG). Gegen die Beschlüsse des Verwaltungsausschusses steht dem Betroffenen das Recht der Beschwerde an den Beschwerdeausschuß zu, dessen Entscheidung durch ein ordentliches Rechtsmittel nicht angefochten werden kann (§ 79 Abs 4 und 6 ÄrzteG).

Entsteht der Anspruch auf Todesfallbeihilfe aber beim Tod und steht diese Beihilfe demjenigen zu, den der Verstorbene dem Wohlfahrtsfonds gegenüber schriftlich namhaft gemacht hat, besteht für die Ansprüche auf Todesfallbeihilfe eine Sonderrechtsnachfolge. Solche Ansprüche fallen daher nicht in den Nachlaß. Behauptet der nach § 70 Abs 3 Z 1 ÄrzteG anspruchsberechtigte überlebende Ehegatte, eine wirksame, einen anderen Zahlungsempfänger namhaft machende Erklärung des Verstorbenen läge nicht vor, und macht er seine Ansprüche nicht gemäß § 79 ÄrzteG im Verwaltungsverfahren geltend, behauptet er vielmehr, durch die zugunsten der Verlassenschaft vorgenommene Überweisung des Betrages von S 154.129,-- sei eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung erfolgt, so macht er, worauf schon das Rekursgericht hinwies, in Wahrheit als Sonderrechtsnachfolger einen Bereicherungsanspruch gegen den Nachlaß geltend, über den gemäß § 1 AußStrG nicht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist. Die behauptete offenbare Gesetzwidrigkeit oder Aktenwidrigkeit liegt daher nicht vor.

Nach § 145 Abs 2 AußStrG kann den erbserklärten Erben die Abhandlungsinstanz den rechtlichen Besitz einzelner zur Verlassenschaft gehöriger Kapitalien auch vor beendigter Abhandlung einräumen. In der Ermächtigung an alle Miterben ungeachtet behaupteter Bereicherungsansprüche der erblasserischen Witwe an den Nachlaß, gemäß ihrer Erbquoten über den Kontostand zu verfügen, kann jedenfalls dann eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht erblickt werden, wenn infolge anderer vorhandener, zum Nachlaß gehöriger Kapitalien diese Miterben selbst im ungünstigsten Fall Anspruch auf die ihnen aus diesem Konto zukommenden Beträge hätten (8 Ob 320/63; vgl. GlU 15.616).

Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

Anmerkung

E15664

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00627.88.0928.000

Dokumentnummer

JJT_19880928_OGH0002_0010OB00627_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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