TE OGH 1988/10/12 9ObA240/88

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Veröffentlicht am 12.10.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Jeitschko (Arbeitgeber) und Helga Kaindl (Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Erich G***, Kraftfahrer, Deutsch Goritz 76, vertreten durch Dr. Wilhelm Kubin, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Firma Anton H***, Kfz-Werkstätte, Deutsch Goritz 78, vertreten durch Dr. Franz Kodolitsch und Dr. Nikolaus Kodolitsch, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 99.278,56 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. April 1988, GZ 8 Ra 34/88-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 23. September 1987, GZ 33 Cga 1007/87-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 385,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist folgendes auszuführen:

Gemäß dem § 82 a lit. a GewO 1859, der nach § 376 Z 47 GewO 1973 noch weiterhin gilt, kann ein Arbeitnehmer die Arbeit vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Kündigung verlassen, wenn er die Arbeit ohne erweislichen Schaden für seine Gesundheit nicht fortsetzen kann. Nach Lehre und Rechtsprechung genügt es, daß durch die Fortsetzung der Arbeit ein gesundheitlicher Schaden befürchtet werden muß (Martinek-Schwarz AngG6 § 26 Erl. 12; Arb 9376 mwH; 9 Ob A 93/88 ua). Der Arbeitgeber muß allerdings in die Lage versetzt werden, seiner Fürsorgepflicht nachzukommen und die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, daß das Leben und die Gesundheit des Arbeitnehmers möglichst geschützt sind. Die Judikatur vertritt dazu die Auffassung, daß, sofern dem Arbeitgeber die Gesundheitsgefährlichkeit der weiteren Tätigkeit nach den Umständen nicht bekannt war, der Arbeitnehmer den Arbeitgeber vor der Geltendmachung seines Austrittsrechtes aufzuklären habe, um diesem die Möglichkeit zu geben, ihm einen zumutbaren Arbeitsplatz anzubieten (WBl 1988, 160, 9 Ob A 38/87; 9 Ob A 93/88). Hieraus ist aber für die beklagte Partei nichts gewonnen. Nach Beendigung des durch die Folgen des Unfalls vom 25. Jänner 1985 bedingten Krankenstandes von rund 1 1/2 Jahren wurde der Kläger nach Wiederantritt seiner Arbeit an der Drehbank eingesetzt, wobei jeweils nach nur wenigen Tagen neuerlich einwöchige Krankenstände auftraten. Unter diesen Umständen wäre es ein Gebot der dem Beklagten obliegenden Fürsorgepflicht gewesen, von sich aus mit dem Kläger die Frage zu erörtern, wieweit dieser im Hinblick auf die bestehenden Einschränkungen seiner Arbeitsfähigkeit - die schweren Verletzungen aus dem Arbeitsunfall waren dem Beklagten bekannt - in der Lage sei, die ihm zugewiesene Arbeit zu verrichten bzw. welche andere im Betrieb zur Verfügung stehenden Tätigkeiten für den Kläger in Frage kommen, um den bestehenden Behinderungen Rechnung zu tragen. Eine solche Initiative wurde aber vom Beklagten nicht ergriffen; nach den Feststellungen hat der Beklagte auch nicht anläßlich des im Zug der Austrittserklärung geführten Gespräches, bei dem unter anderem von einer leichteren Tätigkeit die Rede war, dem Kläger einen anderen konkreten Arbeitsplatz angeboten. Der von der Revision zitierten Entscheidung 9 Ob A 38/87 lag ebenso wie der im gleichen Sinn ergangenen Entscheidung WBl 1988, 160, ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde. In beiden Fällen war dem Arbeitgeber die Gesundheitsgefährlichkeit der weiteren Arbeit für den Arbeitnehmer nicht bekannt. Es bestanden auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte in dieser Richtung; der Arbeitgeber wurde in beiden Fällen durch die Austrittserklärung des Arbeitnehmers überrascht. Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E15508

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00240.88.1012.000

Dokumentnummer

JJT_19881012_OGH0002_009OBA00240_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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