TE OGH 1988/10/19 3Ob109/88

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Veröffentlicht am 19.10.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Martha S***-S***, Kauffrau, Graz, Josefigasse 1, vertreten durch Dr. W. Eberhard Moser, Rechtsanwalt in Graz, wider die verpflichtete Parei S***-Lichtbild Gesellschaft m.b.H., Fototechnisches Fachatelier, vertreten durch den Geschäftsführer Gerhard S***, Fotograf, Graz, Geidorfplatz 2 und Herrengasse 9/II, vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 470.000,-- sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 20. Mai 1988, GZ 4 R 193/88-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 13. April 1988, GZ 10 E 6.377/88-2, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die verpflichtete Partei schuldet der betreibenden Partei auf Grund des Wechselzahlungsauftrages des Landes- als Handelsgerichtes Graz vom 7. August 1987, 19 Cg 384/87, S 470.000,-- sA. Zu 10 E 13.046/87, neu 10 E 7.171/88, des Erstgerichtes führte die betreibende Partei zur Hereinbringung dieser Forderung unter anderem Exekution durch Pfändung und Überweisung einer der verpflichteten Partei gegen den Drittschuldner

Ö*** V*** Druck- und Verlags-GesmbH i.L. zustehenden Forderung.

Diese Drittschuldnerin erlegte zu 14 Nc 303/88 neu 16 Nc 503/88 des Erstgerichtes ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das Exekutionsverfahren gemäß § 1425 ABGB den Betrag von S 517.000,-- in Form eines auf den Inhaber lautenden Sparbuches der LANDES-H*** S*** mit der Begründung, sie schulde

diesen Betrag der verpflichteten Partei, es sei aber die Rechtslage über die Ausfolgung insbesondere aus dem Verhältnis der betreibenden Partei und des Bankhauses K*** & Co wider die verpflichtete Partei ungeklärt. Sie führte als Erlagsgegner die betreibende Partei, das Bankhaus K*** & Co und die verpflichtete Partei an. Dieser Erlag wurde vom Gericht angenommen. Das Bankhaus K*** & Co teilte in der Folge mit, daß es auf den

hinterlegten Geldbetrag keine Forderungen mehr stelle; diese Mitteilung wurde vom Erlagsgericht zur Kenntnis genommen. Die betreibende Partei beantragte hierauf unter Hinweis auf das Ausscheiden des Bankhauses K*** & Co mit Bezugnahme auf das Erlagsverfahren 14 Nc 303/88, ihr zur Hereinbringung der schon zu 10 E 13.046/87, neu 10 E 1.171/88, betriebenen Forderung die Exekution durch 1.) Pfändung und Überweisung der der verpflichteten Partei neben der betreibenden Partei gegen das Gericht zustehenden Forderung auf Herausgabe des hinterlegten Sparbuches,

2.) Überweisung der Forderung der verpflichteten Partei aus diesem Sparbuch und 3.) Erlassung eines Auftrages an das Erlagsgericht, die Einlage dieses Sparbuches ohne Kündigung zu beheben, den Erlös des Sparbuches zur Erlagsmasse zu nehmen und sodann die Masse bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei zu überweisen.

Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag mit der Begründung ab, daß das strittige Sparbuch trotz des Erlages nach § 1425 ABGB noch im Eigentum der Erlegerin stehe, sodaß der verpflichteten Partei noch kein Herausgabeanspruch zustehe.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß nur in Ansehung einiger Kostenbeträge, änderte ihn aber im übrigen dahin ab, daß die Exekution durch Pfändung und Überweisung des Anspruches auf Herausgabe des hinterlegten Sparbuches bewilligt wurde. Obwohl dieser Herausgabeanspruch derzeit noch bedingt sei, könne er schon gepfändet werden. Mit der Bewilligung der Pfändung und Überweisung sei die Tätigkeit des Exekutionsgerichtes beendet. Dem Erlagsgericht obliege das Ausfolgungsverfahren nach den §§ 314 f GeO. Eine gegebenenfalls zu Handen des Gerichtsvollziehers vorzunehmende Ausfolgung des Sparbuches auf Grund dieser Exekution wäre erst zulässig, wenn sich die betreibende Partei als Ersterlagsgegnerin (ähnlich wie die Zweiterlagsgegnerin) im Ausfolgungsverfahren eindeutig damit einverstanden erkläre, denn ihre Rechte als Erlagsgegnerin blieben von der Exekutionsführung unberührt. Die Ö*** L*** AG Filiale Graz teilte nach

Erlassung dieser Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz dem Erlagsgericht mit, daß die betreibende Partei ihr ihre Forderung aus dem Wechselzahlungsauftrag 19 Cg 384/87 abgetreten habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den abändernden Teil der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz ist nicht berechtigt.

Die seinerzeitige Drittschuldnerin zu 10 E 13.046/87 wäre berechtigt gewesen, den Erlag nach § 307 Abs 1 EO vorzunehmen, weil die überwiesene Forderung nicht nur von der betreibenden Partei, sondern auch vom Bankhaus K*** & Co in Anspruch genommen wurde. Nach Aufhebung der Rechte dieser Person hätte dann im Exekutionsverfahren die Zuweisung an die betreibende Partei erfolgen können, und das jetzige weitere Exekutionsverfahren wäre entbehrlich. Tatsächlich erfolgte aber der Erlag nicht nach § 307 Abs 1 EO. Einerseits wurde nicht auf diese Bestimmung oder das anhängige Exekutionsverfahren Bezug genommen, andererseits wurde als Erlagsgegner ausdrücklich auch die verpflichtete Partei bezeichnet, die jedoch nicht als Erlagsgegner nach § 307 Abs 1 EO in Frage kommt (Heller-Berger-Stix 2199).

Der Erlag ist daher ausschließlich nach § 1425 ABGB zu beurteilen. Die Ausfolgung an einen der Erlagsgegner ist danach nur möglich, wenn alle der Ausfolgung zustimmen. Nach Wegfall des Bankhauses K*** & Co als Erlagsgegner sind nur mehr die betreibende Partei und die verpflichtete Partei als Erlagsgegner verblieben. Die betreibende Partei hätte die Möglichkeit gehabt, die verpflichtete Partei aufzufordern, die Zustimmung zur Ausfolgung des hinterlegten Betrages (Sparbuches) an die betreibende Partei zu erteilen, und bei Verweigerung der Zustimmung auf Erteilung der Zustimmung zu klagen (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 37 zu § 1425 ABGB mwN). Unter Vorlage der Zustimmungserklärung oder des diese ersetzenden Urteiles kann die Ausfolgung im außerstreitigen Verfahren erfolgen.

Aber auch die von der betreibenden Partei gewählte Vorgangsweise führt zum selben Ergebnis und kann ihr daher nicht verwehrt werden. Sie konnte zur Hereinbringung ihrer Forderung den bedingten Ausfolgungsanspruch des Verpflichteten pfänden und sich überweisen lassen. Nach rechtskräftiger Überweisung kann die betreibende Partei nach Verzicht auf ihre eigene Stellung als Erlagsgegnerin anstelle der verpflichteten Partei als dann einzig verbliebenem Erlagsgegner unter Hinweis auf ihre Stellung als Überweisungsgläubigerin im Außerstreitverfahren die Ausfolgung des erlegten Betrages (Sparbuches) erlangen. Der erkennende Senat schließt sich damit trotz der Kritik von Hoyer (Entscheidungsbesprechung JBl. 1974, 625) zumindest im Ergebnis der Entscheidung SZ 46/107 an. Die betreibende Partei kann in ihrem Ausfolgungsantrag an das Erlagsgericht als Überweisungsgläubigerin statt der verpflichteten Partei die Ausfolgung zu ihren Handen zu begehren und dieser Ausfolgung im eigenen Namen zustimmen. Weshalb § 308 Abs 1 EO dem Überweisungsgläubiger im Falle einer solchen Exekution nicht das Recht verschaffen soll, namens des Verpflichteten beim Außerstreitgericht die Ausfolgung des im Überweisungsbeschluß bezeichneten Betrages nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung und des Eintritts ihrer Fälligkeit zu begehren, ist nicht ersichtlich; denn eine über die Zwecke der Forderungspfändung hinausgehende Verfügung über die gepfändete Forderung erfolgt dadurch nicht. Da überdies die Kosten eines Exekutionsantrages niedriger sind als die Kosten einer Rechtfertigungsklage nach § 1425 ABGB, dient dieser Weg auch dem wohlverstandenen Interesse der verpflichteten Partei. Auf die Besonderheit des vorliegenden Falles, daß statt eines Geldbetrages ein Inhabersparbuch erlegt wurde und der Einlagenstand des Sparbuches mit zwischenzeitig angefallenen Zinsen unter Umständen höher als die betriebene Forderung ist, ist im jetzigen Verfahrensstadium nicht einzugehen, weil über den Verwertungsantrag der betreibenden Partei noch nicht entschieden wurde (siehe dazu aber Entscheidungen wie EvBl 1986/140 sowie die Bestimmung des § 304 Abs 1 EO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78 EO und 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E15705

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00109.88.1019.000

Dokumentnummer

JJT_19881019_OGH0002_0030OB00109_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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