TE OGH 1988/10/20 12Os98/88

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Veröffentlicht am 20.10.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Oktober 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Elzbieta F*** wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs 1, 86 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. November 1987, GZ 9 e Vr 5157/87-54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Elzbieta F*** wurde mit dem angefochtenen Urteil ua des Verbrechens (im Urteilsspruch versehentlich: "Vergehens") der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs 1, 86 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat sie am 8.Mai 1987 in Wien ihren Ehemann Rudolf F*** vorsätzlich am Körper verletzt, indem sie ihn mit einem Küchenmesser attackierte und ihm neben oberflächlichen Hautverletzungen einen Herzstich zufügte, wobei die Tat den Tod des Geschädigten zur Folge hatte (Punkt 4 des Urteilssatzes).

Der ausdrücklich nur gegen diesen Teil des Schuldspruchs aus den Gründen der Z 5, 5 a, 9 lit a, 9 lit b und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Die Nichterörterung der Aussage des Zeugen Bezirksinspektor S*** über das Zustandekommen der ersten niederschriftlichen Vernehmung der Angeklagten bei der Polizei vermag die behauptete Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (Z 5) nicht zu bewirken, weil der Aussage dieses Zeugen (S 97 a/II und verso) - dem Beschwerdevorbringen zuwider - keineswegs zu entnehmen ist, daß sich die Angeklagte schon bei der Polizei damit verantwortet hätte, ihr Ehemann wäre selbst in das von ihr festgehaltene Messer gestürzt. Der Zeuge hat vielmehr angegeben, daß infolge einer zunächst nur unzureichenden Erklärung der Angeklagten, wie es zur Stichverletzung gekommen sei, von seiten der Vernehmungsbeamten nach der Möglichkeit gefragt wurde, ob das Tatopfer allenfalls "ins Messer hineingelaufen ist", was die Angeklagte aber mit der nach "unzähligen Zwischenfragen abgeklärten Formulierung", daß sie "das Messer gegen seinen Körper stieß" (S 45/I), implizit verneint hat.

Da sonach die Aussage des Zeugen S*** den Urteilsannahmen (US 18) keineswegs widerstreitet, mußte sich das Erstgericht damit nicht eigens auseinandersetzen.

Es versagt aber auch der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand der Aktenwidrigkeit (Z 5), weil die (zusammenfassende) Wiedergabe der Verantwortung der Angeklagten im Urteil (US 25, 27) dahin, daß sie sich auf die erwähnte Tatversion erst beim Untersuchungsrichter berufen hat, nach dem Vorgesagten der Aktenlage entspricht, zumal sie auch den Sachverständigen Dr. Q*** und Dr. J*** noch nichts davon mitteilte, vielmehr eine aktive Stichführung nicht bestritten und nur eingeschränkt hat, daß sie Rudolf F*** damit "eigentlich nur abschrecken wollte" (S 393/I) und nicht genau sagen könne, "wohin sie gestochen und wie sich das Ganze abgespielt hat" (S 461/I).

Die Notwehrverantwortung der Angeklagten hat das Erstgericht im Urteil erörtert und ausdrücklich abgelehnt (US 37, 38). Mit der bloßen Wiederholung ihrer Behauptung, daß ihr Ehemann unmittelbar vor dem tödlichen Messerstich neuerlich auf sie in drohender Haltung zugegangen sei, die Hände schreiend erhoben hätte und sie wieder am Hals ergreifen wollte, vermag die Beschwerdeführerin keinen formellen Begründungsmangel (Z 5), insbesondere keine Unvollständigkeit des Urteils darzutun, zeigt sie doch damit keinerlei Verfahrensergebnisse auf, die diese Verantwortung stützen könnten und mit denen sich das Erstgericht daher hätte auseinandersetzen müssen.

Eine vorsätzliche Stichführung hat das Schöffengericht auf Grund ihrer Angaben vor der Polizei (US 26) und im Rahmen der Exploration durch die beiden Sachverständigen (US 27), sowie wegen der vom gerichtsmedizinischen Gutachter für erforderlich angesehenen Wucht des Stiches (US 39) als erwiesen angenommen, wobei es der beim Untersuchungsrichter und dem Sinne nach auch in der Hauptverhandlung gewählten Verantwortung der Beschwerdeführerin, das Tatopfer sei auf sie zugetreten und habe sich dabei das Messer in die Brust gerannt (vgl. US 27), ersichtlich auch deshalb nicht gefolgt ist, weil diesfalls zu erwarten gewesen wäre, daß sie sich von allem Anfang an darauf mit Bestimmtheit und Deutlichkeit berufen hätte, was aber - wie schon dargelegt - keineswegs der Fall war. Daß sie bei der Tat aus Zorn gehandelt hat (US 18) - was übrigens nur das für die Schuldfrage belanglose Motiv betrifft -, erschlossen die Tatrichter aus früherem aggressiven Verhalten der Angeklagten (US 11, 42/43) zu Recht, zumal sich dafür auch in ihrer eigenen Verantwortung verläßliche Anhaltspunkte finden (S 44/I, 77/II).

Rechtliche Beurteilung

Der insoweit der Sache nach erhobene Vorwurf unzureichender Begründung (Z 5) ist daher unberechtigt.

Im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag die Beschwerdeführerin aus den Akten keine Umstände aufzuzeigen, die Anlaß zu (erheblichen) Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen bieten könnten.

Die Rechtsrüge, mit der die Angeklagte einerseits auf einen Freispruch mangels eines "mit ausreichender Sicherheit" festgestellten Verschuldens (Z 9 lit a) abzielt, andererseits (Z 9 lit b) unter Hinweis auf ihr Vorbringen zur Mängelrüge ersichtlich Feststellungen im Sinne ihrer Notwehrverantwortung reklamiert, ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil sie die Konstatierungen zur objektiven und subjektiven Tatseite des ihr zur Last liegenden Verbrechens und insbesondere den Ausspruch des Erstgerichtes übergeht, wonach die tatsächlichen Voraussetzungen für den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtfertigungsgrund (§ 3 StGB) eben nicht gegeben waren.

Der behauptete Fehler in der Vorhaftanrechnung stellt nach der neuen Rechtslage nur mehr einen Berufungsgrund dar (§ 283 Abs 2 StPO nF).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - nach Anhörung der Generalprokuratur - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführt, im übrigen aber als offenbar unbegründet sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Berufungsentscheidung folgt (§ 285 i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Beschwerdeführerin ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

Anmerkung

E15587

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00098.88.1020.000

Dokumentnummer

JJT_19881020_OGH0002_0120OS00098_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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