TE OGH 1988/10/20 7Ob682/88

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Veröffentlicht am 20.10.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Egermann, Dr.Kodek und Dr.Niederreiter als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Manfred G***, technischer Angestellter, Mühlleiten 73, vertreten durch Dr.Johannes Riedl, Rechtsanwalt in Stadt-Haag, wider die Antragsgegnerin Rudolfine G***, derzeit unbekannten Aufenthaltes, vertreten durch den Prozeßkurator Dr.Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 9. Juni 1988, GZ 47 R 378/88-22, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Groß Enzersdorf vom 8.April 1988, GZ F 2/87-17, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die am 9.Februar 1980 zwischen den Streitteilen geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 8. Oktober 1986, 12 Cg 9/87, aus dem Alleinverschulden der Antragsgegnerin geschieden. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller verlassen und ist derzeit unbekannten Aufenthaltes. Die Streitteile sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 752 KG Oberhausen, auf der sie gemeinsam ein Einfamilienhaus errichtet haben. Es haften derzeit Verbindlichkeiten von 2,160.545,98 S aus.

Das Erstgericht hat den Häfteanteil der Antragsgegnerin an der Liegenschaft an den Antragsteller übertragen und diesen verpflichtet, sämtliche noch aushaftenden Schulden zu bezahlen und die Antragsgegnerin diesbezüglich schad- und klaglos zu halten. Es ging hiebei von einem Wert der Liegenschaft von 2,640.000 S aus. Im Hinblick auf das Verschulden der Antragsgegnerin an der Ehescheidung und den Umstand, daß durch ihr Verhalten dem Antragsteller wirtschaftliche Nachteile erwachsen seien, vertrat es die Rechtsansicht, daß die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens im Verhältnis 2 : 1 zugunsten des Antragstellers zu erfolgen habe. Unter Berücksichtigung der Schulden würde die vorgenommene Aufteilung demnach den Antragsteller sowieso schlechter stellen als dies gerechtfertigt wäre, weshalb die Festsetzung einer Ausgleichszahlung nicht gerechtfertigt sei.

Das Rekursgericht hat die Entscheidung des Erstgerichtes aufgehoben und einen Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluß für zulässig erklärt. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, den Billigkeitserwägungen nach § 81 Abs. 1 EheG müsse das gesamte Vermögen zugrundegelegt werden. Der Grund für die Ehescheidung spiele nur insoweit eine Rolle, als er Einfluß auf die Vermögensentwicklung gehabt habe. Es fehle diesbezüglich ebenso an Feststellungen, wie über weiteres, allenfalls in das Aufteilungsverfahren einzubeziehendes Vermögen. Das Verfahren müsse daher in diesem Sinne ergänzt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsteller gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.

Daß das Verschulden an der Auflösung der Ehe nur dann ein Kriterium für die Billigkeitsentscheidung nach § 83 EheG ist, wenn es für die vermögensrechtliche Entwicklung während der Ehe im weitesten Sinne bedeutsam war, entspricht nunmehr ständiger Judikatur (JBl. 1986, 116 ua).

Daß die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Verbindlichkeiten gemäß § 83 Abs. 1 EheG nach Billigkeit vorzunehmen ist, ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut. Richtig hat das Rekursgericht erkannt, daß eine solche Billigkeitsentscheidung nur unter Zugrundelegung des gesamten ehelichen Gebrauchsvermögens und Schuldenstandes möglich ist und daß für die Beurteilung der Frage, inwieweit ein Verhalten eines Ehegatten die Zuweisung eines größeren Vermögensanteiles an den anderen Ehegatten rechtfertigen könnte, die Umstände der Vermögensentwicklung bekannt sein müssen. Ferner ist auch zu berücksichtigen, in welchem Umfang die Ehegatten zu der Vermögensbildung beigetragen haben bzw. inwieweit eine Verschlechterung der Vermögenslage auf das Verhalten eines Ehegatten zurückzuführen ist. Diese Umstände sind hier, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, nicht geprüft worden. Dem kann auch der Revisionsrekurs nichts entgegensetzen. Er enthält lediglich - zum Teil neue Behauptungen über Umstände, die nach der richtigen Rechtsansicht des Rekursgerichtes erhoben werden müssen. Die dem Erstgericht vom Rekursgericht aufgetragenen Erhebungen können aber nicht durch einseitige Behauptungen einer Partei ersetzt werden.

Im übrigen gilt auch im Aufteilungsverfahren der Grundsatz, daß, falls das Rekursgericht, ausgehend von einer richtigen Rechtsansicht, eine Erweiterung der sachlichen Entscheidungsbasis für erforderlich hält, der Oberste Gerichtshof dem nicht entgegentreten kann.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG, weil erst nach Abschluß des Verfahrens beurteilt werden kann, inwieweit die Verpflichtung einer Partei zur Kostentragung der Billigkeit entspricht.

Anmerkung

E15477

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00682.88.1020.000

Dokumentnummer

JJT_19881020_OGH0002_0070OB00682_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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