TE OGH 1988/11/9 14Os160/88

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Veröffentlicht am 09.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.November 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Nicolas S*** und Paul-Friedrich P*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23.Juni 1988, GZ 4 c Vr 5294/87-239, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gemäß § 285 i StPO werden die Akten zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurden der 42jährige Paul Friedrich P*** und der 55jährige Nicolas S*** des gemeinsam begangenen und unter Benützung von falschen Urkunden verübten Verbrechens des schweren Betruges - Schadenshöhe: rund 32 Millionen Schilling - zum Nachteil der Firma CGL Handelsgesellschaft mbH schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Die von ihnen dagegen aus den Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind teils offenbar unbegründet, zum Teil entbehren sie einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Den Verfahrensrügen (Z 4) der beiden Angeklagten zuwider wurde ihr Antrag (siehe Bd XIX S 141 b), den Geschäftsführer der Firma C*** als Zeugen zum Beweis dafür zu vernehmen, daß bereits im November 1984 zwischen der Firma I*** und dem Zweitangeklagten Geschäfte getätigt wurden, nicht abgelehnt; vielmehr wurde diesem Begehren durch Einvernahme des Zeugen H*** (vgl Bd XIX S 261 ff) voll Rechnung getragen. Das gilt der Sache nach auch für den Antrag des Verteidigers des Erstangeklagten, den für Bulgarien zuständigen Referenten der Bundeskammer der Gewerblichen Wirtschaft als Zeugen darüber zu hören, "welche Geschäfte die I*** nach Kenntnis der Bundeskammer durchführt" (vgl Bd XIX S 182). Hat doch das Schöffengericht in Entsprechung dieses Antrages einen informierten Vertreter der Bundeskammer als Zeugen geladen (Bd XIX S 199), von der Kammer aber die Antwort erhalten (ON 230 in Bd XIX), daß die betreffende Abteilung nicht in der Lage sei, Angaben zur Sache zu machen, welches Schreiben nach Verlesung (Bd XIX S 216) vom Antragsteller kommentarlos zur Kenntnis genommen wurde. Verteidigungsrechte der Angeklagten wurden aber auch durch die Ablehnung ihres Begehrens, den (amerikanischen) Rechtsanwalt Dr.A*** als Zeugen darüber zu vernehmen, daß die Angeklagten in den USA nicht gemeinsam wohnten und P*** von S*** nicht versteckt wurde, nicht geschmälert, weil im Urteil keine der beiden vom beantragten Zeugen zu widerlegenden Tatsachen als erwiesen angenommen, sondern lediglich konstatiert wurde, daß die Beschwerdeführer in den USA (nach der Tat) häufig mitsammen gesehen wurden (US 34). Daß auch letzteres durch Dr.A*** widerlegt werden sollte, ist dem Wortlaut der Beweisanträge (Bd XIX S 141 f) nicht zu entnehmen und kann im Rahmen der Beschwerden nicht nachgetragen werden (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 § 281 Z 4 Nr 41). Dem Antrag der Angeklagten, die bei der geschädigten Firma CGL erliegenden (verfahrensgegenständlichen) Dokumente beizuschaffen, "um eine Überprüfung durch das EKF vornehmen zu lassen, ob hier Fälschungen vorgenommen wurden", wurde insoweit entsprochen, als die gewünschten schriftlichen Unterlagen bei der CGL angefordert und von dieser übermittelt wurden (vgl Band XIX ON 222). Die Beischaffung von ähnlichen Dokumenten zum Zweck der Überprüfung durch das Büro für EKF wurde versucht, ist aber nicht gelungen (vgl US 34 f). Nach den Urteilsfeststellungen (vgl US 16) handelte es sich bei den angeblich aus Bulgarien stammenden Dokumenten zudem durchwegs um komplette Fälschungen, weshalb völlig im Dunkeln bleibt, welchen Sinngehalt die Formulierung "ob jetzt Fälschungen vorgenommen wurden" besitzen sollte. Abgesehen davon, daß es - wie bereits oben erwähnt - bei der Beurteilung von Zwischenerkenntnissen auf den Zeitpunkt der Antragstellung ankommt, entbehren auch die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen - es hätte überprüft werden sollen, ob "nachträgliche" Fälschungen vorgenommen wurden - der für eine argumentative Erörterung erforderliche Klarheit. Eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten ist also auch insoweit nicht ersichtlich.

Ebensowenig begründet wie die Verfahrensrügen sind die Mängel- und Tatsachenrügen (Z 5 und 5 a) der Angeklagten. Dem Urteil haften keine formalen Begründungsmängel in der Bedeutung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes an. Die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Argumente sind nicht geeignet, Bedenken gegen die tatbestandsrelevanten Feststellungen des Schöffengerichtes zu erwecken.

Der Angeklagte P*** bemängelt eine unzureichende Begründung der zur inneren Tatseite getroffenen Urteilsfeststellungen, übergeht dabei jedoch mit Stillschweigen die umfangreichen Urteilserwägungen zu diesem Punkt (vgl US 25 ff). So wird negiert, daß die Tatrichter der Verantwortung des Angeklagten S*** in der Hauptverhandlung, die Einschaltung der Firma in Liechtenstein sei "über Vorschlag der Bulgaren erfolgt" und er habe damit nichts zu tun gehabt, mit denkrichtiger Begründung (US 23) den Glauben versagten und dem folgten, was er vor dem Untersuchungsrichter zu dieser Frage angegeben hatte. Daß der Angeklagte P*** gegenüber Dr. B*** - einem leitenden Angestellten der geschädigten Firma - "seinem Entsetzen" darüber Ausdruck gab, "daß die Dinge so verlaufen sind" (Band XIX S 133), mußte im Lichte des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers nicht speziell erörtert werden, zumal es notorisch ist, daß Straftäter sehr oft vor ihrer Überführung die Folgen ihres Verhaltens verurteilen, um den Verdacht von sich abzulenken. Wenn P*** in seiner Beschwerde vermeint, durch die im Urteil konstatierte Tatsache, er habe (nach dem Aufkommen des Betruges) der Polizei seine Mitarbeit zur Aufklärung der Sache angeboten und sei nicht gleich aus Österreich weggezogen, werde die Annahme, er habe bei dem betrügerischen Geschäft mitgewirkt, entkräftet, macht er damit keinen formalen Begründungsmangel geltend. Es werden dadurch aber auch keine Bedenken gegen die seine Mittäterschaft betreffenden Urteilsfeststellungen erweckt (Z 5 a), zumal die Beschwerde die weitere im gegebenen Zusammenhang getroffene Konstatierung übergeht, wonach sich P*** in die USA absetzte, sobald er feststellen konnte, daß sich allmählich die Verdachtsmomente und Erhebungen auch gegen seine Person richteten (US 29). Sanktionslos unterbleiben konnte schließlich eine Erörterung der in der Beschwerde zitierten, aus dem Zusammenhang gelösten Erklärung des Funktionärs der Firma I***, M***, gegenüber dem Zeugen Dr.B***, "er wisse, worum es gehe", nachdem ihm Dr.B*** die Papiere gezeigt hatte. Denn im Kontext gelesen (vgl Band XIX S 133 ff) kann dieser Äußerung von Direktor M*** keineswegs der ihr in der Beschwerde beigelegte Inhalt - M*** habe S*** gekannt und um den Inhalt des betrügerischen Geschehens gewußt - unterstellt werde; wird doch vom Zeugen Dr.B*** im gegebenen Zusammenhang ausdrücklich betont, M*** habe ihm gegenüber (während des selben Gesprächs) erklärt, er kenne die Firma des Angeklagten S*** nicht, habe mit dieser keinen Geschäftskontakt gehabt und es habe sich beim Vergleich der Dokumente herausgestellt, daß die in Frage stehenden nicht dort (das heißt also bei der Firma I***) ausgestellt wurden (vgl abermals Band XIX S 133 ff). Weil das Delikt des Betruges mit dem Eintritt des Vermögensschadens vollendet ist - vorliegend also spätestens mit der am 6.Februar 1985 erfolgten Überweisung von rund

1,4 Millionen US-Dollar an die Firma M*** AG - ist es für die Beurteilung der Schuld der beiden Angeklagten ohne Belang, wie der betrügerisch herausgelockte Betrag in der Folge aufgeteilt wurde und auf welche Summe sich nach den mittlerweile erfolgten Rückzahlungen der (Rest-)Schaden der betrogenen Firma beläuft. Auf die sich mit diesen Punkten befassenden - sachlich gleichlautenden - Teile der beiden Nichtigkeitsbeschwerden mußte somit nicht weiter eingegangen werden.

Auch die weiteren Beschwerdeausführungen des Angeklagten S*** decken sich der Sache nach mit jenen des Angeklagten P***, sodaß auf die Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten verwiesen werden kann.

Den auf die Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rügen der beiden Angeklagten ist zu entgegnen, daß die in den Rechtsmitteln angeführten Umstände weder einzeln noch im Zusammenhalt (§ 258 StPO) geeignet sind, Bedenken gegen die in der Schuldfrage getroffenen Tatsachenfeststellungen des Schöffengerichtes zu erwecken, wobei auch in diesem Zusammenhang zu betonen ist, daß die Einwendungen der Angeklagten in den entscheidenden Punkten die detaillierten, schlüssigen und lebensnahen Urteilsausführungen, aus denen ihr schuldhaftes Verhalten hergeleitet wird, mit Stillschweigen übergehen und sich damit von vornherein einer sachbezogenen Erörterung - welche stets sämtliche Prämissen zu umfassen hat - entziehen.

Es waren sonach die Nichtigkeitsbeschwerden teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die übrigen Entscheidungen fußen auf den bezogenen Gesetzesstellen.

Anmerkung

E15619

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00160.88.1109.000

Dokumentnummer

JJT_19881109_OGH0002_0140OS00160_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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