TE OGH 1988/11/15 4Ob609/88

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Veröffentlicht am 15.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Karl M***, geboren am 26. November 1970, infolge Revisionsrekurses der ehelichen Eltern Josef M*** und Stefanie M***, Landwirte, Trasdorf 31, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 11. Mai 1988, GZ R 258/88-37, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Tulln vom 25. März 1988, GZ P 43/84-34, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der - als "Beschwerde" bezeichnete - Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Eheleute Josef und Stefanie M*** - die ehelichen Eltern des mj. Karl M*** - nahmen mit dem am 20. Oktober 1986 errichteten Notariatsakt das an den Minderjährigen gerichtete Schenkungsanbot des Landwirtes Stefan H*** betreffend die Liegenschaft EZ 324 Grundbuch Trasdorf mit dem Grundstück 1835 an. Stefan H*** hatte dieses Grundstück am 7. November 1985 in einem gegen Aloisia M*** als grundbücherlicher Eigentümerin geführten Zwangsversteigerungsverfahren des Erstgerichtes um das Meistbot von S 210.000 erworben. Die Liegenschaft dient unter anderem auch als Zufahrt zum Grundstück 1836 der EZ 31 Grundbuch Trasdorf, das - neben anderen Grundstücken - in einem gegen die Eltern des Minderjährigen geführten Zwangsversteigerungsverfahren von dem Landwirt Josef P*** um das Meistbot von S 14,800.000 erworben worden war. Am 9. Februar 1987 beantragte der Vater des Minderjährigen, den Schenkungsvertrag pflegschaftsbehördlich zu genehmigen.

Das Erstgericht bestellte den Notarsubstituten Dr. Walter Z*** zum Kollisionskurator zur Vertretung des Minderjährigen in dem Verfahren zur Genehmigung dieses Schenkungsvertrages und zur Verwertung der Liegenschaft. Es sei offenkundig, daß der Schenkungsvertrag nicht im Interesse des Minderjährigen abgeschlossen worden sei; die Eltern verfolgten damit bloß eigene, mit der Abwehr der durch die Versteigerung der eigenen Liegenschaft eingetretenen Folgen zusammenhängende - realitätsfremde - Ziele. Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes; es bejahte das Vorliegen einer Interessenkollision und erachtete die von den Eltern des Minderjährigen gegen die Person des Kollisionskurators erhobenen Bedenken als nicht stichhaltig.

Rechtliche Beurteilung

Der als "Beschwerde" bezeichnete Revisionsrekurs der Eltern ist verspätet.

Der angefochtene Beschluß wurde den Eltern am 11. Juli 1988 zugestellt. Das am 25. Juli 1988 erhobene und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtete Rechtsmittel langte beim Obersten Gerichtshof am 27. Juli 1988 ein und wurde noch am selben Tag dem Erstgericht zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung übermittelt, wo es erst am 28. Juli 1988 - somit nach Ablauf der 14tägigen Rechtsmittelfrist (§ 11 Abs. 1 AußStrG) - eingelangt ist.

Auch im Außerstreitverfahren sind Rekurse bzw. Revisionsrekurse gegen die Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz beim Erstgericht einzubringen. Ein unmittelbar beim Obersten Gerichtshof eingebrachter Revisionsrekurs muß daher, um rechtzeitig zu sein, noch innerhalb der Rekursfrist beim Erstgericht einlangen (EvBl. 1961/153; NZ 1965, 29; EvBl. 1976/11; EFSlg. 37.298 u.v.a.). Das war hier nicht der Fall.

Gemäß § 11 Abs. 2 AußStrG bleibt es zwar dem Ermessen des Gerichtes überlassen, auch nach verstrichener Frist auf Rekurse in denjenigen Fällen Rücksicht zu nehmen, in denen sich die Verfügung ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt; dabei ist "Dritter" jede am Verfahren beteiligte, vom Rechtsmittelwerber verschiedene Person (SZ 18/121; SZ 23/99). Durch die Bestellung des Kollisionskurators hat aber der Minderjährige bereits das Recht erworben, durch diesen vertreten zu werden (vgl. 2 Ob 561/83; 2 Ob 625/84; 7 Ob 613/86; 4 Ob 549/87). Auf den verspäteten Revisionsrekurs kann daher nicht Bedacht genommen werden.

Anmerkung

E15722

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00609.88.1115.000

Dokumentnummer

JJT_19881115_OGH0002_0040OB00609_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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