TE OGH 1988/11/16 3Ob131/88

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Veröffentlicht am 16.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei C***-B***, Wien 1,

Schottengasse 6, vertreten durch Dr. Harald Beck ua, Rechtsanwälte in Eisenstadt, wider die verpflichteten Parteien 1) Herbert D***, Arbeiter, Jennersdorf, Grieselstein 224, und 2) Maria D***, Hausfrau ebendort, wegen 21.660 S sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 11.Juli 1988, GZ R 223/88-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Jennersdorf vom 16. Juni 1988, GZ E 1185/88-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

Zur Hereinbringung von 21.660 S samt Nebengebühren wird der neuerliche Vollzug der mit Beschluß des Bezirksgerichtes Jennersdorf vom 9.Juni 1987, E 1290/87-1, bewilligten Exekution durch Pfändung der den verpflichteten Parteien zustehenden Forderungen nach § 290 EO durch neuerliche Drittschuldneranfrage nach § 294 a Abs 1 Z 2 EO bewilligt.

Die Kosten der betreibenden Partei für einen Antrag auf neuerlichen Vollzug werden mit 212,36 S (darin 19,31 S Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Das Mehrbegehren der betreibenden Partei, ihr eine neue Exekution nach § 294 a EO zu bewilligen, wird abgewiesen. Die verpflichteten Parteien sind schuldig, der betreibenden Partei die mit 2.593,64 S (darin 235,79 S Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmten Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz zu ersetzen."

Text

Begründung:

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 9.Juni 1987, E 1290/87, wurde zu Gunsten der betreibenden Partei zur Hereinbringung von 21.660 S samt Anhang unter anderem die Pfändung und Überweisung der Dienstbezüge der beiden verpflichteten Parteien im Sinne des § 294 a EO bewilligt. Die Anfrage beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger ergab am 17.Juni 1987, daß beim Erstverpflchteten zwar die angeführten Daten, aber keine Drittschuldner, und bei der Zweitverpflichteten die angefragten Daten nicht gespeichert waren. Das Erstgericht ordnete daraufhin mit Beschluß vom 25.Juni 1987 die Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses an die betreibende Partei und die beiden verpflichteten Parteien an. Weitere Anträge wurden in diesem Exekutionsverfahren zur Exekution nach § 294 a EO nicht gestellt. Am 13.Juni 1988 stellte die betreibende Partei auf Grund desselben Exekutionstitels zur Hereinbringung derselben Forderung einen neuen Antrag auf Bewilligung der Exekution durch Pfändung und Überweisung der Dienstbezüge der beiden verpflichteten Parteien im Sinne des § 294 a EO. Auf die frühere Exekution wurde in diesem neuen Antrag insofern Bezug genommen, als jetzt die Exekution nicht nur zur Hereinbringung der Hauptsache, der Zinsen und der Kosten des Titelverfahrens, sondern auch zur Hereinbringung der Exekutionskosten aus E 1290/87 beantragt wurde.

Das Erstgericht wies diesen Exekutionsantrag unter Bezugnahme auf den Aufsatz von Konecny in ÖJZ 1985, 335 mit der Begründung ab, daß wegen der Möglichkeit der Fortsetzung der Forderungsexekution E 1290/87 die neuerliche Bewilligung desselben Exekutionsmittels unzulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der betreibenden Partei wider die verpflichteten Parteien zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung "von 21.660 S samt Anhang" die Exekution durch Pfändung von Dienstbezügen gemäß § 294 a EO bewilligt werde, und sprach aus, daß der Rekurs zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß die

Formulierung des § 294 a EO (..... darf ein Exekutionsantrag vor

Ablauf eines Jahres .... nur dann wiederholt werden, wenn ...) gegen

die Ansicht von Konecny spreche. Die Exekution nach § 294 a EO sei eine besondere Exekutionsart, die nach negativer Auskunft des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger ins Leere gegangen sei. Dem neuen Exekutionsantrag stehe daher auch keine Rechtskraftwirkung der früheren Exekutionsbewilligung entgegen. Den gegenteiligen Darlegungen von Mohr in RdW 1988, 91 könne ebenfalls nicht gefolgt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der verpflichteten Parteien ist teilweise berechtigt.

Die neue Exekution nach § 294 a EO hat die Besonderheit, daß die Exekutionsbewilligung erteilt wird, bevor noch eine Individualisierung des Drittschuldners erfolgt ist. Ergibt die Anfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Namen und Anschrift des möglichen Drittschuldners, so verwandelt sich die Exekution nach § 294 a EO in eine gewöhnliche Lohnpfändungsexekution. Es wird nachträglich die Bezeichnung des Drittschuldners ergänzt - in welcher Form dies zu geschehen hat, ist hier ohne Belang - und es erfolgt die Zustellung des Zahlungsverbotes an diesen Drittschuldner. Stellt sich später heraus, daß der verpflichteten Partei gegen diesen Drittschuldner keine pfändbare Forderung zusteht, so ist die Exekution ins Leere gegangen.

Ergibt die Anfrage aber keinen Drittschuldner, sei es, daß die Daten der verpflichteten Partei nicht gespeichert sind, sei es, daß kein Dienstgeber gespeichert ist, so ist die Individualisierung des Drittschuldners gescheitert und die Zustellung des Zahlungsverbotes an einen solchen nicht möglich. Solange in diesem Sinne der etwa vorhandene Drittschuldner nicht ermittelt wurde oder nicht feststeht, ob es einen Drittschuldner gibt, ist daher die Exekution nach § 294 a EO noch nicht endgültig ins Leere gegangen. Sie wurde noch nicht in eine gewöhnliche Lohnpfändungsexekution umgewandelt, sondern befindet sich sozusagen in Schwebe. Es kann daher ähnlich wie bei der bewilligten Fahrnisexekution, wenn beim ersten Pfändungsversuch keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden wurden, ein neuerlicher Vollzugsversuch stattfinden. Vor der "Kanalisierung" der Exekution nach § 294 a EO auf einen bestimmten Drittschuldner kann also ein neuerlicher Vollzug durch neuerliche Anfrage beim Hauptverband beantragt werden, welcher Antrag nicht als neuer Exekutionsantrag aufzufassen ist (Mohr, Anfrage an den Hauptverband bei Gehaltsexekution, RdW 1988, 91; zumindest in diesem Sinn ähnlich Konecny, Die Gehaltsexekution bei unbekanntem Arbeitgeber gemäß § 294 a EO, ÖJZ 1985, 325; vgl auch Bosina-Schneider, Das neue Mahnverfahren und die ADV-Drittschuldneranfrage, Rz 151 und 356, letztere mit Hinweis auf den Erlaß JABl 1987/10).

Diese Auslegung ist nicht nur einfacher (keine neuerliche Vorlage und Prüfung des Exekutionstitels) und billiger (keine neue Pauschalgebühr, Rechtsanwaltsgebühr nur nach Tarifpost 1), sondern sie entspricht auch dem Grundsatz der Einheit der Exekutionsbewilligung. Solange ein Exekutionsverfahren nicht eingestellt oder durch Verwertung des Exekutionsobjektes beendet wurde, kann nur dieses eine Exekutionsverfahren fortgesetzt, nicht aber auf Grund desselben Titels ein neues Exekutionsverfahren eingeleitet werden (Heller-Berger-Stix 163 f).

Die Bestimmung des § 47 Abs 2 EO spricht nicht gegen diese Auslegung. Neben der Möglichkeit, eine Fortsetzung der Exekution nach § 294 a EO durch neuerliche Drittschuldneranfrage zu beantragen, wird damit das zusätzliche Recht eingeräumt, ua schon im Falle einer wegen negativer Beantwortung der Drittschuldneranfrage vorerst erfolglosen Exekution nach § 294 a Abs 2 EO die Ablegung des Offenbarungseides zu begehren. Das Problem, daß dann der verpflichteten Partei auch bei einer negativen Auskunft des Hauptverbandes die Exekutionsbewilligung zuzustellen ist, aber erst nach wiederholter Drittschuldneranfrage der Drittschuldner bekannt wird, ist durch einen kurzen Ergänzungsbeschluß zu lösen. Auch die vom Gericht zweiter Instanz hervorgehobene Bestimmung des § 294 a Abs 2 EO ergibt keinen Widerspruch. Sie bezieht sich zwar nur auf die Wiederholung eines "Exekutionsantrages", damit ist aber nichts darüber gesagt, wann ein neuer Exekutionsantrag notwendig und möglich ist. Bei der oben dargestellten Auslegung kommt die Sperrfrist des § 294 a Abs 2 EO sowohl dann zum Tragen, wenn eine Exekution nach § 294 a EO sofort, nämlich infolge positiver Beantwortung der ersten Drittschuldneranfrage, zur Ermöglichung der Zustellung des Zahlungsverbotes an einen Drittschuldner führt, aber zB wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ins Leere geht, als auch dann, wenn derselbe Effekt erst nach einer einmal oder auch mehrmals wiederholten Drittschuldneranfrage eintritt.

Obwohl im vorliegenden Fall die Jahresfrist ohnedies gewahrt wäre, ist daher zu sagen, daß die Sperrfrist des § 294 a Abs 2 EO nur für die Wiederholung eines Exekutionsantrages, nicht jedoch für die Stellung des Antrages auf neuerlichen Vollzug einer anhängigen Exekution nach § 294 a EO durch Wiederholung der Drittschuldneranfrage gilt. Es mag sein, daß die Jahresfrist auch den Sinn hat, zu häufige Anfragen beim Hauptverband zu unterbinden, obschon dies bei der Leistungskraft der modernen EDV-Anlagen kaum besonders ins Gewicht fallen kann. Einem Mißbrauch durch grundlose und zu häufige Wiederholung der Drittschuldneranfrage - im allgemeinen wird eine wiederholte Anfrage nur etwa alle drei Monate in Frage kommen - kann aber mit den allgemeinen Mitteln der Exekutionsordnung begegnet werden. Gewichtiger bleibt hingegen das Argument, daß Gericht und Vrpflichteter nicht zu oft mit den Mühen und Kosten eines neuen Exekutionsantrages nach § 294 a EO belastet werden sollen; denn die Kosten eines neuerlichen Vollzuges sind ungleich geringer.

Das früher im Vordergrund stehende Motiv, den Verpflichteten vor einer zu häufigen Ablegung des Eides zu bewahren, besteht seit der Zivilverfahrens-Novelle 1986 nicht mehr. Es spricht daher einiges dafür, die Jahresfrist jetzt eher großzügiger zu handhaben (siehe dazu die Empfehlung im Erlaß JABl 1987/10, beim Bescheinigungserfordernis nach § 294 a Abs 2 EO nicht zu streng vorzugehen). Sie ist dann umso eher nur auf neue Exekutionsanträge anzuwenden, nicht auch auf Anträge auf neuerlichen Vollzug einer noch nicht beendeten Exekution nach § 294 a EO.

Der Antrag der betreibenden Partei, ihr die Exekution nach § 294 a EO zu bewilligen, schließt den Antrag auf Bewilligung des neuerlichen Vollzugs der bewilligten Exekution nach § 294 a EO in sich, vgl EvBl 1950/561; die eher gegenteilige Ansicht von Heller-Berger-Stix 1636, wird abgelehnt).

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz war daher dahin abzuändern, daß der neuerliche Vollzug bewilligt wird. Damit erhält die betreibende Partei Exekutionskosten nur nach Tarifpost 1. Wegen der gänzlichen Abweisung des Antrages der betreibenden Partei durch das Erstgericht war der Rekurs der betreibenden Partei in diesem Umfange erfolgreich, sodaß ihr Kostenersatz nach den §§ 74, 78 EO und 41 und 50 ZPO gebührt. Die verpflichteten Parteien haben für ihren teilweise erfolgreichen Revisionsrekurs keine Kosten verzeichnet.

Anmerkung

E15960

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00131.88.1116.000

Dokumentnummer

JJT_19881116_OGH0002_0030OB00131_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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