TE OGH 1988/11/16 3Ob550/88

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Veröffentlicht am 16.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine W***, Angestellte, Unterretzbach 36a, vertreten durch Dr. Ernst Summerer, Rechtsanwalt in Retz, wider die beklagte Partei Adolf W***, Pensionist, Niederösterreichisches Landeskrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Klosterneuburg, Gugging, Hauptstraße 2, vertreten durch Dr. Ferdinand Bruckner, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 31. August 1988, GZ 13 R 11/88-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 13. November 1987, GZ 4 Cg 390/86-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.397,35 (darin S 308,85 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 2. Oktober 1965 geheiratet. Aus dieser beiderseits ersten Ehe stammen der am 26. November 1965 geborene Gerhard, der am 22. Oktober 1969 geborene Wolfgang und die am 13. Februar 1975 geborene Martina. Der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Streitteile befindet sich in Unterretzbach. Die Klägerin begehrt die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Beklagten.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Erstgericht schied die Ehe aus dem Verschulden des Beklagten. Es traf folgende Feststellungen:

Die Ehe der Streitteile verlief nur in den ersten Jahren gut und harmonisch. In der Folge begann der Beklagte sehr stark zu trinken und war fast täglich alkoholisiert. Der Beklagte vernachlässigte die Klägerin und beschimpfte sie, er ging gegen sie auch aggressiv vor. Der Beklagte mußte sich schon öfters einer Alkoholentziehungskur unterziehen, er befindet sich aus diesem Grund auch seit Mai 1986 wieder im Krankenhaus. Die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft ist nicht mehr zu erwarten. Die Klägerin ist nicht bereit, die Ehe mit dem Beklagten fortzusetzen. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, das Ausmaß des Alkoholkonsums und die Mißhandlungen der Klägerin bildeten schwere Eheverfehlungen des Beklagten. Die Ehe der Streitteile sei unheilbar zerrüttet. Eheverfehlungen der Klägerin lägen nicht vor. Es sei deshalb das alleinige Verschulden des Beklagten auszusprechen gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes unter Bedachtnahme auf das schon vom Erstrichter berücksichtigte Strafverfahren vor dem Kreisgericht Korneuburg, in welchem der Beklagte am 26. Jänner 1986 schuldig erkannt wurde, sich in der Nacht vom 31. Dezember 1984 auf den 1. Jänner 1985 fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt und im Rausch die Klägerin und den Sohn Wolfgang durch die Ankündigung des Umbringens, unterstrichen durch Würgen der Klägerin und Zertrümmern von Einrichtungsgegenständen im Familieneigentum, gefährlich bedroht, und sie am 1. Dezember 1984 durch Schläge am Körper mißhandelt zu haben. Es teilte auch dessen rechtliche Beurteilung.

Rechtliche Beurteilung

In der Revision macht der Beklagte geltend, die Ansicht des Berufungsgerichtes, es komme auf Feststellungen über die einzelnen Mißhandlungen der Klägerin durch den Beklagten nicht an, sei unzutreffend. Das Ersstgericht hätte vielmehr feststellen müssen, in welcher Form aggressive Akte gesetzt worden seien und ob und welche Mißhandlungen durch den Beklagten stattgefunden hätten. Die allgemein gehaltene Feststellung eines aggressiven Verhaltens reiche zur rechtlichen Beurteilung als schwere Eheverfehlung nicht aus. Das Revisionsgericht pflichtet jedoch der zweiten Instanz darin bei, daß die über den ständigen Alkoholmißbrauch getroffenen Feststellungen mit der Folge der Vernachlässigung und Beschimpfungen und mindestens einer Mißhandlung der Ehefrau die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Beklagten rechtfertigen. Mißbräuchlicher Alkoholkonsum könnte als ehrloses und unsittliches Verhalten und Verstoß gegen die Pflicht der Ehegatten zur anständigen Begegnung (§ 90 ABGB) sogar für sich allein eine schwere Eheverfehlung darstellen (EFSlg. 33.904).

Das Verhalten des Beklagten war geeignet, der Klägerin die Fortsetzung der Ehe unerträglich zu machen, und es hat auch tatsächlich diese Wirkung gehabt (EFSlg. 51.603). Die Ehe der Streitteile ist daher unheilbar zerrüttet. Daß der Beklagte als an der Zerrüttung der Ehe schuldiger Ehegatte zur Fortsetzung der Ehe bereit ist, ist für die Beurteilung der Ehezerrüttung unerheblich (EFSlg. 51.606).

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E15698

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00550.88.1116.000

Dokumentnummer

JJT_19881116_OGH0002_0030OB00550_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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