TE OGH 1988/11/22 2Ob539/88

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Veröffentlicht am 22.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Melber und Dr.Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Hans P***, Facharzt, Sternwartestraße 75, 1180 Wien, vertreten durch Dr.Hans Nemetz und Dr.Hans Christian Nemetz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1/ Die E*** Ö*** S***-C***-BANK, Graben 21, 1010 Wien, 2/ ALL-H*** Gesellschaft mbH, Annagasse 8, 1010 Wien, und 3/ DAL International Leasing Gesellschaft mbH, Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 30, D-6500 Mainz, Bundesrepublik Deutschland, alle vertreten durch Dr.Ernst Pammer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe von Aktien (Streitwert S 600.000,--) und Zahlung von S 1,461.000,-- sA, Revisionsstreitwert S 2,061.000,--, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27.November 1987, GZ 3 R 160/87-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 31. März 1987, GZ 15 Cg 94/85-14, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 22.699,79 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 2.063,62, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die A*** Leasing AG (früher A*** Anlagen Leasing AG bzw T***-BAU-AG) wurde mit Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 17.7.1978, 38 Cg 1069/77-41, bestätigt durch die Urteile des Oberlandesgerichtes Wien vom 29.10.1981, 3 R 167/81-55 und des Obersten Gerichtshofes vom 17.2.1982, 6 Ob 519/82-61, zur Ausstellung und Ausfolgung von Aktienurkunden über Anteile an ihrem Grundkapital im Nennwert von S 350.000,-- an den Kläger verurteilt. Dieser Entscheidung lag im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger gründete gemeinsam mit Oskar B*** und anderen im Jahr 1960 die T***-BAU AG. Von deren Grundkapital in Höhe von S 1,000.000,-- übernahm er selbst Aktien im Nennbetrag von S 275.000,-- und sein Bruder als sein Treuhänder Aktien im Nennbetrag von S 75.000,--, sodaß der Kläger insgesamt über Aktien im Nennbetrag von S 350.000,-- verfügte. Die Gesellschaft begab als "Interims-Sammel-Aktien" bezeichnete Urkunden über S 10.000,--, deren Inhaber nach Drucklegung der Originalaktien zum Bezug von zehn Stück Aktien zum Nominale von je S 1.000,-- berechtigt sein sollten. Der Kläger erhielt 35 Stück dieser Urkunden. Über das Vermögen der AG wurde im Jahr 1963 ein Ausgleichsverfahren eröffnet. Im Jahr 1970 erwogen B*** und der Kläger den Verkauf des verbliebenen "Aktien-Mantels". B*** ersuchte deshalb den Kläger, ihm dessen Interims-Sammel-Aktien vorübergehend treuhändig zu übergeben, weil er diese Urkunden zum Nachweis seiner Verhandlungslegitimation benötige. Der Kläger folgte B*** seine 35 Stück Interims-Sammel-Aktien mit dem Vorbehalt aus, daß B*** ohne Zustimmung des Klägers keine Abschlüsse über seine Aktien treffen dürfe. B*** überbrachte noch am selben Tag sämtliche von der AG ausgestellten Interims-Sammel-Aktien einer Treuhandgesellschaft und versicherte deren Organen, vertretungsbefugter Besitzer aller Interims-Scheine zu sein. Auch hinsichtlich der ihm vom Kläger ausgefolgten Urkunden trat er als Verkäufer im eigenen Namen auf. Die Treuhandgesellschaft zahlte B*** für die ihr überlassenen gesamten Anteile an der AG S 350.000,--. Die beiden Auftraggeber der Treuhandgesellschaft, die Erstbeklagten und die Drittbeklagte, erwarben entsprechend ihrer Beteiligung von 49 : 51 sämtliche Interims-Sammel-Aktien. Die Zweitbeklagte erwarb erst später (1979 oder vorher) Aktien der AG, die ihre Firma in der Hauptversammlung vom 29.6.1970 in A*** Anlagen Leasing AG geändert hatte. In der Hauptversammlung vom 9.7.1971 (registriert am 24.9.1971) wurde eine Kapitalerhöhung auf S 6,000.000,-- durch Ausgabe neuer Aktien, die von den beiden Aktionären im Verhältnis ihrer Beteiligung übernommen wurden, in der Hauptversammlung von 12.7.1974 (registriert am 31.12.1974) eine weitere Kapitalerhöhung auf S 10,000.000,-- beschlossen. Im Jahr 1974 ließ die AG neue Aktienurkunden drucken, die unter anderem auch an die Stelle der 1960 ausgegebenen Interims-Sammel-Aktien traten. Die im Zuge des Umtausches zurückgenommenen Interims-Sammel-Aktien wurden im Juli 1974 vernichtet. Die beiden Aktionäre (die Erst- und die Drittbeklagte) erklärten sich nicht bereit, der Gesellschaft Aktien zur Erfüllung des Ausfolgungsbegehrens des Klägers zur Verfügung zu stellen. Rechtlich führte der Oberste Gerichtshof in seiner in diesem Rechtsstreit ergangenen Entscheidung im wesentlichen aus, bei den von der AG an die Gründer ausgegebenen Urkunden handle es sich um Zwischenscheine, die, weil auf Inhaber lautend, nichtig gewesen seien. Infolge dieser Nichtigkeit seien die von den Gründern übernommenen Anteilsrechte wertpapierrechtlich unverkörpert geblieben. Daher scheide jeder Erwerb von Anteilsrechten durch gutgläubigen Papiererwerb aus. Soweit die AG Leistungen an einen Dritten erbracht habe, zu denen sie dem Kläger kraft seines Mitgliedschaftsrechtes verpflichtet gewesen sei, habe sie nicht erfüllt, sondern an einen nicht Berechtigten geleistet. Die irrtümliche Begebung von Aktienurkunden an einen Scheinaktionär könne die AG nicht von ihrer Verpflichtung zur Aktienausfolgung gegenüber dem wahren Aktionär befreien. Es wäre Sache der Organe der AG, die Voraussetzungen für die Ausfolgung der entsprechenden Aktienurkunden an den Kläger zu schaffen.

Auf Grund dieses Urteiles wurden dem Kläger am 30.11.1983 Aktien der AG, die auf Grund einer neuerlichen Firmenänderung nunmehr die Firma A*** Leasing AG führt, im Nominale von S 350.000,-- übergeben.

Mit seiner am 14.10.1985 eingebrachten Klage begehrte der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit von den Beklagten als den Aktionären der A*** Leasing AG zur ungeteilten Hand die Herausgabe von Aktienurkunden im Nennbetrag von S 3,150.000,-- und die Zahlung von S 2,301.600,-- sA. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 2.3.1987 ließ er das Herausgabebegehren gegen die Drittbeklagte fallen, weil sie alle ihre Aktien der Erstbeklagten übertragen habe. Sein Zahlungsbegehren schränkte er auf S 1,461.000,-. sA ein. Ferner stellte er das Eventualbegehren, (nur) die Erstbeklagte sei schuldig, ihm die begehrten Aktien auszufolgen. Zur Begründung der geltend gemachten Ansprüche führte der Kläger im wesentlichen aus, die Beklagten hätten bis zum Tag der Übergabe der Aktien an ihn (30.11.1983) die ihm zustehenden Aktionärsrechte ausgeübt. Die AG habe in dieser Zeit Dividenden von insgesamt S 20,720.000,-- ausgeschüttet; unter Berücksichtigung des dem Kläger gebührenden Anteiles am Grundkapital von 35 % habe er einen Dividendenanspruch von netto S 5,801.600,--. Für den Bezug der ihm zustehenden jungen Aktien hätte der Kläger S 3,500.000,-- aufwenden müssen; er habe daher noch einen Zahlungsanspruch von S 2,301.600,--. Da die Beklagten kein eigenes Bezugsrecht ausüben hätten können, seien sie zur Herausgabe der zu Unrecht bezogenen Aktien an den Kläger verpflichtet.

Die Beklagten wendeten im wesentlichen ein, die bei den beiden Kapitalerhöhungen ausgegebenen jungen Aktien seien von der Erst- und der Drittbeklagten übernommen und voll einbezahlt worden. Mit der vorliegenden Klage habe der Kläger erstmals Ansprüche aus den Kapitalerhöhungen und der damit verbundenen Aktienausgabe erhoben. Seine allfälligen Ansprüche seien jedoch verjährt, verschwiegen und verfristet. Der zu Unrecht übergangene Aktionär habe keine Ansprüche gegen die anderen Aktionäre; er sei vielmehr auf Schadenersatzansprüche gegen die Aktiengesellschaft beschränkt. Das Begehren des Klägers sei überdies sittenwidrig. Die Erst- und die Drittbeklagte hätten im Jahr 1970, um Gründungskosten zu sparen, bloß einen "leeren Mantel" gekauft und zum Betrieb eines gänzlich neuen Unternehmens verwendet. Hätten sie die wahre Sachlage gekannt, daß nämlich dem Kläger eine Beteiligung am erworbenen "Mantel" zugestanden sei, so hätten sie für ihr Unternehmen eine andere Rechtsform gewählt. Der Kläger wolle diese Unwissenheit der Beklagten arglistig ausnützen; deshalb habe er mit der Geltendmachung seiner Ansprüche so lange zugewartet. Das Erstgericht erkannte die Beklagten schuldig, dem Kläger Aktienurkunden der A*** Leasing AG herauszugeben, und zwar die Erstbeklagte Aktien im Nennbetrag von S 1,840.000,--, die Zweitbeklagte Aktien im Nennbetrag von S 1,300.000,-- sowie die Erst- und die Zweitbeklagte zur ungeteilten Hand Aktien im Nennbetrag von S 10.000,--; ferner verurteilte es die Erstbeklagte zur Zahlung von S 438.300,-- sA, die Zweitbeklagte zur Zahlung von S 584.400,-- sA und die Drittbeklagte zur Zahlung von S 438.300,-- sA an den Kläger; das Mehrbegehren (einschließlich des Eventualbegehrens) wies es ab. Es traf Feststellungen aus dem über die AG geführten Registerakt, insbesondere, daß auf Grund von Hauptversammlungsbeschlüssen, deren erster am 12.7.1974 gefaßt wurde, Dividenden für die Zeit von 1973 bis 1982 ausgeschüttet wurden. Im einzelnen kann die Wiedergabe der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen unterbleiben.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, die Rechtsfigur der Verschweigung sei dem österreichischen Recht fremd. Verjährung liege nicht vor, weil der Herausgabeanspruch, der einem sachenrechtlichen Anspruch angenähert sei, nicht verjähren könne und der Anspruch nach § 1041 ABGB der langen (30jährigen) Verjährung unterliege. Der Kläger habe als Aktionär gemäß § 153 Abs 1 AktG das Recht auf Zuteilung eines seinem Anteil am bisherigen Grundkapital entsprechenden Teiles der bei den Kapitalerhöhungen ausgegebenen jungen Aktien gehabt. Die Stellung als Aktionär sei der AG gegenüber nachzuweisen. Diese habe den Kläger zur Zeit der Kapitalerhöhungen nicht als Aktionär anerkannt. Die ihm zustehenden Aktienurkunden hätten sich in Händen der Beklagten befunden. Der Kläger habe sich daher gegenüber der AG nicht legitimieren können. Er sei also bei der Ausübung des Bezugsrechtes nicht übergangen worden; seine Bezugsrechte seien vielmehr durch die Beklagten ausgeübt worden. Bei einer Verletzung eines Bezugsrechtes eines Aktionärs durch die AG stünden dem übergangenen Aktionär nur Schadenersatzansprüche gegen die AG zu. Die Bezugsrechte des Klägers seien jedoch von den Beklagten ausgeübt worden, die insoweit nur Scheinaktionäre gewesen seien. Die dadurch bewirkte Vermögensverschiebung sei nicht gerechtfertigt. § 1041 ABGB gewähre dem wahren Berechtigten einen Anspruch auf Herausgabe des Nutzens, daher auch dem Kläger einen Anspruch auf Ausfolgung der von den Beklagten ohne Rechtsgrund bezogenen jungen Aktien. Maßgeblich seien die Beteiligungsverhältnisse zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung. Wegen der Stückelung der Aktien zum Nominale von S 10.000,-- sei für eine Aktie die Solidarhaftung der Erst- und der Zweitbeklagten auszusprechen gewesen. Der Verwendungsanspruch erfasse auch jene Dividenden, die die Beklagten als Scheinaktionäre bezogen hätten. Die Verpflichtung zur Ausfolgung der zu Unrecht bezogenen Dividenden sei von den Beklagten im Verhältnis ihrer Beteiligung (3 : 4 : 3) zu erfüllen. Dem Kläger könne auch nicht Arglist vorgeworfen werden, weil er nicht darauf hingearbeitet habe, aus der AG gedrängt zu werden, um später daraus Vorteile zu ziehen.

Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde sowohl vom Kläger als auch von den Beklagten mit Berufung bekämpft.

Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil der Berufung des Klägers keine Folge. Hingegen gab es der Berufung der Beklagten Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes im Sinne der Abweisung des vom Kläger gestellten Haupt- und Eventualbegehrens ab.

Rechtlich führte das Berufungsgericht, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen des Erstgerichtes, im wesentlichen aus, durch die Ausgabe von jungen Aktien an die Erst- und die Drittbeklagte als vermeintliche Aktionäre sei das gesetzliche Bezugsrecht des Klägers durch die AG verletzt worden. Dies begründe aber keinen Verwendungsanspruch gegenüber den begünstigten Aktionären, sondern lediglich Schadenersatzansprüche gegenüber der AG oder ihren Organen. Werde nämlich von den Verwaltungsorganen der Gesellschaft ohne Berücksichtigung des gesetzlichen Bezugsrechtes eines Aktionärs mit einem Dritten vorbehaltslos ein Zeichnungsvertrag geschlossen und werde die Durchführung der Kapitalerhöhung unter Beifügung des Zeichnungsscheins des Dritten eingetragen, dann sei der Dritte Aktionär geworden; der bezugsberechtigte Aktionär könne nicht mehr die Zuteilung der jungen Aktien verlangen. Er sei in einem solchen Fall allein auf einen Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung angewiesen. Ein Herausgabeanspruch des gesetzwidrig übergangenen Aktionärs gegen die begünstigten Aktionäre bestehe nicht. Dieses Ergebnis lasse sich dogmatisch auch dadurch rechtfertigen, daß die Aktionäre mit der AG einen Zeichnungsvertrag abschlösse und in Erfüllung dieses Vertrages Aktien erhielten, die demnach jedenfalls eigene Aktien seien. Die begünstigten Aktionäre verwendeten also nicht fremde Aktionärsrechte, wenn auch die Verkürzung des übergangenen Aktionärs eine Voraussetzung ihrer Bevorzugung darstelle. Aus dem Titel der Bereicherung könne der Kläger daher von den Beklagten weder die Herausgabe der von diesen bezogenen jungen Aktien noch des auf diese jungen Aktien entfallenden Anteiles der ausgeschütteten Dividende begehren.

Ähnliche Überlegungen seien auch für jene Dividenden anzustellen, die die Beklagten auf Grund von Aktien im Nominale von S 350.000,--, die dem Kläger auszufolgen gewesen wären, bezogen hätten. Zur Zeit der Ausschüttung der Dividenden seien die Interims-Sammel-Aktien bereits vernichtet und an deren Stelle Originalaktien ausgegeben und von den Beklagten übernommen gewesen. Die Beklagten hätten also Dividenden nur auf Grund von Aktienurkunden bezogen, die sie mit Willen der AG erhalten hätten. Die Beklagten hätten daher auch insoweit eigene, ihnen von der AG eingeräumte Rechte ausgeübt und nicht fremde Rechte verwendet. Durch den Erwerb der Interims-Sammel-Aktien hätten die Erst- und die Drittbeklagte allerdings Aktienrechte nicht erwerben können. Sie seien also zum Bezug von Aktienurkunden nicht berechtigt gewesen. Wenn ungeachtet dessen die AG mit ihnen einen Bezugsvertrag - und ein solcher liege auch in der Vereinbarung des Umtausches der in den Händen der Erst- und der Drittbeklagten befindlichen Interims-Sammel-Aktien - abgeschlossen und erfüllt habe, so seien dadurch auch die Erst- und die Drittbeklagte Aktionäre geworden. Der Kläger sei daher auch wegen der Verletzung seiner schon bei der Gründung der Gesellschaft erworbenen Aktienrechte auf Schadenersatzansprüche gegen die Gesellschaft zu verweisen. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers. Er bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der vollinhaltlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Die Beklagten haben eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Klägers keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Der Kläger vertritt in seiner Rechtsrüge im wesentlichen den Standpunkt, daß die Beklagten Aktionärsrechte des Klägers verwendet hätten und daher gemäß § 1041 ABGB zur Herausgabe der von ihnen unter Verletzung des Bezugsrechtes des Klägers erworbenen neuen Aktien und der ihnen unter Verletzung der Mitgliedsrechte des Klägers zugekommenen Dividenden an den Kläger verpflichtet seien. Dem kann nicht gefolgt werden.

Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung ist ein Verwendungsanspruch im Sinne des § 1041 ABGB bei dreipersönlichen Verhältnissen ausgeschlossen, wenn ein die Vermögensverschiebung rechtfertigendes Vertragsverhältnis zwischen dem Verkürzten und der Mittelsperson oder im Verhältnis zwischen Mittelsperson und drittem vorliegt; auch ein dem Verkürzten vom Gesetzgeber gegenüber der Mittelsperson eingeräumter Ersatzanspruch steht einem Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB entgegen (Stanzl in Klang2 IV/1, 912 ff; siehe auch Rummel in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 1041; SZ 52/110; SZ 58/104; 8 Ob 640/87 ua).

Der Kläger leitet seine behaupteten Ansprüche gegen die Beklagten daraus ab, daß die A*** Leasing AG unter Verletzung materieller Mitgliedsrechte des Klägers durch die Ausgabe von neuen Aktien und die Auszahlung von Dividenden an die Beklagten Leistungen erbracht habe, die auf Grund der materiellen Rechtslage dem Kläger zugestanden wären. Ein auf Herausgabe von unter Verletzung materieller Mitgliedsrechte des Klägers bezogenen neuen Aktien und Dividenden durch die Beklagten gerichteter Verwendungsanspruch des Klägers im Sinne des § 1041 ABGB kann aber daraus im Sinne obiger Rechtsausführungen nicht abgeleitet werden, weil einerseits die Leistungen der AG an die Beklagten auf Grund eines zwischen ihnen bestehenden vertraglichen Verhälntisses erfolgte und andererseits auch zwischen dem Kläger und der AG ein vertragliches Verhältnis bestand, dessen Erfüllung der Kläger, wie er es im Vorprozeß getan hat, verlangen konnte bzw dessen schuldhafte Nichterfüllung durch die AG ihn zur Stellung von Schadenersatzansprüchen gegen diese berechtigte. Damit bleibt aber für den behaupteten Verwendungsanspruch des Klägers gegen die Beklagten nach § 1041 ABGB im Sinne obiger Rechtsausführungen kein Raum.

Damit im Einklang steht die vom Berufungsgericht wiedergegebene, in der deutschen Literatur (Wiedemann in Gadow, AktG3 III Anm 10 zu § 186; Godin-Wilhelmi, AktG4 1121; Lutter in Kölner Kommentar zum AktG Anm 70 zu § 186) vertretene Auffassung, daß dann, wenn von den Verwaltungsorganen einer AG ohne Berücksichtigung des gesetzlichen Bezugsrechtes eines Aktionärs mit einem Dritten vorbehaltlos ein Zeichnungsvertrag über neue Aktien geschlossen und die Durchführung der Kapitalerhöhung unter Beifügung des Zeichnungsscheines des Dritten eingetragen ist, der Dritte Aktionär wird und der bezugsberechtigte Aktionär nur auf einen Schadenersatzanspruch gegen die AG wegen Nichterfüllung verwiesen bleibt.

Auch bezüglich der Dividenden, die die Beklagten auf Grund jener Aktien bezogen, die sie unter Verletzung des Rechtes des Klägers auf Bezug von seinem ursprünglichen Anteil am Grundkapital entsprechenden Aktien erhielten, hat das Berufungsgericht durchaus zutreffend darauf verwiesen, daß diesbezüglich ein durch die Ausgabe dieser Aktien an die Beklagten begründetes Rechtsverhältnis zwischen der AG und den Beklagten bestand und daß dem Kläger wegen seiner dadurch begründeten Verletzung seiner Rechte gegenüber der AG jedenfalls ein Anspruch auf Erfüllung bzw Schadenersatz wegen Nichterfüllung zusteht, der den behaupteten Verwendungsanspruch gegenüber den Beklagten ausschließt.

Auf andere Rechtsgründe wurde der behauptete Anspruch des Klägers nicht gestützt.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht somit durchaus der Sach- und Rechtslage. Der Revision des Klägers muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E15678

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00539.88.1122.000

Dokumentnummer

JJT_19881122_OGH0002_0020OB00539_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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