TE OGH 1988/11/24 8Ob504/88

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Veröffentlicht am 24.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Maximilian R***, Pensionist, Freyung 6, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Karl Dieter Zessin, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Gertrud R***, Private, Dontgasse 8, 1130 Wien, vertreten durch Dr. Otto Kern und Dr. Wulf Kern, Rechtsanwälte in Wien, wegen Herausgabe und Zahlung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 8. Oktober 1987, GZ 15 R 190/87-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 22. Dezember 1986, GZ 32 Cg 261/85-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat dem Kläger die mit S 17.112,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 1.555,65 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger stellte zunächst das Begehren, die Beklagte, seine Ehefrau, habe ihm die im einzelnen angeführten 75 Stück Investitionsanleihe zum Gesamtnennwert von S 75.000,-- herauszugeben, in eventu, ihm deren Kurswert am Zahlungstag an der Wiener Wertpapierbörse zu bezahlen. Zur Begründung brachte er vor, die Beklagte habe diese von ihm nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft der Streitteile aus seinen Mitteln angeschafften Wertpapiere widerrechtlich an sich gebracht.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit dem Vorbringen, sie sei zur Ansichnahme der Wertpapiere berechtigt gewesen und habe damit nur ihren Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens sicherstellen wollen.

Nach zwischenzeitigem Ruhen des Verfahrens beantragte der Kläger die Fortsetzung des Rechtsstreites mit folgenden Ausführungen: Die Streitteile hätten nunmehr eine außergerichtliche Vereinbarung getroffen, wonach ihm die Beklagte die Hälfte der in ihre Verfügungsgewalt gebrachten, in einem gemeinsamen erstellten Verzeichnis angeführten Wertpapiere samt aufgelaufenen Zinsen herauszugeben habe. Demgemäß werde das Klagebegehren auf den Titel der Vereinbarung gestützt und auf Herausgabe der Hälfte dieser verzeichneten Wertpapiere samt den halben Zinsen, in eventu auf Zahlung des Schillinggegenwertes nach dem Wertpapierkurs der Wiener Börse am Zahlungstag, geändert.

Diese Klageänderung wurde rechtskräftig zugelassen. Die Beklagte bestritt das Zustandekommen der behaupteten Teilungsvereinbarung. In jedem Falle seien aber von einer solchen auch die weiteren, beim Kläger befindlichen Wertpapiere erfaßt gewesen, sodaß die Beklagte nur Zug um Zug gegen Herausgabe der Hälfte dieser Wertpapiere durch den Kläger zu leisten habe. Eine körperliche Teilung der Wertpapiere sei zudem nicht möglich, weil nicht alle Wertpapiere zur Hälfte gestückelt werden könnten und ein Teil dieser auch in bei der Bank zu verbleibenden Depotpapieren bestehe.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren teilweise unter Abweisung des Mehrbegehrens (Punkte 1 und 2 des Urteilsspruches) und dem Eventualbegehren teilweise (Punkt 3 des Urteilsspruches) wie folgt statt:

"1.) Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger folgende Wertpapiere herauszugeben und nachstehende Zinsen zu bezahlen:

a) 8,25 % Energie Konversionsanleihe 74 zum Gesamtnennwert von öS 4.000,-- samt 8,25 Zinsen seit 1.11.1982.

b) 8,50 % Kernkraft-Anleihe 75/B zum Gesamtnennwert von öS 6.000,-- samt 8,5 % Zinsen seit 18.11.1983.

c) 9,5 % Westland/Utrecht Hypotheken-Bank NV 79/87 zum Gesamtnennwert von HFl. 7.000,-- samt 9,5 % Zinsen seit 15.6.1983.

d) 8,5 % Burgenland-Kommunalschuldverschreibung 26 zum Gesamtnennwert von öS 65.000,-- samt 8,5 % Zinsen seit 1.6.1983.

e) 9 % Salzburger Konversionspfandbriefe 59/83/89 zum Gesamtnennwert von öS 65.000,-- samt 9 % Zinsen seit 10.10.1983.

f) 9,5 % Friesch Groningsche Hypotheken-Bank NV 79/82/86 zum Gesamtnennwert von HFl. 7.000,-- samt 9,5 % Zinsen seit 1.6.1983.

g) 8,25 % Anleihe der Bank vor Nederlandse Gemeenten zum Gesamtnennwert von HFl 1.000,-- samt 8,25 % Zinsen seit 1.10.1983.

h) 8,5 % Steiermärkische Pfandbriefe Reihe 36 zum Gesamtnennwert von öS 10.000,-- samt 8,5 % Zinsen seit 1.9.1983.

i) 9,5 % Anleihe der I.RSTEN 80/88/2 zum Gesamtnennwert von öS 125.000,-- samt 9,5 % Zinsen seit 15.10.1983.

j) 11 % Investitionsanleihe 81/86/6 zum Gesamtnennwert von öS 37.000,-- samt 11 % Zinsen seit 15.10.1983.

k) 8,5 % Investitionsanleihe 76/S zum Gesamtnennwert von öS 50.000,-- samt 8,5 % Zinsen seit 20.2.1983.

l) 8,5 % Anleihe der Tauernautobahn AG 76/B zum Gesamtnennwert von öS 120.000,-- samt 8,5 % Zinsen seit 18.5.1983.

m) 8 % Anleihe der Arlberg Straßentunnel AG 78/B zum Gesamtnennwert von öS 120.000,-- samt 8 % Zinsen seit 4.4.1983.

n) 9,5 % Anleihe der Stadt Wien 80/90/2 zum Gesamtnennwert von öS 125.000,-- samt 9,5 % Zinsen seit 30.4.1983.

o) 11 % Exportanleihe der Österreichischen Kontrollbank 81/89 im Gesamtnennwert von öS 15.000,-- samt 11 % Zinsen seit 15.12.1982.

p) 10 % Anleihe der I.RSTEN 82/90/1 zum Gesamtnennwert von öS 150.000,-- samt 10 % Zinsen seit 13.5.1983.

2.) Hingegen wird das Begehren, die Beklagte sei darüberhinaus schuldig, dem Kläger folgende Wertpapiere herauszugeben, abgewiesen:

a) 10,187 % Anleihe der I.RSTEN 82/92 zum Gesamtnennwert von US$ 5.000,--.

b) 8,25 % Energie Konversionsanleihe 74 zum Gesamtnennwert von öS 500,--.

c) 9,5 % Westland/Utrecht Hypotheken-Bank NV 79/87 zum Gesamtnennwert von HFl. 500,--.

d) 8,25 % Anleihe der Bank vor Nederlandse Gemeenten zum Gesamtnennwert von GFl. 500,--.

e) 11 % Investitionsanleihe 81/86/6 zum Gesamtnennwert von öS 500,--.

f) 8,5 % Investitionsanleihe 76/S zum Gesamtnennwert von öS 500,--.

3.) Die Beklagte ist ferner schuldig, dem Kläger den Schillinggegenwert jenes Wertpapierkurses zu bezahlen, zu dem die nachgenannten Wertpapiere an dem dem Zahlungstag vorausgehenden Tag an der Wiener Wertpapierbörse notieren:

a) 10,187 % Anleihe der I.RSTEN 82/92 zum Gesamtnennwert von US$ 5.000,-- samt 10,187 % Zinsen seit 17.10.1983.

b) 8,25 % Energie Konversionsanleihe 74 zum Gesamtnennwert von öS 500,-- samt 8,25 % Zinsen seit 1.11.1982.

c) 9,5 % Westland/Utrecht Hypotheken-Bank NV 79/87 zum Gesamtnennwert von HFl. 500,-- samt 9,5 % Zinsen seit 15.6.1983.

d) 8,25 % Anleihe der Bank vor Nederlandse Gemeenten zum Gesamtnennwert von HFl. 500,-- samt 8,25 % Zinsen seit 1.10.1983.

e) 11 % Investitionsanleihe 81/86/6 zum Gesamtnennwert von öS 500,-- samt 11 % Zinsen seit 15.10.1983.

f) 8,5 % Investitionsanleihe 76/S zum Gesamtnennwert von öS 500,-- samt 8,5 % Zinsen seit 20.2.1983."

Dem erstgerichtlichen Urteil liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Streitteile leben in aufrechter Ehe, jedoch seit Jahren getrennt und führten sei längerer Zeit Verhandlungen über ihre vermögensrechtlichen Fragen. Im November 1982 nahm die Beklagte verschiedene Wertpapiere an sich, um "ihren Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Vermögens sicherzustellen". Unmittelbar vor der mündlichen Streitverhandlung vom 10. Juli 1985 strebten die Streitteile neuerlich eine Einigung an und trafen hierauf hinsichtlich der Wertpapiere, die die Beklagten dem Kläger entzogen hatte, eine Vereinbarung dahin, daß diese Wertpapiere je zur Hälfte aufgeteilt werden. Diese Teilung sollte so weit wie möglich körperlich vorgenommen und "soweit eine körperliche Teilung einzelner Wertpapiere nicht möglich war, der Differenzbetrag gezahlt werden." Weiters einigte man sich darauf, daß die Streitteile zur Vorbereitung der zu einem bereits festgelegten Termin vorzunehmenden technischen Teilung mit Hilfe von Aufstellungen der Bank, Errechnung der Tilgungsbeträge sowie einer Zinsenberechnung ab November 1982 gemeinsam eine Aufstellung aller dieser Wertpapiere zum gegenwärtigen Wert erstellen. Eine Gesamteinigung über die vermögensrechtlichen Fragen der Streitteile wurde damals nicht angestrebt. Die Beklagte und ihr Vertreter waren der Meinung, die im Besitz des Klägers verbliebenen Wertpapiere seien von so geringfügigem Wert, daß sie vernachlässigt werden könnten. Im November 1982 hatte die Beklagte geglaubt, überhaupt sämtliche Wertpapiere an sich gebracht zu haben. Die getroffene Vereinbarung wurde hierauf dem Erstgericht bekannt gegeben und es kam zum Ruhen des Verfahrens. In der Folge sprachen die Streitteile bei der Bank vor und veranlaßten die Erstellung einer Aufstellung über die klagsgegenständlichen Wertpapiere. Als die Beklagte anläßlich einer Durchsuchung des PKW des Klägers Papiere fand, aus welchen ein über die klagsgegenständlichen Wertpapiere hinausgehendes Wertpapierdepot des Klägers von größerem Wert als angenommen hervorging, kam es neuerlich zu einem Zerwürfnis der Streitteile. Der Kläger nahm hierauf die eingangs genannte Klagsänderung vor. Die klagsgegenständlichen Wertpapiere sind in der in der Beilage ./1 genannten Stückelung vorhanden.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Kläger habe auf Grund der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung Anspruch auf die Hälfte der in Beilage ./A angeführten Wertpapiere. Soweit eine Teilung wegen der Art der Stückelung nicht möglich sei, habe die Beklagte im Sinne des Eventualbegehrens einen Geldausgleich zu leisten. Insoweit sei das Hauptbegehren daher abzuweisen gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten mit der Maßgabe nicht Folge, daß es aussprach, a) die Beklagte sei schuldig, der Übertragung der alleinigen Verfügungsbefugnis an den zu Punkt 1. c), f) und g) genannten, auf Depot erliegenden Wertpapiere zuzustimmen; b) der Beginn des ersten Satzes von Punkt 3. habe zu lauten: "Die Beklagte ist ferner schuldig, dem Kläger den Schillingwert (lit a, b, e und f) bzw. den Schillinggegenwert (lit c und d) nach dem Geldkurs der Wiener Börse jenes Wertpapierkurses zu bezahlen, zu dem die nachgenannten Wertpapiere an dem dem Zahlungstag vorausgehenden Tag an der Wiener (lit a, b, e und f) bzw. Amsterdamer (lit c und d) Wertpapierbörse notieren". Das Berufungsgericht hielt weder die Rüge der unrichtigen Beweiswürdigung noch die Rechtsrüge für gerechtfertigt. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes über den es entschied, S 300.000,-- übersteigt und führte in rechtlicher Hinsicht aus:

Eine Vereinbarung weise eine hinreichende inhaltliche Bestimmtheit auf, wenn sich die vereinbarte Leistung ermitteln ließe, ohne daß es einer neuen Willenseinigung der Parteien bedürfe und ohne daß die nähere Bezeichnung in erheblichem Umfang dem freien Belieben eines Teiles anheimgestellt wäre. Bestimmtheit werde von Lehre und Rechtsprechung stets als (eindeutig) "bestimmbar" verstanden. Der Umstand, daß die Parteien vorliegendenfalls noch keine Klarheit darüber erreicht gehabt hätten, wie im Falle körperlich nicht teilbarer Wertpapiere vorzugehen sei und welche Folgen die gesetzliche Depotpflicht der Auslandstitel habe, führe zur Notwendigkeit der ergänzenden Vertragsauslegung, keinesfalls aber zur Annahme, daß es den Parteien in tatsächlicher Hinsicht an der Inhalts- und Abschlußklarheit gefehlt habe. Bei auftretenden, von den Parteien nicht bedachten und daher nicht ausdrücklich geregelten Konfliktsfällen sei unter Berücksichtigung der übrigen Geschäftsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zweckes zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten. Unter Anwendung dieser gesetzlichen Richtlinien sei hier somit zu entscheiden, was mit den infolge ihrer Stückelung oder wegen ihrer gesetzlichen Depotpflicht nicht teilbaren Wertpapieren zu geschehen habe. Zur ersten Frage sei zu bedenken, daß es sich durchwegs um börsengängige, jederzeit restituierbare Papiere handle, sodaß keine der Parteien ein nachvollziehbares Interesse haben könne, diese selbst oder ihren Erlös zu wählen. Eine Veräußerung zum Börsenkurs sei dabei naheliegenderweise von dem vorzunehmen, der sich im Besitz des Wertpapiers befinde. In der Frage der Depotpflichtigkeit schließlich sei davon auszugehen, daß ausländische Titel nach der Kundmachung der Österreichischen Nationalbank DE 10/87 II Z 1 der Depotpflicht unterlägen und daher nicht ausgefolgt werden könnten. Für diesen Teil der Wertpapiere habe die Beklagte daher dem Kläger, soweit kein Geldausgleich möglich sei, die Verfügungsbefugnis einzuräumen. Demgemäß sei die Beklagte hinsichtlich der in Punkt 1. c), f) und g) angeführten niederländischen, festverzinslichen Wertpapiere zu einer solchen Zustimmung, nicht aber zur körperlichen Ausfolgung zu verhalten. Im Übrigen sei für die niederländischen Wertpapiere mangels Notierung an der Wiener Börse der Kurs der Amsterdamer Wertpapierbörse maßgebend, wobei einem Verkauf nach der genannten Kundmachung der Österreichischen Nationalbank keine devisenrechtlichen Hindernisse entgegenstünden. Der Eintausch der Fremdwährung in Schilling habe nach dem Geldkurs der Wiener Börse zu erfolgen. Die jeweils teilweise Stattgebung des Haupt- und des Eventualbegehrens begegne beim gegebenen Sachverhalt keinen Bedenken.

Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt die Beklagte eine auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Die Beklagte bringt vor, es sei rechtlich völlig verfehlt, durch ergänzende Vertragsauslegung eine "klagsstattgebende Lösung" herbeizuführen, die im Falle der für die Vornahme der Teilung vereinbarten Konferenz der Beteiligten völlig anders ausgefallen wäre, weil dort auch die in Händen des Klägers befindlichen, wesentlich wertvolleren Wertpapiere in die Aufteilung einbezogen worden wären. Die vom Berufungsgericht genannten, nicht näher erläuterten "zwei Lücken" im Vertrag bewiesen, daß es zu einer "wirklich rechtsverbindlichen Vereinbarung" erst in der Kanzlei des Beklagtenvertreters auf Grund der beschafften genauen Unterlagen kommen sollte. Das angefochtene Urteil gehe auch aktenwidrig davon aus, daß die "in der Folgezeit .... aufgetretenen Konfliktsfälle von den Parteien nicht bedacht wurden". Die Beklagte habe genau gewußt, wieviel Wertpapiere der Kläger habe, der Kläger habe aber die Vereinbarung, daß auch die in seinem Besitz befindlichen Wertpapiere aufgeteilt werden sollten, abgestritten. Auch das Berufungsgericht gehe "vom Willen der Parteien, die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens schon jetzt durchzuführen" aus, welchem das Ergebnis, daß der Kläger alle bei ihm verbliebenen Wertpapiere allein behalte, widerspreche. Redliche und vernünftige Parteien hätten niemals eine derartige Lösung vereinbart, eine Mischung zwischen Herausgabe und Zahlung des Schillinggegenwertes sei nicht zulässig, ebensowenig die Herausgabe von nach dem Gesetz im Depot zu belassenden Wertpapieren. Börsengängige Wertpapiere seien den Kursschwankungen unterworfen, eine Veräußerung zum Börsenkurs habe der Kläger auch selbst nur "angedeutet", sodaß eine diesbezügliche rechtsverbindliche Vereinbarung fehle. Mangels einer durch ergänzende Vertragsauslegung nicht herbeiführbaren präzisen "Festlegung" sei das angefochtene Urteil auch nicht exekutionsfähig. Es berücksichtige nämlich nicht, daß Anleihepapiere rückzahlbar seien und vorliegendenfalls zufolge zwischenzeitig erfolgter Rückzahlung der im einzelnen angeführten Wertpapiere daher nicht mehr herausgegeben oder zum Tageskurs in Geld ersetzt werden könnten. Auch wegen der Zinsen mangle es an der Exekutionsfähigkeit des angefochtenen Urteiles. Mit der Bezeichnung "beiderseitige" Wertpapiere sei entgegen der berufungsgerichtlichen Auslegung die Einbeziehung aller, also auch der in Händen des Klägers befindlichen Wertpapiere in die Aufteilung gemeint. Der teilweise Zuspruch zum Geldkurs am "Zahlungstag" sei ebenfalls verfehlt, weil sich hiedurch extreme Kursschwankungen zum extremen Nachteil des einen oder des anderen der Streitteile auswirken könnten. Auch hierin zeige sich, daß eine "ergänzende Auslegung", der Vereinbarung nicht zulässig sei, denn keiner der Streitteile hätte das vom Berufungsgericht genannte "gleiche Risiko" eingehen wollen. In der Kanzlei des Beklagtenvertreters hätte eine präzise Vereinbarung getroffen werden sollen, wodurch jegliches Risiko ausgeschlossen worden wäre. Somit erweise sich die berufungsgerichtliche "ergänzende Vertragsauslegung" als rechtsirrig, weil sie die Grenzen einer solchen weit überschreite.

Diesen Ausführungen kann insgesamt nicht gefolgt werden. Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen haben die Streitteile vor der mündlichen Streitverhandlung vom 10. Juli 1985 eine Vereinbarung dahin getroffen, daß von jenen Wertpapieren, welche die Beklagte im November 1982 an sich genommen hatte, jeder von ihnen die Hälfte bekommt. Soweit die Revisionswerberin nicht von dieser Feststellung ausgeht, sondern den Mangel einer solchen Vereinbarung bzw. die angebliche Vereinbarung der Einbeziehung auch der in der Gewahrsame des Klägers befindlichen Wertpapiere zugrundelegt, ist die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt und daher unbeachtlich. Entgegen den Revisionsbehauptungen ist das Berufungsgericht auch nicht davon ausgegangen, daß "nach dem Willen der Streitteile schon jetzt eine Aufteilung des gesamten ehelichen Gebrauchsvermögens erfolgen" sollte. Eine Zuweisung der in der Gewahrsame des Klägers befindlichen Wertpapiere an diesen wurde im gegenständlichen Verfahren entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ebenfalls nicht ausgesprochen.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen waren die Beklagte und ihr Rechtsvertreter bei Abschluß der Vereinbarung vom 10. Juli 1985 zwar der irrtümlichen Ansicht, daß in der Verfügungsmacht des Klägers nur noch Wertpapiere geringfügigen Wertes verblieben seien, welche vernachlässigt werden könnten. Eine unter den Voraussetzungen des § 871 ABGB mögliche Anfechtung der Vereinbarung wegen Irrtums (vgl. Koziol-Welser8 I 105) ist jedoch nicht erfolgt, sodaß von der Wirksamkeit dieser Vereinbarung auszugehen ist, soferne sie eine hinreichende inhaltliche Bestimmtheit aufweist. Eine solche liegt vor, wenn sich die Leistungen aus dem Vertrag, allenfalls unter Berücksichtigung der gesetzlichen Auslegungsregeln, feststellen lassen (5 Ob 727/78; SZ 54/112; 1 Ob 506/85, 2 Ob 728/86 ua). Somit ist zu prüfen, inwieweit die vertraglichen Leistungen der Beklagten bestimmt sind, weil im Rahmen der Vereinbarung selbst zumindest die Richtlinien für ihre Bestimmung festgesetzt wurden, verneinendenfalls, ob auf der Grundlage der gesamten Bestimmungen des Vertrages und des von den Parteien verfolgten Vertragszweckes (SZ 36/89; JBl 1967, 375; Arb. 9203; SZ 49/86 ua) sowie unter Heranziehung der Verkehrssitte die Festsetzung der Leistung erfolgen kann (Koziol-Welser aaO 205; Rummel in Rummel ABGB Rz 6 zu § 869). Die vertragsgemäße Leistung besteht hier grundsätzlich in der Herausgabe der im einzelnen angeführten Wertpapiere der Beklagten und ist insoweit bestimmt. Dieser Leistungspflicht durch körperliche Herausgabe derselben an den Kläger kann die Beklagte wegen der bei Abschluß der Vereinbarung nicht erörterten Stückelung der Wertpapiere bzw. deren Depotpflichtigkeit teilweise nicht entsprechen. Nun haben die Streitteile in ihrer Vereinbarung auf die Möglichkeit einer mangelnden körperlichen Teilbarkeit der Wertpapiere aber schon selbst grundsätzlich Bedacht genommen, indem sie festgestelltermaßen vereinbarten, daß "soweit eine körperliche Teilung der einzelnen Wertpapiere nicht möglich erscheint, der Differenzbetrag zu zahlen" ist. Diese Vertragsklausel selbst weist demnach eindeutig in die Richtung einer ergänzenden Vertragsauslegung dahin, daß auch für die wegen ihrer Stückelung körperlich nicht aufteilbaren Wertpapiere die Ablöse in Geld als dem Vertragszweck entsprechende Lösung erscheint. Die Leistung in Form der Zahlung des Kurswertes solcher dem Kläger zustehenden Wertpapiere wahrt wegen der im wesentlichen gegebenen Wiederbeschaffbarkeit derselben grundsätzlich die Interessen beider Vertragsteile in gleicher Weise (vgl. SZ 49/86) und entspricht zweifellos dem auf redliche Denkweise zu gründenden Parteiwillen. Der Ansicht der Revisionswerberin, redliche und vernünftige Parteien hätten eine Lösung in Form einer "Mischung zwischen Herausgabe und Zahlung des Schillinggegenwertes" nicht vereinbart und eine solche sei unzulässig, kann daher nicht gefolgt werden und sie wird durch die tatsächliche Vereinbarung der Klausel, daß bei körperlicher Unteilbarkeit Geldersatz zu leisten sei - siehe die eigenen Angaben in der Parteienvernehmung der Beklagten in ON 21, AS 78 - widerlegt. Der Hinweis der Revisionswerberin auf "Kursschwankungen" von börsengängigen Wertpapieren und ein damit verbundenes Risiko ist unter diesen Umständen ohne Bedeutung.

Hinsichtlich der klagegegenständlichen depotpflichtigen Wertpapiere hat das Berufungsgericht die erstgerichtliche, vom Kläger begehrte Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe dahin abgeändert, daß es sie schuldig erkannte, dem Kläger die Verfügungsbefugnis hierüber einzuräumen. Ob dieser berufungsgerichtliche Ausspruch im Hinblick auf die Bestimmung des § 405 ZPO als bloßer Zuspruch eines minus zulässig war ist mangels einer von der Revisionswerberin diesbezüglich erhobenen Verfahrensrüge nicht zu erörtern (Spruch 50 neu; SZ 58/187; EvBl 1987/31 ua). Auch eine solche Übertragung der Verfügungsbefugnis anstatt der vereinbarungsgemäßen, jedoch nicht durchführbaren körperlichen Herausgabe liegt offenkundig im Rahmen einer redlichen und vernünftigen Vertragsparteien zu unterstellenden Lösung des nicht bedachten Falles der Depotpflichtigkeit von Wertpapieren. Die Revisionswerberin wendet sich denn auch in keiner Weise gegen dieses Ergebnis der ergänzenden Vertragsauslegung, sondern nur gegen die Zulässigkeit der Herausgabe von depotpflichtigen Wertpapieren.

Somit hat die Beklagte die von der Vereinbarung der Streitteile erfaßten Wertpapiere teils im Sinne des Hauptbegehrens dem Kläger herauszugeben bzw. ihm die Verfügungsbefugnis einzuräumen und im übrigen für jene Wertpapiere, deren körperliche Herausgabe wegen ihrer Stückelung nicht möglich ist, gemäß dem gestellten Eventualbegehren Zahlung des Kurswertes zu leisten. Ein Vorbringen, die Herausgabe sei bei einzelnen Wertpapieren auch wegen ihrer zwischenzeitigen Tilgung nicht mehr möglich, wurde vor dem Erstgericht nicht erstattet. Die diesbezüglichen Bekundungen in Zeugenaussagen und Parteienvernehmungen - siehe ON 15 AS 47, ON 21 AS 73, 77 - können ein solches Vorbringen nicht ersetzen (JBl 1965, 93; SZ 39/8, 6 Ob 356/76, 5 Ob 166/70, 4 Ob 625, 626/75, 1 Ob 542/80, 14 Ob 139/86 uva). Demgemäß ist aber auf die überschießende erstgerichtliche Feststellung, die Parteien hätten sich ua. auf eine Errechnung der Tilgungsbeträge geeinigt, nicht Bedacht zu nehmen, zumal diese Feststellung nicht, wie von der Rechtsprechung gefordert, in den Rahmen einer bestimmten Einwendung fällt (5 Ob 217/75, 8 Ob 89/83; SZ 56/23; 2 Ob 679/85, 5 Ob 523/87, 3 Ob 154/87 uva). Die allfällige, erstmals in der Revision behauptete Tilgung einzelner Wertpapiere hat somit auf die Entscheidung über die aus der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung resultierende Herausgabepflicht der Beklagten keinen Einfluß. Die Behauptung der Revisionswerberin, daß es dem vorinstanzlichen Zinsenzuspruch an der Exekutionsfähigkeit mangle, wird mit keinem Wort begründet; die Revision ist daher insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt und unbeachtlich.

Aus den dargestellten Gründen erweist sich das Rechtsmittel der Beklagten insgesamt nicht gerechtfertigt, sodaß ihm nicht Folge zu geben war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E16414

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00504.88.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19881124_OGH0002_0080OB00504_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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