TE OGH 1988/12/7 8Ob676/88

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Veröffentlicht am 07.12.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm.Martin R***, Kaufmann, Kagranerplatz 45, 1220 Wien, vertreten durch Dr.Heinz Wechsler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Oswald H***, Kaufmann, 6250 Kundl, vertreten durch Dr.Johannes Roilo, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 73.103,05 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 17.Juni 1988, GZ 4 R 72/88-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 19.November 1987, GZ 9 Cg 603/86-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger S 43.103,50 samt 12 % Zinsen seit 20.5.1985, sowie 20 % USt. aus den Zinsen binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 30.000,-- s.A. wird abgewiesen.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 9.688,29 bestimmten Verfahrenskosten einschließlich S 6.399,99 Barauslagen und S 298,93 USt binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte mit der am 24.12.1986 überreichten Klage vom Beklagten die Zahlung des Betrages von S 73.103,05 sA. Er brachte zur Begründung vor, daß durch das ÖVE-Prüfzeichen, welches an dem vom Beklagten gelieferten Concord-Rasenmäher der Type DOC angebracht war, gegen das dem österreichischen Verband für Elektrotechnik zustehende Markenrecht verstoßen worden sei. In dem deshalb anhängig gemachten Prozeß habe sich herausgestellt, daß für diesen Gerätetyp das Recht zur Führung dieser Marke nicht verliehen worden sei. Der Kläger habe daher in dem gegen ihn anhängig gemachten Unterlassungs- und Markenschutzverfahren, in welchem er den Beklagten zum Schutz vor gesonderter Verfolgung als Lieferanten nicht preisgegeben habe, submittieren müssen, wodurch ihm folgende Kosten und Auslagen erwachsen seien:

Kosten des Rechtsvertreters des ÖVE im

Prozeß                                 S 18.906,--

Kosten der Veröffentlichung in der

"Presse"                               S 20.196,--

Kosten des eigenen Rechtsver-

treters im Prozeß                      S 19.026,--

Imageschaden und Verdienstentgang

durch die nicht zu verhindernde Ver-

öffentlichung des Unterlassungsan-

spruchs in der Tagespresse und sohin

Anprangerung der vom Kläger angebo-

tenen Geräte als minderwertig und

ungeprüft                              S 30.000,--

Gesamtschaden somit                    S 88.128,--

Davon seien die dem Beklagten gegen

den Kläger zustehenden Fakturenforde-

rungen von insgesamt                   S 15.024,95

abzuziehen, sodaß die Restforde-

rung des Klägers                       S 73.103,05

betrage.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er wendete ein, daß die Klageforderung verjährt sei, weil die Ware bereits am 5.3.1980 ausgeliefert worden sei und der Kläger sie nicht beanstandet habe. Ein Schadenersatzanspruch sei mangels Verschuldens des Beklagten nicht gegeben. Der Beklagte habe die Waren so, wie er sie von der Firma C*** geliefert erhalten habe, an den Kläger weitergeliefert. Das ÖVE-Zeichen sei an den Waren bereits werkseits angebracht gewesen; auch sei ihm bei Übernahme der Generalvertretung von der Firma C*** zugesichert worden, daß die Rasenmäher von der staatlichen Prüf- und Versuchsanstalt der Elektrizitätswerke Österreichs überprüft seien und daher das ÖVE-Zeichen zu Recht trügen. Der Beklagte habe keinen Grund gehabt, an diesen Angaben zu zweifeln. Der behauptete Imageschaden werde bestritten, der Kläger habe keinerlei Einbußen zu erleiden gehabt. Für den Kläger habe kein Anlaß bestanden, sich mit dem österreichischen Verband für Elektrotechnik zu vergleichen. Er hätte in diesem Verfahren ohne weiteres schikanöse Rechtsausübung einwenden und den Prozeß gewinnen können. Außerdem habe der Kläger den Beklagten vom anhängigen Rechtsstreit nicht verständigt. Dem Beklagten wäre es ein Leichtes gewesen, mit dem österreichischen Verband für Elektrotechnik den Sachverhalt aufzuklären und eine Urteilsveröffentlichung zu verhindern. Jedenfalls treffe den Kläger ein überwiegendes Verschulden am Zustandekommen des Rechtsstreites mit dem österreichischen Verband für Elektrotechnik und am daraus resultierenden Schaden. Auch den Kläger treffe als Kaufmann eine Sorgfalts- und Rügepflicht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende Feststellungen:

Der Kläger betreibt in Wien einen Handel mit Gartengeräten und Werkzeugen. Er führt etwa fünf verschiedene Rasenmähermodelle. Sein jährlicher Umsatz aus der Veräußerung von Rasenmähern beträgt zwischen S 2 und 3 Millionen; der Gesamtumsatz im Jahre 1985 betrug ca S 25,000.000,--.

Der Beklagte ist seit 1979 Generalimporteur für Österreich für Rasenmäher der Erzeugerfirma C***-M*** RE-GI, Varese. Vorher hat die M*** Import-Export Handelsgesellschaft M*** & Co. die Interessen der Firma C*** in Österreich vertreten. Über Antrag der M*** Handels Gesellschaft und Co. hat die staatliche autorisierte Versuchsanstalt für Elektrotechnik am technologischen Gewerbemuseum Rasenmäher der Marke "Concord" der Typen VIP, WEL, JET und LEX einer Typenprüfung unterzogen und mit Prüfzeugnis vom 14.4.1977 ausgesprochen, daß gegen die Erteilung des ÖVE-Zeichens keine Bedenken bestehen. Bei Übernahme der Generalvertretung durch den Beklagten im Jahre 1979 wurde diesem von leitenden Angestellten der Firma C*** zugesichert, daß alle Rasenmäher überprüft seien. Das Modell DOC wird erst seit dem Jahre 1980 erzeugt. Am 24.10.1979 bestellte der Kläger beim Beklagten ua Concord-Rasenmäher der Typen PAL, DOC, MIL, LEX und WEL. Diese bestellte der Beklagte seinerseits bei der Firma C***. Am 5.3.1980 lieferte der Beklagte die bestellten Rasenmäher in unverändertem Zustand an den Kläger weiter und fakturierte die Lieferung mit Rechnung vom 7.3.1980. Zum Zeitpunkt der Anlieferung der Rasenmäher an den Beklagten vom Erzeugerwerk war an den Rasenmähern, und zwar auch an jenen der Type DOC, das ÖVE-Zeichen angebracht. Der Beklagte überpüfte vor der Auslieferung an den Kläger nicht, ob die Firma C*** das ÖVE-Zeichen an den Rasenmähern berechtigterweise angebracht hat. Er verließ sich vielmehr auf die Anpreisung in einem Katalog der Firma C***, in welchem ua Rasenmäher der Type DOC angeboten wurden, wonach die von C*** gebauten Maschinen mit mechanischen und elektrischen Schutzmarken je nach den Normen der einzelnen Länder versehen seien und C*** auch Inhaber der Schutzmarke ÖVE (Österreich) sei. Der Kläger übernahm die gelieferten Rasenmäher unbeanstandet und erhob auch in der Folge keine Rüge. Nach der Lieferung vom 5.3.1980 kaufte der Kläger keine weiteren Concord-Rasenmäher mehr. Für den österreichischen Verband für Elektrotechnik ist im Markenregister unter den Nr.488842 und 83859 die Verbandsmarke "ÖVE" im Oval registriert. Diese Marke dient dazu, Geräte und elektronische Artikel zu kennzeichnen, die auf Grund des Elektrotechnikgesetzes den vom Verband herausgegebenen und vom Bundesminister für Bauten und Technik genehmigten und in Kraft gesetzten Vorschriften entsprechen, um damit klarzustellen, daß die Erwerber solcher Geräte den jeweils dem neuesten Stand der Technik entsprechenden Schutz erwarten können.

Im Zuge der Marktüberwachung wurde dem ÖVE bekannt, daß im Geschäft des Klägers am 10.9.1984 ein Rasenmäher "Concord" DOC gekauft wurde, welcher mit dem ÖVE-Prüfzeichen versehen war, obwohl zu diesem Zeitpunkt das Recht zur Führung dieser Marke nicht verliehen worden war. Mit der am 31.10.1984 beim Handelsgericht Wien zu 39 Cg 356/84 eingebrachten Klage begehrte der ÖVE von dem Kläger die Unterlassung der Verwendung der ÖVE-Marke im geschäftlichen Verkehr sowie die Veröffentlichung des Urteilsspruches auf Kosten des nunmehrigen Klägers im Textteil der Zeitungen "Kurier" und "Die Presse".

Der Kläger war nach Erhalt der Klage zunächst bemüht, herauszufinden, ob das ÖVE-Zeichen tatsächlich zu Unrecht angebracht worden war, weil ihm ebenso wie dem Beklagten der Inhalt des Kataloges der Erzeugerfirma bekannt war. Der Kläger teilte dem Außendienstmitarbeiter des Beklagten P*** mit, daß der österreichische Verband für Elektrotechnik eine Klage eingebracht habe und erkundigte sich bezüglich der Berechtigung zur Führung des ÖVE-Prüfzeichens. Auf Grund dieser Anfrage beschaffte sich der Beklagte das Prüfzeugnis der staatlichen autorisierten Versuchsanstalt für Elektrotechnik und übermittelte es mit Schreiben vom 6.12.1984 dem Kläger. Vor der Anfrage des Klägers war dieses Gutachten dem Beklagten nicht zur Verfügung gestanden. Da in diesem Gutachten der Rasenmähertyp DOC nicht angeführt ist, anerkannte der Kläger in der mündlichen Streitverhandlung vom 10.1.1985 das Unterlassungsbegehren, worauf ein Teilanerkenntnisurteil erging. Des weiteren wurde ein Vergleich des Inhaltes geschlossen, daß dem ÖVE die Ermächtigung erteilt wird, den Spruch des Teilanerkenntnisurteiles auf Kosten des Klägers im Textteil der Zeitung "Die Presse" veröffentlichen zu lassen und sich der Kläger verpflichtet, dem ÖVE die mit S 18.906,-- verglichenen Kosten binnen 14 Tagen zu bezahlen. Diesen Betrag bezahlte der Kläger mit Scheck vom 15.2.1985. Durch die Veröffentlichung des Spruches des Teilanerkenntnisurteiles in der Zeitung "Die Presse" entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von S 20.196,--, die er mit dem Scheck vom 9.4.1985 beglich. Die Kosten des Rechtsvertreters des Klägers in diesem Verfahren betrugen S 19.026,--.

Mit Schreiben vom 14.5.1985 übersandte der Kläger dem Beklagten eine Aufstellung der Kosten samt Belegen und ersuchte um "Weiterleitung der Schadenersatzansprüche in der Höhe von S 18.906,-- Vergleich, S 20.196,-- Veröffentlichung in der "Presse", S 10.000,-- eigene Rechtsanwaltskosten, S 30.000,-- Imageschaden durch die Veröffentlichung, gesamt sohin S 79.102,--". Weiters ersuchte der Kläger um Bekanntgabe der zuständigen Herren von C*** Italia, um seine Ansprüche auch direkt deponieren zu können. Mit Schreiben vom 21.5.1985 teilte der Beklagte dem Kläger den Namen des zuständigen Herrn bei der Firma C*** mit.

Am 22.10.1985 stellte der Beklagte beim ÖVE den Antrag auf Verleihung des Rechtes zur Führung des Prüfzeichens ÖVE für den Rasenmäher C*** Typ DOC. Die Genehmigung wurde vom Verband am 8.1.1986 erteilt. Nicht feststellbar war, ob der Kläger aus der Veröffentlichung des Spruches des Teilanerkenntnisurteiles einen Verdienstentgang hatte (S.9 des Ersturteils).

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß ein Händler, der die Ware von einem Produzenten beziehe, nicht schlechthin für jedes Verschulden des Produzenten, sondern nur für die ihn selbst treffenden Pflichten hafte, wobei der Maßstab des § 1299 ABGB anzulegen sei. Dem Händler könne daher keine Sorgfaltsverletzung bei der Fabrikation, sondern nur bei der Kontrolle der gehandelten Ware vorgeworfen werden. Von einem Vertragshändler, der - wie der Beklagte - als Repräsentant der Herstellerfirma im Auslandsvertrieb tätig sei, werde auf Grund seines Auftretens ein besonderes Wissen kundgetan und erwartet. Dies rechtfertige es, den Sorgfaltsmaßstab für den Vertragshändler auf Auslandsmärkten besonders hoch anzusetzen. Von ihm müsse ein besonders hohes Maß an Wissen und entsprechender Sorgfalt bei der Aufklärung des Erwerbers eines Produktes des Herstellers vorausgesetzt und verlangt werden. Auch der besondere Sorgfaltsmaßstab eines Vertragshändlers dürfe aber nicht überspannt werden. Der Beklagte habe im vorliegenden Fall entsprechend seinem Wissensstand gehandelt und keinen Anlaß gehabt, an der Richtigkeit der Darstellung im Katalog, daß sämtliche Rasenmäher berechtigterweise mit der Schutzmarke versehen seien, zu zweifeln. Der Kläger habe auch gar nicht behauptet, daß für den Beklagten vor Weiterlieferung an den Kläger Anhaltspunkte bestanden hätten, die Berechtigung der Anbringung des ÖVE-Zeichens am gegenständlichen Rasenmähermodell in Zweifel zu ziehen. Von einem Verschulden des Beklagten könne daher nicht gesprochen werden, sodaß das Klagebegehren abzuweisen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, daß die Revision zulässig sei, weil zum Umfang der Prüfungspflicht des Generalimporteurs von Elektrogeräten in bezug auf die berechtigte Anbringung von ÖVE-Schutzmarken auf den importierten Geräten durch den Hersteller eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege. Rechtlich vertrat das Berufungsgericht zunächst die Auffassung, daß die Abweisung des Teilbegehrens auf Ersatz von Verdienstentgang in der Höhe von S 30.000,-- schon deshalb zu Recht erfolgt sei, weil der Kläger nicht beweisen konnte, daß er überhaupt einen Imageschaden und einen daraus resultierenden Verdienstentgang erlitten habe. Im übrigen stehe aber fest, daß der Kläger infolge Eingriffes in ein fremdes Markenrecht vom österreichischen Verband für Elektrotechnik zu Recht auf Unterlassung und Veröffentlichung des Urteilsspruches geklagt wurde, und dadurch einen Schaden in der Höhe der festgestellten Prozeß- und Veröffentlichungskosten erlitten hat. Die Einwendung schikanöser Rechtsausübung wäre im bezogenen Verfahren nicht zielführend gewesen. Der Kläger habe vielmehr zu Recht das Unterlassungsbegehren anerkannt und einen für ihn günstigen Vergleich über das Veröffentlichungsbegehren abgeschlossen. Der Beklagte sei allerdings verpflichtet darzutun, daß er die ihm obliegende Sorgfaltspflicht im Rahmen des mit dem Kläger abgeschlossenen Rechtsgeschäftes nicht verletzt habe. An die Kontroll- und Prüfungspflicht des Verkäufers als Zwischnehändler könnten keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Im allgemeinen müsse sich der Händler auf die ihm vom Produzenten gegebenen Hinweise verlassen können, sofern er nicht auf Grund ihm bereits bekannt gewordener Schadensfälle Zweifel an deren Richtigkeit haben muß. Ein Händler, der Elektrogeräte von einem seriösen Hersteller aus einem europäischen Nachbarland bezieht, könne sich im allgemeinen darauf verlassen, daß die Anbringung der ÖVE-Schutzmarke durch den Hersteller durch entsprechende Vereinbarungen mit dem Markeninhaber gedeckt ist, wenn nicht besondere Umstände eine Überprüfung erfordern. Strengere Anforderungen seien allerdings an den Repräsentanten eines ausländischen Produzenten zu stellen. Eine solche Eigenschaft sei jedoch vom Kläger nicht einmal behauptet worden und sei auch im Verfahren nicht hervorgekommen. Es sei aber durchaus denkbar, daß einem Generalimporteur - wie dem Beklagten - vom ausländischen Hersteller auch die Aufgabe übertragen wird, die erforderlichen Genehmigungen für die Verwendung inländischer Schutzmarken wie etwa der ÖVE-Marke einzuholen. Daß dem Beklagten im vorliegenden Fall diese Aufgabe vertraglich oder auf Grund eines Handelsbrauches übertragen war, sei aber ebenfalls weder behauptet worden noch im Verfahren hervorgekommen. Vielmehr habe der Beklagte den Beweis dafür erbringen können, daß ihm bei Übernahme der Generalvertretung im Jahr 1979 von leitenden Angestellten der Firma C*** zugesichert wurde, daß alle Rasenmäher überprüft seien. Diese Behauptung habe die Firma C*** auch in ihren Katalogen, in denen schon Rasenmäher der Type DOC angeboten wurden, ausdrücklich aufgestellt. Besondere Umstände, die den Beklagten veranlassen hätten müssen, an der Richtigkeit dieser Zusicherungen des Produzenten zu zweifeln, seien weder behauptet worden noch hervorgekommen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Der Kläger rügt mit Recht die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß der Beklagte für seinen in Rede stehenden Sorgfaltsverstoß beim Verkauf des Rasenmähers "DOC" nicht zu haften habe:

Das zwischen den Streitteilen auf dem Verkauf des Rasenmähers

"DOC" gegründete Rechtsverhältnis erzeugte zwischen ihnen nicht nur

Hauptleistungspflichten; den beklagten Importeur und Verkäufer traf

vielmehr darüber hinaus auch noch die begleitende (sogenannte

unselbständige) Nebenpflicht, den Kläger als Käufer und Händler

nicht in seinen sonstigen Rechtspositionen zu schädigen, und deshalb

bei jedem weiteren Verhalten, das mit der Durchführung des

Vertragsverhältnisses in einem mehr oder minder engen Zusammenhang

steht, das erforderliche Maß an Aufmerksamkeit, Überlegung und

Rücksichtnahme, also kurz Sorgfalt, anzuwenden (Larenz,

Lehrbuch11 I 8 f; 5 Ob 865/81; 1 Ob 520/78 in JBl 1979, 201 f,

insb.202 reSp). Für den vorliegenden Fall konkretisierte sich die

dargestellte vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflicht des Beklagten

als Generalimporteur des im Ausland erzeugten und mit dem

ÖVE-Prüfzeichen (§ 8 Abs 6 ElektrotechnikG) versehenen Rasenmähers

beim Verkauf dieses Produktes an den Kläger als inländischen Händler

in der Verpflichtung, sich von der Berechtigung des ausländischen

Erzeugers zur Anbringung des ÖVE-Zeichens auf diesem Produkt zu

überzeugen. Dieser Verpflichtung ist der Beklagte nicht bzw nicht im

ausreichendem Maße nachgekommen.

Er hätte bedenken müssen, daß die ihm im Jahre 1979 von dem

Produzenten gegebene Zusicherung, alle Rasenmäher seien überprüft,

nicht auch für ein erst später erzeugtes Modell wie das hier

streitauslösende Modell "DOC" gelten konnte; auch hätte er

der - ohnedies nicht ganz präzisen - Formulierung im Katalog des

Produzenten, wonach "C*** auch Inhaber der Schutzmarke ÖVE" ist,

nicht ohne gewissenhafte Prüfung, ob damit auch das ausgelieferte

Modell "DOC" betroffen ist, ohne weiteres Glauben schenken dürfen;

vielmehr war von ihm als österreichischen Generalrepräsentanten des

ausländischen Herstellers zu erwarten, daß er sich Gewißheit

verschafft, daß auf dem von ihm verkauften Gerät berechtigterweise das ÖVE-Prüfzeichen angebracht ist; dies war ihm bei dem ein Massenprodukt darstellenden Rasenmäher auch zumutbar, weil er sich beim ausländischen Erzeuger nur eine Photokopie der Berechtigungsurkunde zu verschaffen brauchte. Im übrigen hat die Vorgängerin des Beklagten sogar selbst für frühere Modelle den Antrag auf Erteilung des ÖVE-Zeichens bei der staatlichen autorisierten Versuchsanstalt für Elektrotechnik gestellt und sah sich letztlich auch der Beklagte veranlaßt, das fehlende Prüfzeugnis für das Modell "DOC" selber nachzuschaffen.

Diese Pflicht des Beklagten zur Klarstellung der Berechtigung der Verwendung des ÖVE-Prüf- und Markenzeichens für den verkauften Rasenmäher entsprach der berechtigten Erwartung des Klägers, daß der Beklagte im Sinne des § 8 Abs 1 ElektrotechnikG einen elektrisch betriebenen Rasenmäher im Inland in den Verkehr setzt, der den Sicherheitserfordernissen des § 3 dieses Gesetzes entspricht, und das Prüfzeichen zum Nachweis dafür angebracht wurde (§ 8 Abs 6 ElektrotechnikG). Da der Beklagte jedoch die ihn treffende Prüfungspflicht unterlassen und den in Rede stehenden, unberechtigt mit dem ÖVE-Prüf- und Markenzeichen versehene Rasenmäher dem Kläger als inländischem Händler weiterverkauft hat, haftet er dem Kläger für den Schaden, den dieser durch die im Vertrauen auf die berechtigte Warenkennzeichnung vorgenommene Inverkehrsetzung der unberechtigt so gekennzeichneten Ware erlitten hat. Dieser manifestiert sich - wie die Vorinstanzen diesbezüglich richtig erkannten - in den Kosten des Verfahrens, das der Verband der Elektrohändler gegen den Kläger angestrebt hat. Unberechtigt ist hingegen der weiters geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Ersatz seines sogenannten "Imageschadens" und seines oben dargestellten Verdienstentganges. Dazu hat das Erstgericht festgestellt, daß Schäden in dieser Richtung nicht feststellbar waren, und das Berufungsgericht hat die Beweisrüge des Klägers gegen diese Feststellung ausdrücklich verworfen. Damit ist im Gegensatz zur Ansicht des Klägers in diesem Belang der Anspruchsgrundlage schon vom Sachverhalt hier der Boden entzogen. Eine Haftung des Beklagten für diese Ersatzposten ist daher ausgeschlossen. Der Revision des Klägers war demnach teilweise Folge zu geben. Beim Ausspruch über die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen wurde gemäß §§ 43 Abs 1, 50 ZPO auf den überwiegenden Erfolg des Klägers entsprechend Bedacht genommen.

Anmerkung

E16653

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00676.88.1207.000

Dokumentnummer

JJT_19881207_OGH0002_0080OB00676_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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