TE OGH 1988/12/13 5Ob640/88

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Veröffentlicht am 13.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z*** UND K***

Wien, Wien 3., Vordere Zollamtsstraße 13, vertreten durch Dr. Walter Hatvager, Rechtsanwalt in Oberwart, wider die beklagten Parteien 1.) Gerhard L***, Kaufmann, Wien 23., Triesterstraße 229, vertreten durch Dr. Hans Schönherr, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Monika L***, Hausfrau, ebendort, vertreten durch Dr. Lothar Schottenhamml, Rechtsanwalt in Wien, 3.) Gustav B***, Pensionist, Bernstein, Stuben 6, vertreten durch Dr. Richard Köhler, Rechtsanwalt in Wien, und 4.) Elsa B***, Hausfrau, ebendort, vertreten durch Dr. Leopold Schön, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 977.186 samt Anhang infolge der außerordentlichen Revisionen und der Revisionen der Zweitbeklagten und des Drittbeklagten gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5. September 1988, GZ 4 R 144/88- 105, womit infolge der Berufungen der Zweitbeklagten und der Drittbeklagten das Teilurteil des Handelsgerichtes Wien vom 23. November 1987, GZ 10 Cg 125/84-79, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Die die Verurteilung zur Zahlung von S 226.008 und S 160.853 je samt Anhang bekämpfenden außerordentlichen Revisionen werden zurückgewiesen.

Den die Verurteilung zur Zahlung von S 590.325 samt Anhang bekämpfenden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die zweitbeklagte und die drittbeklagte Partei sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 18.908,02 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.200 an Barauslagen und S 1.609,82 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die S*** FÜR S*** UND U*** hat dem Erstbeklagten und der Zweitbeklagten am 24. November 1978 eine Hypothekarkredit-Zusage für einen Kredit in der Höhe von S 500.000

gegeben. Weiters hat die S*** FÜR S*** UND U*** dem Erstbeklagten am 22. Juni 1979 eine Kreditzusage für einen Kredit in der Höhe von S 200.000 und am 3. Oktober 1979 eine Kreditzusage für einen Kredit in der Höhe von S 120.000 erteilt. Alle drei Kreditzusagen wurden von sämtlichen Beklagten angenommen, und zwar vom Erstbeklagten und von der Zweitbeklagten bzw. nur vom Erstbeklagten als Kreditnehmer, von der Zweitbeklagten, dem Drittbeklagten und der Viertbeklagten als Bürge und Zahler.

Im Zusammenhang mit dem gegen den Erstbeklagten eingeleiteten Insolvenzverfahren bzw. wegen des vom Erstbeklagten angestrebten Ausgleichs haben der Drittbeklagte und die Viertbeklagte am 15. April 1981 eine Pfandbestellungsurkunde unterfertigt, mit welcher sie der S*** FÜR S*** UND U*** zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten aller Art bis zum Höchstbetrag von S 1,2 Mill. mehrere Liegenschaften zum Pfand bestellten. In Punkt 10

dieser Pfandbestellungsurkunde wurde auf die klagegegenständlichen Kreditverträge hingewiesen.

Mit Schreiben vom 13. Juli 1982 bestätigte die S*** FÜR S*** UND U*** dem Drittbeklagte und der Viertbeklagten eine mit Direktor B*** getroffene Vereinbarung, wonach in Erfüllung der übernommenen Bürgschaften in der Höhe von S 1,2 Mill.

wegen der Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers die Kreditabstattung durch monatliche Pauschalraten in der Höhe von S 14.000 ab 5. September 1982 mit einer Laufzeit von 15 Jahren erfolgen soll. Am 25. August 1982 brachte die S*** FÜR S*** UND U*** beim Landesgericht Eisenstadt zu 1 Cg 257/82 gegen Monika L*** die Klage wegen S 50.000 samt Anhang mit dem Vorbringen ein, daß Monika L*** für verschiedene Gerhard L***

eingeräumte Kredite für ein Obligo von rund S 2 Mill. hafte. Mit Versäumungsurteil vom 24. September 1982 wurde dieser Klage stattgegeben. Gegen Bezahlung des Betrages von S 50.000 und Nebenkosten nahm die S*** FÜR S*** UND U*** von der Zwangsversteigerung der Monika L*** gehörenden Liegenschaften Abstand, entließ aber im übrigen Monika L*** nicht aus ihrer Mithaftung.

Mit Schreiben vom 9. Juni 1983 wies die S*** FÜR S*** UND U*** den Drittbeklagten und die Viertbeklagte darauf hin, daß durch die monatlichen Pauschalraten von je S 14.000

bisher lediglich S 69.000 eingelangt seien, demnach S 71.000 zuzüglich Kosten offen seien. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1983 mahnte die S*** FÜR S*** UND U*** von dem Drittbeklagten und der Viertbeklagten rückständige S 127.000 ein.

Aufgrund des Sachverständigengutachtens steht fest, daß am 15. September 1984 auf dem Kreditkonto Nr. 461 532 749 S 590.325, auf dem Kreditkonto Nr. 461 532 715 S 226.008 und auf dem Kreditkonto Nr. 461 532 756 S 160.853 offen waren und seitens der Beklagten nach dem 15. September 1984 dieses Obligo nicht durch Zahlungen gemindert wurde.

Es steht weiter fest, daß die im Konkursverfahren über das Vermögen des Erstbeklagten erzielten Erlöse richtigerweise nicht zu einer Teilabdeckung der klagegegenständlichen Kredite, sondern zur Abdeckung eines anderen Betriebsmittelkredites des Erstbeklagten verwendet wurden.

Aufgrund des Verschmelzungsvertrages vom 4. Oktober 1983 fand die Verschmelzung der S*** FÜR S*** UND U*** als übertragender S*** mit der klagenden Partei als übernehmender S*** statt.

Die klagende Partei begehrt von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung der Beträge von S 590.325, S 226.008 und S 160.853 je samt Anhang, zusammen also S 977.186 samt Anhang. Die Beklagten werden als Kreditnehmer bzw. Bürgen und Zahler in Anspruch genommen. Die Beklagten bestritten das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und beantragten Klageabweisung. Die Zweitbeklagte wendete insbesondere ein, daß sie gegen Zahlung eines Betrages von S 50.000 aus der Haftung entlassen worden sei. Der Drittbeklagte machte insbesondere geltend, daß ihm keine Kreditbeträge zugeflossen seien. Die klagende Partei und der Erstbeklagte vereinbarten Ruhen des Verfahrens.

Das Erstgericht, das den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt als erwiesen annahm, verurteilte die Zweit- bis Viertbeklagten - von der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung eines Mehrbegehrens an Verzugszinsen abgesehen - im Sinne der Klage. Es gelangte rechtlich zu dem Ergebnis, daß die Zweitbeklagte hinsichtlich des Kredites vom 24. November 1978 als Mitschuldnerin und hinsichtlich der zwei weiteren Kredite gemeinsam mit dem Dritt- und der Viertbeklagten als Bürgin und Zahlerin hafte. Da sie nach Zahlung von S 50.000 von der klagenden Partei aus der Haftung nicht entlassen worden sei, habe sie für die Klageforderungen zur Gänze einzustehen. Der Dritt- und die Viertbeklagte hätten ihren Beitritt zu den Schuldverhältnissen als Bürgen und Zahler unbestritten gelassen und auch die Unterfertigung der Pfandbestellungsurkunde vom 15. April 1981/25. Mai 1982 zugegeben, in der auf die vorliegenden Kreditverträge Bezug genommen worden sei.

Das Berufungsgericht setzte das Berufungsgericht hinsichtlich der Viertbeklagten bis zur Entscheidung über ihre Prozeßfähigkeit durch das Pflegschaftsgericht aus und gab den Berufungen der Zweitbeklagten und des Drittbeklagten nicht Folge; es sprach unter Hinweis darauf, daß die Ansprüche aus den drei Kreditverträgen mangels der Voraussetzungen des § 55 JN nicht zusammenzurechnen seien, aus, daß die Revision hinsichtlich der Forderungen von S 226.008 und S 160.853 nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens sowie einer unbedenklichen Beweiswürdigung und führte zu den Rechtsrügen aus:

Die Zweitbeklagte wünsche, daß das Ergebnis des Verfahrens 1 Cg 257/82 des Landesgerichtes Eisenstadt und des daran anschließenden Versteigerungsverfahrens der rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt werde, und wiederhole ihren Prozeßstandpunkt, daß sie von der klagenden Partei mit der Zahlung von S 50.000 aus ihrer gesamten Haftung entlassen worden sei. Das Erstgericht habe jedoch festgestellt, daß Monika L*** durch die Zahlung von S 50.000 nicht aus ihrer Haftung als Mitschuldnerin bzw. als Bürgin und Zahlerin für die eingeklagten Forderungen entlassen wurde, sodaß dem Erstgericht keine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgeworfen werden könne.

Der Drittbeklagte behaupte, daß ihm der in der Pfandbestellungsurkunde versprochene Kredit nie ausbezahlt worden sei, sodaß eine Haftung seinerseits nicht in Frage komme; aus dem weiteren Vorbringen der klagenden Partei ergebe sich, daß der Drittbeklagte und die Viertbeklagte auch eine Pfandbestellungsurkunde über S 1,2 Mill. unterfertigt hätten; diese Pfandbestellung diene nur der zusätzlichen Sicherheit für die mit Urkunden vom 24. November 1978, 22. Juni 1979 und 3. Oktober 1979 Gerhard L*** und Monika L*** bzw. Gerhard L*** allein gewährten Kredite. Dem sei entgegenzuhalten, daß das Erstgericht seine rechtliche Beurteilung, gestützt auf seine Feststellungen, auf die Haftung des Drittbeklagten als Bürge und Zahler, aber auch auf die Haftung aus der Pfandbestellungsurkunde gründe. Der vom Drittbeklagten angestrebten Auslegung des Punktes 10 der Pfandbestellungsurkunde dahin, daß mit "Ihnen" die Unterzeichner Gustav und Elsa B*** gemeint seien, könne nicht beigepflichtet werden. Aus dem Text des Punktes 10 gehe eindeutig hervor, daß mit "Ihnen" die S*** gemeint sei. Durch die Anführung der drei Daten der bereits eingeräumten Kredite sei auch unmißverständlich ausgedrückt, daß die verpfändeten Liegenschaften für diese Kredite hafteten. Dabei sei auch irrelevant, daß die Ausdrücke "Urkunde" und "Kredit" in der Einzahl und nicht in der Mehrzahl verwendet wurden. Der Drittbeklagte sei sich der Haftung seiner Liegenschaften für die bereits Gerhard L*** bzw. Monika L*** ausgezahlten Kredite, für die er auch bereits seinerzeit die Bürgschaft übernommen hatte, bewußt gewesen.

Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes richten sich die außerordentlichen Revisionen und die Revisionen der Zweitbeklagten und des Drittbeklagten. Sie beantragen, das angefochtene Urteil zur Gänze im Sinne der Klageabweisung abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die klagende Partei beantragt, die außerordentlichen Revisionen als unzulässig zurückzuweisen und den Revisionen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß die aus den selbständigen Kreditverträgen bzw. Bürgschaftsübernahmen abgeleiteten klagegegenständlichen Ansprüche mangels der Voraussetzungen des § 55 JN nicht zusammenzurechnen sind. Der im § 55 Abs.1 Z 1 JN für die Zusammenrechnung geforderte tatsächliche oder rechtliche Zusammenhang wäre nur dann anzunehmen, wenn jeder der mehreren Ansprüche für sich und unabhängig von den anderen nicht bestehen könnte oder wenn die Forderungen aus einer gemeinsamen Tatsache oder aus einem gemeinsamen Rechtsgrund entstanden wären (7 Ob 1511/87; vgl. auch die in einem Prozeß der klagenden Partei gegen den Erstbeklagten und die Zweitbeklagte ergangene Entscheidung 1 Ob 552/88). Ein die Zusammenrechnung in Ansehung des Drittbeklagten rechtfertigender Zusammenhang wird auch nicht dadurch hergestellt, daß der Drittbeklagte die Pfandbestellungsurkunde unterfertigt hat. Die gegen die Verurteilung zur Zahlung der Beträge von S 226.008 und S 160.853 je samt Anhang gerichteten, somit als außerordentliche zu behandelnden Revisionen der Zweitbeklagten und des Drittbeklagten sind schon deshalb mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zurückzuweisen, weil die Revisionswerber nicht einmal den Versuch unternehmen darzulegen, von der Lösung welcher erheblichen Rechtsfrage die Entscheidung abhängen soll.

Die gegen die Verurteilung zur Zahlung des Betrages von S 590.325 samt Anhang gerichteten Revisionen der Zweitbeklagten und des Drittbeklagten sind nicht berechtigt.

1.) Zur Revision der Zweitbeklagten:

Die Zweitbeklagte hält unter Geltendmachung des Revisionsgrundes des § 503 Abs.1 Z 4 ZPO ihren bereits in erster und zweiter Instanz vertretenen Standpunkt aufrecht, sie sei gegen Zahlung eines Betrages von S 50.000 aus jedweder sie gegenüber der klagenden Partei treffenden Haftung entlassen worden. Soweit mit diesen Ausführungen eine ausdrückliche Entlassung aus der Haftung dargetan werden soll, verläßt die Rechtsrüge den Boden der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen und gelangt daher nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Soweit damit eine konkludente Entlassung aus der Haftung behauptet wird, ist auszuführen, daß eine solche - wie die Vorinstanzen im Ergebnis richtig erkannt haben - weder aus den Verfahrensergebnissen noch aus den Feststellungen abgeleitet werden kann.

2.) Zur Revision des Drittbeklagten:

Soweit sich der Drittbeklagte dagegen wendet, daß das Berufungsgericht den gerügten erstinstanzlichen Verfahrensmangel (betreffend die Vernehmung des Drittbeklagten als Partei) nicht als gegeben angesehen hat, ist ihm zu erwidern, daß dies nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht mehr releviert werden kann.

Auch die geltend gemachten Aktenwidrigkeiten liegen nicht vor. Was den Punkt 10 der Pfandbestellungsurkunde betrifft, so hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung nicht einen aktenwidrigen Wortlaut des genannten Vertragspunktes zugrundegelegt, sondern zutreffend dargetan, wie dieser Vertragspunkt aus dem Zusammenhang der Urkunde und im Zusammenhalt mit den übrigen Verfahrensergebnissen zu verstehen ist. Die Ausführungen zur Aussage der Zeugin Felicitas B*** stellen einen im Revisionsverfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die berufungsgerichtliche Beweiswürdigung dar.

Die Rechtsrüge gründet der Drittbeklagte ausschließlich auf die von ihm als grammatikalisch richtig angestrebte Ausleguie des Punktes 10 der Pfandbestellungsurkunde, wonach er (und die Viertbeklagte) für ihnen eingeräumte Kredite haften sollen, die ihnen aber nicht gewährt worden seien, sodaß auch ihre Haftung nicht entstanden sei. Diese Argumentation muß schon deshalb erfolglos bleiben, weil die Haftung des Drittbeklagte auch auf den drei Bürgschaftsübernahmen beruht, worauf bereits die Vorinstanzen zutreffend hingewiesen haben. Im übrigen ist entgegen der Meinung des Revisionswerbers dem Verständnis des Punktes 10 der Pandbestellungsurkunde im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes zu folgen, wie schon bei Behandlung der Aktenwidrigkeitsrüge dargelegt wurde. Den Revisionen des Zweitbeklagten und des Drittbeklagten war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Bemessungsgrundlage ist im Hinblick auf § 508 a Abs.2 letzter Satz ZPO lediglich der Betrag von S 590.325.

Anmerkung

E15979

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00640.88.1213.000

Dokumentnummer

JJT_19881213_OGH0002_0050OB00640_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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