TE OGH 1988/12/15 7Ob730/88

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Veröffentlicht am 15.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Franz P***, 2.) Herta P***, beide Besitzer zu vulgo A***, Aich 49, beide vertreten durch Dr. Franz J. Rainer, Rechtsanwalt in Schladming, wider die beklagte Partei G*** A***-A***, vertreten durch Dr. Hans Pirker, Rechtsanwalt in Irdning, wegen Feststellung einer Servitut und Wiederherstellung (Streitwert S 120.000,--) infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 27. Mai 1988, GZ 1 R 99/88-45, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 20. Februar 1988, GZ 5 Cg 307/87-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird dahin abgeändert, daß es als Endurteil zu lauten hat:

"Es wird festgestellt, daß den Klägern als Eigentümern der Liegenschaft EZ 1 KG Aich ganzjährig das Gehrecht und während der Winterzeit, solange Schnee liegt, auch das Fahrrecht mit Pferdeschlitten über die Parzelle 618/2 KG Aich der beklagten Partei, entsprechend der roten Einzeichnung der diesem Urteil zugrundeliegenden Lageskizze, gegenüber den jeweiligen Eigentümern der EZ 466 KG Aich zusteht. Die beklagte Partei ist schuldig, innerhalb eines Jahres den in der diesem Urteil zugrundeliegenden Lageskizze rot eingezeichneten Gehweg während des ganzen Jahres und den Schlittenweg während der Winterzeit im Bereich der Grundparzelle 618/2 KG Aich wiederherzustellen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 52.738,54 (darin S 3.821,69 an Umsatzsteuer und S 10.700,-- an Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit S 22.693,03 (darin S 1.335,73 an Umsatzsteuer und S 8.000,-- an Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 16.223,63 (darin S 565,78 an Umsatzsteuer und S 10.000,-- an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der bäuerlichen Liegenschaft EZ 1 KG Aich. Von der Hofstelle aus ist das Ortszentrum Aich gegenwärtig über einen asphaltierten Gemeindeweg erreichbar. Darüber hinaus hat seinerzeit auch ein davon abzweigender, etwa 410 m langer Weg (im Winter Pferdeschlittenweg), der über die Wiesengrundstücke 750/42, 631 (Eigentümer Franz und Irmgard H***), 634 (Eigentümer Josef D***), 636 (Eigentümer Augustin und Konstanzia F***) und 618 (Eigentümer Helmut und Hermine P***) führte, bestanden. Mit Kaufvertrag vom 23.12.1985 (7.1.1986) verkauften das Ehepaar F*** von den Grundstücken 636 Wiese und 649/1 Weide einen etwa 3.000 m2 und das Ehepaar P*** vom Grundstück 618 Wiese einen etwa 12.000 m2 großen Teil an die beklagte Partei. Diese errichtete auf dem neu gebildeten Grundstück 618/2 der EZ 466 KG Aich eine Freizeitanlage mit Freizeitsee.

Die Kläger stellen das aus dem Spruch zu ersehende Begehren. Ein "erstes Eventualbegehren" lautet auf Herstellung eines Fuß- und Pferdeschlittenweges samt Brücke in einer Breite von 2,5 m auf einer Trasse, die der rot strichlierten Einzeichnung in der dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.Ing. Walter G*** vom 8.1.1988 beiliegenden Mappenskizze AS 91 entspricht, einschließlich einer Garantie des Geh- und Fahrrechtes. Mit einem "zweiten Eventualbegehren" machen die Kläger für den Fall, daß der Weg nicht wiederhergestellt werden könnte und untergegangen sei, unter Hinweis auf die damit verbundenen großen Erschwernisse einen Schadenersatzbetrag von S 120.000,-- s.A. geltend. Die Kläger hätten das behauptete Geh- und Fahrrecht außerbücherlich ersessen. Durch die Errichtung eines Badesees durch die beklagte Partei sei der Servitutsweg unterbrochen worden.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Es liege schikanöse Rechtsausübung vor. Die Kläger hätten den Fußsteig nur äußerst selten begangen und bei Benützung der Straße (des Gemeindeweges) eine weitaus günstigere Verkehrsverbindung. Die Trockenlegung des Badesees sei technisch nicht möglich. Es sei daher Unmöglichkeit der Leistung gegeben. Der Fußsteig sei vor mehr als 30 Jahren ab und zu im Winter mit Pferdeschlitten zur Holzbringung befahren worden. Seit mehr als 3 Jahren könnten die Kläger den Teil des Fußsteiges im Bereich des Freizeitsees deshalb nicht mehr erreichen, weil sich die Eigentümer der davorliegenden Grundstücke der Ausübung des Servitutsrechtes mit Erfolg widersetzt hätten. Seit mindestens 5 Jahren hätten von Frühjahr bis Herbst auf dem Grundstück 618 Pferde geweidet. Eine Wegverlegung sei technisch und rechtlich nicht möglich.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren und das erste Eventualbegehren ab. Dem zweiten Eventualbegehren gab es durch Zuspruch eines Betrages von S 50.000,-- s.A. - unter Abweisung des Mehrbegehrens - statt. Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:

Die Kläger bewirtschaften das landwirtschaftliche Anwesen als Zuerwerbsbetrieb. Das land- und forstwirtschaftliche Grundausmaß beträgt 11,85 ha. Der Viehbestand umfaßt derzeit 9 Kühe, 8 Stück Jungvieh, 80 Schafe und 1 Pferd.

Die Hofstelle der Kläger ist vom Ortskern Aich etwa 1 km entfernt und durch einen asphaltierten Gemeindeweg erschlossen. Seit mindestens 200 Jahren bestand von dem etwa 150 m östlich des Anwesens der Kläger am Gemeindeweg 2064/1 gelegenen Grundstück Nr.631 und dem dort zum Ennsarm abzweigenden Weg ausgehend ein Fußsteig, der an der westlichen Umzäunung des Grundstückes 631 etwa 3 m südlich des Gemeindeweges begann, in südöstlicher Richtung über die Grundstücke 631, 634/1, 636 und 618 in einem weiten, nach Süden ausladenden Bogen in den Ortskern Aich führte und dort in den öffentlichen Weg 2058/5 mündete. Die Grundstücke, über die der Fußsteig führte, waren eingezäunt. Seinerzeit bestanden Vorrichtungen zum Übersteigen der Zäune und auch der Gatter, die entfernt wurden. Der Fußsteig war vom Anwesen der Kläger aus um mehr als 200 m kürzer als der öffentliche Weg (Gemeindeweg). Er verlief über feuchte, zum Teil nasse Zweischnittwiesen und wurde seinerzeit ganzjährig begangen. Er war nicht in seiner gesamten Länge sichtbar ausgetreten. Bei Schlechtwetter wurden die nassen Stellen umgangen. Die Kläger, Schulkinder, Fremde und auch Gäste benützten den Fußsteig als Abkürzung. Der Weg wurde im Winter von den Klägern und auch von dritten Personen als Fahrweg mit Pferdeschlitten, die Holz transportierten, befahren. Diese Benützung durch die Kläger bzw. deren Rechtsvorgänger erfolgte bis zu den Jahren 1962/63. Infolge Zunahme der Motorisierung begingen im Laufe der Zeit immer weniger Menschen den Weg, so daß dessen Verlauf immer unkenntlicher wurde. Die Wiesenflächen, über die der Fußsteig lief, wurden vielfach beweidet.

Die Kläger begingen den Weg seit mehr als 30 Jahren bis zur Errichtung der Freizeitanlage im Sommer 1986. Die Zweitklägerin benützte den Weg nahezu täglich. Bis vor 25 Jahren wurde der Weg mehr als 30 Jahre hindurch im Winter mit Pferdeschlitten befahren. Dem die beklagte Partei als Käuferin vertretenden Bürgermeister Engelbert Z*** war durch die Gespräche, die dem Ankauf der Grundstücksteile vorangingen, bekannt, daß der über die betreffenden Grundstücke verlaufende Fußsteig begangen und vor mehr als 25, aber weniger als 30 Jahren im Winter auch mit Pferdeschlitten zum Holztransport befahren wurde. In den Kaufverträgen haben die Vertragsteile ausdrücklich festgehalten, daß die beklagte Partei die Grundstücksteile samt allen mit dem Eigentum verbundenen Rechten und Pflichten erwirbt, wobei die Verkäufer keine Haftung dafür übernommen haben, daß die verkauften Grundstücksteile frei von allfälligen Grunddienstbarkeiten sind.

Am 24.7.1986 entfernte Franz H*** an dem sein Grundstück umschließenden Zaun vor den Augen der Zweitklägerin die letzte vorhandene Übersteigvorrichtung. Der Erstkläger verfaßte daraufhin eine Eingabe an die beklagte Partei, in der er den Fußsteig als öffentlichen Gehweg bezeichnete und die beklagte Partei ersuchte, das Gehrecht und im Winter das Fahrrecht weiterhin zu beachten. Er teilte der beklagten Partei mit, daß er auf die Servituten nicht verzichten werde und daß die Besitzer H*** und D*** die Übersteighilfen entfernt und durch das Anbringen von Stacheldraht ein Überqueren der Zäune und damit ein Gehen über die Wiesen unmöglich gemacht hätten. In einer Eingabe an das Amt der steiermärkischen Landesregierung vom 14.10.1986 bezeichnete der Erstkläger den Fußsteig als einen öffentlich benützten Gehweg, der bis zur Inbetriebnahme des Badesees am 2.8.1986 benützt worden und für ca. 10 Kinder der Schulweg gewesen sei.

Die beklagte Partei veränderte das Grundstück 618/2. Im westlichen Bereich dieses Grundstückes wurden das Niveau mit Aushubmaterial des Freizeitsees angehoben und ein 1,5 m tiefer Graben angelegt. Im Westen, Norden und Osten wurde die Parzelle mit einem stabilen Maschendrahtzaun eingefriedet. Im Süden wird die Freizeitanlage durch das wasserführende Ennstalarmgerinne abgegrenzt. Die Anlage unterbindet dauernd die Benützung des Fußsteiges. Der seinerzeitige Servitutsweg verläuft derzeit über eine Strecke von zumindest 40 m durch den Badesee. Das östliche Ende des Steiges liegt im Bereich des Einganges zum Freizeithaus. Die Wiederherstellung des ursprünglichen Weges ist nicht möglich. Eine Verlegung des Fußsteiges nach Süden oder Norden ist im Hinblick auf Bauten, auf die steile Uferböschung und auf fremde Grundstücke "technisch nicht vertretbar".

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die Kläger hätten den Fußsteig über das neugebildete Grundstück 618/2 der beklagten Partei bis zum Sommer 1986 seit mehr als 30 Jahren begangen und bis vor 25 Jahren seit mehr als 30 Jahren im Winter mit Pferdeschlitten befahren. Eine weitaus günstigere Wegverbindung zwischen ihrem Hof und der Ortsmitte von Aich bestehe nicht. Die Verfolgung des Wegerechts geschehe daher nicht in schikanöser Rechtsausübung. Eine Freiheitsersitzung im Sinne des § 1488 ABGB sei nicht eingetreten. Die Ausübung des Geh- und Fahrrechtes über das Grundstück der beklagten Partei in seinem derzeitigen Zustand sei jedoch wegen des auf der Wegtrasse errichteten Badesees und der aufgeführten Gebäude nicht möglich. Nicht möglich sei wegen der Freizeitanlage auch die Wiederherstellung des ursprünglichen Fußsteiges und Fahrweges. Eine Verlegung des Weges auf einen anderen Grundstücksteil sei der beklagten Partei zufolge technischer Schwierigkeiten nicht zumutbar, zumal auch Grundstücke dritter Personen beansprucht werden müßten. Die Unerschwinglichkeit der Kosten stehe der Unmöglichkeit der Servitutsausübung gleich. Die beklagte Partei habe das Grundstück jedoch in Kenntnis der Rechte der Kläger erworben. Es treffe sie daher eine Verpflichtung zum Schadenersatz.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes hinsichtlich der Abweisung des Hauptbegehrens und des ersten Eventualbegehrens als Teilurteil und hob sie hinsichtlich des zweiten Eventualbegehrens sowohl in ihrem stattgebenden, als auch in ihrem abweisenden Teil (ohne Rechtskraftvorbehalt) auf. Es sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 60.000,--, aber nicht S 300.000,-- übersteigt und daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Dadurch, daß die beklagte Partei als Eigentümerin des neuen Grundstückes 618/2, über das der Servitutsweg teilweise verlaufen sei, das Niveau angehoben, einen Badeteich und einen 1,5 m tiefen Graben angelegt und ein Freizeithaus errichtet habe, sei eine völlige Umgestaltung des dienstbaren Grundes eingetreten. Die Ausübung der den Klägern zustehenden Grunddienstbarkeiten sei daher dauernd unmöglich geworden. Darauf, ob die Wiederherstellung des Servitutsweges auf dem Grundstück 618/2 technisch möglich bzw. finanziell erschwinglich sei, komme es nicht an, und ebenso auch nicht darauf, ob diese völlige Umgestaltung der dienstbaren Sache durch Zufall oder Verschulden des einen oder anderen Teils verursacht worden sei. Die Abweisung des ersten Eventualbegehrens sei gerechtfertigt, weil es hiefür einer wasser- und naturschutzrechtlichen Bewilligung und der Zustimmung der fremden Grundeigentümer bedürfte, die nicht vorliege. Die Revision sei nicht zuzulassen gewesen, weil bei Entscheidung des Haupt- und des ersten Eventualbegehrens eine erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zu lösen gewesen sei. Die Kläger bekämpfen das Teilurteil der zweiten Instanz mit ao. Revision aus dem Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, dem Hauptbegehren stattzugeben. Die Revision sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes zulässig, weil ein vergleichbarer Sachverhalt noch nicht entschieden worden sei, der Entscheidung der Fragen aber, inwieweit beim Bau von Freizeitanlagen der verschiedensten Art auf vorhandene Grunddienstbarkeiten wie Geh- und Fahrrechte Rücksicht zu nehmen sei, ob durch die Vornahme von Geländeveränderungen eine Dienstbarkeit erlösche und ob die Wiederherstellung des früheren Zustandes und ein Verschulden des mit der Dienstbarkeit Belasteten von rechtlicher Relevanz seien, im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme.

Die beklagte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet (§ 508 a Abs 2 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den von den Klägern aufgezeigten Gründen zulässig. Sie ist auch berechtigt.

Nach herrschender Rechtsprechung läßt nur die völlige Zwecklosigkeit oder dauernde Unmöglichkeit der Ausübung die Dienstbarkeit enden (EvBl 1980/22, MietSlg 32.035 ua). Die Dienstbarkeit erlischt daher einerseits, wenn sie infolge veränderter Verhältnisse dem herrschenden Gut keinen Vorteil mehr bringt. Sie besteht aber weiter, solange sie noch etwas zur vorteilhafteren oder bequemeren Benützung des herrschenden Grundstückes beizutragen vermag. Die Dienstbarkeit des Fußsteiges oder Fahrweges erlischt dementsprechend nicht schon deshalb, weil der Eigentümer des herrschenden Gutes auch auf einem anderen Weg ans Ziel gelangen könnte (Klang in Klang2 II 608; ImmZ 1963, 137; MietSlg 35.050).

Der Untergang des dienstbaren oder des herrschenden Gutes stellt nach § 525 ABGB die Dienstbarkeit zwar ein; doch erhält die Servitut wieder ihre vorige Kraft, sobald der Grund oder das Gebäude wieder in den vorigen Stand gesetzt ist.

Die Dienstbarkeit erlischt demnach nur bei dauernder Zerstörung des dienstbaren Grundes, wie etwa durch einen Bergsturz oder ein Erdbeben, nicht auch bei vorübergehender Zerstörung. In der Regel kann jedoch bei Grund und Boden nicht von einer dauernden Zerstörung ausgegangen werden (Klang aaO 609). Dem Untergang ist die völlige Umgestaltung der dienstbaren Sache gleichzusetzen, wenn die Ausübung der Servitut an dem dienstbaren Gut in seiner neuen Gestalt unmöglich ist (Klang aaO). Doch ist auch hier wesentlich, ob durch die Umgestaltung eine dauernde oder nur eine vorübergehende Zerstörung des dienstbaren Grundes herbeigeführt wurde. Denn bei vorübergehender Zerstörung wird die Servitut nur bis zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes "eingestellt" (§ 525 ABGB) und lebt dann in vollem Umfang wieder auf. Das Wiederaufleben setzt nicht die Wiederherstellung der Sache ein völlig unveränderter Gestalt voraus. Es genügt eine Erneuerung, die die Ausübung der Servitut möglich erscheinen läßt (Klang aaO). Auf eine solche Erneuerung - im Fall der nur vorübergehenden Zerstörung des dienstbaren Grundes - hat der Servitutsberechtigte unter Umständen sogar Anspruch (Klang aaO; SZ 50/61). Die Unmöglichkeit kann nämlich auf einem Zustand beruhen, dessen Beseitigung in der Macht des Schuldners liegt. Ist dieser Zustand auf ein Verschulden oder auf einen vom Schuldner zu vertretenden Zufall zurückzuführen, so ist der Schuldner zur Beseitigung verpflichtet. Das gleiche gilt, wenn die Beseitigung dem Schuldner ohne erhebliche Kosten möglich oder wenn ein Dritter zur Herausgabe verpflichtet ist oder wenn sich eine Verpflichtung zur Beseitigung des - vorübergehende - Unmöglichkeit der Leistung bewirkenden Zustandes aus dem Inhalt des besonderen Schuldverhältnisses ergibt (Pisko-Gschnitzer in Klang2 VI 546 f). Es wurde deshalb auch bereits entschieden, daß in dem Fall, daß das mit der Dienstbarkeit der Wohnung belastete Gebäude durch Brand zerstört wird, der Eigentümer der belasteten Sache in der Regel, auch wenn ihn an der Zerstörung kein Verschulden trifft, zum Wiederaufbau verpflichtet ist (wobei sich diese Wiederherstellungspflicht immer nur auf die vom Wohnungsrecht umfaßten Räume eines Hauses und nicht auf dieses selbst bezieht, sofern sich nicht die Dienstbarkeit auf sämtliche vorhandenen Wohnräume erstreckt) und diese Wiederherstellungspflicht erst dort ihre Grenze findet, wo sie dem Eigentümer der belasteten Sache nicht mehr zugemutet werden kann (EvBl 1973/247).

Der beklagten Partei war das Servitutsrecht der Kläger bereits bei den Besprechungen, die dem Ankauf der Grundstücksteile, die zur Errichtung der Freizeitanlage erforderlich waren, vorangingen, bekannt. Sie hat deshalb die Unmöglichkeit der Servitutsausübung der Kläger durch den Bau dieser Anlage schuldhaft herbeigeführt. Die Beseitigung des diese Unmöglichkeit bewirkenden Zustandes liegt in der Macht der beklagten Partei und ist ihr umsomehr zumutbar, als sie den früheren Zustand des Grundstückes 618/2, auf dem sich derzeit die Freizeitanlage befindet, nur so weit wiederherstellen muß, als dies zur Ermöglichung der Ausübung der Servitut erforderlich ist. Es liegt daher entgegen der Ansicht der Vorinstanzen keine dauernde, sondern nur eine vorübergehende Zerstörung (Umgestaltung) des dienstbaren Grundes vor. Ob nämlich die Unmöglichkeit der Leistung als eine dauernde (endgültige) anzusehen ist, ist nur zum Teil eine Tatfrage, zum Teil aber ein Wertungsproblem (JBl 1985, 742 mwN). Die Feststellung der Vorinstanzen, die Freizeitanlage unterbinde "dauernd" die Benützung des Fußsteiges, hält den vorstehenden Erwägungen nicht stand. Das Hauptbegehren der Kläger erweist sich damit als berechtigt. Den Klägern steht das geltend gemachte Fahr- und Gehrecht zu, weil sie dieses Recht ersessen haben. Zur Wiederherstellung dieses Rechtes, dessen Ausübung durch die von der beklagten Partei errichtete Freizeitanlage nur vorübergehend unmöglich gemacht wurde, ist die beklagte Partei nach den vorstehenden Ausführungen verpflichtet.

Es war deshalb der Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Damit ist auch der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes gegenstandslos, weil im Hinblick auf die Berechtigung des Hauptbegehrens eine Entscheidung über das zweite Eventualbegehren nicht mehr zu erfolgen hat.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E16390

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00730.88.1215.000

Dokumentnummer

JJT_19881215_OGH0002_0070OB00730_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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