TE OGH 1988/12/15 7Ob717/88

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Veröffentlicht am 15.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Pflegschaftssache des Robert G***, geboren am 11. Oktober 1969, Klosterneuburg,

Wienerstraße 104, vertreten durch Peter G***, Klosterneuburg, Wienerstraße 104, infolge Revisionsrekurses des Robert G***, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 27. Oktober 1988, GZ 47 R 577/88-201, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 5. August 1988, GZ P 41/81-198, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen haben übereinstimmend einen Antrag des am 11. Oktober 1969 geborenen Robert G***, eine Klagsführung (Schadenersatzklage) über S 29.416,-- s.A. gegen Herwig S*** und das L*** N*** pflegschaftsbehördlich zu genehmigen, wegen des zu hohen Prozeßrisikos abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Da übereinstimmende Entscheidungen der Vorinstanzen vorliegen, wäre ein Rechtsmittel gegen den Beschluß des Rekursgerichtes gemäß § 16 AußStrG nur wegen Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit oder offenbare Gesetzwidrigkeit zulässig. Eine Aktenwidrigkeit oder Nichtigkeit werden nicht behauptet, weil die im Rekurs vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 18 JWG nicht das Genehmigungsverfahren, sondern nur die von den Vorinstanzen bei ihrer Ermessensentscheidung herangezogenen Erwägungen betreffen. Offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird (JBl 1975, 547, RZ 1975, 10 ua). Handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, so kann offenbare Gesetzwidrigkeit schon begrifflich nicht vorliegen (NZ 1982, 142, SZ 49/76 ua).

Bei der Beurteilung, ob eine beabsichtigte Prozeßführung mit zu großen Risken verbunden ist oder nicht, handelt es sich um eine typische Ermessensentscheidung, weshalb aus den aufgezeigten Erwägungen eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht in Frage kommt. Darüber hinaus ergibt sich aber, daß auch in Außerstreitverfahren die Bestimmungen der §§ 6 und 7 ZPO Anwendung zu finden haben (Ö. Amtsvormund 1985, 149 ua). Der Mangel der Prozeßfähigkeit kann auch dadurch behoben werden, daß der bisher Prozeßunfähige im Zuge des Verfahrens seine Prozeßfähigkeit erlangt (vgl. Fasching II, 156). Da Roland G*** inzwischen das 19. Lebensjahr vollendet hat, ist er gemäß § 21 Abs 2 ABGB nicht mehr minderjährig. Demnach hat er gemäß § 2 ZPO die Prozeßfähigkeit erlangt, weshalb er selbst die ihm erforderlich scheinenden Schritte in dem von ihm angestrebten Zivilprozeß setzen kann. Ein Rechtsschutzinteresse an einer Entscheidung im Außerstreitverfahren ist sohin weggefallen. Das Rechtsschutzinteresse ist aber Voraussetzung für eine Entscheidung des Gerichtes, wobei diese Voraussetzung auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung gegeben sein muß. (EvBl 1973/204 u.a.).

Der Revisionsrekurs erweist sich sohin als unzulässig.

Anmerkung

E16025

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00717.88.1215.000

Dokumentnummer

JJT_19881215_OGH0002_0070OB00717_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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