TE OGH 1988/12/20 10ObS275/88

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Veröffentlicht am 20.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Kellner als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert Prohaska (Arbeitgeber) und Günter Eberhard (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Camil K***, Holijaci 7, 73240 Visegrad, Jugoslawien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei

P*** DER A***, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. Mai 1988, GZ 34 Rs 66/88-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 29. September 1987, GZ 5 Cgs 1194/87-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Aus Anlaß der Revision werden die Urteile der Vorinstanzen und das gesamte Verfahren für nichtig erklärt und der Schriftsatz des Klägers vom 24. März 1987 der P*** DER

A*** übermittelt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Text

Begründung:

Mit Bescheid vom 11. Oktober 1986, an den Kläger abgefertigt am 14. Oktober 1986, anerkannte die beklagte Partei den Anspruch des Klägers auf Invaliditätspension ab 1. November 1985. Das dem Bescheid beigelegte Formular für eine Lebensbestätigung des ausländischen Versicherten wurde bereits am 27. Oktober 1986 von der zuständigen jugoslawischen Behörde ausgefüllt und langte am 4. November 1986 bei der beklagten Partei wieder ein. Am 24. Juni 1987 langte bei der beklagten Partei ein Schreiben des Klägers nachstehenden Inhaltes ein:

"Aktenzeichen: Ausl-3043060832/30

Kläger: Camil K*** ....

Beklagte: P*** DER A***....

Wegen des neuen Sachverhaltes erfolgt ein Vorschlag des Klagsstellers um Erneuerung des Verfahrens, welches durch rechtskräftigen Bescheid der PVA vom 11. Oktober 1986 beendet wurde.

B e g r ü n d u n g :

Mit dem erwähnten rechtskräftigen Bescheid der PVA vom 11. Oktober 1986 der PVA Landesstelle Wien wurde mein Ansuchen um die Invaliditätspension ab 1. November 1985 im Betrage von S ..... genehmigt. Ich habe jedoch am 16. April 1985 ein Ansuchen um Pensionierung beim jugoslawischen Versicherungsträger gestellt und bin der Ansicht, daß dies das Datum darstellt, ab welchem ich auch die österreichische Pension erhalten müßte, die ich aber erst ab 1. November 1985 erhielt.

Als ich pensioniert wurde, hatte ich zwei Kinder, die sich noch in ordentlicher Schulausbildung befanden und das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und zwar: K*** Muzafer besuchte die Schule bis 31. August 1985 und K*** Mirzeta besucht noch die ordentliche Schule.

Ich bemerke, daß für die genannten Kinder vom österreichischen Sozialversicherungsträger keine Kinderbeihilfe gewährt wurde. Indem ich diese neuen Tatsachen hervorhebe, möchte ich bei dieser Gelegenheit bemerken, daß ich in Österreich mehr als drei Jahre Beschäftigungsstatus habe und der Ansicht bin, daß der Pensionsbetrag im Vergleich zu den realisierten Versicherungsmonaten äußerst gering ist.

Auf Grund der präsentierten Tatsachen bin ich der Meinung, daß ich geschädigt wurde. Ich erhebe daher diese Klage und schlage vor,

daß das erstinstanzliche Organ meinem Ansuchen stattgibt, zwecks Erneuerung des Verfahrens, den Sachverhalt überprüft und den angefochtenen Bescheid aufhebt, sowie einen neuen Bescheid erbringt, der gesetzlich begründet ist.

Visegrad, 24. März 1987 Unterschrift des Klägers"

Dieses Schreiben leitete die beklagte Partei mit angeschlossener Übersetzung und gleichzeitiger Erstattung einer Klagebeantwortung an das Arbeits- und Sozialgericht Wien weiter. Dieses wies ein Klagebegehren "die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger eine Invaliditätspension schon ab 16. April 1985 sowie einen Kinderzuschuß für Muzafer K*** zu gewähren" ab und die weitere Klage auf Gewährung eines Kinderzuschusses hinsichtlich Mirzeta K*** zurück.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers keine Folge.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die beklagte Partei schuldig erkannt werde, dem Kläger die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 16. April 1985 zu gewähren.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der Revision war das gesamte Verfahren wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges für nichtig zu erklären und die "Klage" zurückzuweisen.

Wie sich schon aus dem eingangs dargelegten Zeitablauf von Abfertigung des Bescheides und Rücksendung der diesem beigeschlossenen Unterlagen klar ergibt, war zum Zeitpunkt des Einlangens des Schriftsatzes des Klägers bei der beklagten Partei am 24. Juni 1987 die Frist zur Erhebung der Klage (§ 67 ASGG) seit langem abgelaufen.

Aus der klaren und unmißverständlichen Textierung des Schriftsatzes des Klägers ergibt sich aber, daß dieser gegen den Bescheid vom 11. Oktober 1986, der ja auch nach seiner eigenen Formulierung bereits in Rechtskraft erwachsen war, nicht Klage an das Arbeits- und Sozialgericht Wien richten wollte, sondern "wegen eines neuen Sachverhaltes die Erneuerung des Verfahrens, welches durch rechtskräftigen Bescheid der PVA vom 11. Oktober 1986 beendet wurde, vor dem erstinstanzlichen Organ (also der Pensionsversicherungsanstalt) begehrte, das nach dem Antrag den neuen aufgezeigten Sachverhalt überprüfen und sodann einen der Gesetzeslage entsprechenden neuen Bescheid erlassen solle. Damit aber wurde unmißverständlich ein Antrag an die Pensionsversicherungsanstalt auf rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes bei Geldleistungen im Sinne des § 101 ASVG gestellt. Allenfalls könnte man den Schriftsatz noch als Antrag auf förmliche Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens ansehen, keineswegs jedoch als Klage gegen den bereits rechtskräftigen Bescheid an das Sozialgericht.

Ein Antrag gemäß § 101 ASVG oder ein förmlicher Wiederaufnahmeantrag aber sind im Verwaltungsverfahren zu behandeln, sie fallen nicht unter die im § 65 ASGG angeführten Rechtsstreitigkeiten in Sozialrechtssachen. Das gesamte bisherige Verfahren ist daher nichtig und es war wie im Spruch zu entscheiden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 2 ASGG iVm § 51 (2) ZPO.

Anmerkung

E16463

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00275.88.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19881220_OGH0002_010OBS00275_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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