TE OGH 1988/12/22 8Ob691/88

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Veröffentlicht am 22.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als Richter in der Sachwalterschaftssache Katharina M***, geboren am 22. November 1942, 1020 Wien, Stuwerstraße 43/31, infolge Rekurses der Betroffenen, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 22. September 1988, GZ 44 R 148/88-16, womit der Rekurs der Betroffenen gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 7. Juli 1988, GZ 17 SW 4/88-13, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht stellte das aus Anlaß der Übermittlung des Aktes 6 C 2131/87 eingeleitete Verfahren zur Prüfung der Notwendigkeit zur Bestellung eines Sachwalters für die Betroffenen ein. Der Beschluß wurde der Betroffenen durch postamtliche Hinterlegung spätestens am 1. August 1988 zugestellt (AS 46). Am 1. September 1988 gab die Betroffene, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S***, ihren Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß zur Post. Sie bezog sich darin darauf, das dem Erstgericht aus dem oben angeführten Akt 6 C 2131/87 die Tatsache ihrer anwaltlichen Vertretung bekannt gewesen sei. Ihrem Vertreter sei der Beschluß des Erstgerichtes erst am 30. August 1988 auf Grund einer Akteneinsicht bekannt geworden, sodaß das am 1. September 1988 gegen den Einstellungsbeschluß erhobene Rechtsmittel rechtzeitig sei.

Das Rekursgericht wies den Rekurs zurück. Es erachtete den Rekurs als verspätet, weil die Rekursfrist bereits am 16. August 1988 geendet habe. Eine Vertretung der Betroffenen im Sachwalterschaftsverfahren sei nicht aktenkundig; Dr. S*** sei im Sachwalterverfahren nicht als Vertreter der Betroffenen ausgewiesen. Eine Bedachtnahme auf das verspätete Rechtsmittel der Betroffenen nach § 11 Abs 2 AußStrG komme nicht in Betracht.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs der Betroffenen mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten Beschluß aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin wiederholt ihre Auffassung, daß dem Erstgericht ihr Wille, von Rechtsanwalt Dr. S*** vertreten zu werden, bekannt gewesen sei. Daher hätte das Erstgericht den Beschluß auf Einstellung des Sachwalterverfahrens auch ihrem bevollmächtigten Vertreter zustellen müssen.

Dem steht jedoch entgegen, daß Dr. S*** im Sachwalterverfahren als Vertreter der Beklagten nicht ausgewiesen war. Aus der Tatsache seiner Vertretungsbefugnis in anderen Verfahren konnte und durfte das Erstgericht nicht annehmen, daß Dr. S*** auch mit der Vertretung der Betroffenen im Sachwalterverfahren betraut sei. Demgemäß hat sich das Erstgericht gemäß § 237 Abs 1 AußStrG darauf beschränkt, zunächst von der Betroffenen einen persönlichen Eindruck zu erhalten. Es hat dann - da es keine begründeten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters fand - das Verfahren nach § 243 AußStrG eingestellt (vgl. Ent-Hopf, Das Sachwalterrecht für Behinderte, 85). Für die Beiziehung eines durch keine Bevollmächtigungsanzeige ausgewiesenen Vertreters zu diesen Verfahrensschritten bestand für das Erstgericht kein Anlaß. Daher war der Beschluß auf Einstellung des Sachwalterverfahrens auch nur der Betroffenen zuzustellen, wobei die Zustellung - da eine Zustellpflicht zu eigenen Handen nur für den Sachwalterbestellungsbeschluß gilt (§ 246 Abs 1 Satz 2 AußStrG) - durch Hinterlegung ausreichend war (vgl. auch Maurer, Sachwalterrecht in der Praxis, 141 Anm. 2 zu § 246 AußStrG). Von der Zustellung der Entscheidung an die Betroffene begann die 14-tägige Rechtsmittelfrist (§ 11 Abs 1 AußStrG) zu laufen (Maurer aaO Anm. 3 zu § 246 AußStrG). Mit deren ungenütztem Verstreichen erwuchs der formell rechtskräftige außerstreitige Einstellungsbeschluß auch in materielle Rechtskraft und wurde bindend für die Partei, das Außerstreitgericht und das Zivilgericht (Maurer aaO Anm. 1/IV zu § 236 AußStrG; vgl. auch Kremzow, Österreichisches Sachwalterrecht, 163). Dies hat zur Folge, daß auch eine ausnahmsweise Berücksichtigung des verspätet erhobenen Rekurses nach § 11 Abs 2 AußStrG, die nur bei Beschlüssen in Betracht kommt, die der dargestellten Rechtskraft nicht fähig sind

(vgl. ÖAmtsVNd 1988, Heft 2, 48; 8 Ob 616/88 ua), nicht zulässig war. Das Rekursgericht hat daher zutreffend den verspäteten Rekurs der Rechtsmittelwerberin zurückgewiesen, weshalb ihrem Rekurs der Erfolg zu versagen war.

Anmerkung

E16282

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00691.88.1222.000

Dokumentnummer

JJT_19881222_OGH0002_0080OB00691_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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