TE OGH 1989/1/10 4Ob619/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***- UND P*** Z***, Zürich, Stauffacher Straße 45, Schweiz, vertreten durch Dr.Walter Kausel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei O*** R***-Z*** reg.

Genossenschaft mbH, Linz, Raiffeisenplatz 1, vertreten durch Dr.Hans Hochleitner und Dr.Josef Broinger, Rechtsanwälte in Eferding, wegen sfr 98.534,74 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 8. Juli 1987, GZ 3 R 125/87-34, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 15.Jänner 1987, GZ 6 Cg 124/84-26, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in seinen Kostenaussprüchen unberührt bleibt, wird in der Hauptsache dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Das Klagehauptbegehren des Inhaltes, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von sfr 102.641,69 samt 7 % Zinsen aus sfr 98.534,74 ab 6.7.1983 zu zahlen, dies nach Wahl der klagenden Partei in österreichischen Schilling, umgerechnet zu dem am Zahlungstag von der Wiener Börse verlautbarten Devisenmittelkurs, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von sfr 102.641,69 samt 7 % Zinsen aus sfr 98.534,74 ab 6.7.1983 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen, dies nach Wahl der beklagten Partei in österreichischen Schilling, umgerechnet zu dem am Zahlungstag von der Wiener Börse verlautbarten Devisenmittelkurs."

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.916,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.519,65 Umsatzsteuer und S 1.200,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Telex vom 22.Juli 1982 stellte die Beklagte der Klägerin folgende von dieser angenommene Bankgarantie aus:

"als deckung fuer einen kredit, den sie herrn kurt mueller, kaufmann, waldfriedhofstrasse 60, d-8000 muenchen 70, zu gewaehren bereit sind, jedoch vollstaendig losgeloest vom oben genannten kreditverhaeltnis, garantieren wir, die oberoesterreichische raiffeisen-zentralkasse registrierte genossenschaft mit beschraenkter haftung, raiffeisenplatz 1, 4021 linz unwiderruflich waehrend der geltungsdauer, ihnen auf erstes verlangen, welches jedoch nicht vor dem 15.6.1983 gestellt werden darf, ohne einwendungen und einreden aus diesem Kreditverhaeltnis, den betrag ihrer forderung, die ihnen gegen herrn kurt mueller aus der erwaehnten krediteinraeumung jetzt und kuenftighin zusteht, maximal jedoch bis

s 11,200.000,--

(schilling elf millionen zweihunderttausend) zu zahlen gegen erhalt ihrer schriftlichen bestaetigung oder ordnungsgemaess geschluesseltem telex oder telegramm, aussagend, dass herr kurt mueller den unter dieser garantie verlangten betrag bei faelligkeit nicht zurueckbezahlt hat.

diese bankgarantie erlischt mit rueckgabe des garantiebriefes, jedoch spaetestens mit 30.6.1983.

die gegenstaendliche bankgarantie erlangt erst gueltigkeit, wenn der gegenwert des garantierten betrages fuer herrn kurt mueller auf konto 91.124.404 (bankleitzahl 34000) bei der ooe.

raiffeisen-zentralkasse eingegangen ist.

wirksam wird diese garantie auch erst nach rueckerstattung der bereits vorgelegten garantiebriefe vom 7.7.1982 bzw. 14.7.1982. diese bankgarantie darf weder abgetreten noch verpfaendet werden. auf dieses garantieverhaeltnis ist oesterreichisches recht anzuwenden.

fuer streitigkeiten aus dieser garantie ist das fuer linz sachlich zustaendige gericht zustaendig.

die devisenrechtliche bewilligung fuer die gewaehrung des haftungskredites, sowie fuer die ausstellung dieser bankgarantie wurde von der oesterreichischen nationalbank am 7.7.1982 erteilt."

Am 26.Juli 1982 überwies die Klägerin der Beklagten den Betrag von 8,166.666,67 S. Nachdem der Kreditschuldner Kurt M*** keine Zahlung geleistet hatte, forderte die Klägerin am 20.Juni 1983 von der Beklagten unter Berufung auf die Bankgarantie den Betrag von sfr 1,057.513,84. Die Beklagte überwies ihr am 29.Juni 1983 den Betrag von 8,166.666,67 S.

Mit der Behauptung, daß die Beklagte auf Grund der Bankgarantie für die gesamte Kreditschuld Kurt M*** bis zur Höhe von 11,200.000,-- S und nicht nur bis zur Höhe des überwiesenen (Kapital-)Betrages hafte, begehrt die Klägerin von der Beklagten den Betrag von sfr 102.641,69 zuzüglich 7 % Zinsen aus sfr 98.534,74 seit 6.Juli 1983, dies nach der Wahl der Klägerin in ÖS, umgerechnet zu dem am Zahlungstag der Wiener Börse verlautbarten Devisenmittelkurs (ON 1). Hilfsweise begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des genannten Frankenbetrages nach Wahl der Beklagten in ÖS umgerechnet zu dem am Zahlungstag von der Wiener Börse verlautbarten Devisenmittelkurs (S. 138). Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Bedingung für das Inkrafttreten der Garantiehaftung und zugleich für die Beschränkung dieser Haftung der Höhe nach sei gewesen, daß der Gegenwert des garantierten Betrages für Kurt M*** auf einem Konto der Beklagten eingehe. Im Sinne dieser Vereinbarung habe die Beklagte den garantierten Betrag der Klägerin zurücküberwiesen und damit sämtliche Verpflichtungen aus der Bankgarantie erfüllt. Schon bei Geschäftsanbahnung habe die Beklagte erklärt, daß das Verwertungsrisiko bezüglich der vorhandenen Kreditbesicherungen bei der Klägerin liegen müsse. Die Beklagte erhebe den Irrtumseinwand, weil es der Klägerin bekannt gewesen sei oder doch hätte auffallen müssen, daß die Beklagte nur im Rahmen bestehender

Sicherheiten - nämlich des Barerlages der Klägerin - die Garantieerklärung habe abgeben wollen; sie sei über die Differenz zwischen der endgültigen Höhe des Barerlags der Klägerin und der Haftungssummen nicht aufgeklärt worden.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab und gab dem Eventualbegehren teilweise, und zwar dahin Folge, daß es die Beklagte schuldig erkannte, der Klägerin sfr 98.534,74 samt 5 % Zinsen aus sfr 1,056.076,39 vom 22.Juni 1983 bis 29.Juni 1983 und 5 % Zinsen aus sfr 98.534,74 seit 30.Juni 1983, zahlbar in ÖS, und zwar nach Wahl der Beklagten umgerechnet zu dem am 15.Juni 1983 oder am Zahlungstag von der Wiener Börse verlautbarten Devisenmittelkurs; das Mehrbegehren von sfr 4.106,95 und von 2 % Zinsen aus sfr 98.534,74 ab 6.Juli 1983 wurde abgewiesen. Das Erstgericht stellte folgenden für das Revisionsverfahren wesentlichen Sachverhalt fest:

Auf der Liegenschaft EZ 319 KG Tauplitz war ein Appartmenthaus mit rund 150 Appartments im Wohnungseigentum errichtet worden. Auf Betreiben der Beklagten wurden jene Liegenschaftsanteile, auf denen für sie zu Gunsten einer Kreditforderung ein Pfandrecht einverleibt war, zwangsversteigert. Zur Rettung ihrer Forderung erwarb die Beklagte bei der Versteigerung diese Eigentumsanteile mit 28 Appartments. Sie hatte vor, diese Appartments wieder zu verkaufen. Dabei kam sie in geschäftlichen Kontakt mit einem deutschen Makler namens Kurt M***. Dieser bot der Beklagten zunächst an, die Appartments selbst zu kaufen; als Kaufpreis wurde ein Betrag von etwas mehr als 15,000.000,-- S vereinbart. Kurt M***, der bereits ein verbindliches Anbot unterfertigt hatte, wollte den Kaufpreis - zumindest teilweise - durch Aufnahme eines Kredites finanzieren; wegen der günstigeren Konditionen sollte dieser Kredit bei einer Schweizer Bank aufgenommen werden. Die Beklagte, die die Bonität Kurt M*** nicht geprüft hatte, erklärte sich bereit, für den von ihm in der Schweiz aufzunehmenden Kredit zu haften. Geplant war, daß die Beklagte Kurt M*** einen Haftungskredit einräume und diesen durch ein Höchstbetragspfandrecht auf den Kurt M*** zu verkaufenden Liegenschaftsanteilen der EZ 319 KG Tauplitz besichere.

Zur Erlangung des Kredites in der Schweiz bediente sich Kurt M*** des selbständigen, in Ludwigshafen, Bundesrepublik Deutschland, ansässigen Kreditvermittlers Hans L***. Kurt M*** erklärte diesem, daß er 1 Million sfr benötige, um in Österreich etwas zu kaufen. Die Höhe dieses Betrages war der Beklagten schon vor Abgabe der Bankgarantie bekannt. Auf Anfrage Hans L*** bestätigte der Angestellte der Beklagten Dr.S***, daß die Beklagte die Haftung für einen von Kurt M*** in der Schweiz aufzunehmenden Kredit übernehmen werde. Der Beklagten war vor Abgabe der Bankgarantie bekannt, daß Hans L*** Kreditvermittler war. Er fungierte in der Folge auch als Vermittler zwischen der klagenden und der beklagten Bank. Die Klägerin verlangte - über Hans L*** - von der Beklagten als Sicherheit eine Bankgarantie über 11,200.000,-- S. Diesen Betrag errechnete sie unter Berücksichtigung der anfallenden Zinsen und eines möglichen Währungsrisikos. Die Beklagte übersandte der Klägerin in der Folge zwei Bankgarantien, die für die Klägerin nicht annehmbar waren. Schließlich übermittelte sie am 22.Juli 1982 der Klägerin das eingangs wiedergegebene Telex. Am 23.Juli 1982 sandte sie der Klägerin eine Ablichtung dieser Bankgarantie, versehen mit dem Firmenwortlaut der Beklagten und den Unterschriften ihres Direktors Mag.Hans S*** und des Prokuristen Dr.Helmuth S***. Damals war der Beklagten schon bekannt, daß die Kreditsumme Kurt M*** bei der Klägerin sfr 1,000.000,-- betrage und daß davon 2 % für den Kreditvermittler Hans L*** abgezogen würden. Über den näheren Inhalt des Kreditvertrages zwischen Kurt M*** und der Klägerin verschaffte sie sich keine Kenntnis. Den in der Bankgarantie enthaltenen Absatz, wonach die gegenständliche Bankgarantie erst Gültigkeit erlange, wenn der Gegenwert des garantierten Betrages für Herrn Kurt M*** auf einem bestimmten Konto eingegangen sei, hatte die Beklagte formuliert; sie wollte damit einen Zeitpunkt für den Wirksamkeitsbeginn festlegen. Die Beklagte hat weder der Klägerin noch Hans L*** gegenüber jemals erwähnt, daß das geschäftliche Risiko der Kreditgewährung an Kurt M*** die Klägerin zu treffen habe; mit einer solchen Bedingung wäre diese auch nicht einverstanden gewesen.

Nach Abgabe der Bankgarantie vom 22.Juli 1982 ging die Beklagte von der Absicht, Kurt M*** die 28 Appartments zu verkaufen, auf Grund der Überlegung ab, daß sie dann, wenn Kurt M*** die Grunderwerbsteuer nicht zahlen könne, dafür haftbar sei. Sie schloß daher mit Kurt M*** nur einen Alleinvermittlungsauftrag über die Appartments, der jedoch auch vorsah, daß Kurt M*** der Beklagten eine Zahlung in Höhe des ursprünglichen Kaufpreises von etwas mehr als 15 Millionen S zu leisten habe.

Der von der Klägerin am 26.Juli 1982 der Beklagten überwiesene Betrag von 8,166.666,67 S entsprach nach dem von der Klägerin angenommenen Kurs von 12,00 zum 23.Juli 1982 dem Betrag von sfr 980.000,-- abzüglich der 2 %igen Provision für Hans L***. Der Kreditvertrag zwischen der Klägerin und Kurt M*** hatte folgenden Inhalt:

Betrag: sfr l,000.000,--, Laufzeit vom 17.Juli 1982 bis 15. Juni 1983,

Zinssatz 6 1/4 % p.a. Sicherheit: Garantie der O*** R***

über 11,200.000,-- S gültig bis 30.Juni 1983.

Mit Schreiben vom 23.Juli 1982 wurde Kurt M*** mitgeteilt, daß der Betrag von sfr 980.000 auf sein Konto bei der Beklagten und der Betrag von sfr 20.000 als Vergütung an Hans L*** überwiesen werde. Nach dem Zahlungsverzug Kurt M*** rief die Klägerin am 20. Juni 1983 die Bankgarantie mit folgendem Telex ab:

"NACHDEM WIR DIE VOM KREDITNEHMER SOWIE VON HERRN L*** MUENDLICH

AVISIERTE RUECKZAHLUNG IMMER NOCH NICHT ERHALTEN HABEN, SEHEN WIR

UNS VERANLASST, IHRE OBENERWAEHNTE GARANTIE IN ANSPRUCH ZU NEHMEN.

WIR BITTEN SIE DEMZUFOLGE, UNS WERT 22.6.1983 ZU VERGUETEN:

SFR 1,000.000,-- KREDITBETRAG

SFR 56.076,39 6 1/4 O/O P.A. ZINS VOM 27.7.1982 BIS

15.6.1983

SFR 1.437,45 7 O/O P.A. VERZUGSZINS AUF SFR 1,056.076,39

VOM 15.6.1983 - 22.6.1983

SFR 1,057.513,84 TOTAL

WIR SIND GERNE BEREIT, IHNEN DEN OBGENANNTEN SFR.-BETRAG GEGEN OES

ZU VERKAUFEN, GEGEBENENFALLS BITTEN WIR SIE, UNSERE

DEVISENABTEILUNG, HR. C***, ZU KONTRAKTIEREN.

MIT FREUNDLICHEN GRUESSEN

W** UND P***/ HV"

Mit Telex vom 21.Juni 1983 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, daß der begehrte Betrag bei ihr nicht eingegangen sei und daher die Inanspruchnahme der Bankgarantie nicht zur Kenntnis genommen werden könne; zugleich bestätigte sie ein Telefonat mit der Klägerin, worin diese die ihr angebotene Leistung eines Betrags von 8,166.666,67 S mit Valuta 22.Juni 1983 abgelehnt habe. Am 23. Juni 1983 begehrte die Klägerin schließlich von der Beklagten aus der Bankgarantie an 7 %igen Verzugszinsen anstatt des im Telex vom 20. Juni 1983 begehrten Betrages von sfr 1.437,45 jetzt sfr 2.464,15, das sind die Verzugszinsen vom 15.Juni bis 27.Juni 1983 aus sfr 1,056.076,39. Insgesamt verlangte die Klägerin mit 27.Juni 1983 den Betrag von sfr 1,058.540,54. Neuerlich räumte die Klägerin der Beklagten das Recht ein, den Betrag in Schilling zu zahlen, wobei der Wechselkurs bis zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Devisenabteilung der Klägerin abgestimmt werden müßte. Mit Fernschreiben vom 4.Juli 1983 bestätigte die Klägerin den Eingang des von der Beklagten am 29.Juni 1983 überwiesenen Betrags von 8,166.666,67 S, den sie zum Kurs 11,7250 umgerechnet und daher mit sfr 957.541,65 dem Konto Kurt M*** zugeschrieben habe. Rechtlich meinte das Erstgericht, eine Auslegung der umstrittenen Bankgarantie nach den Grundsätzen des § 914 ABGB führe zu dem Ergebnis, daß sich die Garantieverpflichtung der Beklagten bis zur Obergrenze von 11,200.000,-- S erstrecke. Die Formulierung, daß die Bankgarantie erst Gültigkeit erlange, wenn der Gegenwert des garantierten Betrages für Kurt M*** auf dem bezeichneten Konto der Beklagten eingegangen sei, beziehe sich nur auf den Wirksamkeitsbeginn und nicht auf den Umfang der Haftung. Unter dem "Gegenwert" des garantierten Betrages sei der von der Klägerin an Kurt M*** auf Grund des Kreditvertrages auszuzahlende Betrag zu verstehen. Ein Irrtum der Beklagten liege nach den Feststellungen nicht vor. Auch nach der Rücküberweisung des Betrages von 8,166.666,67 S sei der eingeklagte Betrag durch die Garantiesumme gedeckt. Da die Klägerin weder behauptet noch bewiesen habe, daß ihr auf Grund des Verzuges der Beklagten ein höherer Schaden als die gesetzlichen Zinsen erwachsen sei, hätten nur Zinsen von 5 % zugesprochen werden können. Das Hauptbegehren sei als unbestimmt abzuweisen gewesen, weil der Gläubiger nur Leistung in Schweizer Franken oder Schilling verlangen und daher sein Begehren nur auf die von ihm gewählte Leistung abstellen könne. Auch das Eventualbegehren entspreche nicht dem, was die Klägerin von der Beklagten verlangen könne; von Amts wegen sei daher der Klägerin der ihr gebührende Betrag in der nach Meinung des Gerichtes maßgebenden Währung zuzusprechen gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab nur der Berufung der Klägerin, nicht aber jener der Beklagten Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es dem Hauptbegehren vollinhaltlich stattgab. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte rechtlich aus:

Verzögere der Schuldner die Zahlung, dann könne der Gläubiger wählen, ob die Verbindlichkeit in ausländischer Währung nach dem Fälligkeits- oder nach dem Zahlungstag in die Landeswährung umgerechnet werden solle; der Gläubiger könne aber auch eine Fremdwährungsschuld geltend machen. Ein auf ausländische Währung lautender Titel sei zulässig und hinlänglich bestimmt. Eine Fremdwährungsschuld ohne Effektivvermerk sei keine Wahlschuld im Sinne des § 906 ABGB; vielmehr habe der Schuldner eine Ersetzungsbefugnis. Das von der Klägerin gewählte Hauptbegehren sei mit dieser Rechtslage in Einklang zu bringen. Damit sei die Lösungsbefugnis der Beklagten grundsätzlich erhalten geblieben; die Gläubigerin habe sich nur für den Fall, daß sich die Schuldnerin zur Zahlung in österreichischer Währung entschließe, bereits auf den zum Zahlungszeitpunkt geltenden Umrechnungskurs festgelegt. Der Beklagten stehe es frei, in Schweizer Franken zu zahlen. Die Bankgarantie sei ein Sonderfall des allgemeinen Garantievertrages. Sie sei ein einseitig verpflichtender Schuldvertrag, der in der Regel der Sicherung der Leistung eines Dritten, meist des Bankkunden, an den aus diesem Vertrag begünstigten Gläubiger in der Weise dienen solle, letzterem durch die Bank zu gewährleisten, daß er die Leistung bzw. sein vertraglich festgestelltes geldliches Interesse an dieser auf jeden Fall erhalte, und zwar nicht nur, wenn der Dritte die Leistung vertragswidrig unterläßt, sondern auch dann, wenn die Verbindlichkeit des Hauptschuldners nicht zum Entstehen kommt oder später weggefallen ist. Die Unabhängigkeit der Garantieverpflichtung vom Grundgeschäft und demgemäß der Ausschluß sowohl der Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis zwischen der Bank und dem Garantieauftraggeber als auch von Einwendungen aus dem Valutaverhältnis zwischen dem Begünstigten und dem Garantieauftraggeber sei grundsätzlich allgemein anerkannt. Davon werde nur bei rechtsmißbräuchlicher Inanspruchnahme der Garantie dann eine Ausnahme gemacht, wenn der Rechtsmißbrauch geradezu evident sei, also liquide Beweismittel dafür vorlägen, daß der Garantiefall nicht eingetreten oder der durch die Bankgarantie zu sichernde Anspruch dem Begünstigten rechtskräftig aberkannt worden sei.

Die Selbständigkeit der Garantieverpflichtung schließe aber keineswegs Einwendungen gegen die Inanspruchnahme auf Grund der Auslegung des Garantietextes aus. Diese Auslegung habe nach den Regeln der §§ 914, 915 ABGB zu erfolgen. Zunächst sei vom Wortsinn auszugehen, dem jedoch nicht entscheidende Bedeutung zukomme. Letztlich sei der Wille der Parteien, also die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden, maßgebend. Könne diese nicht eindeutig ermittelt werden, so sei der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspreche. Erst dann, wenn die Auslegung nach § 914 ABGB zu keinem eindeutigen Ergebnis führe, sei die Unklarheitenregel des § 915 ABGB anzuwenden. Schon nach den Regeln des § 914 ABGB könne die vorliegende Bankgarantie nur so verstanden werden, daß zwischen den Streitteilen ein gültiges Garantieverhältnis mit der Haftungsobergrenze von 11,200.000,-- S rechtswirksam zustande gekommen sei. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Irrtumsanfechtung lägen nicht vor. Da die Beklagte in erster Instanz das gültige Zustandekommen des Garantievertrages nie bestritten habe, müsse das Berufungsvorbringen, wonach es zwischen den Prozeßparteien zu keiner Willensübereinstimmung gekommen sei, als Neuerung unbeachtet bleiben. Im Hinblick auf die Abstraktheit der Bankgarantie stünden der Beklagten - bis zur Garantiesumme - keine Einwendungen über die Höhe des abgerufenen Betrages zu. Der Klägerin stehe es daher frei, Kapital, kapitalisierte Zinsen und laufende Zinsen ohne weiteren Nachweis zu begehren. Daß die eingeklagte Forderung samt Nebengebühren im garantierten Höchstbetrag keine Deckung fände, habe die Beklagte nicht einmal behauptet.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das gesamte Klagebegehren abgewiesen werde.

Die klagende Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nur zum Teil berechtigt.

Mit Recht sind die Parteien und die Vorinstanzen

- stillschweigend - davon ausgegangen, daß der hier zur Entscheidung stehende Sachverhalt mit Auslandsberührung (§ 1 Abs. 1 IPRG) nach österreichischem Recht zu beurteilen ist, haben doch die Streitteile ausdrücklich eine solche Rechtswahl getroffen (§ 35 IPRG), der keine zwingenden Bestimmungen des IPRG entgegenstehen.

Die Beklagte hält weiterhin an ihrer Auffassung fest, daß sie bei richtiger Auslegung der der Klage zugrunde liegenden Bankgarantie nur bis zur Höhe des auf dem näher bezeichneten Konto eingegangenen Betrages zu haften gehabt habe. Das ergebe sich insbesondere aus den Tatsachen, die zu Unrecht nicht festgestellt worden seien, daß nämlich eine Ausschüttung des bei ihr eingegangenen Betrages (an Kurt M***) nicht vorgesehen gewesen und auch nicht vorgenommen worden sei und daß es sich bei dem Betrag von 11,200.000,-- S um den von Kurt M*** schriftlich angebotenen Kaufpreis für die Appartments auf der EZ 319 KG Tauplitz gehandelt habe. Für die Beklagte habe demnach bei Abfassung der Bankgarantie kein Anhaltspunkt dafür bestanden, daß in dem Betrag auch allfällige Sicherheiten für Zinsen- und Währungsrisken zugunsten der Klägerin enthalten sein könnten. Durch den Hinweis auf den garantierten Betrag sei unmißverständlich für beide Parteien klargestellt worden, daß eine Garantie nur nach Maßgabe des eingegangenen Betrages erfolgen könne und sich dieser Passus keinesfalls nur auf den Wirksamkeitsbeginn der Bankgarantie beziehe. Dem kann nicht gefolgt werden:

Zwischen den Parteien ist in Wahrheit nur strittig, was im dritten Absatz der Bankgarantie unter dem "garantierten Betrag" zu verstehen ist, die Garantiesumme von 11,200.000,-- S oder der für Kurt M*** überwiesene Kreditbetrag, zu dessen Besicherung die Klägerin die Bankgarantie verlangt hat. Daß unter dem garantierten Betrag in diesem Zusammenhang nicht die Garantiesumme gemeint war, ergibt aber schon die grammatikalische Auslegung. In Absatz 1 der Bankgarantie hatte die Beklagte nämlich formuliert, daß sie der Klägerin den Betrag ihrer Forderung, die ihr gegen Kurt M*** aus der näher bezeichneten Krediteinräumung jetzt und künftighin zustehe - maximal jedoch bis 11,200.000,-- S -, garantiere. Daraus folgt sprachlich eindeutig, daß mit dem "garantierten Betrag" im 3. Absatz nur die zu besichernde Kreditforderung der Klägerin und nicht die Höchstsumme von 11,200.000,-- S gemeint sein kann. Absatz 1 der Bankgarantie spricht allerdings vom Betrag der Forderung, die der Klägerin aus der erwähnten Krediteinräumung jetzt und künftighin zusteht. Bei rein wörtlicher Auslegung müßte demnach der Gegenwert dieses Betrages auch die der Klägerin erst in Zukunft zustehenden - notwendigerweise im Zeitpunkt der Krediteinräumung noch unbekannten - Zinsenforderungen umfassen. Wie schon das Erstgericht überzeugend dargelegt hat, stünde aber eine solche Auslegung nicht mit der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs (§ 914 ABGB) im Einklang, mußte doch beiden Parteien klar sein, daß die Klägerin auf das Konto des Kreditschuldners bei der Beklagten nur den Kapitalsbetrag und nicht auch die künftig - in unbestimmter, von den Zahlungen des Schuldners abhängiger Höhe - abreifenden Zinsen überweisen werde. Hätte die Klägerin durch die Bankgarantie bloß den Anspruch erlangt, von der Beklagten den Betrag zurückzuerhalten, den sie (rund 1 Jahr) vorher dorthin überwiesen hatte, dann wäre ihre Kreditforderung nur sehr mangelhaft gesichert gewesen; ihre Zinsenforderung hätte jeder Sicherheit entbehrt. Aus welchen Gründen sich die Klägerin zu einer solchen Vorgangsweise hätte verstehen sollen, ist nicht zu erkennen. Gerade wenn man - im Sinne des Revisionsvorbringens berücksichtigt, daß die Beklagte den auf das bei ihr bestehende Konto des Schuldners Kurt M*** eingegangenen Kreditbetrag diesem nicht auszufolgen hatte und auch nicht ausgefolgt hat, zeigt sich, daß bei Richtigkeit der von der Beklagten vertretenen Auslegung diese selbst größere Vorteile aus der Abwicklung des Kreditgeschäftes mit M*** gezogen hätte als die Klägerin, zu deren Sicherung die Garantie dienen sollte. Der Beklagten stand ja der Betrag von mehr als 8 Millionen S rund ein Jahr lang zur Verfügung; sie konnte als Bank daraus Erträge schöpfen. Mit der Rücküberweisung des ihr seinerzeit von der Klägerin übermachten Geldbetrages hat sie demnach nicht alle Vorteile herausgegeben, die sie erlangt hat. Daraus folgt, aber auch, daß die Beklagte bei Auslegung der Bankgarantie im Sinn der Vorinstanzen ohnehin nicht das gesamte Risiko einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners M*** getroffen hat, ist es doch sogar möglich, daß die Beklagte aus dem ihr von der Klägerin überwiesenen Betrag höhere Zinsenerträge gewinnen konnte als Kurt M*** (und damit die garantierende Beklagte) der Klägerin zu zahlen hat. Dazu kommt noch, daß die Beklagte auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Kredit für Kurt M*** hatte, weil sie darauf vertraute, daß dieser ihre Eigentumswohnungen kaufen oder anderwärtig für sie verkaufen werde.

Aus diesen Erwägungen ist die Auslegung der Bankgarantie durch die Vorinstanzen voll zu billigen.

Aus dem oben Gesagten geht aber auch hervor, daß ein Irrtum der Beklagten nicht vorliegt; noch weniger kann eine Rede davon sein, daß die Klägerin einen Irrtum der Beklagten gekannt hat oder hätte erkennen müssen.

Hat die Beklagte aber zur Besicherung der Kreditforderung der Klägerin die Garantie bis zur Höhe von 11,200.000,-- S übernommen, dann hat die Klägerin nicht nachzuweisen, ob die Kreditforderung gegenüber Kurt M*** tatsächlich die geltend gemachte Höhe erreicht hat; der Garantiebetrag wurde jedenfalls nicht überschritten. Auf die zutreffenden Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz zum Wesen der Bankgarantie kann dabei verwiesen werden. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht der Klägerin den gesamten Klagebetrag zuerkannt.

Der Beklagten ist nur darin zu folgen, daß das Gericht zweiter Instanz nicht dem Hauptbegehren hätte stattgeben dürfen. Daß der Gläubiger nach herrschender Lehrmeinung dann, wenn der Schuldner in Verzug gerät, wählen kann, ob er in der vereinbarten Fremdwährung oder in Schilling bezahlt werden will (Stanzl in Klang2 IV/1, 729, 743; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 3 zu §§ 985 bis 987; Schuhmacher in Straube, HGB, Rz 7 zu Art. 8 Nr. 8 E***), ist hier nicht entscheidend; wesentlich ist vielmehr, daß der Gläubiger ein solches Wahlrecht schon in der Klage auszuüben hat, kann doch der Schuldner so lange nicht leisten, als der Gläubiger sein Wahlrecht nicht ausübt. Der Gläubiger muß demnach, wenn er die Erfüllung der Verbindlichkeit verlangt, erklären, welche der ihm wahlweise zustehenden Leistungen er begehrt, da vor dieser Erklärung weder eine Erfüllung durch den Schuldner möglich ist noch auch Fälligkeit und Verzug eintreten und daher auch keine Verurteilung zur Leistung erfolgen kann (SZ 15/119). Aus SZ 53/158 ist für den gegenteiligen Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen; dort wurde nämlich bloß ausgesprochen, daß ein (Wechsel-)Kläger sein Wahlrecht nach Art. 41 Abs. 1 WG in der Klage nicht ausüben muß, sondern die Wechselschuld als Fremdwährungsschuld geltend machen kann. Das Hauptbegehren der Klägerin ist - entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes - nicht dahin zu verstehen, daß der Beklagten das Recht erhalten bleibt, in Schweizer Franken zu zahlen, während die Klägerin nur schon jetzt die Umrechnung zum Kurs des Zahlungstages gewählt hat; nach dem Wortlaut des Spruches hätte vielmehr die Beklagte den Frankenbetrag zu zahlen, (nur) die Klägerin aber das Recht, stattdessen österreichische Schilling zu verlangen.

Da die Klägerin in erster Instanz ausdrücklich erklärt hat, daß sie auch mit einer Verurteilung der Beklagten zur Zahlung in österreichischen Schilling einverstanden sei (S. 138), und ein Wahlrecht zugunsten der Schweizer Franken (noch) nicht ausgeübt hat, war in teilweiser Stattgebung der Revision das Hauptbegehren abzuweisen und im Sinne des Eventualbegehrens zu erkennen. Da die Bankgarantie zur Besicherung einer Kreditschuld in Schweizer Franken gegeben wurde, handelt es sich dabei um eine echte Fremdwährungsschuld. Art. 8 Nr. 8 EVHGB räumt dem Schuldner einer solchen Schuld eine Ersetzungsbefugnis ein. Das Eventualbegehren steht mit dieser Rechtslage im Einklang (Schuhmacher aaO Rz 3); dasselbe gilt für die vorgesehene Umrechnung nach dem Kurswert, der zur Zeit der Zahlung für den Zahlungsort Wien maßgeblich ist (Art. 8 Nr. 8 Abs. 2 EVHGB; Schuhmacher aaO Rz 8 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Der Revision war daher teilweise dahin Folge zu geben, daß das Hauptbegehren in Abänderung des angefochtenen Urteils abgewiesen und dem Eventualbegehren stattgegeben wurde.

Da es sich dabei um keinen wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Erfolg der Beklagten handelt, bleiben die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen unberührt. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E16358

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00619.88.0110.000

Dokumentnummer

JJT_19890110_OGH0002_0040OB00619_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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