TE OGH 1989/1/10 4Ob99/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.01.1989
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***, Schutzraumbau-Zivilschutz und Wehrtechnik Gesellschaft m.b.H., Völs, Landstraße 3, vertreten durch Dr. Albert Feichtner, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Firma K***, Schutzraumbautechnik, Inh. Guido Körver-Gombauld, Frastanz, Maria-Grüner-Straße 10, vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,--) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 21. August 1988, GZ 3 R 246/88-15, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 20. Juni 1988, GZ 7 Cg 156/88-11, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß er einschließlich seines bestätigten und seines unangefochten gebliebenen Teiles wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung:

Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei wider die beklagte Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils verboten, nachstehende Behauptungen über die klagende Partei aufzustellen und zu verbreiten:

1. die klagende Partei vertreibe Schutzraumtüren Atlas-Ideal Felix W***, obwohl inzwischen eine einstweilige Verfügung gegen die Firma Felix W*** vom Landesgericht Linz bestehe;

2. im Herbst 1987 sei die Benützungsbewilligung für ein Großprojekt entzogen worden, da im Schutzraum Bauteile der klagenden Partei eingebaut seien, die der Tiroler Schutzverordnung nicht entsprächen.

Hingegen wird das Mehrbegehren auf Unterlassung der Behauptungen,

1. Die klagende Partei biete weiterhin ungeprüfte und nicht den Verordnungen entsprechende Schutzraumabschlüsse und Einbauteile als geprüfte, d.h. der Tiroler Schutzraumverordnung entsprechend, an und liefere diese Produkte;

2. die klagende Partei erzeuge und vertreibe Produkte, die der Tiroler Schutzraumverordnung nicht entsprechen; die Baubehörde dürfe Produkte, die der Tiroler Schutzraumverordnung nicht entsprechen, bei der Kollaudierung nicht abnehmen, bei ihrer Verwendung dürfe keine Benützungsbewilligung erteilt werden,

abgewiesen."

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Sicherungsverfahrens erster und zweiter Instanz sowie zwei Drittel ihrer Kosten des Sicherungsverfahrens dritter Instanz endgültig und ihre übrigen Verfahrenskosten vorläufig selbst zu tragen; sie hat der beklagten Partei die Hälfte der Kosten des Sicherungsverfahrens erster Instanz und zwei Drittel der Kosten des Revisionsrekurses, das sind S 9.062,07 (hievon S 823,82 Umsatzsteuer), binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Streitteile vertreiben die für die Herstellung von Schutzraumbauten erforderlichen technischen Bestandteile und stehen bei dieser Tätigkeit zueinander in einem Wettbewerbsverhältnis. Im Februar 1988 hat die Beklagte in drei Rundschreiben (Beilagen ./A bis ./C) über die Klägerin unter anderem folgende Behauptungen aufgestellt:

1. im Rundschreiben Beilage ./A, das an alle etwa 300 Baumeister (Bauunternehmer) sowie etwa 100 Architekten, Ziviltechniker und Planungsbüros in Tirol und alle Gemeinden Tirols (als Baubehörden jeweils zu Handen des Bürgermeisters) verschickt wurde:

".........

Nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die Ausführung kommt es an!

Die Schutzraum-Türen/Abschlußfabrikat "körver" sind:

                geprüft und positiv beurteilt

nach den Technischen Richtlinien Ausgabe 1984

                             und

entsprechen somit der Landes-Schutzraumverordnung.

..............

Beiliegend erhalten Sie die vollständige Übersicht des BMfWA über

geprüfte Einbauteile, Teil Abschlüsse (Gastüren und Gasklappen).

Aus dieser Übersicht des Bundesministeriums für wirtschaftliche

Angelegenheiten - S*** HOCHBAU, können Sie entnehmen, daß nur

die Fabrikate 'körver' in allen bevorzugten Abmessungen der

vertikalen einflügeligen Abschlüsse, Gastüre/Gasklappe und

Drucktüre/Druckklappe

geprüft und positiv beurteilt sind.

..............

Die Fa. S*** in Völs, erzeugt und vertreibt derzeit noch immer Produkte welche nicht der Tiroler Schutzraumverordnung entsprechen. Zur Wahrung der gleichen Wettbewerbsbedingungen für unsere Kunden als Wiederverkäufer und für uns, sind wir genötigt, im allgemeinen nicht übliche Maßnahmen, gegen Verstöße im Sinne des UWG der Fa. S*** zu ergreifen.

Das beiliegende Schreiben ist mit gleicher Post, an alle Gemeinden bzw. Baubehörden Tirols ergangen."

2. in einem als "Meldung an die Baubehörde" bezeichneten Rundschreiben (Beilage ./B), das ebenfalls an alle Gemeinden Tirols als Baubehörden zu Handen des Bürgermeisters erging; "Sachverhaltsdarstellung bezüglich:

Herstellung und Vertrieb von Produkten, welche NICHT den

gesetzlichen Vorschriften entsprechen, hergestellt und vertrieben

durch die Firma S***..................

..............

"Die Firma S*** erzeugt und vertreibt Produkte, welche der

Tiroler Schutzraumverordnung und den jeweiligen Technischen

Richtlinien des Bundesministeriums für Bauten und Technik NICHT

entsprechen............."

.................

Hierauf folgen detaillierte Ausführungen darüber, auf welche

Bestandteile dies zutreffe und welche Beweise dafür vorlägen.

Sodann heißt es weiter:

"Zusammenfassung

Bauteile und Bauelemente (auch Schutzraumbauteile), welche die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllen bzw. den einschlägigen Bestimmungen nicht entsprechen, dürfen nicht verwendet werden. Die Baubehörde darf solche Produkte bei der Kollaudierung nicht abnehmen. Bei der Verwendung von nichtentsprechenden Bauteilen darf keine Benützungsbewilligung erteilt werden.

Beispiel:

Im Herbst 1987 wurde für ein Großprojekt die

Benützungsbewilligung entzogen, da im Schutzraum Bauteile der

Fa. S*** eingebaut sind, welche der Tiroler Schutzraumverordnung

nicht entsprechen......."

3. in einem weiteren an etwa 20 Baumärkte in Tirol gerichteten

Rundschreiben (Beilage ./C):

"............... Wir verweisen abermals darauf, daß (wie im

Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck dargestellt und festgehalten)

die Fa. S*** weiterhin ungeprüfte und nicht den Verordnungen

entsprechende Schutzraumabschlüsse und Einbauteile als geprüft, d.h.

der Tiroler Schutzraumverordnung entsprechend, anbietet und liefert.

Zusätzlich vertreibt die Fa. S*** Schutzraumtürenatlas

A***-I***/F*** W***, obwohl inzwischen eine einstweilige

Verfügung gegen die Fa. F*** W*** vom Landesgericht Linz

besteht ......."

Alle drei Rundschreiben wurden auf Geschäftspapier der Beklagten verfaßt, das unter anderem den Hinweis "mit Sicherheit, die bessere Lösung" enthält.

Die Beklagte legte allen drei Rundschreiben eine Kopie des vor dem Landesgericht Innsbruck am 25. März 1987 zu 16 Cg 401/86 geschlossenen Vergleiches, den Rundschreiben Beilage ./B und ./C überdies auch eine Kopie der einstweiligen Verfügung des Landesgerichtes Linz vom 23. Dezember 1987 7 Cg 435/86-20 bei. Aus dem zitierten gerichtlichen Vergleich ergibt sich, daß sich die Klägerin (dort als Beklagte) verpflichtet hat, Ankündigungen des Inhalts zu unterlassen, wonach bestimmte - im Vergleich im einzelnen bezeichnete - Erzeugnisse der Klägerin (Gastüren, Drucktüren und Zargen) entsprechend den technischen Richtlinien für Abschlüsse von Schutzraumbauten, herausgegeben vom Bundesministerium für Bauten und Technik, Ausgabe 1984 (im folgenden nur: Technische Richtlinien 1984) geprüft seien.

Mit dem zitierten Beschluß des Landesgerichtes Linz wurde der Firma Felix W*** auf Antrag der Beklagten verboten, im Rahmen ihres Schutzraumprogarammes Schutzraumtüren zu verkaufen und zu liefern, die entgegen ihren Anpreisungen in ihren Händlerpreislisten nicht den jeweils aktuellen und einschlägigen österreichischen Vorschriften für Schutzräume, herausgegeben vom Bundesministerium für Bauten und Technik, entsprechen.

Die Klägerin beantragt zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, über die Klägerin nachstehende Behauptungen aufzustellen und zu verbreiten:

a) die Klägerin biete weiterhin ungeprüfte und nicht den Verordnungen entsprechende Schutzraumabschlüsse und Einbauteile als geprüfte, d.h. der Tiroler Schutzraumverordnung entsprechend, an und liefere diese Produkte;

b) die Klägerin vertreibe Schutzraumtüren Atlas-Ideal/Felix W***, obwohl inzwischen eine einstweilige Verfügung gegen die Firma Felix W*** vom Landesgericht Linz bestehe;

c) die Klägerin erzeuge und vertreibe Produkte, die der Tiroler Schutzraumverordnung nicht entsprächen; die Baubehörde dürfe solche Produkte bei der Kollaudierung nicht abnehmen, bei ihrer Verwendung dürfe keine Benützungsbewilligung erteilt werden;

d) im Herbst 1987 sei die Benützungsbewilligung für ein Großprojekt entzogen worden, da im Schutzraum Bauteile der Klägerin eingebaut seien, die der Tiroler Schutzraumverordnung nicht entsprächen.

Die Beklagte habe mit dem Aufstellen und Verbreiten dieser Behauptungen gegen §§ 1, 2 und 7 UWG verstoßen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages und wendete ein, daß die von der Klägerin im Sicherungsantrag beanstandeten Behauptungen erweislich wahr seien.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab und nahm folgenden weiteren wesentlichen Sachverhalt als bescheinigt an:

Die Klägerin hat auch noch nach dem Abschluß des gerichtlichen Vergleiches vom 25. März 1987, 16 Cg 401/86 des Landesgerichtes Innsbruck, "ungeprüfte" und "nicht der Tiroler Schutzraumverordnung entsprechende" Schutzraumabschlüsse angeboten und geliefert. Das geht schon aus den als bescheinigt angenommenen Vorgängen beim Bauobjekt Innsbruck, Südtirolerplatz 4, hervor (ergibt sich aber auch aus den Bescheinigungsergebnissen zu anderen Bauvorhaben). Für das Bauvorhaben "Finanzamt St. Johann im Pongau" bot die Klägerin zu den Positionen 1.27 bis 1.30 des Leistungsverzeichnisses eine Betondrucktüre, eine Betondruckklappe, eine Betonschutzraumtüre und eine Betongasklappe, entsprechend den Technischen Richtlinien 1984 als geprüft an, obwohl sie zur Zeit des Anbotes nur für die Position 1.29 über ein Prüfzeugnis verfügte; auch von diesem konnte nicht festgestellt werden, ob es den formalen und materiellen Anforderungen der Technischen Richtlinien 1984 entsprach. Ob die zu den Positionen 1.27-1.30 des Angebotes angeführten Schutzraumteile materiell den Anforderungen der Tiroler Schutzraumverordnung oder den Technischen Richtlinien 1984 entsprachen, konnte nicht festgestellt werden. Auch bei weiteren Bauobjekten (insbesondere Wohnpark Weidach Kufstein; Bauobjekt "Peergründe" Innsbruck) kam es zum mangelhaften, der Tiroler Schutzraumverordnung oder den Technischen Richtlinien nicht entsprechenden Lieferungen. Beim Bauobjekt Innsbruck, Südtirolerplatz 4, führte die Lieferung einer den Schutzraumvorschriften nicht entsprechenden Türe der Marke Atlas-Ideal mit nur 3 mm (statt 4 mm) Stärke zur Verzögerung der Erteilung der Benützungsbewilligung, aber nicht zu deren Entzug. Das Erstgericht war der Ansicht, die Klägerin habe nicht bescheinigt, daß die verbreiteten Tatsachen unwahr seien und die Unkenntnis der Beklagten von einer allfälligen Unrichtigkeit ihrer Mitteilungen mindestens auf Fahrlässigkeit beruhe; die Beklagte habe ausreichende Gründe dafür gehabt, die von der Klägerin beanstandeten Behauptungen für wahr zu halten. Da eine nicht erteilte Benützungsbewilligung einer entzogenen gleichgesetzt werden könne, liege auch keine Irreführung im Sinne des § 2 UWG vor. Die Beklagte habe auch nicht durch unzulässige vergleichende Werbung gegen § 1 UWG verstoßen, weil sie hinreichenden Anlaß gehabt habe, sich mit dem Angebot der Klägerin zu befassen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin teilweise Folge. Es verbot der Beklagten, die von der Klägerin beanstandeten Behauptungen aufzustellen und zu verbreiten, jedoch mit Ausnahme der Behauptung, "die Baubehörde dürfe Produkte, die der Tiroler Schutzraumverordnung nicht entsprächen, bei der Kollaudierung nicht abnehmen, bei ihrer Verwendung dürfe keine Benützungsbewilligung erteilt werden", und sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Teiles des Beschwerdegegenstandes S 15.000,-- und der Wert des Beschwerdegegenstandes, über den es entschieden habe, insgesamt S 300.000,-- nicht übersteige; der Revisionsrekurs gegen den abändernden Teil der Entscheidung sei zulässig. Den drei Rundschreiben der Beklagten sei gemeinsam, das sie die Erzeugnisse der Klägerin herabsetzten und eigene Produkte als besser anpriesen. Eine solche vergleichende Werbung sei, auch wenn sie der Wahrheit entspreche, nur dann nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn die angesprochenen Verkehrskreise aus besonderen Gründen an korrekter Information über den wahren Sachverhalt interessiert seien müßten und ihnen alle wesentlichen Umstände auf sachliche Weise so mitgeteilt würden, daß sich das Publikum ein objektives und umfassendes Bild über die Vor- und Nachteile der verglichenen Produkte machen könne. Die von der Klägerin beanstandeten Wendungen der drei Rundschreiben gingen aber - mit einer Ausnahme - über die Grenzen erlaubter vergleichender Werbung hinaus; es handle sich um undifferenzierte Pauschalabwertungen der Erzeugnisse der Klägerin, da den Rundschreiben nicht entnommen werden könne, welche Erzeugnisse der Klägerin den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprächen und ob dieser Umstand nur auf das Fehlen von Prüfzeugnissen oder auf konkrete Qualitätsmängel zurückzuführen sei.

Die zu lit b des Begehrens beanstandete Behauptung könne den Eindruck erwecken, daß der Vertrieb von Schutzraumtüren der Firma Atlas-Ideal/Felix W*** überhaupt unzulässig sei; tatsächlich sei aber der Firma W*** der Vertrieb von Schutzraumtüren nur im Zusammenhang mit der Anpreisung bestimmter Eigenschaften verboten worden. Auch die Behauptung der Beklagten, im Herbst 1987 sei die Benützungsbewilligung für ein Großprojekt entzogen worden, da die Klägerin in einem Schutzraum Bauteile eingebaut habe, die der Tiroler Schutzraumverordnung nicht entsprächen, weiche nicht unmaßgeblich von der Wahrheit ab, da ein rechtlich nicht versierter Bauwerber den "Entzug einer Benützungsbewilligung" eher fürchten werde als die Verzögerung ihrer Erteilung. Ob die beklagte Partei Gründe zu der Annahme gehabt habe, die Benützungsbewilligung sei entzogen worden, sei ohne Belang, weil der Unterlassungsanspruch im Gegensatz zum Schadenersatzanspruch verschuldensunabhängig sei. Die Beklagte erhebt gegen das zu lit a, b und c erlassene Verbot des Rekursgerichtes Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; sie beantragt, den Beschluß der zweiten Instanz in diesen Punkten dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag insoweit abgewiesen werde.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist den drei

Rundschreiben der Beklagten (Beilagen ./A bis ./C), welche die von

der Klägerin beanstandeten Behauptungen enthalten, nicht gemeinsam,

daß die Beklagte Erzeugnisse der Klägerin herabgesetzt hiebei eigene

Produkte als besser angepriesen und damit vergleichende Werbung

betrieben hat. Nur im Rundschreiben Beilage ./A hat die Beklagte

ihre Erzeugnisse mit denen der Klägerin dadurch verglichen, daß sie

auf eine Übersicht des Bundesministeriums für wirtschaftliche

Angelegenheiten hinwies, wonach nur ihre Fabrikate "in allen

bevorzugten Abmessungen der vertikalen einflügeligen Abschlüsse,

Gastüre/Gasklappe und Drucktüre/Druckklappe geprüft und positiv

beurteilt" seien, während die Klägerin derzeit noch immer Produkte

erzeuge, welche nicht der Tiroler Schutzraumverordnung entsprächen.

Nur die (auch) auf Grund dieses Rundschreibens beanstandeten

Behauptungen der Beklagten sind daher auch unter dem Gesichtspunkt

der Zulässigkeit vergleichender Werbung zu prüfen. Den Rundschreiben

Beilage ./B ("Meldung an die Baubehörde") und ./C (an etwa

20 Baumärkte in Tirol) ist hingegen eine vergleichende Bezugnahme

auf eigene Erzeugnisse der Beklagten nicht zu entnehmen; die

Zulässigkeit der in diesen Schreiben enthaltenen, von der Klägerin

inkriminierten Behauptungen ist daher ausschließlich nach § 7 UWG zu

prüfen.

§ 7 Abs 1 UWG bestimmt, daß derjenige, der zu Zwecken des

Wettbewerbes über das Unternehmen eines anderen, über die Person des

Inhabers oder Leiters des Unternehmens, über die Waren oder

Leistungen eines anderen Tatsachen behauptet oder verbreitet, die

geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des

Inhabers zu schädigen, dem Verletzten zum Schadenersatz verpflichtet

ist, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; der Verletzte

kann auch den Anspruch geltend machen, daß die Behauptung oder

Verbreitung der Tatsachen unterbleibe. Da die übrigen

Voraussetzungen des § 7 Abs 1 UWG (Handeln zu Zwecken des

Wettbewerbs, Behauptung und Verbreitung von Tatsachen über die Waren

oder Leistungen eines anderen, Schädigungseignung) nicht strittig

sind, hängt die Entscheidung - soweit nicht § 1 UWG heranzuziehen

ist - ausschließlich davon ab, ob die von der Beklagten behaupteten

und verbreiteten Tatsachen erweislich wahr sind. Bei der Beurteilung

dieser Frage hat das Erstgericht, wie schon die zweite Instanz

zutreffend ausgeführt hat, die Beweislastverteilung verkannt und der

Beklagten die Entlastung durch den Beweis des guten Glaubens

zugebilligt. Nach § 7 UWG trägt aber der Beklagte die Beweislast für

die Wahrheit seiner Mitteilung. Entsprechendes gilt für die - hier

maßgebende - Bescheinigungslast im Provisorialverfahren. Dabei

genügt es, daß der Beklagte die Wahrheit der beanstandeten

Tatsachenbehauptungen durch geeignete Gegenbescheinigungsmittel iS

des § 274 ZPO glaubhaft macht (ÖBl 1978, 92 = SZ 51/39 mwN;

ÖBl 1983, 13). Gutgläubigkeit entschuldigt nicht (Rummel in Koziol,

Haftpflichtrecht2 II 289 mwN FN 16; JBl 1928, 168). Der

Wahrheitsbeweis (die Wahrheitsbescheinigung) ist erbracht, wenn

dadurch der Inhalt der Mitteilung im wesentlichen bestätigt wird

(Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 115).

In diesem Sinne hat der Beklagte zu lit a und c des

Sicherungsantrages die erforderliche Glaubhaftmachung erbracht: Das

Erstgericht hat als bescheinigt angenommen, daß die Klägerin auch

noch nach dem Abschluß des Vergleiches vom 25. März 1987

("weiterhin") "ungeprüfte" und "nicht der Tiroler Schutzverordnung

entsprechende" Schutzraumabschlüsse angeboten hat. Daß dies kein

Einzelfall war, ergibt sich auch aus weiteren

Bescheinigungsergebnissen, die zu tagegebracht haben, daß die

Beklagte Schutzraumbauteile angeboten hat, für die kein den

einschlägigen Vorschriften entsprechendes Prüfungszeugnis vorlag,

und Bauteile geliefert hat, die der Anlage 1 zur Tiroler

Schutzraumverordnung vom 26. Juni 1980 LGBl 9 ("Technische

Richtlinien für Abschlüsse von Schutzraumbauten") nicht entsprachen.

Punkt a) des Sicherungsantrages der Klägerin, der sich nur auf

eine Mitteilung der Beklagten im Rundschreiben Beilage ./C stützt,

war daher abzuweisen. Die in den Rundschreiben Beilagen ./A und ./B

enthaltene im wesentlichen inhaltsgleiche, Behauptung der Beklagten,

die Klägerin erzeuge und vertreibe Produkte, die der Tiroler

Schutzraumverordnung nicht entsprächen (lit c des

Sicherungsantrages), ist aber, obwohl ihre Wahrheit bescheinigt ist,

im Sinne der obigen Ausführungen auch noch unter dem Gesichtspunkt

vergleichender Werbung zu prüfen (siehe unten).

Was hingegen die weitere im Rundschreiben Beilage ./C

aufgestellte und verbreitete Behauptung betrifft, "die Klägerin

vertreibe Schutzraumtüren Atlas-Ideal/Felix W***, obwohl inzwischen eine einstweilige Verfügung gegen die Firma W*** vom Landesgericht Linz besteht" (lit b des Sicherungsantrages), so hat die Beklagte die erforderliche Wahrheitsbescheinigung nicht erbracht, weil diese Mitteilung mißverständlich ist. Der Grundsatz, daß der Inhalt einer zu Zwecken des Wettbewerbs gemachten Äußerung nach der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu beurteilen ist und der Beklagte bei mehrdeutigen Angaben die von einem noch erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise vertretene ungünstigere Auslegung gegen sich gelten lassen muß (vgl. etwa ÖBl 1986, 104), gilt auch bei herabsetzenden Äußerungen über einen Mitbewerber (vgl. Koppensteiner aaO 115; ÖBl 1981, 122). In diesem Sinn sind Wendungen, die bei verkehrsüblicher flüchtiger Kenntnisnahme zu Mißverständnissen führen können, auch bei Anwendung des § 7 UWG immer zum Nachteil desjenigen auszulegen, der sich ihrer bedient (ÖBl 1961, 7, 50, und 86; ÖBl 1963, 104). Auch wenn die Beklagte die erwähnte Behauptung nur "gegenüber Baumärkten" aufgestellt hat und damit regelmäßig geschäftlich erfahrene Adressaten angesprochen wurden, war in der Flüchtigkeit des geschäftlichen Verkehrs nicht damit zu rechnen, daß die Adressaten den Wortlaut des Rundschreibens der Beklagten genau mit dem Text der angeschlossenen einstweiligen Verfügung des Landesgerichtes Linz vergleichen würden, in welchem Fall ihnen auffallen hätte müssen, daß das gegen die Firma Felix W*** erlassene Verbot nur den Verkauf solcher Schutzraumtüren betraf, die entgegen ihren Anpreisungen nicht den aktuellen und einschlägigen Vorschriften für Schutzräume entsprachen. Die beanstandete Wendung konnte vielmehr von den angesprochenen Verkehrskreisen in der Flüchtigkeit des geschäftlichen Verkehrs als Verbot des Verkaufs von Schutzraumtüren der Marke Atlas-Ideal/Felix W*** schlechthin aufgefaßt werden, so daß die Mitteilung der Beklagten mißverständlich war. Insoweit ist der Beschluß des Rekursgerichtes zu bestätigen.

Die gemäß lit c des Sicherungsantrages beanstandete Behauptung, die Klägerin erzeuge und vertreibe Produkte, die der Tiroler Schutzraumverordnung nicht entsprächen, findet sich - wie bereits ausgeführt - nicht nur im Rundschreiben Beilage ./B ("Meldung an die Baubehörde"), sondern auch im Rundschreiben Beilage ./A und ist daher auch unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit vergleichender Werbung zu prüfen. Mit Recht macht aber die Beklagte hier geltend, daß ein hinreichender Anlaß bestand, diese Umstände den Abnehmern mitzuteilen. Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 5. Mai 1987 ÖBl 1988, 6 ausgeführt hat, war auf die Maßgeblichkeit eines hinreichend begründeten Anlasses für Werbevergleiche schon in der Entscheidung vom 23. März 1936 SZ 18/52 abgestellt und damals zu einem Fall des Abwehrvergleiches ausgesprochen worden, daß die Abwehr nicht der einzige Grund ist, der vergleichende Reklame zulässig macht; eine solche sei vielmehr auch dann zulässig, wenn eine Aufklärung der Öffentlichkeit aus berechtigten Gründen notwendig sei. Ein allgemeines Interesse des Werbenden, das Publikum (stets) über die schlechteste Leistung eines Mitbewerbers aufzuklären, war allerdings von der Rsp (ÖBl 1978, 146; ÖBl 1982, 12) nicht anerkannt worden. Die Beschränkung der Zulässigkeit vergleichender Werbung auf eng umrissene Sonderfälle (Abwehr-, Auskunfts- und Fortschrittsvergleich) ist jedoch zu eng. Für die Beurteilung im Rahmen des § 1 UWG kommt es vielmehr darauf an, ob unter Berücksichtigung des Wesens des Wettbewerbs und der Interessen des Werbenden und der Abnehmer ein sachlicher Grund für die Vergleichung anzuerkennen ist; ein Recht zur kritischen Befassung mit der Ware des Mitbewerbers ist dann zu bejahen, wenn der Werbende hinreichenden Anlaß zur individuellen Bezugnahme auf die Ware seiner Mitbewerber hat und seine Kritik sich nach Art und Maß in den Grenzen des Erforderlichen hält (ÖBl 1988, 9 mwN; seither auch Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 201 f und dort FN 104; Gamerith in HWR, H 6/1988, Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur vergleichenden Werbung, 25 ff) Ein solcher den Vergleich rechtfertigender Grund liegt hier nach Ansicht des erkennenden Senates vor, weil sich die Klägerin im gerichtlichen Vergleich vom 25. März 1987 verpflichtet hat, die Ankündigung zu unterlassen, das zahlreiche von ihr angebotene (im Vergleich genau bezeichnete) Erzeugnisse entsprechend den Technischen Richtlinien 1984 geprüft seien, trotzdem aber weiterhin ungeprüfte und nicht der Tiroler Schutzraumverordnung entsprechende Schutzraumabschlüsse anbietet und nicht dieser Verordnung oder den Technischen Richtlinien entsprechende Bestandteile liefert, mögen diese auch nicht mit den im gerichtlichen Vergleich genannten Typen identisch sein. Da sich der von der Beklagten angestellte Werbevergleich auf gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften der von beiden Mitbewerbern angebotenen Erzeugnisse bezieht und diese Eigenschaften Voraussetzung dafür sind, daß diese Produkte überhaupt für den angepriesenen Zweck als Schutzraumbestandteile verwendet werden dürfen, ist aus besonderen Gründen ein Bedürfnis nach Aufklärung der Öffentlichkeit über den wahren Sachverhalt anzuerkennen. Auch hat sich die Kritik der Beklagten nach Art und Maß in den Grenzen des Erforderlichen gehalten: Die Beklagte hat das Schreiben, in dem der Werbevergleich enthalten war, nur an ein fachkundiges Publikum (Baumeister, Architekten Planungsbüros und Baubehörden) gerichtet. Die Ansicht des Rekursgerichtes, die Beklagte habe bei dieser Information nicht alle wesentlichen Umstände auf sachliche Weise so weit mitgeteilt, daß sich das Publikum ein objektives und umfassendes Bild über die Vor- und Nachteile der verglichenen Erzeugnisse machen könnte, sondern sich auf undifferenzierte Pauschalabwertungen beschränkt, ist nicht zu folgen; die Beklagte hat dem Rundschreiben eine vollständige Übersicht des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten "über geprüfte Einbauteile, Teil-Abschlüsse (Gastüren und Gasklappen)" sowie den gerichtlichen Vergleich vom 25. März 1987 beigelegt, zugleich die - von der Klägerin gar nicht angegriffene - Behauptung aufgestellt, nur ihre Fabrikate seien in allen bevorzugten Abmessungen geprüft und positiv beurteilt, und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die Klägerin derzeit noch immer Produkte erzeuge und vertreibe, die nicht der Tiroler Schutzraumverordnung entsprächen. Diese Behauptung hat sie im Rundschreiben Beilage ./B (an alle Gemeindeämter als Baubehörden in Tirol) im einzelnen erläutert und zu beweisen versucht; dieses Schreiben hat sie auch dem Rundschreiben Beilage ./A angeschlossen. Von einer undifferenzierten Pauschalabwertung kann daher keine Rede sein.

Die Punkte a und c des Sicherungsbegehrens sind daher in teilweiser Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuweisen; im übrigen ist die Entscheidung des Rekursgerichtes zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 74, 393, 402 EO und die §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Die Klägerin ist mit ihrem Sicherungsantrag in erster und zweiter Instanz zur Hälfte, in dritter Instanz mit zwei Dritteln unterlegen. In zweiter Instanz sind der Beklagten keine Kosten entstanden, da sie keine Rekursbeantwortung erstattet hat.

Anmerkung

E16596

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00099.88.0110.000

Dokumentnummer

JJT_19890110_OGH0002_0040OB00099_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten