TE OGH 1989/1/12 6Ob26/88

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Veröffentlicht am 12.01.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Handelsregistersache der Firma A*** Austria Wassertechnik Gesellschaft mbH infolge Revisionsrekurses dieser Gesellschaft, vertreten durch den Geschäftsführer Dipl.Ing.Uwe K***, Angestellter, Sterneckstraße 98, 9020 Klagenfurt, dieser vertreten durch Dr.Friedrich Pettauer, öffentlicher Notar in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 27. Oktober 1988, GZ 1 R 207/88-20, womit dem Rekurs gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 14.September 1988, GZ 5 HRB 816-16, mit der Maßgabe nicht Folge gegeben wurde, daß der Antrag auf Erhöhung des Stammkapitals auf S 1,820.000,-- und Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrages in seinem Punkte III in das Handelsregister statt abgewiesen zurückgewiesen wird, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Text

Begründung:

Am 3.8.1988 langte beim Erstgericht ein Schriftsatz des Geschäftsführers der A*** Austria Wassertechnik Gesellschaft mbH ein, in welchem beantragt wurde, im Handelsregister bei der genannten Firma die Erhöhung des Stammkapitals von S 1,190.000,-- auf S 1,820.000,-- und die dadurch bedingte Änderung des Gesellschaftsvertrages zu Punkt III einzutragen. Der Geschäftsführer erklärte, daß die Einzahlungen auf die Kapitalerhöhung bisher noch nicht durchgeführt worden seien. Auf Grund der Einzahlungen auf die früheren Stammeinlagen seien die neuen (Gesamt)Stammeinlagen durchwegs zu mehr als einem Viertel eingezahlt.

Das Erstgericht lehnte diesen Antrag mit Beschluß vom 8.8.1988, Ordnungsnummer 13 ab. Es führte aus, die Eintragung des Beschlusses auf Erhöhung des Stammkapitals setze voraus, daß auf jede Stammeinlage mindestens ein Viertel des Erhöhungsbetrages eingezahlt sei, die Bezahlung von einem Viertel der neuen Stammeinlage genüge nicht. Gemäß § 2 Abs 2 Z 3 AußStrG habe das Gericht die Vollmachten und Legitimationsurkunden der Personen, die nicht im eigenen Namen handeln, genau zu prüfen. Die Vertreter von juristischen Personen und Handelsgesellschaften hätten ihre Vertretungsbefugnis durch Amtsbestätigungen des Handelsgerichtes nachzuweisen. Dieser Nachweis sei von zwei in der Generalversammlung vertretenen Gesellschaften nicht erbracht worden.

Am 12.9.1988 brachte der Geschäftsführer einen Antrag ein, der mit dem am 3.8.1988 beim Erstgericht eingelangten inhaltsgleich ist. Außer den schon im ersten Schriftsatz vorgelegten Urkunden wurden diesmal jedoch Amtsbestätigungen über die Zeichnungsberechtigung für einige Firmen vorgelegt.

Das Erstgericht lehnte die Eintragung neuerlich ab, wobei als Abweisungsgrund nur der Umstand angeführt ist, daß die Erhöhungsbeträge nicht mindestens zu einem Viertel einbezahlt wurden. Das Rekursgericht gab dem Rekurs mit der Maßgabe nicht Folge, daß der Antrag auf Erhöhung des Stammkapitals auf S 1,820.000,-- und Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrages in seinem Punkt III in das Handelsregister statt abgewiesen zurückgewiesen wird. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, die Rechtskraft des Beschlusses vom 8.8.1988 stehe der neuerlichen Erörterung und Entscheidung des inhaltsgleichen Antrages entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Der von der durch den Geschäftsführer vertretenen Gesellschaft erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die Beurteilung des Revisionsrekurses ist nicht auf die Gründe des § 16 Abs 1 AußStrG beschränkt, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes, welches die abweisende Entscheidung des Erstgerichtes durch eine Zurückweisung des Antrages wegen rechtskräftig entschiedener Sache ersetzte, keine bestätigende Entscheidung im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG ist (vgl etwa SZ 34/19). Die Rechtsmittelwerberin führt aus, ein Rekurs gegen den Beschluß vom 8.8.1988 wäre wegen Fehlens der Amtsbestätigungen über die Zeichnungsberechtigung aussichtslos gewesen. Der neue Antrag unterscheide sich vom früheren dadurch wesentlich, daß Amtsbestätigungen vorgelegt worden seien. Dadurch sei der Mangel des früheren Antrages beseitigt worden, weshalb nur mehr die - nach Ansicht der Rechtsmittelwerberin unrichtige - rechtliche Beurteilung zur Abweisung des Antrages geführt habe.

Diesen Ausführungen kann Berechtigung nicht abgesprochen werden. Die materielle Rechtskraft hält gegenüber nachträglichen Tatbestandsänderungen nicht stand (JBl 1974, 268 uva). Der Tatbestand hat sich im vorliegenden Fall insofern verändert, als nunmehr Amtsbestätigungen über die Zeichnungsberechtigung vorliegen, weshalb der eine der beiden im Beschluß vom 8.8.1988 angeführten Abweisungsgründe weggefallen ist. Dadurch entstand ein neuer Rechtsschutzanspruch, der von der Rechtskraft der früheren Entscheidung nicht berührt wird (5 Ob 220/72). Der Umstand, daß hinsichtlich des anderen im Beschluß vom 8.8.1988 angeführten Abweisungsgrundes durch die Vorlage der Amtsbestätigungen keine Änderung eingetreten ist, vermag daran nichts zu ändern. Voraussetzung dafür, daß der Oberste Gerichtshof in Stattgebung eines Rechtsmittels gleich die richtige Entscheidung in der Sache selbst treffen kann, ist es, daß das Rekursgericht die Sache in merito behandelt hat. Es darf nicht der Fall eintreten, daß der Oberste Gerichtshof sachlich über eine Frage entscheidet, die er unter Umständen nur unter den eingeschränkten Überprüfungsvoraussetzungen des § 16 Abs 1 AußStrG zu erledigen hätte (SZ 49/88 uva).

Aus diesen Gründen war dem Revisionsrekurs Folge zu geben, der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Anmerkung

E16387

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00026.88.0112.000

Dokumentnummer

JJT_19890112_OGH0002_0060OB00026_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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