TE OGH 1989/1/17 15Os2/89

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Veröffentlicht am 17.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Jänner 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Tegischer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Thomas Weißwasser und andere Angeklagte wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 2 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Thomas Weißwasser und Alexander W*** sowie deren gesetzlicher Vertreter gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 20.Oktober 1988, GZ 35 Vr 1341/88-21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Sämtliche Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Weißwasser und W*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil, das hinsichtlich des Angeklagten L*** in Rechtskraft erwuchs, wurden Thomas Weißwasser (im Urteilstenor unzutreffend: W***) und Alexander W*** des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 2 sowie § 15 StGB, Weißwasser überdies der Vergehen des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Den Angeklagten Weißwasser und W*** liegt zur Last, am 1. März 1988 in Linz in der Pfarrkirche Heiliger Geist einen Diebstahl aus einem Opferstock (A 1 b) und am 10.März 1988 in der Kanzlei dieser Pfarre einen weiteren Gelddiebstahl versucht zu haben (A 1 a); den Angeklagten Weißwasser und L*** fällt zur Last, am 8. Juni 1988 in Linz dem Ing. Gerald S*** eine Geldbörse mit etwa 140 S Bargeld gestohlen (A 2), bei diesem Zugriff erbeutete Scheck- und Bankomatkarten sowie einen Blutspenderausweis weggeworfen (C) und am nächsten Tag ein Scheckformular des Ing. S*** auf einen Betrag von 36.000 S ausgefüllt, dessen Unterschrift darauf nachgemacht und damit die Einlösung eines Betrages von 36.000 S bei der Oberbank in Linz versucht zu haben (B).

Rechtliche Beurteilung

Sogleich nach Urteilsverkündung meldeten sowohl die Angeklagten Weißwasser und W*** als auch deren gesetzliche Vertreter Nichtigkeitsbeschwerde an (S 151). Von den gesetzlichen Vertretern, denen ebenso wie den Verteidigern Urteilsausfertigungen zugestellt wurden (S 151 a), wurden Rechtsmittelausführungen jedoch nicht eingebracht. Deren (bloß angemeldete) Nichtigkeitsbeschwerden waren daher schon mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen (§ 285 a Z 2 StPO) zurückzuweisen. Den (ausgeführten), auf Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden genannten Angeklagten gegen die Schuldsprüche zu A 1 a und b kommt hingegen keine Berechtigung zu.

Zum Urteilsfaktum A 1 a wendet sich der Angeklagte Weißwasser in seinen als Mängelrüge (Z 5) zu deutenden Ausführungen in seiner die Nichtigkeitsgründe nicht gesondert darstellenden Beschwerdeschrift nach Wiedergabe von Teilen aus seiner und seines Komplizen Verantwortung gegen die Feststellung im angefochtenen Urteil, daß der Kanzleiraum der Pfarre zur Tatzeit um etwa 20 Uhr 45 finster war (US 4), als "unrichtig und aktenwidrig".

Von einer Aktenwidrigkeit, die nur in einer unrichtigen Wiedergabe des Inhaltes einer Urkunde oder Aussage im Urteil gelegen sein könnte (Mayerhofer/Rieder, StPO2, E 185, 186 zu § 281 Abs. 1 Z 5), kann keine Rede sein.

Die Feststellung, daß es im Raum finster war, findet dagegen nicht nur in der Aussage des Zeugen K*** Deckung (S 143), sondern sogar in wiederholten Bekundungen des Beschwerdeführers (S 128, 129, 130, 131). Eines besonderen Eingehens auf die abschwächende Formulierung des Mitangeklagten W***, der die Lichtverhältnisse als "dämmerig" bezeichnete (S 135), bedurfte es nicht, zumal dieser selbst bekundet hatte, daß in anderen Räumen des Hauses Licht brannte und sich auch der Pfarrer K*** veranlaßt sah, im Kanzleiraum, in dem er die beiden Angeklagten antraf, sofort Licht zu machen (S 144).

Mit der Behauptung des Angeklagten Weißwasser, deshalb kein Licht aufgedreht zu haben, weil dort der Pfarrer möglicherweise im Dunklen meditiere (S 131), beschäftigte sich das Schöffengericht (US 5) und erachtete dieses Vorbringen als nicht ernst zu nehmend (zumal auch ein Meditierender schon durch das Eintreten allein gestört worden wäre). Mit dem Vorbringen, diese Behauptung sei nicht widerlegt, wird nur ein im Rahmen der Mängelrüge unzulässiger Versuch der Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung unternommen.

Einen Konstatierung dahin, daß sich die beiden Angeklagten auch bereits am Schreibtisch zu schaffen gemacht hätten, traf das Schöffengericht gar nicht und gründete seinen Schuldspruch nicht darauf. Soweit der Beschwerdeführer Weißwasser dagegen ankämpft, geht sein Vorbringen somit ins Leere.

Entgegen der Meinung dieses Beschwerdeführers konnte das Schöffengericht sehr wohl auch die Angabe falscher Namen gegenüber dem Pfarrer und die anschließende Flucht als Indizien für einen Diebstahlsvorsatz verwerten (US 5). Mit der Behauptung, daraus könne der Verdacht in Richtung einer bestimmten strafbaren Handlung nicht gezogen werden, sowie mit dem Hinweis auf das Fehlen "konkreter Umstände" über ein "gezieltes Tatvorhaben" wird wieder nur im Rahmen einer Mängelrüge unzulässig die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bekämpft.

Auf die Behauptung schließlich, aus den konstatierten Umständen könne ebensogut ein Schluß "in jeder beliebigen Richtung gefaßt" werden, etwa auf das Vorhaben einer vorsätzlichen Körperverletzung oder einer Sachbeschädigung, ist wegen ihrer (augenfälligen) Unsachlichkeit nicht weiter einzugehen, zumal mit diesem Vorbringen außerdem weder der relevierte noch irgend ein anderer Nichtigkeitsgrund zur Darstellung gebracht wird.

Die Mängelrüge des Angeklagten W*** zu diesem Urteilsfaktum, die sich über weite Strecken in der bloßen Wiedergabe von Teilen der Verantwortungen der beiden Angeklagten und der Aussage des Zeugen K*** erschöpft, behauptet letztlich, das Schöffengericht habe nur Vermutungen aufgestellt, ohne seine Feststellungen durch Beweisergebnisse zu belegen. Auch damit wird aber nur - im Rahmen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (Z 5) unzulässig - die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bekämpft, ohne einen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO aufzuzeigen. Nichts anderes liegt in der Forderung, das Gericht hätte - der Verantwortung beider Beschwerdeführer

entsprechend - "ergänzende Feststellungen" dahin treffen müssen, daß sie im Kanzleiraum nur den Kaplan gesucht hätten. Gerade diese Verantwortung, die das Gericht keineswegs übersah (US 5), wurde als unglaubwürdig erachtet.

Zum Urteilsfaktum A 1 b wirft der Beschwerdeführer Weißwasser dem schöffengerichtlichen Urteil in seinen insoweit als Mängelrüge (Z 5) zu deutenden Ausführungen vor, es sei "nicht ersichtlich", worauf die Feststellung beruhe, daß die Täter versuchten unter Verwendung eines Gegenstandes Geld aus dem Opferstock zu fischen (US 7).

Damit übergeht er die Ausführungen des Schöffengerichtes, das diese Konstatierung auf die Aussage des Zeugen B*** stützte (US 7), der ursprünglich uneingeschränkt (S 79) von der Verwendung eines Gegenstandes berichtet hatte und sich dessen auch in der Hauptverhandlung noch "fast sicher" war (S 147), was ersichtlich im Zusammenhang mit der von B*** berichteten Zeitdauer der Manipulation gewertet wurde, die mit einem bloßen Anheben des Opferstockdeckels zur Vergewisserung, ob dieser verschlossen sei, wie es die Beschwerdeführer behauptet hatten, nicht in Einklang zu bringen wäre.

Damit, daß der Beschwerdeführer Weißwasser das festgestellte "auffällige" Verhalten in der Kirche als entlastend zu deuten versucht und mit der Behauptung, es fehlten "jegliche Anhaltspunkte" für ein Vorhaben, Geld aus dem Opferstock zu "entnehmen", gerät er wieder in eine ihm im gegebenen Zusammenhang verwehrte Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Auch die Mängelrüge des Angeklagten W*** zu diesem Urteilsfaktum ist unbegründet, in der er nach Wiedergabe von Aussageinhalten die Feststellung des Jugendschöffengerichtes über die Verwendung eines Gegenstandes als "völlig unerfindlich" und als im Widerspruch zu den Verantwortungen der beiden Beschwerdeführer und des Zeugen B*** erklärt. Auf das oben Gesagte kann verwiesen werden.

Die nur zum Faktum A 1 b erhobenen Rechtsrügen (Z 9 lit b) beider Beschwerdeführer sind nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Bei Darstellung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe ist nämlich vom festgestellten Urteilssachverhalt auszugehen und dieser mit dem darauf angewendeten Gesetz zu vergleichen; diesem Gebot entspricht es nicht, wenn eine im Urteil konstatierte Tatsache bestritten oder übergangen oder aber ein nicht festgestellter Umstand als gegeben angenommen wird. Derartige Ausführungen können daher einer materiellrechtlichen überprüfung der angefochtenen Entscheidung nicht zugrundegelegt werden.

Beide Nichtigkeitswerber unterstellen aber in ihren Rechtsrügen, daß sie nichts anderes unternommen hätten als eine Betrachtung des Opferstockes, ein "Darumherumgehen" und ein (bloßes) Anheben des Deckels; sie negieren dabei die weitere Konstatierung eines (minutenlangen) "Fischens" mit einem Gegenstand und führen daher die Rechtsrügen nicht prozeßordnungsgemäß aus.

Nur am Rande sei hinzugefügt, daß auch bei einem Vorhaben, aus einem unversperrten Opferstock Geld zu stehlen, eine Abstandnahme wegen der vorgefundenen Sperre kein freiwilliger Rücktritt vom Versuch wäre, weil wegen des tatsächlichen Hindernisses bei den Tätern die Vorstellung, daß eine ihrem Tatplan entsprechende Tatvollendung noch möglich wäre, nicht erhalten geblieben sein könnte (Leukauf-Steininger, StGB2, RN 2 zu § 16 uam). Auch die teils offenbar unbegründeten, teils nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Weißwasser und W*** waren daher sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Anmerkung

E16757

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0150OS00002.89.0117.000

Dokumentnummer

JJT_19890117_OGH0002_0150OS00002_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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