TE OGH 1989/1/19 7Ob721/88

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Veröffentlicht am 19.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*** Baugesellschaft mbH & Co KG, Salzburg, Gnigler Straße 52, vertreten durch Dr. Karl Ludwig Vavrovsky, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1.) Stefan L*** und 2.) Maria L***, beide Hoteliers, beide Fuschl am See 64, beide vertreten durch Dr. Herbert Pflanzl, Dr. Eugen Salpius und Dr. Ägidius Horvatits, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Kosten infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 29. September 1988, GZ 2 R 235/88-43, womit der Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 15. Juli 1988, GZ 2 R 235/88-40, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Im Verfahren 13 Cg 114/87 des Landesgerichtes Salzburg schränkte die klagende Partei in der Tagsatzung vom 26. November 1986 ihr Begehren auf Kosten ein.

Mit Urteil vom 30. Oktober 1987, ON 33, erkannte das Landesgericht Salzburg die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die Prozeßkosten zu ersetzen.

Dem dagegen von den Beklagten erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Linz mit Beschluß vom 17. März 1988, ON 37, teilweise und zwar dahin Folge, daß es das Kostenbegehren der klagenden Partei abwies. Einen Zuspruch von Prozeßkosten an die Beklagten unterließ es, weil diese im Verfahren erster Instanz Kosten nicht verzeichnet hätten.

Mit der beim Oberlandesgericht Linz - als jenem Gericht, dessen Entscheidung angefochten werde - eingebrachten "Wiederaufnahmsklage" ON 38 beantragen die Beklagten, "das Verfahren wieder zu eröffnen und den Beschluß des Oberlandesgerichtes

Linz .... dahin .... abzuändern", daß die klagende Partei schuldig erkannt werde, den Beklagten die Prozeßkosten zu ersetzen. Die "Wiederaufnahmsklage" stütze sich auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO. Es sei unrichtig, daß die Beklagte im Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg keine Kostennote gelegt hätten. Die gelegte Kostennote sei jedoch offenbar in Verlust geraten. Es werde deshalb in der Anlage eine zweite Ausfertigung überreicht.

Das vom Oberlandesgericht Linz zur Äußerung aufgeforderte Landesgericht Salzburg bestätigte, daß beide Parteien des Rechtsstreites 13 Cg 114/87 Kostennoten gelegt hätten. Die Kostennote der Beklagten müsse verlorengegangen oder in einen anderen Akt geraten sein.

Das Oberlandesgericht Linz wies die Wiederaufnahmsklage mit Beschluß vom 15. Juli 1988, ON 40, als unzulässig zurück. Wiederaufgenommen werden können gemäß § 530 ZPO nur ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden sei. Der Kostenersatzanspruch sei kein Sachanspruch, sondern ein verfahrensrechtlicher Anspruch, der sich als Nebenanspruch unmittelbar aus dem Prozeßrecht ableite. Sei das Begehren auf Kostenersatz eingeschränkt worden und nur der Anspruch auf Kostenersatz aufrecht geblieben, sei dieser noch nicht zur Hauptsache geworden. Er habe vielmehr seinen akzessorischen Charakter durch diesen Vorgang nicht verloren. Gegen eine Entscheidung, die nicht das Sachbegehren, sondern einen verfahrensrechtlichen Anspruch erledige, sei eine Wiederaufnahmsklage unzulässig.

Diesen Beschluß stellte das Oberlandesgericht Linz den Beklagten zu Handen ihres Vertreters nicht im Wege des Erstgerichtes, sondern - am 23. August 1988 - unmittelbar zu.

Am 12. September 1988 langte beim Oberlandesgericht Linz ein am 8. September 1988 zur Post gegebener Rekurs der Beklagten gegen den Beschluß vom 15. Juli 1988 ein (ON 41). Das Oberlandesgericht Linz leitete das Rechtsmittel noch am gleichen Tage an das Landesgericht Salzburg weiter, bei dem es am 13. September 1988 einlangte. Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Oberlandesgericht Linz den ihm vorgelegten Rekurs zurück. Rechtsmittel im Verfahren über Wiederaufnahmsklagen seien auch dann beim Erstgericht des Vorprozesses einzubringen, wenn die Zustellung der angefochtenen Entscheidung unmittelbar durch das Gericht höherer Instanz erfolgt sei. Sei das Rechtsmittel nicht an das zuständige Gericht adressiert worden, entscheide hinsichtlich der Rechtzeitigkeit nicht die Postaufgabe, sondern das tatsächliche Einlangen beim zuständigen Gericht. Das am 13. September 1988 beim Landesgericht Salzburg eingelangte Rechtsmittel sei daher verspätet. Darüber hinaus handle es sich - da mit der angefochtenen Entscheidung eine Wiederaufnahmsklage in einer auf Kostenersatz eingeschränkten Streitsache zurückgewiesen worden sei - um einen Rekurs gegen eine Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt, der gemäß § 528 Abs 1 Z 2 ZPO unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist nicht berechtigt.

Mit Recht hat zunächst das Oberlandesgericht Linz die Zulässigkeit des Rekurses gegen den Beschluß vom 15. Juli 1988 aus dem Grunde des § 528 Abs 1 Z 2 ZPO verneint. Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt sind grundsätzlich und ausnahmslos unzulässig. Eine Anrufung der dritten Instanz ist auch dann unzulässig, wenn es sich im Wesen um eine Entscheidung handelt, die nur für die Kostenfrage von Bedeutung ist (6 Ob 265/64). Um eine Kostenentscheidung iS des § 528 ZPO handelt es sich deshalb unter anderem auch bei einer Entscheidung über die Urteilsberichtigung und -ergänzung im Kostenpunkt (SZ 17/48) und bei einer Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag, wenn dessen Gegenstand einzig und allein die versäumte Vorlage des Kostenverzeichnisses ist (4 Ob 87/81). Im vorliegenden Fall hat das Oberlandesgerichtes Linz mit Beschluß vom 17. März 1988 als zweite Instanz über ein auf Kostenersatz eingeschränktes Begehren abgesprochen. Die Beklagten begehren die "Wiederaufnahme" dieses - auf Kostenersatz eingeschränkten - Verfahrens durch dessen "Wiedereröffnung" und durch Abänderung des Beschlusses vom 17. März 1988 dahin, daß die klagende Partei schuldig erkannt werde, ihnen die Prozeßkosten zu ersetzen. Gegenstand der "Wiederaufnahmsklage" - wie immer diese rechtlich zu qualifizieren sein mag - ist daher allein eine Kostenentscheidung zweiter Instanz, die Entscheidung darüber ist nur für die Kostenfrage von Bedeutung.

Der Rekurs ON 41 wurde in dem angefochtenen Beschluß aber auch zutreffend als verspätet angesehen.

Gemäß § 521 Abs 1 ZPO beträgt die Rekursfrist 14 Tage, wenn jedoch das Rekursverfahren zweiseitig ist (§ 521 a), vier Wochen. Eine vierwöchige Rekursfrist ist demnach gegeben, wenn sich der Rekurs richtet gegen einen Endbeschluß (Z 1 des § 521 a Abs 1 ZPO), gegen einen Aufhebungsbeschluß nach § 519 Abs 1 Z 3 (Z 2) oder gegen einen Beschluß, mit dem eine Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen oder ein Antrag auf Zurückweisung der Klage verworfen wurde (Z 3).

Der Ansicht der Beklagten, ihr vom Oberlandesgericht Linz zurückgewiesenes Rechtsmittel richte sich gegen einen Beschluß, mit dem eine Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen worden sei, so daß die Rekursfrist vier Wochen betrage, kann nicht beigepflichtet werden. Die Rechtsanhängigkeit der Streitsache (Streitanhängigkeit) wird gemäß § 232 Abs 1 ZPO durch die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten begründet. Sie endet mit der (rechtskräftigen) Beendigung des Rechtsstreites (Fasching III 88, 7 Ob 23/78). Derselbe Anspruch zwischen denselben Parteien darf während der Dauer der Streitanhängigkeit weder bei demselben Gericht noch bei einem andern Gericht im österreichischen Bundesgebiet anhängig gemacht werden (Fasching aaO 84 und 89; 3 Ob 501/85). Der "Vorprozeß" (13 Cg 114/87 des Landesgerichtes Salzburg) ist nicht mehr streitanhängig, weil das Verfahren beendet wurde. Nur ein durch eine erledigende Entscheidung abgeschlossenes Verfahren kann im übrigen gemäß § 530 Abs 1 ZPO wiederaufgenommen werden. Streitanhängigkeit der "Wiederaufnahmsklage" ist mangels Zustellung der Klageschrift an die Gegenpartei nicht eingetreten. Die 14-tägige Rekursfrist aber wurde durch die Beklagten versäumt, weil sie ihr Rechtsmittel bei dem Gericht einzubringen gehabt hätten, das im Vorprozeß in erster Instanz eingeschritten ist (SZ 26/150 = Jud. 58); dies ungeachtet dessen, daß ihnen das Oberlandesgericht Linz seine Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage nicht im Wege des Erstgerichtes, sondern unmittelbar zugestellt hat (SZ 28/213). Zwar sind die Tage des Postlaufes gemäß § 89 Abs 1 GOG unter anderem in die Rechtsmittelfristen nicht einzurechnen. Doch hat dies zur Voraussetzung, daß der Schriftsatz an das zuständige Gericht adressiert ist. Andernfalls kommt es auf den Tag des Einlangens beim zuständigen Gericht an (Fasching II 672; SZ 24/10). Die Beklagten haben ihren Rekurs am letzten Tag der Rechtsmittelfrist zur Post gegeben. Wiewohl das Oberlandesgericht Linz den Schriftsatz noch am Tage des Einlangens an das Erstgericht weiterleitete und der Schriftsatz bei diesem bereits am folgenden Tag einlief, konnte dies an der Verspätung auch dann, wenn die Tage des ersten Postlaufes (an das unzuständige Gericht) nicht eingerechnet werden (5 Ob 103/62), nichts mehr ändern.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E16393

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0070OB00721.88.0119.000

Dokumentnummer

JJT_19890119_OGH0002_0070OB00721_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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