TE OGH 1989/1/24 2Ob614/88

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Veröffentlicht am 24.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna L***, geboren am 31. Jänner 1962 in Vöcklabruck, Hausfrau, Brandham 14, 4880 Berg im Attergau, vertreten durch Dr. Hubert Stüger, Rechtsanwalt in Frankenmarkt, wider die beklagte Partei Franz Gottfried L***, geboren am 12. November 1959 in Wels, Kaufmann, Gmundnerstraße 17, 4840 Vöcklabruck, vertreten durch Dr. Heinz Ortner, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen Ehescheidung, infolge Revision der klagenden Partei und der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 6. Juni 1988, GZ R 365/88-59, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Frankenmarkt vom 15. Februar 1988, GZ 1 C 41/87-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 31. Jänner 1962 geborene Klägerin und der am 12. November 1959 geborene Beklagte haben am 24. November 1984 vor dem Standesamt St. Georgen im Attergau die Ehe geschlossen. Es handelte sich beiderseits um die erste Ehe. Durch die Eheschließung wurde die am 10. Jänner 1984 geborene Tochter der Streitteile Barbara legitimiert; am 10. September 1985 wurde der Sohn Franz als zweites Kind der Streitteile geboren. Die Klägerin und der Beklagte sind österreichische Staatsangehörige; sie hatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Hipping.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Beklagten im wesentlichen mit der Begründung, diese Ehe sei nur im ersten Jahr harmonisch verlaufen. Kurze Zeit nach der Geburt des Sohnes Franz habe sich der Beklagte von ihr abgewendet, sei nach der Arbeit nicht nach Hause gekommen und ausschließlich seinen Hobbys nachgegangen. Er habe über seine finanziellen Verhältnisse gelebt und der Klägerin bei jeder Gelegenheit vorgehalten, daß sie verschwinden könne. Durch dieses Verhalten habe der Beklagte die Ehe so tiefgreifend zerrüttet, daß eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten sei.

Der Beklagte bestritt, Eheverfehlungen begangen zu haben, und beantragte die Abweisung der Scheidungsklage. Für den Fall der Scheidung der Ehe beantragte er den Ausspruch des überwiegenden Verschuldens der Klägerin. Daß die Ehe nicht mehr so harmonisch verlaufe, sei auf das Verhalten der Klägerin zurückzuführen, die wiederholt behauptet habe, der Beklagte habe sie nur wegen ihres Geldes geheiratet. Die Klägerin behandle den Beklagten lieblos. Sie bringe kein Interesse für seine berufliche Tätigkeit auf und weigere sich, ihn beim Betrieb seiner Tierhandlung durch die Haltung und Aufzucht von Tieren zu unterstützen. Bei einer Tanzveranstaltung im Fasching 1986 habe die Klägerin mit einem fremden Mann Zärtlichkeiten ausgetauscht. Sie sei öfter allein zu Tanzveranstaltungen gegangen und erst in den Morgenstunden nach Hause gekommen. Die Klägerin habe sich um die Erziehung der Kinder nur wenig gekümmert und sich insbesondere mit dem Sohn Franz wenig beschäftigt; dieser hätte bei entsprechender Förderung größere geistige Fortschritte machen können. Die Klägerin habe Dritten intime Einzelheiten des Ehelebens erzählt. Mitte Mai 1987 habe sie unter Mitnahme ihrer persönlichen Sachen und eines Teiles des Hausrats die eheliche Wohnung verlassen. Seit Ostern 1987 habe der Beklagte die Kinder nicht mehr gesehen; sie würden gegen ihn und seine Familie beeinflußt.

Das Erstgericht schied die Ehe der Streitteile aus beiderseitigem Verschulden, wobei es aussprach, daß das Verschulden des Beklagten überwiegt.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Streitteile bewohnten als Ehewohnung das Haus Hipping 9, welches den Eltern des Beklagten gehörte. Diese hatten den Streitteilen schon vor der Eheschließung in Aussicht gestellt, ihnen das Haus und die dazugehörige Landwirtschaft zu übergeben, wollten allerdings die Entwicklung der Ehe abwarten, da die Streitteile nach der Geburt der Tochter Barbara einige Zeit getrennte Wege gegangen waren.

Im Juli 1984 eröffnete der Beklagte ein auf ihn lautendes Kontokorrentkreditkonto mit einem Überziehungsrahmen von S 500.000,--, für welchen die Klägerin bürgte. Aus diesem Konto finanzierten die Streitteile den Umbau des Hauses Hipping 9, wobei die Klägerin und der Vater des Beklagten je S 330.000,-- auf das Konto einzahlten. Die Baukosten betrugen insgesamt S 1,000.000,--; die Differenz zu den eingezahlten Beträgen von S 660.000,-- wurde im Kreditweg finanziert. Weitere S 140.000,-- bezahlte der Beklagte aus seinem eigenen Vermögen.

Im Zeitpunkt der Eheschließung war der Beklagte im Immobilienbüro seines Vaters beschäftigt und verdiente etwa S 7.000,-- monatlich netto, welcher Betrag auf das vorgenannte Konto überwiesen wurde. Weiters bezog der Beklagte die Familienbeihilfe für die beiden Kinder; die Klägerin bezog von September 1985 bis September 1986 Karenzurlaubsgeld von S 4.000,-- bis S 4.200,-- monatlich. Die Ausgaben des täglichen Lebens bestritten die Streitteile aus dem Karenzurlaubsgeld der Klägerin und der Beklagte durch die Ausweitung des Kontokorrentkredites. Am 10. September 1986 haftete auf dem Konto ein Betrag von fast S 794.000,-- aus. Die Klägerin war über das Anwachsen der Schulden besorgt und tätigte keine Abhebungen vom Konto. Wegen der schlechten finanziellen Lage drängte sie den Beklagten, eine besser bezahlte Arbeitsstelle anzunehmen und in seinem erlernten Beruf als Koch zu arbeiten. Aufgrund dieses Drängens der Klägerin und weil es öfter Differenzen zwischen dem Beklagten und seinen Eltern gab, entschloß sich der Beklagte, eine Tierhandlung in Vöcklabruck zu eröffnen. Über sein Drängen stellte ihm die Klägerin für die Investitionsablöse den benötigten Betrag von S 110.000,-- als Darlehen zur Verfügung, wobei sie der Beklagte mit den Worten drängte, sie brauche sich nichts mehr zu erhoffen und könne was erleben, wenn sie ihm diesen Betrag nicht gebe. Der Beklagte behauptete auch, er könne als Betreiber dieses Geschäftes S 30.000,-- monatlich verdienen und werde von seinen Eltern unabhängig sein. Der Kläger eröffnete das Fachgeschäft für Zoohandlung und Hundekosmetik am 20. Juni 1986, Geschäftszeiten waren an Werktagen von 9 Uhr bis 12 Uhr und 14 Uhr bis 18 Uhr, an Samstagen von 9 Uhr bis 12 Uhr. Nach Eröffnung des Geschäftes waren mit Ausnahme eines Betrages von S 120.000,-- im Oktober 1986 (Einnahmen aus Getreideverkauf) keine Eingänge auf dem Kontokorrentkonto mehr zu verzeichnen. Der Schuldenstand im Mai 1987 betrug ca. S 751.000,-- und wuchs bis Schluß der Verhandlung auf ca. S 850.000,-- an. Vorgesehen war, daß der Beklagte die Schulden mit den Einnahmen aus dem Geschäft tilgen sollte. Der Beklagte gedachte unter anderem auch, durch den Gewinn aus dem Weiterverkauf eines im Versteigerungsweg erworbenen Hauses die Schulden zu tilgen, wobei er allerdings auch das Meistbot im Kreditweg finanzieren mußte. Nachdem die Klägerin kein Karenzurlaubsgeld mehr bezog, gab ihr der Beklagte bis zur Auflösung der häuslichen Gemeinschaft monatlich S 3.000,-- an Haushaltsgeld; dazu bezog nunmehr die Klägerin die Familienbeihilfe. Der Beklagte tätigte auch von Zeit zu Zeit Einkäufe für den Haushalt.

Der Beklagte und dessen Vater forderten die Klägerin wiederholt auf, mehr Geld herzugeben, damit dadurch die Schulden teilweise abgedeckt werden könnten. Nach Mitte 1986, als sich das Verhältnis der Parteien schon verschlechtert hatte, hielt die Klägerin dem Beklagten zweimal vor, er habe sie nur wegen des Geldes geheiratet. Die Klägerin verrichtete im Geschäft ihres Mannes vorerst Putzarbeiten, hatte jedoch später wegen der Betreuung der Kinder keine Zeit mehr dazu. Eine weitergehende Mitarbeit lehnte die Klägerin ab; unter anderem hatte sie der Beklagte aufgefordert, zu Hause Zwerghasen, Meerschweinchen und Hamster zu züchten. Die Klägerin war auch nicht damit einverstanden, daß der Beklagte im Sommer 1986 Hunde in Pflege nahm und sie im Haus Hipping 9 unterbrachte, weil keine Boxen für die Hunde vorhanden waren und die Hunde in Kontakt mit den Kindern der Streitteile kamen. Da die Klägerin kein Interesse an der Arbeit des Beklagten zeigte, informierte sie der Beklagte auch nicht über den Geschäftsgang der Tierhandlung. Er hielt der Klägerin auf ihre diesbezüglichen Fragen vor, dies gehe sie nichts an. Das Verhältnis der Parteien zueinander war schon nach der Eheschließung eher kühl und nicht besonders liebevoll. Schon vor der Geburt des Sohnes Franz beschwerte sich die Klägerin darüber, daß der Beklagte zu wenig zärtlich zu ihr sei, während der Beklagte sich darüber beschwerte, daß die Klägerin immer mit ihm schimpfe. Ab Mai 1986 gestaltete sich die Ehe der Streitteile zunehmend unharmonisch; die Parteien behandelten einander lieblos. Die Klägerin hielt dem Beklagten in schimpfendem Ton öfters vor, daß er zuwenig verdiene, daß er nicht gleich nach Arbeitsschluß nach Hause komme, verschiedene notwendige Arbeiten im Haus nicht verrichte und daß Schulden aushafteten. Sie äußerte sich auch abfällig über die berufliche Tätigkeit des Beklagten.

Im Juni 1986 kam es zum letzten Geschlechtsverkehr der Streitteile, was der Beklagte unter anderem damit rechtfertigte, daß er zwei Kinder habe und daß "damit für ihn die Sache erledigt sei". In der Folge bemühte sich die Klägerin noch, den Beklagten zu einem Geschlechtsverkehr zu bewegen, was dieser aber ablehnte. Der Beklagte hielt es nicht für angebracht, nach Streitereien den Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Im Sommer 1986 behaupteten Nachbarn der Streitteile, der Beklagte sei homosexuell, worauf die Klägerin zum Beklagten einmal sagte, "Sie wolle nicht Aids bekommen". Wegen dieser Äußerung kamen für den Beklagten in der Folgezeit Geschlechtsbeziehungen mit der Klägerin nicht mehr in Betracht.

Die Klägerin beklagte sich bei mehreren Personen, daß es zu keinem Geschlechtsverkehr zwischen ihr und ihrem Gatten mehr komme, welche Äußerungen in der Bevölkerung weitererzählt wurden. Unter anderem sagte sie zu einem Bekannten: "Einmal im Jahr wird man zugelassen und sonst nicht", was dieser wiederum einer Schwester des Beklagten weitererzählte. Auch gegenüber einer weiteren Schwester des Beklagten sprach die Klägerin von mangelndem sexuellen Interesse ihres Mannes.

Der Beklagte forderte die Klägerin wiederholt auf, "zu verschwinden", worauf die Klägerin erwiderte, der Beklagte könne ja gehen, wenn ihm etwas nicht passe; er habe sie nur wegen des Geldes geheiratet. Im November 1986 attackierte der Beklagte die Klägerin bei einem heftigen Streit auch körperlich und äußerte, die Klägerin "könne schauen, daß sie weiterkomme, er brauche sie nicht". Nach September 1986 kam der Beklagte an den meisten Tagen erst spät abends oder am Morgen des nächsten Tages nach Hause oder blieb überhaupt die ganze Nacht weg. Fallweise war sein spätes Nachhausekommen dadurch bedingt, daß er im Geschäft länger Arbeiten zu verrichten hatte oder Hunde scherte. Er kündigte der Klägerin nicht an, wann er nach Hause kommen werde und machte ihr gegenüber falsche Angaben über sein Ausbleiben, weil er sich vor ihr nicht rechtfertigen wollte. Die Klägerin fragte den Beklagten nicht, wo er die Abende und Nächte verbringe, da sie der Meinung war, er werde ihr ohnehin nicht die Wahrheit sagen. Schon vor dem Zerwürfnis der Streitteile hielt sich die Klägerin mit den Kindern unter Tags öfters bei ihren Eltern auf, wohin sie der Beklagte vor Arbeitsantritt brachte. Ab Ende 1986 holte der Beklagte die Klägerin, ohne ihr dies vorher mitzuteilen, verspätet oder gar nicht von Brandham ab und äußerte, es könnten ohnehin die Verwandten der Klägerin sie nach Hause zurückbringen. Beim Abholen der Klägerin machte der Beklagte einmal, weil die Klägerin nicht sofort abfahrbereit war die Äußerung, wenn sie nicht mitfahre, dann könne sie dableiben.

Die Klägerin kam während der Ehe zweimal von Ballveranstaltungen später nach Hause, ohne dies dem Beklagten vorher mitzuteilen. Sie brachte in solchen Fällen die Kinder entweder bei ihren Eltern unter oder schaute in kurzen Zeitabständen zu Hause nach. Bei einer Tanzveranstaltung im Fasching 1986 trank die Klägerin in Anwesenheit des Beklagten mit Josef T*** aus St. Georgen "Bruderschaft", obwohl sie schon vorher mit ihm per Du war; dabei gab ihr Josef T*** einen Kuß auf die Wange. Weitere Zärtlichkeiten der Klägerin mit Josef T*** oder einem anderen Mann konnten nicht festgestellt werden. Die Klägerin nahm an den Hobbys des Beklagten, wie Tontaubenschießen, Jagen und Reiten, nicht teil. Der Beklagte gab das Tontaubenschießen und die Jagd später über Ersuchen seiner Frau auf. Die Klägerin lehnte es auch ab, zum Opernball des Jahres 1986 mitzufahren, fuhr allerdings später mit Wissen ihres Ehegatten, jedoch ohne ihn aufzufordern, sie zu begleiten, zum Ball der Oberösterreicher nach Wien. Als sie von dieser Ballveranstaltung nach Hause zurückkehrte, hatte der Beklagte das Garagentor versperrt und öffnete trotz Läutens nicht. Auf die späteren Vorhalte der Klägerin entgegnete er, sie habe nichts zu suchen und solle verschwinden, wenn ihr etwas nicht passe.

Im Advent 1986 arbeitete die Klägerin einmal am Verkaufsstand des Beklagten beim Christkindlmarkt in Vöcklabruck mit. Als sie im Laufe des Nachmittags die benachbarte Milchbar der Frau D*** besuchte, äußerte sie für alle dort Anwesenden hörbar, die Arbeit am Verkaufsstand interessiere sie nicht. Sie beklagte sich über den schlechten Gang des Geschäftes des Beklagten und seine finanziellen Verhältnisse und machte auch Äußerungen über das mit ihrem Mann geführte Geschlechtsleben; weiters erklärte sie, sie werde dem Beklagten mit einer Trennung weh tun, weil er an den Kindern hänge. Einmal gab die Klägerin dem Beklagten gegenüber vor, seinen Hund weitergeschenkt zu haben, was jedoch nicht der Wahrheit entsprach. Sie verspottete den Beklagten einmal auch dadurch, daß sie Blumen nach Hause brachte und behauptete, diese Blumen habe ihr ihr Freund geschenkt; weiters forderte sie ihn mehrfach - auch in Gegenwart Dritter - auf, nicht am Sonntag, sondern am Samstag zu baden. Die Klägerin forderte den Beklagten auf, ihr wegen der hohen Schulden zu Weihnachten 1986 keine Geschenke zu kaufen. Der Beklagte gab der Klägerin tatsächlich kein Geschenk, beschenkte jedoch seine Verwandten mit Waren im Wert von S 30.000,--, welchen Betrag er vom Kontokorrentkredit behob.

Daß eine der Parteien die gemeinsamen Kinder lieblos behandelte, sie vernachlässigte oder sich zu wenig mit ihnen beschäftigte, kann nicht festgestellt werden. Die Klägerin ging aber mit den Spielsachen der Kinder sparsam um und stellte den Kindern nur einen Teil des Spielzeuges zur Verfügung. Der Sohn Franz ist geistig normal entwickelt, aber ein ruhiges Kind.

Seit Anfang 1987 sprachen die Streitteile nichts mehr miteinander. Im März 1987 errichtete der Beklagte den Entwurf einer Scheidungsvereinbarung, der unter anderem einen Unterhaltsverzicht der Klägerin vorsah. Diesen Entwurf akzeptierte die Klägerin nicht. Nach Einbringen der Scheidungsklage erstellte der Vertreter der Klägerin den Entwurf einer Vereinbarung nach § 55 a EheG, in welchem vorgesehen war, daß die Klägerin die Ehewohnung im Haus Hipping zu räumen habe, doch kam eine Willenseinigung der Parteien nicht zustande.

In den Monaten vor Beendigung der Lebensgemeinschaft der Parteien hielt die Klägerin die Kinder vom Beklagten zeitweise fern; sie befanden sich insbesondere an den Wochenenden bei ihren Eltern. Am Karfreitag 1987 brachte die Klägerin die Kinder zu ihren Eltern, obwohl sie wußte, daß der Beklagte am Karsamstag mit den Kindern zu seinen Eltern fahren wollte. Die Beklagte mußte daher die Kinder von den Eltern der Klägerin abholen.

Am 8. Mai 1987 verbrachte die Klägerin die Gegenstände, die sie in die Ehe eingebracht hatte, verschiedenes Geschirr und Gebrauchsgegenstände für die Kinder zu ihren Eltern nach Brandham. Als der Beklagte dies bemerkte, sperrte er einen Teil des Hausrats, unter anderem die Tuchent der Tochter Barbara, weg, um die Klägerin daran zu hindern, auch diese Gegenstände mitzunehmen. Die Klägerin verfügte nur über die Schlüssel für die Haustür und für eine in die Garage führende Tür, nicht aber über Schlüssel zu den vom Kläger versperrten Zimmern. Die Klägerin nächtigte dann noch bis 21. Mai 1987 in der Ehewohnung. Anschließend zog sie mit den Kindern über Anraten ihres Vaters nach Brandham. Sie hatte Angst vor einem weiteren Verbleiben in Hipping, weil der Beklagte ihr die Schlüssel für die von ihr benützten Zimmer nicht gab. Seither wohnt die Beklagte in dem zur Landwirtschaft ihrer Eltern gehörenden Haus Brandham 14. Der Beklagte hatte sich nicht unabhängig vom Zustandekommen eines Scheidungsvergleichs mit dem Auszug der Klägerin aus der Ehewohnung einverstanden erklärt.

Nach Trennung der Parteien gab es anfangs Schwierigkeiten mit dem Besuchsrecht des Beklagten und dessen Eltern zu den Kindern. Die Klägerin gebot auch der Tochter Barbara, bei Ausübung des Besuchtsrechtes des Vaters zu schreien und ihm kein Busserl zu geben, damit er von weiteren Besuchen Abstand nehme. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt im wesentlichen dahin, dem Beklagten sei als schwere Eheverfehlung anzulasten, daß er der Klägerin beharrlich und grundlos den Geschlechtsverkehr verweigert habe. Die Äußerung der Klägerin, sie wolle nicht Aids bekommen, rechtfertige den Abbruch der geschlechtlichen Beziehungen nicht, da der Kläger allfällige Mißverständnisse in Gesprächen ausräumen hätte können. Als weitere schwere Eheverfehlungen des Beklagten wertete das Erstgericht seine wiederholten Aufforderungen an die Klägerin, zu verschwinden, und sein häufiges unangekündigtes Ausbleiben abends bzw. nachts, welches er teilweise auch durch falsche Angaben gerechtfertigt habe. Ob die finanzielle Gebarung des Beklagten als Eheverfehlung zu werten sei, sei mangels eines entsprechenden Vorbringens der Klägerin nicht zu beurteilen.

Der Klägerin lastete das Erstgericht als schwere Eheverfehlungen die Mitteilung intimer Vorgänge des Ehelebens an Dritte und den Auszug der Klägerin aus der gemeinsamen Ehewohung ohne Zustimmung des Beklagten an. Zanksucht und Hysterie könne der Klägerin hingegen nicht vorgeworfen werden. Die an den Beklagten gerichteten Vorwürfe seien im wesentlichen durch sein Verhalten ausgelöst worden, kämen auch in anderen Ehen häufig vor und seien - soweit sie sich auf Angelegenheiten finanzieller Natur bezogen hätten - auch begründet gewesen. Das Desinteresse an der Arbeit des Beklagten lasse sich mit der Inanspruchnahme der Klägerin durch ihre häuslichen Pflichten, die auch die Betreuung zweier Kleinkinder umfaßt hätten, rechtfertigen; es könne der Klägerin auch nicht zugemutet werden, eine über ihre Hausfrauentätigkeit hinausgehende Arbeit, die nicht ihrer Neigung entspreche (Züchten von Tieren), aufzunehmen. Das Bruderschaft trinken mit Josef T*** stelle einen harmlosen Verkehr mit einer Person des anderen Geschlechtes dar. Der wiederholte überzogene Vorwurf der Klägerin, der Beklagte habe sie nur des Geldes wegen geheiratet, ihr Verhalten im Zusammenhang mit der Überbringung von Blumen und dem behaupteten Verkauf des Hundes des Beklagten sei zwar ein Ausdruck für die zwischen den Streitteilen herrschende Atmosphäre. Dieses Verhalten der Klägerin begründe aber in seiner Gesamtheit noch keine schwere Eheverfehlung. Auch auf das Verhalten der Klägerin zurückgehende Schwierigkeiten bei Ausübung des Besuchsrechtes des Beklagten nach Auflösung der häuslichen Gemeinschaft begründe noch keine schwere Eheverfehlung der Klägerin. In der Gesamtheit komme den Eheverfehlungen des Beklagten wesentlich schwereres Gewicht zu als jenen der Klägerin, zumal die der Klägerin anzulastenden Eheverfehlungen durch das schuldhafte Verhalten des Beklagten veranlaßt worden seien. Die Ehe der Streitteile sei daher aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten zu scheiden.

Den gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Berufungen beider Streitteile gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen aus, das Erstgericht habe die Eheverfehlungen des Beklagten richtig gewichtet. Die dauernde Verweigerung des ehelichen Verkehrs durch ihn seit Juni 1986, für die er keinen in seiner eigenen Person gelegenen Rechtfertigungsgrund psychischer oder physischer Art geltend gemacht habe, bilde eine schwere Eheverfehlung. Auch die Tatsache, daß es zwischen den Streitteilen seit dieser Zeit häufig zu Streitigkeiten gekommen sei und die Klägerin einmal geäußert habe, sie könne mit Aids infiziert werden, rechtfertige die Verweigerung des Geschlechtsverkehrs nicht, zumal sich die Klägerin um eine Wiederaufnahme der geschlechtlichen Beziehungen bemüht habe. Auch die Aufforderungen des Beklagten an die Klägerin, zu verschwinden, müßten als schwere Eheverfehlungen gewertet werden, auch wenn sie im Zuge von Streitigkeiten gefallen seien. Es dürfe nicht übersehen werden, daß der Beklagte derartige Aufforderungen wiederholt und teilweise im äußerst grobem Ton (die Klägerin könne schauen, daß sie weiterkomme; sie habe da - zu Hause - nichts zu suchen und sie solle verschwinden, wenn ihr etwas nicht passe) geäußert und seine Äußerungen auch durch Taten unterstrichen habe (körperliche Attacke, Versperren des Hauses, wobei er auf Läuten der Klägerin nicht öffnete).

Schließlich habe das Erstgericht mit Recht dem Beklagten als schwere Eheverfehlung angelastet, daß er seit September 1986 nur mehr in den späten Nacht- oder den frühen Morgenstunden, manchmal überhaupt erst am folgenden Tag, von der Arbeit nach Hause gekommen sei.

Darüber hinaus müsse dem Beklagten aber noch als schwere Eheverfehlung angelastet werden, daß er es unterlassen habe, für eine solide finanzielle Basis der Familie zu sorgen, daß er unbedenklich Kreditverpflichtungen eingegangen sei und der Klägerin Rechenschaft über die Erträge seiner Selbständigentätigkeit verweigert habe, obwohl vorgesehen gewesen sei, daß diese Erträgnisse zur Abdeckung der aushaftenden Kreditverbindlichkeiten verwendet werden sollten. Die Ausweitung des Schuldenstandes von S 340.000,-- auf S 750.000,-- im Zeitpunkt der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft sei unverantwortlich, zumal der Beklagte offensichtlich aus seiner Tätigkeit keine finanziellen Mittel erzielt habe, die ihm die Rückzahlung seiner Verbindlichkeiten in absehbarer Zeit ermöglicht hätten. Während der Beklagte mit auffallender Sorglosigkeit den Schuldenstand immer mehr ausgeweitet habe, habe er der Klägerin jedenfalls in den letzten Monaten der häuslichen Gemeinschaft nur ein Haushaltsgeld von S 3.000,-- (zuzüglich Familienbeihilfe) zur Verfügung gestellt, wobei er sich auch noch die von ihm getätigten Einkäufe von der Klägerin refundieren habe lassen. Auch diese finanziellen Gebarung des Beklagten sei ihm als Verschulden anzulasten, zumal offensichtlich gerade auch diese Eheverfehlung insofern ehezerrüttend gewirkt habe, als die Klägerin aus Sorge über die finanzielle Zukunft der Familie häufig dem Beklagten Vorhalte gemacht habe.

Dem gegenüber komme den der Klägerin anzulastenden Eheverfehlungen wesentlich geringeres Gewicht zu. Die Vorhaltungen der Klägerin im Zusammenhang mit der finanziellen Situation der Streitteile stellten sich als berechtigte Reaktionshandlungen auf die Gestaltung der finanziellen Verhältnisse durch den Beklagten dar. Die Vorwürfe, daß der Beklagte nicht gleich nach Arbeitsschluß nach Hause komme oder verschiedene Arbeiten im Haushalt nicht verrichte, hätten unabhängig von ihrer Berechtigung nicht ein solches Ausmaß erreicht, daß sie als schwere Eheverfehlungen zu werten wären. Was den Vorwurf betreffe, die Klägerin habe die Mitarbeit im Geschäft des Beklagten verweigert bzw dessen geschäftliche Tätigkeit herabgesetzt, so sei davon auszugehen, daß jeder Ehegatte verpflichtet sei, auch in Fragen der Mitwirkung im Erwerb das Einvernehmen mit dem anderen herzustellen und auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen. Der Klägerin habe der Umgang mit Tieren nicht zugesagt; dies sei dem Beklagten zweifellos bekannt gewesen. Überdies habe die Klägerin bereits im Zeitpunkt der Geschäftseröffnung zwei Kleinkinder zu betreuen gehabt und sei dadurch zeitlich stark in Anspruch genommen gewesen. Unter diesen Voraussetzungen habe der Beklagte von der Klägerin eine Mitarbeit im Geschäft nicht erwarten können, zumal er - was die spätere Entwicklung gezeigt habe - offenbar auch in der Lage gewesen sei, die anfallenden Arbeiten allein zu bewältigen.

Daß die Klägerin es abgelehnt habe, morgens vom Beklagten einen Kuß zu bekommen, daß sie den Beklagten mit Behauptungen über angeblich geschenkte Blumen verspottet und ihm vorgetäuscht habe, seinen Hund verschenkt zu haben, habe das Erstgericht mit Recht als Ausdruck des offenbar wenig herzlichen Tones, der zwischen den Streitteilen geherrscht habe, gewertet. In diesem Licht sei auch die Äußerung der Klägerin, sie wolle vom Beklagten nicht Aids bekommen, zu sehen; diese Äußerung sei offensichtlich im Zusammenhang mit der Ablehnung gestanden, die ihr der Beklagte in geschlechtlicher Hinsicht entgegengebracht habe.

Daß sich die Klägerin an den Hobbys des Beklagten wie Tontaubenschießen, Jagen und Reiten, nicht beteiligt habe, könne ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, da derartige Hobbys eine ausdrückliche Neigung voraussetzten. Zudem habe die Klägerin zwei kleine Kinder zu betreuen gehabt, was ihr zweifellos die Teilnahme an solchen Tätigkeiten erschwert habe. Der Vorwurf, die Klägerin habe sich mit dem Beklagten nicht mehr an gesellschaftlichen Veranstaltungen beteiligt, könne sich nur auf das gemeinsame Essen mit den Ehegatten D*** und den Besuch des Opernballes 1986 beziehen. Es handle sich hier um zwei vereinzelte Ereignisse, denen in Bezug auf das Gesamtverhalten der Streitteile ebensowenig Bedeutung zukomme wie dem Umgang der Klägerin mit Josef T*** bei einer Faschingsveranstaltung, den das Erstgericht mit Recht als harmlosen Umgang mit einer Person anderen Geschlechts gewertet habe. Gleiches gelte für den Besuch einer Ballveranstaltung in Wien durch die Klägerin allein, unabhängig davon, ob sie den Beklagten zum Mitfahren aufgefordert habe.

Auch das Verlangen der Klägerin, der Beklagte solle nur am Samstag baden, begründe noch keine Eheverfehlung. Die Tatsache aber, daß die Klägerin diese Forderung mehrfach wiederholt und darüber auch in Gegenwart Dritter mit dem Beklagten Diskussionen begonnen habe, zeige doch auch eine gewisse mangelnde Bereitschaft der Klägerin, ihre Vorstellungen des gemeinsamen Lebens jenen des Beklagten anzupassen und die Diskussion über häusliche Belange und Angelegenheiten des Ehelebens auf die Streitteile zu beschränken. Dies habe das Erstgericht im Zusammenhang mit den gegenüber dritten Personen gemachten Äußerungen über das Geschlechtsleben mit Recht als Eheverfehlung gewertet. In diese Kategorie gehörten auch die abfälligen Äußerungen über die geschäftliche Tätigkeit und den Geschäftsgang des Beklagten gegenüber Dritten.

Weitere Eheverfehlungen der Klägerin, wie das Wegbringen von Gegenständen des ehelichen Hausrats aus der Ehewohnung, das Verlassen der Ehewohnung und die Verweigerung bzw Erschwerung des Besuchsrechts des Beklagten zu den Kindern, fielen in einen Zeitraum nach Eintritt der völligen Zerrüttung der Ehe. Die Streitteile hätten seit Anfang 1987 nichts mehr miteinander gesprochen; bereits im März 1987 habe der Beklagte den Entwurf einer Scheidungsvereinbarung im Sinne des § 55 a EheG aufgesetzt. Geschlechtliche Beziehungen zwischen den Ehegatten hätten bereits seit Herbst 1986 nicht mehr bestanden. Dieses Verhalten zeige, daß spätestens seit Anfang 1987 beide Ehegatten die eheliche Gesinnung völlig verloren hätten. Die vom Beklagten im Prozeß bekundete Bereitschaft zur Fortsetzung der Ehe widerspreche seinem eindeutigen Verhalten und sei daher unerheblich. Eine weitere Zerrüttung der Ehe hätte daher auch durch neue Eheverfehlungen nicht mehr eintreten können; diesen könne daher keine Bedeutung für das Scheitern der Ehe mehr beigemessen werden.

Betrachte man das Gesamtverhalten beider Streitteile, so sei augenscheinlich, daß gerade die dem Beklagten anzulastenden Eheverfehlungen die Zerrüttung der Ehe eingeleitet und letztlich zu einem völligen Scheitern der Ehe geführt hätten. Dem gegenüber trete das Verschulden der Klägerin erheblich in den Hintergrund. Die Mitteilungen der Klägerin über ihr Intimleben mit dem Beklagten an dritte Personen ließen sich nicht mehr mit einem Bedürfnis nach Aussprache rechtfertigen, zumal die Klägerin derartige Angelegenheiten ohnehin mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und auch mit Angehörigen ihres Mannes besprochen habe. Selbst wenn man die Äußerungen der Klägerin gegenüber diesen Personen ihrem Wunsch, sich jemand anzuvertrauen, zuschreiben wollte - was angesichts der großen Zahl der ins Vertrauen gezogenen Personen ebenfalls schon zweifelhaft erscheine -, gelte dies jedenfalls nicht mehr für ähnliche Mitteilungen gegenüber außenstehenden Dritten. Derartige Äußerungen der Klägerin, die dazu geführt hätten, daß der Beklagte in der Bevölkerung verspottet worden sei, seien als grober Vertrauensbruch zu werten, weil sich grundsätzlich jeder Ehegatte darauf verlassen dürfe, daß der andere Teil über die Vorgänge des Intimlebens Dritten gegenüber Stillschweigen bewahre. Auch wenn dieser Vertrauensbruch der Klägerin letztlich durch das Verhalten des Beklagten, der sich immer mehr von ihr abgewendet habe, verursacht worden sei, habe das Erstgericht diese Äußerungen mit Recht als schwere Eheverfehlung der Klägerin gewertet. Allerdings sei der Klägerin das Verlassen der Ehewohnung im Mai 1987 nicht als Verschulden vorzuwerfen, weil in diesem Zeitpunkt die Ehe der Streitteile schon unheilbar zerrüttet gewesen sei. Ein Zusammenhang zwischen dem Verlassen der Ehewohnung durch die Klägerin und der Zerrüttung der Ehe sei daher nicht mehr gegeben. Gleiches gelte für die von der Klägerin zu vertretenden Behinderungen des Beklagten bei Ausübung des Besuchsrechtes zu den Kindern.

Bei Beurteilung der Frage, ob der Klägerin eine Eheverfehlung anzulasten sei, die den Ausspruch ihres Mitverschuldens rechtfertige, seien allerdings nicht nur die das Intimleben der Streitteile betreffenden Äußerungen der Klägerin gegenüber Dritten zu berücksichtigen, sondern das Gesamtverhalten der Klägerin. Es sei ihr auch vorzuwerfen, daß sie sich abfällig (wiederum auch gegenüber Dritten) über die berufliche Tätigkeit des Beklagten geäußert habe, sehr häufig mit dem Beklagten auch in Gegenwart dritter Personen geschimpft habe (auch wenn sie teilweise zu Vorhaltungen Anlaß hatte) und daß sie sich mit anderen Lebensgewohnheiten des Beklagten offenbar nicht abfinden habe können bzw daß sie nicht die nötige Toleranz dafür aufgebracht habe (Baden am Sonntag). Diese Handlungen und Unterlassungen der Klägerin stellten zwar - jede einzeln für sich betrachtet - keine schwere Eheverfehlung dar; in ihrer Gesamtheit könnte sie aber bei Beurteilung des Mitverschuldens der Klägerin nicht vernachlässigt werden. Auch wenn der Unterschied zum Verschulden des Beklagten, dessen Eheverfehlungen die Zerrüttung der Ehe eingeleitet hätten und den entscheidenden Beitrag zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe ausgemacht hätten, gravierend sei, habe auch die Klägerin durch ihr Verhalten zum Scheitern der Ehe beigetragen. Der Ausspruch des Erstgerichtes, daß beide Streitteile ein Verschulden treffe, wobei allerdings jenes des Beklagten überwiege, sei daher zu billigen.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen beider Streitteile. Die Klägerin bekämpft sie insoweit, als die Ehe nicht aus dem Alleinverschulden des Beklagten geschieden wurde, aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin "daß das Alleinverschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe festgestellt werde"; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Der Beklagte bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichtes insoweit, als die Ehe nicht aus beiderseitigem gleichteiligem Verschulden geschieden wurde, gleichfalls aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, "daß der Ausspruch des Erstgerichtes, wonach das Verschulden des Beklagten überwiegt, zu entfallen hat"; hilfsweise stellt auch er einen Aufhebungsantrag.

Beide Streitteile haben Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, der Revision des Gegners keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind nicht berechtigt.

Die Klägerin versucht in ihrer Rechtsrüge darzutun, es sei ihr nicht als eine ihr Verschulden an der Ehezerrüttung begründende Eheverfehlung anzulasten, daß sie im Dezember 1986 dritten Personen gegenüber Äußerungen über ihr Intimleben mit dem Beklagten gemacht habe, weil zu diesem Zeitpunkt die Ehe der Streitteile bereits unheilbar zerrüttet gewesen sei.

Hier übersieht die Klägerin zunächst, daß ihr das Berufungsgericht nicht nur dieses Verhalten, sondern auch ihre mangelnde Bereitschaft, ihre Vorstellungen über das gemeinsame Eheleben mit jenen des Beklagten abzustimmen und die Diskussion über häusliche Belange auf die Streitteile zu beschränken sowie ihr den Beklagten herabsetzendes Verhalten in Gegenwart dritter Personen als mitschuldbegründende Eheverfehlungen angelastet hat. Es trifft zu, daß der Umstand, daß eine Ehe bereits tief zerrüttet ist, die Berücksichtigung nachfolgender Eheverfehlungen bei der Mitschuldaufteilung nicht ausschließt; wenn jedoch die Zerrüttung bereits zu einem völligen Erlöschen der ehelichen Gesinnung geführt hat und eine weitere Zerrüttung daher nicht mehr eintreten kann, kann weiteren Eheverfehlungen keine Bedeutung für das Scheitern der Ehe mehr beigemessen werden (EFSlg 34.051; EFSlg 51.649 ua). Wann eine derart tiefgreifende Zerrüttung der Ehe eingetreten ist, ist auf Grund der getroffenen Tatsachenfeststellungen nach objektiven Kriterien zu beurteilen (EFSlg 43.632 ua) und bildet in diesem Sinne eine Rechtsfrage (EFSlg 25.387; 6 Ob 513/88 ua).

Wenn im vorliegenden Fall das Berufungsgericht davon ausging, daß eine derartige nicht mehr vertiefbare Zerrüttung der Ehe der Streitteile ab Jänner 1987 bestand, ist darin kein Rechtsirrtum zu erkennen, weil damals die Geschlechtsgemeinschaft der Streitteile schon seit etwa einem halben Jahr aufgehoben war, die Streitteile nichts mehr miteinander sprachen und im wesentlichen nur mehr bemüht waren, die Scheidung ihrer Ehe in einer ihren Vorstellungen entsprechenden Weise herbeizuführen. Daß eine derartige nicht mehr vertiefbare Zerrüttung der Ehe bereits im Advent 1986, als die Klägerin nach den Feststellungen der Vorinstanzen noch am Verkaufsstand des Beklagten am Christkindlmarkt in Vöcklabruck mitarbeitete und in einer Milchbar allgemein hörbare Äußerungen über ihr Geschlechtsleben mit dem Beklagten machte, bestanden hätte, läßt sich hingegen den Feststellungen der Vorinstanzen nicht entnehmen. Entgegen dem von der Klägerin in ihrem Rechtsmittel vertretenen Standpunkt kann daher den Eheverfehlungen der Klägerin, die ihr vom Berufungsgericht angelastet wurden, nicht die Kausalität für die eingetretene unheilbare Zerrüttung der Ehe der Streitteile abgesprochen werden.

Der Beklagte versucht in seiner Revision darzutun, daß die ihm angelasteten Eheverfehlungen zum Teil zu Unrecht angenommen, jedenfalls aber unrichtig gewichtet worden seien. Der Klägerin sei zusätzlich anzulasten, daß sie im Mai 1987 die Ehewohnung grundlos verlassen habe. Bei nach Meinung des Beklagten richtiger Beurteilung der beiden Streitteilen anzulastenden Eheverfehlungen sei die Ehe aus beiderseitigem gleichteiligem Verschulden zu scheiden. Auch dem kann nicht gefolgt werden.

Es mag dahingestellt bleiben, ob die Feststellungen der Vorinstanzen ausreichen, um dem Beklagten seine festgestellte Geldgebarung als schwere Eheverfehlung im Sinne des § 49 EheG anzulasten. Auch wenn man davon absieht, bleibt, daß der Beklagte nach den Feststellungen der Vorinstanzen der Klägerin beharrlich und ohne trifftigen Grund den Geschlechtsverkehr verweigerte, obwohl sich die Klägerin bemühte, ihn zur Fortsetzung der geschlechtlichen Beziehungen zu bewegen. Daß es sich bei den wiederholten Aufforderungen des Beklagten an die Klägerin, zu verschwinden, keinesfalls um milieubedingte Entgleisungen im Zuge von Streitigkeiten handelte, hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, wobei es mit Recht darauf hinwies, daß derartige Äußerungen vom Beklagten wiederholt in teilweise äußerst grobem Ton gemacht und auch durch Tätlichkeiten unterstrichen wurden. Mit Recht haben die Vorinstanzen dem Beklagten auch als schwere Eheverfehlung angelastet, daß er seit September 1986 nur mehr in der Nacht oder erst am nächsten Tag von der Arbeit nach Hause kam. Daß die Ehe der Streitteile nach den Feststellungen der Vorinstanzen zu dieser Zeit noch nicht so zerrüttet war, daß eine Vertiefung dieser Zerrüttung nicht mehr möglich gewesen wäre, wurde bereits oben ausgeführt. Das Verlassen der Ehewohnung durch die Klägerin im Mai 1987 hat das Berufungsgericht zutreffend nicht als mitschuldbegründende Eheverfehlung gewertet, weil nach den getroffenen Feststellungen, wie oben ausgeführt, die Ehe der Streitteile damals bereits in einer nicht mehr vertiefbaren Weise zerrüttet war.

Bei der Beurteilung des Verschuldens der Ehegatten im Sinne des § 60 EheG kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf eine Gegenüberstellung der einzelnen Eheverfehlungen, sondern auf das gesamte Verhalten der Ehegatten im Zusammenhang an (EFSlg 43.684;

EFSlg 51.642 ua). Zu berücksichtigen ist, wer mit der schuldhaften Zerrüttung der Ehe begonnen und den entscheidenden Beitrag zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe geleistet hat (EFSlg 48.821;

EFSlg 51.643 ua). Der Ausspruch eines überwiegenden Verschuldens setzt voraus, daß die Schuld des einen Ehegatten erheblich schwerer ist und die des anderen fast völlig in den Hintergrund tritt (EFSlg 43.692; EFSlg 51.658 ua). Es muß jedenfalls ein sehr erheblicher gradueller Unterschied des beiderseitigen Verschuldens gegeben sein (EFSlg 46.245; EFSlg 51.661 ua).

Im vorliegenden Fall bestand nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen zwischen den Streitteilen wohl von vornherein kein besonders liebevolles und von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägtes Verhältnis. Die eingetretene unheilbare Zerrüttung der Ehe wurde aber in erster Linie durch das grob ehewidrige Verhalten des Beklagten herbeigeführt, der der Klägerin den ehelichen Verkehr ohne hinreichenden Grund verweigerte, sie in grober Weise vernachlässigte und wiederholt zum Verschwinden aufforderte. Gewiß ist auch nicht zu vernachlässigen, daß die Klägerin insoweit zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe beitrug, als sie keinerlei Bereitschaft zeigte, ihre Vorstellungen über das gemeinsame Eheleben mit jenen des Beklagten zu koordinieren, bestehende Differenzen zwischen den Ehegatten in den Beklagten herabsetzender Weise in die Öffentlichkeit trug und sich in der Öffentlichkeit über intime Einzelheiten des Ehelebens ausließ. Das Gewicht dieses ehewidrigen Verhaltens der Klägerin tritt aber hinter dem des dem Beklagten anzulastenden grob ehewidrigen Verhaltens derart zurück, daß es im Sinne obiger Rechtsausführungen durchaus gerechtfertigt erscheint, im Sinne der Bestimmungen des § 60 Abs 2 und Abs 3 EheG beide Streitteile für schuldig zu erklären und auszusprechen, daß die Schuld des Beklagten überwiegt. Unter diesen Umständen muß den Revisionen beider Streitteile ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Kosten ihrer erfolglosen Revisionen haben beide Streitteile selbst zu tragen; die Kosten der erstatteten Revisionsbeantwortungen heben einander auf.

Anmerkung

E16770

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00614.88.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19890124_OGH0002_0020OB00614_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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