TE OGH 1989/1/25 3Ob179/88

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Veröffentlicht am 25.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei D*** E*** Ö*** S***-C***B***, Wien 1, Graben 21, vertreten durch Dr. Peter Karl Wolf ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Hans L***, Angestellter, Bisamberg, Hauptstraße 28, vertreten durch Dr. Daniel Charim, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 228.660,-- sA, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgerichtes vom 6. September 1988, GZ 5 R 204/88-46, womit ihr Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 6. Mai 1988, GZ E 6025/87-36, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht aufgetragen, über den Rekurs des Verpflichteten in der Sache zu entscheiden.

Die Kosten des an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rekurses sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.

Text

Begründung:

Das Erstgericht beraumte in dem von zwei betreibenden Parteien gegen den Verpflichteten geführten Zwangsversteigerungsverfahren den Versteigerungstermin auf den 6. Mai 1988 an. Eine Ausfertigung des Versteigerungsediktes wurde dem Verpflichteten am 24. März 1988 durch Hinterlegung zugestellt. Am 5. Mai 1988 bewilligte das Erstgericht gemäß § 200 Z 3 EO die Einstellung der Versteigerungsverfahren, die von den beiden betreibenden Parteien geführt wurden. Am 29. April 1988 hatte es der jetzt führenden betreibenden Partei zur Hereinbringung der Forderung von S 228.660,-- sA die Exekution durch Zwangsversteigerung der dem Verpflichteten gehörenden Liegenschaft bewilligt. Diese Exekutionsbewilligung wurde dem Verpflichteten am 5. Mai 1988 durch Hinterlegung zugestellt. Am 6. Mai 1988 wurde die Liegenschaft dem Meistbietenden um S 1,150.000,-- zugeschlagen.

Der Verpflichtete, der im Versteigerungstermin nicht anwesend war, erhob gegen den Beschluß über die Erteilung des Zuschlags einen Rekurs, in dem er geltend machte, daß die Versteigerung entgegen § 169 Abs. 3 EO durchgeführt worden sei, weil die Exekutionsbewilligung für das nicht eingestellte Versteigerungsverfahren noch nicht rechtskräftig gewesen sei. Überdies sei ihm das Versteigerungsedikt zwar zugestellt, es sei ihm vom zuständigen Richter am Tag vor dem Versteigerungstermin aber erklärt worden, daß dieser abgesetzt werde, wenn er die Erklärungen der anderen Gläubiger über die Zustimmung zur Einstellung der Exekution vorlege und die Einstellung beantrage.

Auf dem Rekurs wurde vom Erstgericht gemäß § 108 Abs. 3 Geo. vermerkt, daß er am 23. Mai 1988 zur Post gegeben worden sei. Das Rekursgericht wies den Rekurs des Verpflichteten zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof "zugelassen werde". Dem Verpflichteten stehe kein Rekursrecht zu, weil er im Versteigerungstermin nicht anwesend und deshalb zum Rekurs aus anderen Gründen als dem des § 184 Abs. 1 Z 3 EO nicht berechtigt sei. Diesen Rekursgrund hätte er aber nur innerhalb von 14 Tagen ab dem Versteigerungstermin geltend machen können.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Verpflichteten gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Rekurs ist berechtigt.

Geht es darum, ob der Zuschlag zu erteilen oder zu versagen ist, so ist der Wert des Streitgegenstandes im allgemeinen mit dem Geldbetrag des Meistbots anzusetzen (JBl. 1988, 122). Für den Rekurs des Verpflichteten ist der Schätzwert der versteigerten Liegenschaft maßgebend, wenn dieser höher als das Meistbot ist (3 Ob 198/88). Da hier beide Beträge S 300.000,-- übersteigen, ist der Revisionsrekurs schon gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs. 2 und § 502 Abs. 4 Z 2 ZPO zulässig, und der Ausspruch des Rekursgerichtes über die Zulässigkeit war daher überflüssig.

Gemäß § 187 Abs. 1 EO kann der Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt wird, nur von denjenigen Personen mit Rekurs angefochten werden, die im Versteigerungstermin anwesend und wegen Erhebung des Widerspruches zu befragen waren. Das Rekursrecht setzt also grundsätzlich die Anwesenheit im Versteigerungstermin voraus. Das Gesetz sieht nur eine einzige Ausnahme vor, nämlich für die gemäß § 171 Abs. 1 EO von der Versteigerung zu verständigenden Personen, wenn diese hievon nicht verständigt wurden. Ihnen steht das Rekursrecht wegen dieses Mangels auch dann (und wegen § 186 Abs. 2 EO nur dann; 3 Ob 56/83) zu, wenn sie im Versteigerungstermin nicht anwesend waren, wobei der Rekurs innerhalb von 14 Tagen ab dem Versteigerungstermin einzubringen ist (§ 187 Abs. 1 letzter Satz EO). Aus anderen Gründen kann der Rekurs nur von Personen erhoben werden, die im Versteigerungstermin anwesend waren. Da das Gesetz nicht unterscheidet, gilt dies auch für jene Personen, denen der Beschluß über die Erteilung des Zuschlags gemäß § 183 Abs. 1 EO zuzustellen ist, und daher auch für den Verpflichteten (GlUNF 1118; SZ 10/115), und ferner für alle Rekursgründe mit Ausnahmen des Mangels der Verständigung und somit auch für jene Rekursgründe, die nicht zugleich einen Grund für den Widerspruch bilden und auf die der Rekurs daher gestützt werden kann, ohne daß erfolglos Widerspruch erhoben wurde (vgl. § 187 Abs. 1 Satz 2 EO und JBl. 1988, 122).

Daß das Recht zum Rekurs gegen die Erteilung des Zuschlags, vom Fall des Unterbleibens der Verständigung vom Versteigerungstermin abgesehen, nur den im Versteigerungstermin anwesenden Personen zusteht, ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte des § 187 Abs. 1 EO. Das nunmehr den nicht erschienenen Personen im letzten Satz eingeräumte Rekursrecht wurde erst durch die 1. GEN RGBl 1914/118 geschaffen. In der Stammfassung der Bestimmung waren auch diejenigen Personen vom Rekurs ausgeschlossen, die bei der Versteigerung nicht erscheinen konnten, weil sie nicht verständigt wurden. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der EO (s. MatZPGes. 541 f) wird dies im wesentlichen damit begründet, daß die Unsicherheit des Erstehers darüber, ob er die Liegenschaft erworben hat, möglichst rasch beseitigt werden soll. Die Erläuternden Bemerkungen lassen überdies keinen Zweifel daran offen, daß in anderen Fällen das Rekursrecht ebenfalls nur den erschienenen Personen zustehen soll (aaO540 f). Soweit der Verpflichtete seinen Rekurs gegen den Beschluß über die Erteilung des Zuschlags auf andere Gründe als den Mangel der ordnungsgemäßen Verständigung vom Versteigerungstermin stützt, war er daher zur Erhebung des Rekurses nicht berechtigt, weil er im Versteigerungstermin nicht anwesend war. In seinem an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rekurs versucht er darzutun, daß die Gründe, die er in seinem Rekurs geltend macht, keinem der Widerspruchsgründe zu unterstellen seien und daher auch geltend gemacht werden könnte, ohne daß er deshalb erfolglos Widerspruch erhoben hat. Diese Ausführungen sind aber nicht zielführend, weil sein Rekursrecht auch dann die Anwesenheit im Versteigerungstermin voraussetzen würde. Es ist für ihn auch aus den im Rekurs bezogenen Ausführungen von Heller-Berger-Stix (II 1372; ähnlich 1381) nichts zu gewinnen, weil auch dort die Frage behandelt wird, wann der Rekurs von einem zur Versteigerungstagsatzung Erschienenen ohne Erhebung des Widerspruchs möglich ist.

Der Verpflichtete hat in seinem Rekurs gegen den Beschluß über die Erteilung des Zuschlags aber auch geltend gemacht, daß er vom Versteigerungstermin nicht ordnungsgemäß verständigt worden sei, weil er auf Grund der Äußerungen des zuständigen Richters davon ausgehen habe dürfen, der Versteigerungstermin werde nicht stattfinden. Er macht damit den im § 184 Abs. 1 Z 3 EO angeführten Mangel geltend, was zwar nicht die Anwesenheit im Versteigerungstermin, aber die Einbringung des Rekurses innerhalb von 14 Tagen voraussetzt. Die Frist beginnt am Tag des Versteigerungstermins zu laufen, wenn der Zuschlag im Versteigerungstermin erteilt wurde (RZ 1988/18 ua), und endete hier daher am 20. Mai 1988.

Das Rekursgericht ging auf den angeführten Rekursgrund nicht ein, weil es auf Grund des auf dem Rekurs angebrachten Vermerkes annahm, daß der Rekurs später als 14 Tage nach dem Versteigerungstermin eingebracht worden sei. In seinem an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rekurs behauptete der Verpflichtete aber, den vom Rekursgericht zurückgewiesenen Rekurs schon am 20. Mai 1987 zur Post gegeben zu haben, und legte über Aufforderung den Postaufgabeschein vor, aus dem hervorgeht, daß am 20. Mai 1988 eine Postsendung "Lenz-Exekution" an das Erstgericht aufgegeben wurde. Der Oberste Gerichtshof sieht unter diesen Umständen die Behauptung des Verpflichteten, den Rekurs am 20. Mai 1988 zur Post gegeben zu haben, als erwiesen an, zumal der 23. Mai 1988 der Pfingstmontag war. Das Rekursgericht hätte daher den Rekurs des Verpflichteten nicht zurückweisen dürfen, weil er einen Rekursgrund enthielt, der fristgerecht und von einer hiezu legitimierten Person geltend gemacht wurde. Es war ihm deshalb aufzutragen, über den Rekurs in der Sache zu entscheiden.

Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten beruht auf § 78 EO iVm § 52 Abs. 1 ZPO.

Anmerkung

E16346

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00179.88.0125.000

Dokumentnummer

JJT_19890125_OGH0002_0030OB00179_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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