TE OGH 1989/1/26 6Ob702/88

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Veröffentlicht am 26.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot.Firma Johann P***, Alleininhaber DDr. Pius Michael P***, 1130 Wien, Erzbischofgasse 10, vertreten durch Dr. Herbert Schaller und Dr. Elisabeth C. Schaller, Rechtsanwälte in Traiskirchen, wider die beklagte Partei RRG Grundstückverwertungsgesellschaft mbH, 1220 Wien, Siebeckstraße 7, vertreten durch Dr. Hans Frieders, Dr. Christian Tassul und Dr. Georg Frieders, Rechtsanwälte in Wien, wegen 500.000 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 16. Juni 1988, GZ 2 R 72/88-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 31.Oktober 1987, GZ 27 Cg 241/86-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 15.874,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.443,15 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war Hauptaktionärin der R*** Rohstoffrückgewinnung Aktiengesellschaft (im folgenden "R*** AG" genannt). Über das Vermögen der R*** AG wurde zu S 378/83 des Handelsgerichtes Wien am 23.Dezember 1983 das Konkursverfahren eröffnet, welches über Antrag der Gemeinschuldnerin am 18.April 1985 zum Abschluß eines Zwangsausgleiches führte, der rechtskräftig bestätigt worden ist. Nach dem Inhalt des Zwangsausgleiches sollten die Gläubiger dritter Klasse eine 20 %ige Quote erhalten. Mit Beschluß vom 29.Juli 1985 wurde der Konkurs aufgehoben. In der Hauptversammlung der R*** AG am 27.November 1985 wurde die Fortsetzung der durch die Eröffnung des Konkurses aufgelösten Gesellschaft gemäß § 215 Abs 2 AktG und deren Umwandlung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma der nunmehrigen Beklagten beschlossen. Am 24.April 1986 wurden im Handelsregister sowohl der Umwandlungsbeschluß zu HRB 20.650 a (R*** AG) als auch die Gesellschaft im neuen Registerblatt HRB 35.645 in ihrer umgewandelten Rechtsform als

"RRG Grundstückverwertungsgesellschaft mbH" eingetragen. Die Klägerin begehrte mit der vorliegenden Klage von der Beklagten letztlich die Zahlung von 500.000 S sA. Sie brachte vor, sie sei von der R*** AG, die in den Jahren 1980 und 1981 in Wien 22., Rautenweg, eine Müllverwertungsanlage errichtet habe, unentgeltlich damit beauftragt worden, den Werkvertrag über die Herstellung des Hallendaches samt Stützenkonstruktion im eigenen Namen abzuschließen, wobei der Werklohn durch die R*** AG direkt an den von der Klägerin beauftragten Werkunternehmer hätte bezahlt werden sollen. Die Klägerin habe am 25. Mai 1980 in diesem Sinne mit der Arbeitsgemeinschaft Dachtragwerk Rohstoffrückgewinnungsanlage Wien (im folgenden kurz "A*** Dachtragwerk" genannt) im eigenen Namen einen Vertrag zur Errichtung des Holzleimbinderdaches für die Werkshalle einschließlich der Stützenkonstruktion abgeschlossen. Im Zuge der Arbeiten sei dann die R*** AG auf Grund einer Vereinbarung mit der A*** Dachtragwerk als Mitauftraggeberin in diesen Vertrag "eingetreten". Sie habe auf die Schlußrechnung der A*** Dachtragwerk vom 17.November 1981 über 85,453.123,02 S insgesamt 68,418.934,51 S bezahlt. Den Differenzbetrag von 17,034.188,51 S sA und eine gesondert fakturierte Forderung von 968.058,31 S sA habe die A*** Dachtragwerk im Jahre 1983 mit gesonderten, später zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen gegen die R*** AG, die Klägerin und deren damaligen persönlich haftenden Gesellschafter Hans Christoph P*** geltend gemacht. Die drei Beklagten hätten dagegen im wesentlichen eingewendet, daß einzelne Rechnungspositionen unrichtig bzw. überhöht seien, und sich im übrigen auf ihr Leistungsverweigerungsrecht wegen Vorliegens von groben Mängeln berufen, deren Verbesserung begehrt werde. Wenngleich die Art und Menge der vorhandenen Mängel einen für die Mängelbehebung erforderlichen Aufwand von weit mehr als den Klagsbetrag erfordert hätten, sei den Beklagten das Recht auf Verbesserung durch Mängelbehebung zugestanden, weil dies auch für diesen Fall im Werkvertrag vom 25.Mai 1980 ausdrücklich vereinbart worden sei. In der Folge habe der Masseverwalter im Konkurs der R*** AG mit Zustimmung des Gläubigerausschusses hinter dem Rücken der Klägerin mit der A*** Dachtragwerk einen Vergleich zum Zwecke der Beendigung des anhängigen Rechtsstreites geschlossen. Danach habe der Masseverwalter die von der A*** Dachtragwerk im Konkurs angemeldeten und seinerzeit bestrittenen Forderungen von 25,908.039,62 S mit dem Teilbetrag von 10,000.000 S anerkannt und zugleich ihr gegenüber auf alle wie immer gearteten Gewährleistungsansprüche und sonstigen Haftungsansprüche im Zusammenhang mit dem Dach des "R*** Zeltes" verzichtet. Die Flüssigmachung der 20 %-igen Quote - sohin eines Betrages von 2,000.000 S - sei zugesagt worden. Damit hätten sämtliche Ansprüche der A*** Dachtragwerk gegen die Gemeinschuldnerin bereinigt sein sollen. Für den sie betreffenden Rechtsstreit sei "ewiges Ruhen" bei gegenseitiger Kostenaufhebung vereinbart worden. Durch dieses treuwidrige Verhalten der Gemeinschuldnerin sei der Klägerin jegliche Basis für eine erfolgreiche Weiterführung des Rechtsstreites gegen die A*** Dachtragwerk entzogen worden und sie habe daher - insbesondere wegen des abgegebenen Gewährleistungsverzichtes - am 19.März 1987 einen Vergleich über die Zahlung von 8,000.000 S sA abschließen müssen. Hievon habe sie 500.000 S an die A*** Dachtragwerk bezahlt und die Restforderung (gemeint offenbar: den der Klägerin gegenüber der Beklagten zustehenden Anspruch auf Ersatz der Restforderung) an deren Gesellschafter abgetreten. Der Masseverwalter hätte den Vergleich und insbesondere den darin enthaltenen Gewährleistungsverzicht ohne Zustimmung der Klägerin nicht abschließen dürfen und daher die aus dem Auftragsverhältnis entspringenden Pflichten der Gemeinschuldnerin gröblich verletzt. Bis dahin hätten für die A*** Dachtragwerk keine realen Aussichten für einen Prozeßgewinn bestanden. Überdies sei dem Masseverwalter schon im Zuge des Konkurses von der A*** Dachtragwerk angeboten worden, durch Zahlung von 4,000.000 S die Angelegenheit zur Gänze, also auch gegenüber der Klägerin und Hans Christoph P***, aus der Welt zu schaffen. Zum Schaden der Klägerin habe die R*** AG durch ihren Masseverwalter aber nur 2,000.000 S bezahlt und damit nur sich selbst aus dem Prozeß befreit.

Die Beklagte hielt dem entgegen, der Vergleich des Masseverwalters mit der A*** Dachtragwerk habe die rechtliche Position der Klägerin im genannten Vorprozeß nicht berührt. Im übrigen sei die Beklagte gegenüber der Klägerin als Mitauftraggeberin im Umfang des gerichtlich bestätigten Zwangsausgleiches befreit.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es traf über den eingangs wiedergegebenen - im wesentlichen unstrittigen - Sachverhalt hinaus folgende, vom Berufungsgericht übernommene Tatsachenfeststellungen:

Die R*** AG errichtete in den Jahren 1980 und 1981 in Wien 22., Rautenweg, eine Müllverwertungsanlage. Mangels einer entsprechenden Kapitalausstattung der R*** AG übernahm es die Klägerin, Bauverträge über dieses "R*** Zelt" im eigenen Namen zu vergeben und abzuschließen. Dabei bestand aber (intern) die Vereinbarung, daß die Rechnungen der beauftragten Werkunternehmer von der R*** AG direkt an diese Werkunternehmer bezahlt werden sollen. In diesem Sinne erteilte die Klägerin am 25.Mai 1980 der A*** Dachtragwerk, bestehend aus der P*** Holzleimbau Gesellschaft mbH und der K*** Holzbauwerk Gesellschaft mbH, den Auftrag zur Herstellung des Daches samt Stützenkonstruktion für die Werkshalle. In der Folge trat die R*** AG mit Zustimmung der Klägerin (und der A*** Dachtragwerk gemäß Schreiben vom 1.Dezember 1980: Beilage 1) "als Mitauftraggeber" (zur ungeteilten Hand mit der Klägerin) in den Bauvertrag vom 25.Mai 1980 ein und forderte die A*** Dachtragwerk auf, sämtliche Rechnungen unmittelbar an sie - die R*** AG - zu adressieren.

Auf die nach Fertigstellung des Daches von der A*** Dachtragwerk gelegte Schlußrechnung zahlte die R*** AG eine größere Summe. Da die Restforderung sowohl von der R*** AG als auch von der Klägerin bestritten wurde, brachte die A*** Dachtragwerk im Jahre 1983 gegen diese beiden Werkbesteller und gegen den damaligen persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin, Hans Christoph P***, Klagen auf Zahlung von insgesamt rund 18 Mill S ein. In dessen - zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung

verbundenen - Rechtsstreiten wendeten sämtliche Beklagten im wesentlichen ein, daß einerseits bestimmte Positionen der Schlußrechnung überhöht seien und andererseits das bestellte Werk grobe Mängel aufweise, auf deren Behebung bestanden werde. Im daraufhin über das Vermögen der R*** AG eröffneten Konkurs strebten der Masseverwalter und der Gläubigerausschuß von Anfang an einen Zwangsausgleich an. Für dessen Abschluß stellte allerdings zunächst der mit der A*** Dachtragwerk geführte Prozeß eine wesentliche Erschwernis dar. Insbesondere aus steuerlichen Gründen entschied man sich dafür, anstelle des "R*** Zeltes" die Aktien der Gemeinschuldnerin zu verwerten, zumal andernfalls eine Umsatzsteuerrückforderung von ca. 38 Mill S entstanden wäre. Um den Zwangsausgleich zu realisieren, erschien es dem Masseverwalter und dem Gläubigerausschuß für unumgänglich, die Angelegengeit mit der A*** Dachtragwerk, die im Konkurs Forderungen von insgesamt rund 25 Mill S angemeldet hatte, zu bereinigen. In diesem Sinne war bereits im März 1984 an den Masseverwalter das Angebot herangetragen worden, gegen Bezahlung von 4 Mill S den Rechtsstreit mit der A*** Dachtragwerk gegenüber allen involvierten Parteien zu beenden. Voraussetzung hiefür wäre es aber gewesen, daß die angemeldeten (und bis dahin bestrittenen) Konkursforderungen der A*** Dachtragwerk im Umfang von 20 Mill S anerkannt werden. Dazu kam es nicht. Am 18.Jänner 1985 unterbreitete Rechtsanwalt Dr. Gerhard K*** für die beiden Gesellschafter der A*** Dachtragwerk einen weiteren Vorschlag, der schließlich am 27.Juni 1985 die Zustimmung des Masseverwalters und des Gläubigerausschusses fand. Danach wurde vereinbarungsgemäß ein Teilbetrag der von der A*** Dachtragwerk angemeldeten Konkursforderungen in Höhe von 10 Mill S als Konkursforderung dritter Klasse anerkannt und der Masseverwalter gab mit Zustimmung des Gläubigerausschusses die Erklärung ab, auf jedwede Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit dem Dach des "R*** Zeltes" zu verzichten. Da diese Vereinbarung durch Zahlung der 20 %-igen Ausgleichsquote von 2 Mill S erfüllt wurde, trat im Rechtsstreit zwischen der A*** Dachtragwerk und der Gemeinschuldnerin "Ruhen" des Verfahrens unter gegenseitiger Kostenaufhebung ein. Der Rechtsstreit zwischen der A*** Dachtragwerk und der nunmehrigen Klägerin bzw. Hans Christoph P*** wurde - mit um 2 Mill S eingeschränktem Begehren - fortgesetzt. Die nunmehrige Klägerin verpflichtete sich im Wege eines Vergleiches am 19. März 1987, an die beiden Gesellschafter der A*** Dachtragwerk 8 Mill S samt 8,5 % Zinsen seit 1. Juli 1985 zu bezahlen. Auf diese Summe entrichtete die Klägerin am 19.März 1987 500.000 S an Dr. Gerhard K*** als Rechtsanwalt der beiden Gesellschafter der A*** Dachtragwerk.

Rechtlich folgerte das Erstgericht daraus, daß durch den vom Masseverwalter der R*** AG mit der A*** Dachtragwerk abgeschlossenen Vergleich die Prozeßaussichten der Klägerin nicht beeinträchtigt worden seien. Selbst wenn durch den vom Masseverwalter erklärten Gewährleistungsverzicht einem Verbesserungsbegehren der Klägerin - und damit deren Einwand der mangelnden Fälligkeit - der Boden entzogen worden wäre, so hätte sie doch dem Klagebegehren jedenfalls weiterhin einen Preisminderungsanspruch im Umfang der Verbesserungskosten und mit unveränderten Erfolgsaussichten entgegensetzen können. Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es erachtete die Mängel- und Tatsachenrüge der Berufung schon aus rechtlichen Gründen als unerheblich, weil die Klagsabweisung bereits ohne Rücksicht darauf gerechtfertigt sei. Das Erstgericht habe nämlich zutreffend erkannt, daß die zwischen dem Masseverwalter und der A*** Dachtragwerk abgeschlossene Vereinbarung für die Klägerin wirkungslos gewesen sei. Dies folge schon aus § 894 ABGB. Der Masseverwalter habe nur namens der Gemeinschuldnerin und nicht für die Klägerin ein Anerkenntnis abgegeben und auf Gewährleistungsansprüche verzichtet. Der Vergleich habe die nunmehrige Klägerin somit überhaupt nicht betroffen. Eine Verpflichtung der Gemeinschuldnerin zur Zahlung eines höheren Vergleichsbetrages, damit auch die Klägerin als Mitschuldnerin aus der Haftung entlassen werde, habe nicht bestanden. Diese stehe ja auf dem Standpunkt, daß die Forderung der A*** Dachtragwerk zur Gänze unberechtigt gewesen sei und der Prozeß gegen sie hätte gewonnen werden müssen. Es könne somit dahingestellt bleiben, ob die Konkursmasse auch für die Bezahlung von 4 Mill S ausgereicht hätte. Im übrigen sei das Begehren der Klägerin gemäß § 156 Abs 2 KO unstatthaft, weil sie einen Rückgriffsanspruch geltend mache, der nicht erst nach Konkurseröffnung entstanden sei. Die Forderung der A*** Dachtragwerk gegenüber der Klägerin und der R*** AG habe schon zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestanden und sei noch vorher gerichtlich geltend gemacht worden.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Urteiles im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung oder auf Urteilsaufhebung.

Die Beklagte stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Mit ihrer Mängelrüge macht die Klägerin keinen Verstoß des Berufungsgerichtes gegen die Prozeßgesetze, sondern das Vorliegen von angeblichen, dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zugehörigen Feststellungsmängeln geltend. Solche sind aber schon deshalb nicht gegeben, weil sich die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen im Ergebnis als zutreffend erweist:

Nach dem maßgeblichen Sachvorbringen in erster Instanz hat die Klägerin ihr Begehren gegen die im Wege der Umwandlung aus der R*** AG hervorgegangene Beklagte darauf gestützt, daß diese als Gemeinschuldnerin im Konkurs- bzw. Zwangsausgleichsverfahren durch den Masseverwalter schuldhaft und treuwidrig, also unter Verletzung ihrer vertraglichen Verpflichtungen als Auftraggeberin der Klägerin, hinter ihrem Rücken mit der A*** Dachtragwerk einen Vergleich geschlossen und insbesondere einen Gewährleistungsverzicht abgegeben habe, obwohl die eingeklagten und im Konkurs angemeldeten restlichen Werklohnforderungen nicht zu Recht bestanden hätten oder doch zufolge des wegen Vorliegens von groben Mängeln übereinstimmend geltend gemachten Leistungsverweigerungsrechtes der Werkbesteller bis zu einer Mängelbehebung nicht fällig gewesen wären. Hiedurch habe die Gemeinschuldnerin den ansonsten sicheren Prozeßerfolg der Klägerin zunichte gemacht und diese zu einem Vergleichsabschluß genötigt, der sie zunächst zur Zahlung von 500.000 S gezwungen habe. Diese Vorgangsweise sei umso verwerflicher, als vorher die Möglichkeit bestanden habe, ein Vergleichsanbot der A*** Dachtragwerk anzunehmen, welches gegen Zahlung von 4 Mill S die Angelegenheit auch gegenüber der Klägerin bereinigt hätte. Zutreffend verweist die Klägerin darauf, daß sie mit diesem Sachvorbringen nicht etwa als Solidarschuldnerin der R*** AG wegen teilweiser Abstattung der gemeinsamen Schuld einen Regreßanspruch geltend gemacht hat, auf den die Bestimmung des § 156 Abs 2 KO zur Anwendung käme. Sie forderte vielmehr von der Beklagten den Ersatz der von ihr im Vergleichswege gezahlten 500.000 S wegen eines vom Masseverwalter im Konkurs- bzw. Zwangsausgleichsverfahren vertragswidrig und schuldhaft gesetzten Verhaltens, für welches die Beklagte aus dem Titel des Schadenersatzes einzustehen habe. Damit ist aber für sie noch nichts gewonnen, weil es sowohl nach dem Klagsvorbringen als auch nach den maßgeblichen und ausreichenden Tatsachenfeststellungen schon an der erforderlichen Kausalität zwischen dem Vorgehen des Masseverwalters und dem dadurch angeblich bei der Klägerin eingetretenen Schaden fehlt:

Zunächst sind die Parteien und die Vorinstanzen zwar unausgesprochen, aber doch zutreffend davon ausgegangen, daß die Beklagte gemäß den §§ 239 ff AktG aus der R*** AG durch formwechselnde (auch formwandelnde, formändernde) Umwandlung hervorgegangen ist. Durch eine solche Änderung ihrer Rechtsform wird die Identität der Gesellschaft nicht berührt. Diese Umwandlung führt vielmehr ohne Abwicklung und ohne Vermögensübertragung zur Fortsetzung der nämlichen Gesellschaft als Kapitalgesellschaft anderer Kategorie. Die umgewandelte Gesellschaft verliert ihre Rechtspersönlichkeit nicht, sondern besteht in der neuen Organisationsform weiter (§§ 241, 250 AktG; Kastner, Gesellschaftsrecht4, 256 f; Schiemer, HdKommzAktG2, Rz 1.1 zu § 239; Helbich, Umgründungen3, 254; 6 Ob 22/88).

Dadurch, daß die R*** AG mit Zustimmung der Klägerin und der A*** Dachtragwerk im Dezember 1980 dem Werkvertrag vom 25.Mai 1980 als Mitauftraggeberin beigetreten ist, hat sie nicht bloß einen Schuldbeitritt vollzogen, also die solidarische Haftung (Koziol-Welser, Grundriß8, I, 285; Gamerith und Ertl in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 891 und Rz 1 zu § 1405) für die Zahlung des Werklohnes übernommen, sie hat vielmehr kumulativ mit der Klägerin alle Rechte und Pflichten als Werkbestellerin übernommen. Es liegt daher ein Vertragsbeitritt vor (vgl. Koziol-Welser, aaO, I 288), bei dem nicht nur einer Schuld oder Forderung im engeren Sinn, also einer isolierten Einzelverbindlichkeit oder einer Forderung als Einzelanspruch, beigetreten wird, sondern einer Stellung als Vertragspartei in einem Schuldverhältnis im weiteren Sinne (vgl. Rummel in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 859), hier jener des Bestellers in einem Werkvertrag.

Gerade der zutreffende Hinweis der Klägerin, daß sie als Mitbestellerin in Ansehung des Werkvertrages und der sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten mit der R*** AG nach den §§ 825 ff ABGB in Rechtsgemeinschaft gestanden sei, spricht bereits gegen die Schlüssigkeit des von ihr geltend gemachten Schadenersatzanspruches.

§ 888 ABGB erklärt nämlich auf die Schuldner- und Gläubigermehrheit die Grundsätze der Gemeinschaft für anwendbar (Gschnitzer in Klang2, IV/1, 279). Soweit daher die §§ 889 bis 896 ABGB keine abschließende Regelung enthalten, sind die §§ 825 ff ABGB anzuwenden (Gamerith, aaO, Rz 6 zu § 888; 6 Ob 633/88). Die aus einem Schuldverhältnis entspringenden Gestaltungsrechte (vgl. dazu Koziol-Welser, aaO, I, 41 f) sind im Falle der Mehrgliedrigkeit der Parteien in diesem Schuldverhältnis in der Regel unteilbar, das heißt, sie können nur für und gegen alle oder für und gegen keinen der Mitgenossen wirken. Desgleichen ist die Frage, wer auf Seite der mehrgliedrigen Partei über das Schuldverhältnis, vorzüglich durch Ausübung von Gestaltungsrechten, verfügen kann, wenn mehrere Berechtigte in Rechtsgemeinschaft stehen, nach den §§ 825 ff ABGB zu beurteilen. Gemäß § 828 ABGB kann kein Teilhaber das gemeinsame Schuldverhältnis verändern, wenn dadurch über den Anteil der anderen verfügt würde. Wohl aber können alle zusammen über das gemeinsame Schuldverhältnis verfügen (RZ 1985/74 = ImmZ 1985, 174 = MietSlg XXXVI/36 mwN). Der vom Masseverwalter gegenüber der A*** Dachtragwerk ausgesprochene Verzicht auf jedwede Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit dem Dach des "R*** Zeltes" ist daher schon mangels Zustimmung der Klägerin als Mitbestellerin zur ungeteilten Hand unwirksam, soweit davon Wandlungs- und Preisminderungsansprüche erfaßt werden, die jedenfalls zu den Gestaltungsrechten zählen (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 3 und 8 zu § 932). Ob dies auch auf den Verbesserungsanspruch des Werkbestellers und auf dessen damit im Zusammenhang stehendes, von Lehre und Rechtsprechung anerkanntes Leistungsverweigerungsrecht (Koziol-Welser, aaO, I, 375; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1052; SZ 48/108; RZ 1983/41; EvBl 1987/49

ua) zutrifft, braucht hier nicht näher geprüft zu werden, weil ein solcher Verzicht - ebenso wie das Anerkenntnis einer bestimmten Werklohnforderung - durch einen von mehreren solidarischen Mitschuldnern oder Mitgläubigern gemäß § 894 ABGB im Zweifel nur für dessen Person wirkt. Das Anerkenntnis hat dabei die Position der R*** AG als Mitschuldnerin der Klägerin betroffen, sodaß § 894 ABGB unmittelbar anwendbar ist. Dieses Anerkenntnis wirkte daher nur zum Nachteil der anerkennenden Gemeinschuldnerin (Gamerith, aaO, Rz 5 zu § 894). Umgekehrt wirkte der im Rahmen des Vergleiches von der A*** Dachtragwerk der Gemeinschuldnerin gewährte Nachlaß der Werklohnforderung schon gemäß § 151 KO nur subjektiv (vgl. Gamerith, aaO, Rz 7 zu § 894). Hingegen betraf der Verzicht des Masseverwalters auf jedwede Gewährleistungsansprüche die Position der Gemeinschuldnerin als Mitgläubigerin der Klägerin. Auch dieser Verzicht wirkte jedenfalls nur subjektiv für die Gemeinschuldnerin, weil § 894 ABGB sinngemäß auch auf die Gesamtforderung anzuwenden ist (Gamerith, aaO, Rz 3 zu § 894). Auch ein Mitgläubiger kann dadurch, daß er mit dem Schuldner lästigere Bedingungen eingeht, ihm eine Nachsicht oder Befreiung erteilt, den übrigen Mitgläubigern keinen Schaden zufügen und günstigere Bedingungen, die ein Mitgläubiger für seine Person erhält, kommen den übrigen nicht zustatten (Gschnitzer, aaO, 304).

Das Berufungsgericht hat daher entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin zutreffend erkannt, daß die von ihr beanstandete Vorgangsweise des Masseverwalters ihre eigene Rechtsposition im anhängigen Rechtsstreit mit der A*** Dachtragwerk nicht zu beeinträchtigen vermochte. Sie konnte daher auch nicht ursächlich für den Vergleichsabschluß der Klägerin und deren Vermögensschaden sein, weil sie ausdrücklich behauptet hat, die auch von ihr als Beklagte erhobenen Einwendungen hätten ansonsten zum sicheren Prozeßerfolg geführt.

Da der Verzicht des Masseverwalters auf jedwede Gewährleistungsansprüche mangels Zustimmung der Klägerin überhaupt unwirskam war, soweit er aus der Gewährleistung erfließende Gestaltungsrechte betroffen hat, und er im übrigen - in Ansehung des Verbesserungsanspruches und des daraus erfließenden gänzlichen Leistungsverweigerungsrechtes - jedenfalls nur subjektiv, also nur für die Gemeinschuldnerin und jetzige Beklagte, nicht aber auch für die Klägerin als Mitbestellerin des Werkes, wirksam war, kann allein daraus auch nicht zwingend auf einen Interessewegfall der Gemeinschuldnerin an der schon nach dem Vorbringen der Klägerin im Hinblick auf die vorhandenen groben Mängel erforderlichen Verbesserung des Werkes geschlossen werden. Es ist daher auch die von der Rechtsmittelwerberin ins Treffen geführte Entscheidung RZ 1984/85 zur Dartuung eines solchen Interessewegfalles ungeeignet, weil diese Entscheidung nicht den Fall zweier Mitbesteller betroffen hat, sondern jenen einer zwischenzeitigen exekutiven Versteigerung der zu verbessernden Sache des (einzigen) Werkbestellers. Bei dieser Sachlage, wo schon der festgestellte Vergleichsabschluß zwischen der A*** Dachtragwerk und dem Masseverwalter der R*** AG eine nach dem Vorbringen der Klägerin in Wahrheit nicht bestehende, jedenfalls aber noch nicht fälligen Forderung der ersteren betroffen hat, muß die Aufrechterhaltung des Vorwurfes unverständlich erscheinen, der Masseverwalter hätte auf Grund des Vertragsverhältnisses zur Klägerin einen ihm zuvor angebotenen, noch wesentlich ungünstigeren Vergleich annehmen müssen, bei dem eine doppelt so hohe, nicht zu Recht bestehende (!) Forderung der Werkunternehmerin anzuerkennen gewesen wäre, nur weil in diesem Fall auch das Schuldverhältnis der Klägerin zur A*** Dachtragwerk bereinigt worden wäre. Hier hat das Berufungsgericht bereits zutreffend darauf verwiesen, daß die Gemeinschuldnerin zu einem solchen Vergleichsabschluß keinesfalls verpflichtet war, und zwar ohne Rücksicht auf die Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit des Auftragsverhältnisses zwischen den Streitteilen und auch darauf, ob der Masse genügend Mittel zur Verfügung gestanden wären, die hiefür von der A*** Dachtragwerk geforderten 4 Mill S zu bezahlen. Der Revision mußte aus allen diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E16622

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00702.88.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19890126_OGH0002_0060OB00702_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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