TE OGH 1989/2/8 9ObA22/89 (9ObA23/89)

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Veröffentlicht am 08.02.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Karl Hennrich und Werner Fendrich als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien

1.) Marianne E***, Angestellte, und 2.) Rudolf H***, Handelsvertreter, beide Deutsch-Wagram, Robert Blüm-Straße 36, beide vertreten durch Dr. Paul Vavrovsky und Dr. Rudolf Wöran, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr. Karl E***, Rechtsanwalt, Innsbruck, Meinhardstraße 1/5, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Renate Z***, Innsbruck, Fürstenweg 21, wegen Feststellung (116.666,33 S und 310.161,48 S, Streitwert im Revisionsverfahren 61.031,-- S und 236.814,53 S sA), infolge Revision der zweitklagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4. Oktober 1988, GZ 12 Ra 84, 85/88-29, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. März 1988, GZ 40 a Cg 1047, 1048/87-22, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die Zweitklägerin hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen. Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 6.789,42 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.131,57 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Die Anwendung der Bestimmung des § 32 AngG setzt im Falle eines berechtigten vorzeitigen Austrittes voraus, daß vom Dienstgeber ein Verschulden des Dienstnehmers - zumindest durch die konkrete Behauptung von dem Dienstgeber vorwerfbaren Handlungen oder Unterlassungen - geltend gemacht wird. Die beklagte Partei hat jedoch dem Begehren der Erstklägerin lediglich die Behauptung entgegengesetzt, daß ein Dienstvertrag nicht zustande gekommen sei. Zur Unterstützung dieses Vorbringens wurde lediglich behauptet, daß die Erstklägerin tatsächlich keinerlei Arbeitstätigkeit entfaltet habe (ON 3 im Akt 40 Cga 1047/87). Damit wurde aber ein Verschulden der Erstklägerin bei Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Dienstvertrag, der nach den Feststellungen mit der Gemeinschuldnerin abgeschlossen wurde, nicht geltend gemacht. Der in der Revision zitierte weitere vorbereitende Schriftsatz wurde lediglich in dem - zu dieser Zeit noch getrennt geführten - Verfahren 40 Cga 1048/87 (ON 12) erstattet und bezieht sich nur auf den vom Zweitkläger erhobenen Anspruch. Zutreffend hat daher das Berufungsgericht eine Prüfung der Frage, ob der Erstklägerin ein Verschulden an der Auflösung des Dienstvertrages zur Last fällt, unterlassen. Der am 11. Februar 1987 erklärte vorzeitige Austritt erfolgte zu Recht, weil zu diesem Zeitpunkt das Entgelt für Jänner 1987 bereits fällig, von der Gemeinschuldnerin jedoch nicht beglichen war.

Aus der Bestimmung des Dienstvertrages, daß der Erstklägerin ein Nettogehalt von 25.000,-- S als garantierte Mindestprovision gebührt, ergibt sich eindeutig, daß ihr damit ein Einkommen in dieser Höhe unbedingt eingeräumt wurde. Dieser Betrag steht nach den vertraglichen Bestimmungen auch dann zu, wenn überhaupt keine Provisionen anfallen. Die folgenden Bestimmungen legen lediglich fest, daß dieser Betrag auf den aus einem höheren Gesamtbruttoprovisionsanspruch sich ergebenden Nettobetrag anzurechnen sei. Daß auf der Basis eines monatlichen Nettobezuges von 25.000,-- S der der Erstklägerin zuerkannte Gesamtbetrag rechnerisch ermittelt wurde, wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen.

Dem Anspruch des Zweitklägers hielt die Beklagte wohl unter anderem entgegen, daß der Kläger untätig gewesen sei, er habe aufgefordert werden müssen, seiner Dienstpflicht nachzukommen, daß er die vorgeschriebenen Tätigkeitsberichte erst nach Aufforderung verfaßt habe und seine Unfähigkeit und Untätigkeit festgestellt worden sei. In der Revision wird ausgeführt, daß sich die Unfähigkeit daraus ergebe, daß der Zweitkläger unbrauchbare Verträge entworfen habe. Abgesehen davon, daß nicht feststeht, ob und welche Fehler dem Zweitkläger bei Abfassung der Mitarbeiterverträge unterlaufen sind, könnte auch eine dabei unterlaufene eventuelle Fehlleistung, die keinerlei nachteilige Folgen für die beklagte Partei hatte, ebensowenig die Anwendung des § 32 AngG begründen wie der Umstand, daß der Zweitkläger die vorgesehenen Berichte erst über Aufforderung - dann aber innerhalb der gesetzten Frist - erstattete. Dem Hinweis der beklagten Partei auf die schwache Entwicklung des Umsatzes ist entgegenzuhalten, daß die Organisation erst aufzubauen war. Für ein dem Zweitkläger vorwerfbares Verhalten betreffend die schlechte Umsatzentwicklung ergibt sich aus den Feststellungen kein Anhaltspunkt. Die in der Revision zitierten Umsatzzahlen finden sich im Dienstvertrag nur im Zusammenhang mit der Übernahme der Abfertigungszahlung; im übrigen waren Umsatzziele nicht vorgegeben. Für eine Minderung der aus dem berechtigten Austritt des Zweitklägers resultierenden Ansprüche besteht daher keine rechtliche Grundlage.

Daß im Zusammenhang mit der Übernahme des Abfertigungsanspruches mündliche Abreden getroffen worden wären, die über die Bestimmungen des schriftlichen Dienstvertrages hinausgingen, hat der Zweitkläger nicht behauptet. Nach dem Wortlaut des Vertrages sollte aber die Zahlung der zwei Beträge von je 100.000,-- S von den dort genannten Bedingungen abhängig sein, die aber unbestrittenermaßen nicht eingetreten sind. Der Zweitkläger vertritt nun den Standpunkt, daß die Gemeinschuldnerin das Verschulden am Nichteintritt der Bedingung treffe und die Bedingung daher als eingetreten anzusehen sei. Er brachte dazu vor (ON 6), die Gemeinschuldnerin habe die Erreichung des vereinbarten Umsatzzieles dadurch vereitelt, daß sie Ware nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung gestellt habe. Diese Behauptung wurde aber nicht erwiesen (AS 134). Die Revision stützt ihre Ausführungen nun darauf, daß die Gemeinschuldnerin den Austritt des Zweitklägers verschuldet habe; da es ihm bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses gelungen wäre, die vorgegebenen Umsatzziele zu erreichen, bestehe der Abfertigungsanspruch zu Recht. Der Zweitkläger hat jedoch weder Umstände nachgewiesen, die es rechtfertigen würden, die Nichtzahlung des Entgeltes durch die Gemeinschuldnerin als wider Treu und Glauben verstoßendes Verhalten der Gemeinschuldnerin zu qualifizieren, noch hat er den Nachweis erbracht, daß bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses der als Bedingung vereinbarte Sachverhalt verwirklicht worden wäre. Beides wäre jedoch Voraussetzung für die Annahme der Erfüllungsfiktion. Da es sich bei den in diesem Zusammenhang vereinbarten Zahlungen nicht um Leistungen handelte, die dem Zweitkläger aufgrund eines Gesetzes oder einer kollektivrechtlichen Norm gebührten, standen auch Bestimmungen zwingenden Rechts der getroffenen Vereinbarung nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E16667

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00022.89.0208.000

Dokumentnummer

JJT_19890208_OGH0002_009OBA00022_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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