TE OGH 1989/2/8 14Os189/88

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Veröffentlicht am 08.02.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Februar 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner sowie Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Burianek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Eduard M*** und Rupert K*** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 f StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 10.Juni 1988, GZ 20 i Vr 10.995/87-100, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher, der Angeklagten Eduard M*** und Rupert K*** und der Verteidiger Dr. Winterstein und Dr. Hötzl zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen der Angeklagten wird Folge gegeben und das Ausmaß der über sie verhängten Freiheitsstrafen bei Eduard Werner M*** auf 10 (zehn) Jahre und bei Rupert K*** auf 7 (sieben) Jahre herabgesetzt.

Der gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO gefaßte Beschluß vom 10. Juni 1988, womit das Erstgericht die bedingte Nachsicht der mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. August 1986, AZ 1 d E Vr 3304/86, über Rupert K*** verhängten Freiheitsstrafe von acht Monaten widerrufen hat, wird bestätigt.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurden der 22jährige Eduard Werner M*** und der 27jährige Rupert K*** (zu A und B) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB, Eduard Werner M*** als Beteiligter nach 12, dritter Fall, StGB, (zu C) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und (zu D) des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt.

In Ansehung des erstangeführten Verbrechens liegt

ihnen - zusammengefaßt wiedergegeben - die Begehung von drei Raubüberfällen am 2.September, 3.Oktober und 6.Oktober 1987 zur Last. Im ersten Fall nötigte K*** den Tankwart Christian G*** durch Drohung mit einer Gaspistole, also unter Verwendung einer Waffe, und dem Zuruf: "Überfall!, Geld her oder ich bringe dich um" einen Bargeldbetrag von rund 14.000 S ab, wogegen er in den beiden weiteren Fakten Geldboten beraubte, und zwar Melitta R*** durch Erfassen am linken Arm und das von der Aufforderung:

"Überfall, Geld her!" begleitete Entreißen einer Geldbombe mit einem Inhalt von rund 105.000 S und Hannelore K*** durch einen heftigen Stoß von hinten, sodaß sie zu Boden stürzte und durch anschließendes Wegnehmen der ihr hiebei entglittenen Geldtasche mit rund 160.000 S Inhalt (Punkte A 1 bis 3 des Schuldspruchs). Der Beitrag des Angeklagten M*** zu all diesen Taten bestand nach dem Inhalt des Wahrspruchs darin, daß er nach gemeinsamer Tatplanung, die auch die Verwendung der Gaspistole im Faktum G*** einschloß, den Rupert K*** mit einem Personenkraftwagen zum jeweiligen Tatort brachte, dort im Fahrzeug auf ihn wartete und ihn vom Tatort wieder wegbrachte (Punkt B des Schuldspruchs).

Allein gegen die zuvor geschilderten Verurteilungen richten sich die auf die Z 5, 6 und 10 a des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten.

Als Beeinträchtigung ihrer Verteidigungsrechte (Z 5) rügen sie zunächst die Abweisung ihres Antrages auf Einholung eines gerichtsmedizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, daß die beim Überfall auf Christian G*** verwendete Gaspistole nicht geeignet gewesen sei, eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben des Bedrohten herbeizuführen. Denn aus einem derartigen Gutachten hätte sich ergeben, daß die Qualifikation nach § 143, zweiter Fall, StGB durch ihr Verhalten nicht erfüllt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrügen gehen jedoch fehl, weil auch eine (selbst ungeladene) Gaspistole eine Waffe darstellt, deren Verwendung beim Raub die in Frage stehende Qualifikation herzustellen vermag (vgl Leukauf-Steininger StGB2, § 143 RN 9, 11; Foregger-Serini, StGB4, Erl IV zu § 143). Auf den Grad der Gefährlichkeit der verwendeten Waffe für den Bedrohten, über die der beantragte Sachverständige hätte Auskunft geben sollen, kommt es hiebei nicht an, sodaß das Gericht den Beweisantrag, der sich nur auf die eben erörterte Frage bezogen hat, sanktionslos abweisen konnte, ohne daß hiedurch Verteidigungsrechte der Angeklagten beeinträchtigt worden wären.

Nicht berechtigt sind auch die sich auf die Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO berufenden Beschwerdeausführungen der beiden Angeklagten. Soweit M*** reklamiert, in Ansehung der in der Hauptfrage 1 A I 2 und 3, II 1 und 2 umschriebenen Sachverhalte hätten Eventualfragen in Richtung des Verbrechens des Diebstahls gestellt werden müssen, genügt es ihm zu entgegnen, daß sich diese Fragen nicht auf ihn, sondern auf den Mitangeklagten Rupert K*** beziehen und daß im übrigen bezüglich des Punktes II 1 und 2 ein Freispruch gefällt wurde (vgl US 11).

Der analoge Einwand in bezug auf die ihn betreffende Hauptfrage 2 hinwieder entzieht sich mangels Substantiierung des betreffenden Beschwerdevorbringens einer sachbezogenen Erörterung, in deren Rahmen nicht übersehen werden dürfte, daß M*** sich in der Hauptverhandlung im Sinne der Anklage schuldig bekannt hatte (vgl Band II S 352) und daß nach seiner Verantwortung zur Sache mit Bezug auf die Fakten R*** und K*** zwischen ihm und K*** die Sachwegnahme mittels Gewalt und/oder gefährlicher Drohung gegen die Geldbotinnen vereinbart worden war (siehe Band II S 357 ff).

Wenn schließlich der Angeklagte M*** die Fragestellung auch deshalb rügt, weil das Verhalten des Mitangeklagten K*** darin als "Raubtat" bezeichnet und den Geschwornen damit nahegelegt würde, eine andere Tatbeurteilung gar nicht erst in Erwägung zu ziehen, kann ihm gleichfalls nicht gefolgt werden. Denn diese Benennung des Täterverhaltens K*** war keineswegs geeignet, die Laien bei der Fragebeantwortung in Irrtum zu führen; es war vielmehr eine durchaus folgerichtige Umschreibung der Tat, wie sie sich aus der Fragestellung bezüglich des Rupert K*** ergeben hat. Die Behauptung dieses Angeklagten, es hätten bezüglich der Anklagefakten R*** und K*** Eventualfragen in Richtung Diebstahl gestellt werden müssen, weil er sich in der Hauptverhandlung damit verantwortet habe, daß sein Vorsatz insoweit lediglich darauf gerichtet gewesen sei, sich ohne Anwendung von Gewalt, sondern lediglich durch Wegnahme der Geldbombe bzw Geldtasche unrechtmäßig zu bereichern, ist im Kernpunkt mit den Akten nicht in Einklang zu bringen; denn darnach hat sich Rupert K*** in der Hauptverhandlung dahin schuldig bekannt, der Zeugin R*** die Geldbombe entrissen zu haben nachdem er, um sie in Angst zu versetzen, Überfall geschrieen hatte (Band II S 366) und hat er (letztlich) die Behauptung der Zeugin K*** als zutreffend bezeichnet, wonach sie von K*** einen Stoß gegen die Schulter erhalten hatte, wodurch sie selbst mitsamt der Tasche zu Boden gefallen war (Band II S 387).

Wenn K*** im übrigen meint, die Fragestellung zum Faktum G*** hätte noch durch eine Eventualfrage ergänzt werden müssen, in der die Worte "sohin unter Verwendung einer Waffe" nicht enthalten gewesen wären, ist ihm zu erwidern, daß er zum einen die Verwendung einer Gaspistole - sohin, wie oben gezeigt, einer "Waffe" - niemals in Abrede gestellt hatte und daß zum anderen die Laien über die Möglichkeit einer bloß teilweisen Bejahung von Fragen belehrt wurden und es ihnen freigestanden wäre, den in Frage stehenden Passus auszuklammern.

Da endlich - entgegen den die Z 10 a des § 345 Abs. 1 StPO relevierenden Rügen der Angeklagten - in den Beschwerden nichts aufgezeigt wird, was geeignet wäre, Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch enthaltenen, dem Schuldspruch wegen Raubes zugrundeliegenden Feststellungen zu begründen und die Akten auch im übrigen - siehe die oben wiedergegebenen Aussageteile der beiden Angeklagten und deren Verantwortung vor den Sicherheitsbehörden, ON 6 - keine Anhaltspunkte dafür bieten, waren die insgesamt unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen. Bei der Strafbemessung wurden die einschlägigen Vorstrafen der beiden Angeklagten, das Zusammentreffen mehrerer Straftaten, die mehrfache Qualifikation und die Tatwiederholung sowie bei M*** überdies die teilweise Anstiftung des Rupert K*** als erschwerend, als mildernd dagegen bei beiden Angeklagten das Geständnis und bei K*** überdies die geistige Minderbegabung in Betracht gezogen.

Auf der Basis dieser Strafzumessungsgründe verhängte das Geschwornengericht über die Angeklagten gemäß §§ 28 und - ersichtlich - 143, erster Strafsatz, StGB Freiheitsstrafen, und zwar über M*** in der Dauer von elf und über K*** im Ausmaß von acht Jahren.

Die Berufungen der Angeklagten, mit denen sie Strafherabsetzung anstreben, sind begründet.

Der Angeklagte M*** bleibt zwar jegliche Begründung dafür schuldig, weshalb die erschwerende Wirkung des Zusammentreffens mehrerer (verschiedener) Straftaten ein Hindernis dafür sein sollte, die Wiederholung (gleichartiger) Taten zusätzlich als erschwerend zu werten und es ist auch nicht einzusehen, weshalb dem Umstand, daß die Straftaten "in einer relativ kurzen Zeit, nämlich zwischen August und Oktober 1987", gesetzt wurden, mildernde Bedeutung beigelegt werden sollte.

Nicht geteilt werden kann auch die Meinung des Angeklagten K***, ihm hätte seine vernachlässigte Erziehung (§ 34 Z 1 StGB) als mildernd zugute gehalten werden müssen, weil er bei Begehung der Taten (1987) als Geburtsjahrgang 1961 schon zu weit von jenem Alter entfernt war, in dem Erziehungseinflüsse noch berücksichtigt werden können.

Beim Angeklagten M*** jedoch, der im Tatzeitraum das 21. Lebensjahr erst vor kurzem vollendet hatte, bestehen keine Bedenken gegen die zahlreichen negativen Momente, die seine Kindheit und Jugend prägten - Heimerziehung ab dem 6. oder 7. Lebensjahr;

Scheidung der Eltern; wiederholte Flucht zur Großmutter;

Unterbringung in einem Heim für schwer Erziehbare; vgl Band II S 362 - im Sinne des § 34 Z 1 StGB zusätzlich als mildernd in Betracht zu ziehen, wogegen bei K*** ein weiterer Milderungsgrund darin gelegen ist, daß er festgestelltermaßen - siehe den bezüglichen Erschwerungsgrund bei diesem Angeklagten - von M*** (zumindest teilweise) angestiftet wurde.

Unter Zugrundelegung dieser Strafzumessungsgründe sind die vom Erstgericht über beide Angeklagten verhängten Strafen überhöht. In Stattgebung der Berufungen wurden daher die Freiheitsstrafen auf das aus dem Spruch ersichtliche tatschuldgerechte Maß herabgesetzt. Damit haben aber die für den in Ansehung des Angeklagten K*** vom Erstgericht gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO gefaßten Beschluß maßgebend gewesenen Erwägungen ihre entscheidende Bedeutung keineswegs verloren, weshalb von Amts wegen auszusprechen war, daß dieser Beschluß bestätigt wird (EB zum StRÄG 1987 Beil StProt Nr. XVII. GP S 54 erste Sp unten).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E17172

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00189.88.0208.000

Dokumentnummer

JJT_19890208_OGH0002_0140OS00189_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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