TE OGH 1989/2/22 9ObA39/89

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Veröffentlicht am 22.02.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Robert Müller und Wolfgang Neumeier als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Anton G***, Angestellter, Linz, Hauptstraße 33, vertreten durch Dr.Johann K***, Sekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten, Linz, Volksgartenstraße 40, dieser vertreten durch Dr.Aldo Frischenschlager, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei V***-A*** AG, Linz, Muldenstraße 5, vertreten durch Dr.Harry Zamponi, Dr.Josef Weixelbaum und Dr.Helmut Trenkwalder, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unwirksamerklärung einer Kündigung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21.November 1988, GZ 13 Ra 34/88-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeitsund Sozialgericht vom 16.November 1987, GZ 15 Cga 1017/87-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die beklagte Partei kam im Zug der weltweiten rezessionalen Entwicklung ab dem Beginn der Achtzigerjahre in eine zunehmend existenzgefährdende Phase, die in den Jahren 1985/86 ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte und den Weiterbestand des Unternehmens ernstlich in Frage stellte. Unter dem Zwang dieses Faktums wurden im Rahmen des 1986 beschlossenen Konzeptes "V*** A*** N***" zum einen Sofortmaßnahmen ergriffen, zum anderen die Neuausrichtung des Unternehmens unter Anpassung an die wirtschaftlichen Erfordernisse mit dem Ziel der Erreichung der Selbsterhaltungsfähigkeit in Angriff genommen. Zu den kurzfristig wirksamen, auf Ergebnisverbesserung und vorübergehende Bestandsicherung abzielenden Maßnahmen zählten insbesondere der Verbrauch von Urlaubsrückständen, der Abbau von Fremdfirmenleistungen, die Rücknahme der Überstunden, ein Einstellungsstopp, die Aktion 55/50 und ein mindestens 15 %iger Personalabbau in den sogenannten "Overheadbereichen" im Jahr 1986. Darüber hinaus ist im ersten Halbjahr 1987 der Umsatz der beklagten Partei um etwa 20 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zurückgegangen. Im Konzept "V*** A*** N***" war für 1987 ein negatives Betriebsergebnis von 3,4 Milliarden S prognostiziert; aufgrund von Markteinbrüchen mußte diese Zahl auf 4,9 Milliarden S revidiert werden. Es war daher auch das Konzept "V*** A*** N***" hinsichtlich des notwendigen Personalabbaus von der Geschäftsführung Mitte 1987 zu korrigieren, sodaß anstelle der ursprünglich im Konzept vorgesehenen Zahlen nunmehr folgende Abbauziffern vorgegeben sind:

Für die beklagte Partei insgesamt

Stand Ende 1986                                  31.393

Stand Juni 1987                                  29.816

Sollziffer für Ende 1987                         27.879

Für das Werk Linz der beklagten Partei:

Stand Ende 1986                                  20.689

Zwischenstand Juni 1987                          19.755

Sollziffer für Ende 1987                         18.469

Die Überstunden wurden 1987 gegenüber 1986 um rund 30 % verringert. Das Ziel für den Personalabbau 1986 wurde überschritten, sodaß der Personalabbau für 1987 erleichtert wurde. Auch 1987 mußten wesentliche Personaleinsparungen erfolgen. Überstunden waren nur mehr dadurch begründet, daß Fachkräfte eben mehr an Arbeit zu leisten hatten oder Arbeitsspitzen abzubauen waren. Arbeiten wurden an Fremdfirmen nur dann vergeben, wenn innerhalb der beklagten Partei entweder ein Mangel an spezifischen Qualifikationen vorhanden war oder die Kapazität nicht ausreichte. Neueinstellungen erfolgen derzeit in einem mehrstufigen Verfahren, wobei bei den Angestellten sich der Vorstand die Zustimmung dazu vorbehalten hat. Es werden daher lediglich "Qualifikationen, die im Unternehmen selbst nicht verfügbar sind, aufgenommen". Zur Durchführung des Personalausgleiches innerhalb des Unternehmens wurde der "zentrale Vermittlungsdienst", kurz ZVD, gegründet. Mitarbeiter, die in den einzelnen Abteilungen nicht mehr benötigt werden, werden diesem ZVD gemeldet. Wenn Personalbedarf in anderen Abteilungen gegeben ist, haben sich diese Abteilungen vorrangig Mitarbeiter aus dem ZVD zu holen. Im Mai 1987 wurde zwischen Unternehmensleitung und Belegschaftsvertretung ein "Objektivierungsleitfaden" zur Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter festgelegt. Danach wird aufgrund einer Punktebewertung auch die soziale Situation der zu Kündigenden beurteilt. Bei Kündigungen vor Vereinbarung dieses "Objektivierungsleitfadens", wie bei der vorliegenden Kündigung des Klägers, wurden soziale Kriterien nicht berücksichtigt. Auch im nachhinein wurde der "Objektivierungsleitfaden" auf den Kläger nicht mehr angewendet. Bevor es zur Kündigung von Mitarbeitern kommt, werden diese dem ZVD gemeldet. Dann haben die Gemeldeten noch 2 Monate Zeit, um eine andere Tätigkeit innerhalb des Konzerns zu finden und das Dienstverhältnis einvernehmlich aufzulösen. Anschließend erfolgt die Kündigung; die Vermittlungstätigkeit wird jedoch bis zum Ausscheiden fortgesetzt.

Im Zeitraum vom 1.August 1986 bis Ende Juni 1987 gab es folgende Bewegungen im ZVD:

Dem ZVD gemeldet                                   1.126

einvernehmliche Auflösungen in Linz                  454

einvernehmliche Auflösungen in den Werken            305

Vermittlungen in Linz                                247

Vermittlungen in den Werken                          112

Kündigungen                                           26

Der Kläger wurde ebenfalls dem ZVD gemeldet; sämtliche Vermittlungsversuche waren jedoch aus Qualifikationsgründen erfolglos.

Seit Anfang 1986 sind im EC-Bereich etwa 30 Mitarbeiter abgebaut worden. Im November 1987 war der Stand noch 5 Mitarbeiter über dem Sollstand. Der Personalabbau ist aus allen Berufsgruppen im EC-Bereich erfolgt. Der Schwerpunkt im Personalabbau lag im ECC-Bereich. Im ECUBereich sind 4 Leute dazugekommen, weil ein gesamtes Aufgabengebiet (Abteilung ECU 3) in diese Abteilung integriert wurde. Im Bereich ECU 3 gibt es auch noch 2 Leasing-Dienstnehmer, die als Bauleiter in Korea tätig sind. Im Bereich EC gibt es keine generellen Dauerüberstunden; Überstunden werden nur von Personen mit bestimmten Qualifikationen zum Erledigen termingebundener Angebote geleistet. In der Abteilung ECA, "nunmehr in etwa Abteilung ECU", war die Situation im Zeitpunkt Ende 1986 so, daß die zu verrichtende Arbeit immer weniger wurde und Anlaß für die Meldung des Klägers an den ZVD war, daß diese wenige Arbeit nicht auf zu viele Arbeitnehmer zu verteilen sein sollte. Der Kläger ist am 26.Mai 1934 geboren, er ist verheiratet, hat zwei Kinder im Alter von 11 und 7 Jahren. Die Gattin ist Hausfrau und hat kein Einkommen. Der Kläger bewohnt mit seiner Familie eine Eigentumswohnung, die er Anfang 1986 gekauft hat. Er finanzierte diese Wohnung über ein Darlehen und bezahlt dafür monatlich 7.200 S zuzüglich Betriebskosten zurück. Der Kläger hat an der Technischen Hochschule Graz technische Chemie studiert und sein Studium 1963 beendet. Nach Absolvierung des Wehrdienstes arbeitete er zuerst in einem anorganischen Chemielaboratorium im Innenministerium in Athen und anschließend im Gaswerk Athen. Dort war der Kläger Chef des Laboratoriums und dann Betriebsleiter. Seit 1.Oktober 1972 ist er im Bereich "Industrieanlagenbau" der beklagten Partei als technischer Angestellter tätig. Vorerst als Sachbearbeiter in der Abteilung Petrochemische Anlagen eingesetzt, war er in den ersten Jahren mit verfahrenstechnischen Berechnungen für diverse Projekte und Aufträge, wie zB die Raffinerie Kongo, betraut. In der Folge leitete er für den Auftrag "Äthylenoxidanlage Buna/DDR" für das Teilobjekt "Rückstandsverbrennung" das Engineering, wobei chemische und verfahrenstechnische Probleme zu lösen waren. Darüber hinaus war er Abwicklungsleiter für den Zukauf von Equipement und die Koordination der Lieferungen dieser Teilanlage und leitete auch deren Inbetriebsetzung. Mit Oktober 1981 wechselte der Kläger auf eigenen Wunsch in die Abteilung "Anorganische Chemie- und Düngemitteltechnik", wo seine Tätigkeit die Mitarbeit an Vorprojekten auf dem Gebiet der Kohlechemie umfaßte. Er war mit Koordinationsaufgaben für die Anboterstellung sowie mit prozeß- und verfahrenstechnischen Berechnungen befaßt. Unter anderem bearbeitete er Vorprojekte für eine Kohlemahlanlage, für Gasaufbereitungsanlagen (LNG/LPG) und Gasgeneratoren sowie den internen Kockereiausbau. Die Chemieabteilung, in der der Kläger arbeitete, wurde ab 1. Oktober 1986 mit einer anderen Abteilung wegen mangelnder Auslastung zusammengelegt. Der Kläger arbeitete daher zuletzt in der Abteilung ECC 3, und zwar vom 1.Oktober 1986 bis 15.April 1987. In dieser Abteilung werden Vorprojekte erstellt, dh Unterlagen zusammengetragen und Offerte zusammengestellt. Dafür ist eine chemische Ausbildung wie jene des Klägers nicht erforderlich. In dieser Abteilung waren bis Oktober 1986 3 Personen beschäftigt; dann wurde der Stand auf 6 Personen aufgestockt; Arbeit war jedoch nur für 2 Personen vorhanden. Diese Abteilung wird in Zukunft mit 2 Mitarbeitern weiterbestehen. Der Kläger hat im EDV-Bereich bisher nicht gearbeitet und hat auch keine EDV-Ausbildung. Er sowie seine Kinder sind österreichische Staatsbürger. Der Kläger wäre mit einer Gehaltskürzung bis auf höchstens 30.000 S brutto monatlich einverstanden. Sein letztes Bruttogehalt betrug monatlich 36.080 S. Trotz des vom Betriebsrat gegen die beabsichtigte Kündigung des Klägers innerhalb offener Frist erhobenen Widerspruches wurde von der beklagten Partei die Kündigung am 15.Jänner 1987 ausgesprochen. Der Kläger verlangte die Anfechtung der Kündigung durch den Betriebsrat, doch kam der Betriebsrat diesem Verlangen nicht nach. Bereits zuvor war der Kläger dem ZVD gemeldet worden. Er hat sich auf eine Stellenausschreibung eines anorganisch-chemischen Analytikers im Bereich SFB beworben, wurde jedoch nicht aufgenommen, da er aufgrund seiner längerdauernden Abwesenheit vom chemisch-analytischen Bereich für diesen Posten nicht geeignet schien. Dies wurde auch damit begründet, daß der Kläger in den letzten Jahren nicht mehr analytisch, sondern ausschließlich technologisch im Anlagenbau gearbeitet habe. Technologische Kenntnisse wären jedoch lediglich im Ausmaß von etwa 5 % der gesamten Tätigkeit notwendig gewesen. Eine Einschulung des Klägers auf diese Tätigkeit hätte mindestens 3 Jahre gedauert. Der Kläger hat sich dann auch in der Abteilung ECU 4 um einen ausgeschriebenen Posten beworben. Wesentlicher Aspekt bei der Ausschreibung dieses Postens war, daß ein guter Organisator für die Versuchsanlage gebraucht wurde, der dann darüber hinaus auch noch das Projektmanagement, das Marketing dieser Anlage auch über den europäischen Raum hinaus durchführt. Der Kläger ist deshalb nicht zum Zug gekommen, weil er den Bereich Marketing und Organisation nicht entsprechend betreuen kann. Weiters hat die beklagte Partei beim Arbeitsamt Linz eine offene Stelle als Chemiker gemeldet. Diese Stelle ist derzeit noch offen, es ist auch ungewiß, ob sie überhaupt besetzt wird.

Der Kläger ist bereit, die Tätigkeit sämtlicher nachstehend angeführter Personen zu verrichten

a) Dipl.Ing.Erich S***:

Dieser ist 30 Jahre alt, ledig, hat keine Kinder und wohnt in einer Dienstwohnung. Er verdient monatlich brutto 21.670 S. Er hat die Technische Hochschule, Fachrichtung Maschinenbau, absolviert und hat als Schwerpunkt seiner Universitätsausbildung die Bereiche Apparatebau und EDV; auch seine Diplomarbeit schrieb er als EDV-Arbeit. Er arbeitet seit Juni 1984 in der V***, und zwar seit Oktober 1986 im technischen Büro des Geschäftsfeldes ECC in der Vor- und Projektphase. Die Arbeiten umfassen: Technische Berechnungen wie wärmetechnische Auslegung von Rohrbündelwärmeüberträgern, Festigkeitsberechnungen für Apparate in der chemischen Industrie auf IBM-Großrechnern; Erstellung technischer Spezifikationen für Apparate, einschließlich Anfrage, technischer Angebotsvergleich, Bestellung, Zeichnungskontrolle; Erstellung rechenunterstützter Anlagen und Detailengineerings mittels CAD und Timesharing-Rechner, einschließlich der dazu erforderlichen Programmentwicklungen der Abteilungen; Umsetzung technischer Vertragsbeilagen in Pflichtenhefte für andere Abteilungen des Industrieanlagenbaus; Kontakte und Gespräche mit Kunden, Engineeringfirmen und Herstellern innerhalb des Industrieanlagenbaus. Aufgrund der Anforderungen im Bereich der EDV-Unterstützung und des technischen Engineerings ist der Kläger nicht geeignet, die Tätigkeit von Dipl.Ing.S*** durchzuführen. Insbesondere fehlen dem Kläger auch Kenntnisse im Zeichnen mit Computern.

b) Dr.Ewald K***:

Dieser ist 30 Jahre alt, verheiratet und hat keine Kinder. Die Gattin verfügt über ein eigenes Einkommen. Dr.K*** bewohnt eine Privatwohnung; er ist in der Abteilung ECU 4 mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 25.680 S tätig. Er hat technische Chemie studiert und ist seit 1982 bei der Planung und dann beim Bau einer Versuchsanlage zur Vergasung von Kohle, seit 1984 in der Adaptierung dieses Verfahrens auf Abfallbeseitigung tätig. Er ist einer der Know-how-Träger in diesem Bereich. Er ist ferner damit beschäftigt, Reaktionsberechnungen EDVprogrammfähig darzustellen. Für die Tätigkeit von Dr.K*** fehlen dem Kläger detaillierte Verfahrenskenntnisse und auch Kenntnisse in der Nutzung des EDVProgramms. EDV-Kenntnisse sind für die Tätigkeit Dr.K*** unerläßlich; nicht nur bezüglich der Anwendung, sondern auch der Programmseite, da er von der verfahrenstechnischen Seite das Programm erstellt hat. In den Zeiten, in denen der Kläger bei der Gasaufbereitung tätig war, wurden jedoch chemische Berechnungen im wesentlichen zugekauft. Wenn überhaupt der Kläger sich in die Tätigkeit Dr.K*** einarbeiten könnte, so würde dies mit Sicherheit Jahre dauern. Eine Einarbeitung für den Kläger wäre insofern überhaupt nicht möglich, als er das Erfahrungswissen, des Dr.K*** durch jahrelange Betreuung der Versuchsanlage erworben hat, nicht selbst erwerben kann.

c) Helmut S***:

Dieser ist 23 Jahre alt, ledig und hat keine Kinder. Er bewohnt eine Privatwohnung. Er ist in der Abteilung ECC 4 mit einem Einkommen von 11.380 S brutto tätig. Er hat die Fachschule für chemische Betriebstechnik in Wels absolviert und ist in der Dokumentationsabwicklung, Bestellung von Ersatzteilen, technischen Bearbeitung von Lüftungs- und Klimaanlagen sowie Einholung und Überprüfung von Angeboten tätig. Er erstellt Angebotsunterlagen, wie Anlagenbeschreibung, Equipementlisten, Verbrauchswerte; ferner die erforderlichen Zeichnungen, wie Aufstellungsplan, Fließbild, jeweils auf CAD. Zur Tätigkeit des Herrn S*** ist EDV-Erfahrung notwendig. Der Kläger könnte daher diese Tätigkeit nicht durchführen. Im übrigen wäre eine solche Tätigkeit dem Ausbildungsniveau und dem bisherigen Einsatz des Klägers nicht entsprechend.

d) Ing.Thomas B***:

Dieser ist 25 Jahre alt, in der Angebotszusammenstellung (ECC 2) tätig und hat dort Koordinationsaufgaben zu erfüllen. Er verdient monatlich brutto 18.400 S. Ein Einsatz des Klägers im Tätigkeitsbereich des Ing.B*** wäre ebenfalls dem Ausbildungsniveau und dem bisherigen Einsatz des Klägers nicht entsprechend. Ing.B*** führt lediglich Hilfstätigkeiten für die im Zeugnis des Klägers beschriebenen Tätigkeiten aus.

e) Clemens K***:

Dieser ist 25 Jahre alt und derzeit mit dem Erstellen einer Dokumentation für eine Anlage in der DDR beschäftigt. Er verdient brutto 16.280 S. Ein Einsatz des Klägers in dessen Tätigkeitsbereich wäre dem Ausbildungsniveau und dem bisherigen Einsatz des Klägers nicht entsprechend; er könnte jedoch diese Arbeiten durchführen. Der Kläger begehrt die Kündigung als sozial ungerechtfertigt für unwirksam zu erklären. Aufgrund der Arbeitsmarktlage und seines Alters werde er keine Beschäftigung mehr finden oder zumindest eine erhebliche finanzielle Einbuße erleiden. Dies wäre im Hinblick auf seine Familienverhältnisse und seine finanziellen Verhältnisse besonders nachteilig. Die Kündigung sei weder subjektiv noch objektiv betriebsbedingt. Die im Sanierungskonzept der beklagten Partei für das Jahr 1986 vorgesehenen Kündigungsziffern seien zur Zeit der Kündigung des Klägers bereits überschritten und der Personalbedarf für das Jahr 1987 noch gar nicht abschätzbar gewesen. Urlaubsrückstände seien nur teilweise, Fremdfirmenleistungen ebenfalls nicht vollständig abgebaut worden. Monatlich seien im Betrieb Linz der beklagten Partei noch zehntausend Überstunden geleistet worden, bei deren Abbau eine Weiterbeschäftigung des Klägers möglich gewesen wäre. Auch der behauptete Einstellungsstop sei nicht eingehalten worden. Bei der Auswahl der zu kündigenden Personen seien soziale Gesichtspunkte nicht berücksichtigt worden. Der ZVD sei für eine interne Stellenvermittlung deshalb zwecklos gewesen, weil die Abteilungen nicht verpflichtet gewesen seien, freie Dienstposten nur aus dem ZVD zu besetzen. Der Kläger habe sich über den ZVD vergeblich um 3 Stellen beworben, für die er qualifiziert gewesen wäre. Er beantragte im weiteren die Durchführung eines Sozialvergleichs unter Einbeziehung der Dienstnehmer Dipl.Ing.S***, Dipl.Ing.K***, Ing.S***, Ing.B*** und K***; diese hätten jene Posten erhalten, um die sich auch er beworben habe. In den Abteilungen ECC 2 und ECU 3 seien drei Leasingkräfte und drei neue Dienstnehmer aufgenommen worden; ein Chemiker werde über das Arbeitsamt gesucht, woraus sich ergebe, daß für den Kläger durchaus noch Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden seien.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Die Kündigung des Klägers sei objektiv betriebsbedingt. Durch die bekannte Entwicklung auf dem Stahlsektor sei die beklagte Partei in eine existenzgefährdende Lage gekommen, die den Bestand des gesamten Unternehmens in Frage gestellt habe. Neben anderen Maßnahmen habe sich auch eine Personalreduktion als erforderlich erwiesen, wobei das Abbauerfordernis im Werk Linz für das Jahr 1987 mindestens 1454 Dienstposten betragen habe. Der Abbau werde unter Berücksichtigung fachlicher, persönlicher und sozialer Aspekte durchgeführt. Zur Abfederung der erforderlichen Personalabbaumaßnahmen würden so weit wie möglich Personalumbesetzungen innerhalb des Konzerns, einvernehmliche Lösungen und Vermittlungen durch den ZVD durchgeführt. Leiharbeitskräfte oder Neueinstellungen kämen nur vor, wenn innerhalb der Belegschaft nicht vorhandene Qualifikationen gebraucht würden. Der Kläger sei nicht in der Lage, die Arbeit jener Dienstnehmer auszuführen, die er für den Sozialvergleich namhaft gemacht habe.

Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers ab. Die Kündigung sei objektiv betriebsbedingt, weil sich aus den Verlusten der beklagten Partei in den letzten Jahren die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit eines Personalabbaus ergebe, die im Konzept "V*** A*** N***" ziffernmäßig konkretisiert sei. Die Überprüfung dieses Konzepts stehe dem Gericht nicht zu. Die Notwendigkeit des Personalabbaus reiche allerdings zur Rechtfertigung der Kündigung allein nicht aus, es müßten vielmehr die Umstände jedes einzelnen Kündigungsfalles berücksichtigt werden. Dabei seien im näheren Tätigkeitsbereich des Klägers rigorose Personalabbaumaßnahmen notwendig. Die Positionen, um die sich der Kläger beworben habe, seien durch Arbeitnehmer besetzt worden, die den fachlichen Anforderungen mehr entsprochen hätten als der Kläger. Es treffe auch nicht zu, daß durch den Abbau von Leasingkräften und von Überstunden der Arbeitsplatz des Klägers zu erhalten gewesen wäre, da nur jene Leasingkräfte weiterbeschäftigt worden seien, die spezielle Aufgaben erfüllt hätten, die aber der Kläger aufgrund seiner Ausbildung nicht leisten hätte können. Auch Überstunden fielen im Arbeitsbereich des Klägers nur mehr bei besonderen Fachkräften und Arbeitsspitzen bedingt an. Die Kündigung des Klägers sei daher in den betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstünden, begründet. Voraussetzung für den Sozialvergleich sei, daß der Kläger in derselben Tätigkeitssparte wie die Vergleichspersonen tätig gewesen und darüber hinaus fähig und willens sei, deren Arbeit zu leisten. Der Kläger sei jedoch mangels EDV-Kenntnisse nicht in der Lage, die Arbeit des Dipl.Ing.S*** und des Dr.K*** zu verrichten. Die anderen Vergleichspersonen S***, Ing.B*** und K*** arbeiteten - abgesehen von den letzten 6 Monaten - nicht in derselben Tätigkeitssparte wie der Kläger. Zudem könne der Kläger die Arbeit Helmut S*** (CAD-Zeichnen) nicht ausführen. Die von Ing.B*** und K*** verrichtete Arbeit könne der Kläger wohl ausführen, doch seien diese Arbeitnehmer nicht in derselben Tätigkeitssparte, nämlich als Diplomingenieure für Chemie, tätig gewesen, was sich auch in einer niedrigeren Einstufung und geringeren Entlohnung geäußert habe. Da diese vom Kläger für den Sozialvergleich normierten Arbeitnehmer nicht gleichwertig seien, bleibe für einen Vergleich der sozialen Verhältnisse kein Raum. Das Berufungsgericht gab über Berufung des Klägers dem Klagebegehren statt. Die Kündigung des Klägers sei durch betriebliche Erfordernisse, die seiner Weiterbeschäftigung entgegengestanden seien, begründet gewesen. Die Chemieabteilung, in der der Kläger gearbeitet habe, sei mangels Auslastung ab 1. Oktober 1986 mit einer anderen Abteilung zusammengelegt worden. In dieser neuen Abteilung sei die Arbeit 1986 immer weniger geworden. Dies sei Anlaß für die Meldung des Klägers an den ZVD gewesen. Eine Vermittlung in andere Abteilungen sei aus Qualifikationsgründen gescheitert. Neueinstellungen seien bei der beklagten Partei nur erfolgt, wenn innerhalb des Unternehmens die erforderlichen Qualifikationen nicht verfügbar gewesen seien, Leasingarbeitskräfte seien auch nur bei Mangel der erforderlichen Qualifikation oder zum Abbau von Arbeitsspitzen eingestellt worden.

Hingegen falle der Sozialvergleich zugunsten des Klägers aus. Der Kläger sei zwar nicht fähig, in zumutbarer Einarbeitungszeit die Arbeiten der für den Sozialvergleich namhaft gemachten Arbeitnehmer Dipl.Ing.S*** und Dr.K*** auszuführen. Hingegen sei er fähig und auch willens, die Arbeit des in ECC 2 beschäftigten Ing.Thomas B*** auszuführen, habe er doch seit Anfang Oktober 1986 eine gleichartige Tätigkeit in der Abteilung ECC 3 des gleichen Betriebes, nämlich die Zusammenstellung von Anboten, verrichtet. Für den Sozialvergleich sei auch die tatsächlich vom Kläger in den letzten 6 Monaten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeübte Tätigkeit zu berücksichtigen, weil das Ergebnis andernfalls unbillig wäre. Einerseits werde der Kläger trotz gleichwertiger Ausbildung (abgeschlossenes Hochschulstudium für technische Chemie) für bestimmte qualifizierte Tätigkeiten nicht fähig erachtet und es würden dafür junge Hochschulabsolventen neu aufgenommen oder in solchen Positionen eingesetzt, weil das Studium des Klägers oder die Beschäftigung mit bestimmten Spezialgebieten zu lange zurückliege; andererseits würden für die Beurteilung der Gleichartigkeit der Tätigkeit im Verhältnis zu minder qualifizierten Personen die Hochschulausbildung und die früher vom Kläger tatsächlich ausgeübten qualifizierten Tätigkeiten, die schon länger zurückliegen, herangezogen und die Gleichartigkeit der Tätigkeit zu der von minder qualifizierten Vergleichspersonen verneint. Ein sachgerechtes Ergebnis lasse sich nur dann erzielen, wenn man für die Berücksichtigung der "gleichen Tätigkeitssparte" alle jene Arbeitsplätze heranziehe, die der Kläger schon einmal eingenommen habe oder zu deren Ausfüllung er sofort oder nach angemessener Einarbeitungszeit in der Lage sei. In den Sozialvergleich seien daher auch jene Arbeitnehmer einzubeziehen, die in der gleichen Tätigkeitssparte beschäftigt seien, in der der Kläger in den letzten 6 Monaten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses tätig gewesen sei. Daher sei Ing.Thomas B*** in den Sozialvergleich einzubeziehen. Wenn auch dessen soziale Daten nicht vollständig festgestellt seien, könne doch aufgrund der festgestellten Umstände gesagt werden, daß ihn eine Kündigung weniger hart träfe als den Kläger, weil er erst 25 Jahre alt sei und schon deshalb wesentlich weniger lang bei der beklagten Partei beschäftigt sein könne wie der Kläger. Auch die Schwierigkeiten, einen anderen Arbeitsplatz zu finden, seien für einen 25jährigen um vieles geringer als für einen 53jährigen. Dieser Aspekt und die längere Betriebszugehörigkeit fielen bei der Beurteilung derart ins Gewicht, daß sie soziale Härte der Kündigung für den Kläger auch dann größer wäre, wenn Ing.B*** verheiratet sein und gleichviel oder mehr Kinder als der Kläger haben sollte. Auch der Umstand, daß Ing.B*** monatlich nur 18.400 S brutto verdiene, während der Kläger nur zu einer Gehaltseinschränkung auf monatlich 30.000 S brutto bereit sei, führe nicht zum Ergebnis, daß der Sozialvergleich trotz der größeren sozialen Härte der Kündigung für den Kläger dennoch zu seinen Lasten ausfalle. Die vom Gesetzgeber gewünschte besondere Beachtung von Alter und Betriebstreue lasse eine generelle und abstrakte Aussage zu, unter welchen Voraussetzungen betriebliche Erfordernisse Kündigungen rechtfertigten. Die durch die Kündigung eintretenden Kostenersparnisse müßten erheblich sein, um einen Personalabbau zu rechtfertigen. Wenn die Personalabbaumaßnahmen darin bestünden, ältere Arbeitnehmer durch jüngere auszutauschen, also lediglich jene Kosten zu verringern, die durch die vom Gesetz besonders geschützte Betriebstreue entstünden, widerspreche dies den im Gesetz ausgedrückten Wertungen. Setze man die für die beklagte Partei entstehende Kostenersparnis ins Verhältnis zu den sozialen Folgen der Kündigung für den Kläger, so falle diese Interessenabwägung zugunsten des Klägers aus.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinn des Eventualantrages berechtigt. Die Begründung des Berufungsgerichtes zur Frage der Betriebsbedingtheit der Kündigung ist zutreffend. Es genügt diesbezüglich auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist auszuführen, daß als allgemeine Regel für die Prüfung der Betriebsbedingtheit gelten kann, daß dann, wenn durch sachlich gerechtfertigte wirtschaftliche Vorgänge der Arbeitsplatz verloren geht, die Kündigung stets auch betriebsbedingt ist (Czerny, ArbVG, 499). Die angespannte wirtschaftliche Situation der beklagten Partei, die jährlich mit bedeutenden Verlusten belastet ist und deren Weiterbestand dadurch in Frage gestellt war, erforderte dringend eine Personalreduktion, um das Überleben des Unternehmens sicherzustellen. Die Einschränkungen waren vor allem in den Unternehmensbereichen durchzuführen, die eine entsprechende Auslastung nicht aufzuweisen hatten. Im Zug dieser Maßnahmen wurde auch die Abteilung, in der der Kläger tätig war, aufgelassen. Für seinen Arbeitsplatz bestand kein Bedarf mehr. Im Hinblick auf diese besonders schwerwiegenden wirtschaftlichen Gründe auf Seiten der beklagten Partei ist auch unter Berücksichtigung der Intensität der Beeinträchtigung der Interessen des Klägers die ausgesprochene Kündigung nicht sozial ungerechtfertigt im Sinn des § 105 Abs 3 Z 2 zweiter Satz ArbVG.

Wenn wirtschaftliche Gründe die Kündigung eines Arbeitnehmers

erforderlich machen, hat der Arbeitgeber eine Auswahl nach sozialen

Gesichtspunkten durchzuführen. Da der Betriebsrat der Kündigung

ausdrücklich widersprochen hat und der Kläger ein entsprechendes

Vorbringen erstattet hat, liegen die Voraussetzungen für eine

Prüfung des erhobenen Begehrens unter dem Gesichtspunkt des

Sozialvergleiches vor. Dabei ist grundsätzlich von der Verwendung

des Klägers auszugehen, die Gegenstand seines Anstellungsvertrages

war. Dem Umstand, daß er letztlich durch einige Monate in der

Abteilung ECC 3 mit Tätigkeiten befaßt war, die unter der Ebene

dieser Qualifikation liegen, kommt keine entscheidende Bedeutung zu,

zumal es sich nach den Feststellungen dabei nur um einen

vorübergehenden Einsatz - für die Dauer der Meldung beim ZVD und in

der Folge während der Kündigungsfrist - handelte. Da der Kläger

nicht in der Lage ist, die Tätigkeiten der Arbeitnehmer Dipl.Ing.S***, Dipl.Ing.K*** und Ing.S*** zu verrichten (insbes. wegen mangelnder Kenntnisse auf dem Gebiet der EDV), scheidet ein Vergleich mit diesen Personen aus.

Der Rechtsansicht der Revisionswerberin, daß Ing.Thomas B*** und Clemens K*** für einen Sozialvergleich schon deshalb nicht in Frage kommen, weil sie nicht der Tätigkeitssparte des Klägers zuzuordnen seien, kann jedoch nicht beigetreten werden. Im Rahmen der Bestimmungen über den Sozialvergleich stellt das Gesetz letztlich auf die betriebliche Austauschbarkeit von Arbeitnehmern ab. Es sind daher auch minder qualifizierte Arbeitnehmer in den Sozialvergleich einzubeziehen, wenn der zu kündigende, höher qualifizierte Arbeitnehmer sowohl fähig als auch willens ist, eine minder qualifizierte Arbeit auszuführen. Die im Gesetz normierte Voraussetzung, daß die in den Sozialvergleich einzubeziehenden Personen derselben Tätigkeitssparte anzugehören haben, steht dieser Interpretation nicht entgegen, da die genannte Voraussetzung gemäß den Grundsätzen der teleologischen Interpretation in einem Kontext mit den Voraussetzungen der Eignung und des Willens, der übrigen Tätigkeiten auszuüben, gesehen werden muß. Zweck dieser drei Voraussetzungen ist es, den Kreis der in den Sozialvergleich einzubeziehenden Personen auf jene zu beschränken, die aus betrieblicher Sicht mit dem Gekündigten austauschbar sind. Ist nun der Gekündigte willens und fähig, eine minder qualifizierte Arbeit auszuführen, ist er also mit den entsprechenden Arbeitnehmern austauschbar, so ist gemäß dem aufgezeigten Grundsatz davon auszugehen, daß auch diese Arbeitnehmer dem Sozialvergleich zu unterstellen sind (Runggaldier in Tomandl Hrsg, Beendigung des Arbeitsvertrages 106; in diesem Sinne auch Kuderna aaO, 18 i;

Floretta in Floretta-Strasser, Handkommentar zum ArbVG 647). Es ist

jedoch erforderlich, daß der zu kündigende Arbeitnehmer bereit ist,

insgesamt, auch entgeltmäßig, in die arbeitsrechtliche Stellung des

zum Vergleich herangezogenen Arbeitnehmers einzutreten. Ist er nicht

bereit, die geringere Entlohnung an dem anderen Arbeitsplatz in Kauf

zu nehmen und einer vertraglichen Änderung seines Arbeitsentgeltes

zuzustimmen, so fällt der Sozialvergleich zu seinen Ungunsten aus

(Czerny, ArbVG8, 504, Kuderna aaO, 19). Allerdings kann nicht, wie

dies die beklagte Partei vertritt, konkret auf die aktuelle

Entlohnung des zum Vergleich herangezogenen Arbeitnehmers abgestellt

werden, weil sonst dem vom Gesetz in den Vordergrund gestellten

Schutz älterer Arbeitnehmer nicht entsprochen und dies überdies eine Ungleichbehandlung gegenüber einem innerhalb derselben Entlohnungsgruppe tätigen Arbeitnehmer zur Folge hätte. Stellt sich die Frage des Sozialvergleichs zwischen Arbeitnehmern, die bei gleicher Tätigkeit innerhalb derselben Entlohnungsgruppe eingereiht sind, so ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn ein Vergleich sozialer Gesichtspunkte für den Gekündigten eine größere soziale Härte als für den anderen Arbeitnehmer ergibt, wobei das Gesetz im folgenden beispielsweise eine Anzahl von Kriterien anführt, die bei dieser Prüfung zu berücksichtigen sind. Daraus ergibt sich, daß als soziale Gesichtspunkte in jedem Fall die Dauer der Betriebszugehörigkeit und die mit dem höheren Lebensalter verbundenen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen sind. Fällt in einem solchen Fall der Sozialvergleich zugunsten des Gekündigten aus, so ist der Anfechtung stattzugeben, ohne daß es erforderlich wäre, daß etwa ein älterer Arbeitnehmer bereit ist, die geringere Entlohnung eines jüngeren zum Vergleich herangezogenen Arbeitnehmers in Kauf zu nehmen. Erfolgt in einem solchen Fall die Entlohnung nach den Mindestansätzen des Kollektivvertrages (hier Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie, a für Angestellte der Eisen- und Metallwarenindustrie), so stünden dessen zwingende Bestimmungen einer Herabsetzung des Entgeltes entgegen, weil mit der Zurücklegung der dort bezeichneten Verwendungsgruppenjahre eine jeweils höhere Mindestentlohnung vorgesehen ist und die Vereinbarung eines darunter liegenden Entgeltes nicht wirksam wäre.

Dieselben Grundsätze müssen aber gelten, wenn ein Arbeitnehmer, der in einer Verwendungsgruppe eingeordnet ist, die unter der des Gekündigten liegt, in den Sozialvergleich einbezogen wird. Zur erfolgreichen Berufung auf den Sozialvergleich ist es - sofern ein Vergleich sozialer Gesichtspunkte für den Gekündigten spricht - in diesem Fall nicht erforderlich, daß der gekündigte Arbeitnehmer seine Bereitschaft erklärt, eine Herabsetzung seines Gehalts auf die aktuellen ziffernmäßigen Bezüge des zum Vergleich herangezogenen Arbeitnehmers hinzunehmen. Der Sozialvergleich fällt bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen bereits dann zu seinen Gunsten aus, wenn er seine Bereitschaft zur (vertraglichen) Herabsetzung seines Entgeltes auf den Betrag erklärt, der dem zum Vergleich herangezogenen Arbeitnehmer aufgrund der für ihn wirksamen Entgeltrichtlinien (Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder vertraglich darüber liegendes Gehaltsschema) ausgehend von den beim Gekündigten vorliegenden Kriterien (Alter, Dauer der Verwendung - wobei die Zeit der Verwendung in einer höheren Verwendungsgruppe einzubeziehen wäre -, Dauer der Betriebszugehörigkeit etc) gebühren würde.

Die beklagte Partei führt im weiteren aus, daß sie keine rechtliche Möglichkeit habe, dem Kläger eine minder bezahlte Arbeit bei Herabsetzung der Bezüge zuzuweisen. Nach den Feststellungen hat der Kläger sein Einverständnis zu einer Gehaltskürzung bis höchstens 30.000 S brutto erklärt. Diese Erklärung stellt ein Anbot des Klägers dar, die von ihm bezeichnete gegenüber seiner bisherigen Tätigkeit geringer qualifizierte Arbeit gegen ein Entgelt in dieser Höhe auszuführen und damit seinen Arbeitsvertrag in diesem Sinn abzuändern. Dieses Anbot bedarf, um wirksam zu werden, nur der Annahme der beklagten Partei. Bei Durchführung des Sozialvergleiches vor Ausspruch einer Kündigung könnte, sofern eine Einigung nicht erzielt wird, die Vertragsanpassung im Weg einer Änderungskündigung erreicht werden.

Die Feststellungen reichen allerdings zur abschließenden Beurteilung nicht aus. Aus dem Sachverhalt, den die Vorinstanzen ihren Entscheidungen zugrundelegten, ergibt sich nur die Höhe der derzeit von Ing.B*** und Clemens K*** bezogenen Gehälter. Beide Bezüge liegen wesentlich unter dem Betrag von 30.000 S, den der Kläger als Untergrenze für die Reduktion seiner Bezüge bezeichnet hat. Es steht allerdings nicht fest, welches Gehalt Ing.B*** und Clemens K*** bei Zutreffen der dienstrechtlichen Stellung des Klägers (abgesehen vom Inhalt der Verwendung) nach dem für sie geltenden Gehaltsschema zustünde. Dies wird ergänzend festzustellen sein. Ein Sozialvergleich könnte dann zugunsten des Klägers ausfallen, wenn er einer vertraglichen Reduktion seines Gehaltes auf den sich aus dieser Überprüfung ergebenden Bezug zustimmt. Sollte sich ergeben, daß diese Voraussetzung erfüllt ist, so werden ergänzende Feststellungen bezüglich der in den Sozialvergleich einzubeziehenden Personen nachzutragen sein. Der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, daß bereits der bisher feststehende Sachverhalt eine ausreichende Beurteilungsgrundlage biete, weil die für den Kläger sprechenden Gründe durch die bei den Vergleichspersonen in Frage kommenden Umstände nicht aufgewogen werden könnten, kann nicht beigetreten werden. Es trifft wohl zu, daß das Alter des Klägers und die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit wesentliche Kriterien bilden, die zu seinen Gunsten sprechen, zumal Ing.B*** und Clemens K*** erst 25 Jahre alt sind und sich bereits daraus eine gegenüber dem Kläger erheblich geringere Dauer der Betriebszugehörigkeit ergibt. Auch die finanzielle Situation des Klägers, der für seine nicht berufstätige Gattin und zwei mj.Kinder zu sorgen hat und der mit beträchtlichen finanziellen Verbindlichkeiten für eine erst vor kurzem angeschaffte Eigentumswohnung belastet ist, ist ein schwerwiegendes Argument, das zu seinen Gunsten spricht. Andererseits kann aber ohne jede Grundlage über die familiäre und wirtschaftliche Situation der in den Sozialvergleich einzubeziehenden Personen eine entsprechende Gegenüberstellung nicht vorgenommen werden. Für den Sozialvergleich ist es unumgänglich, daß die sozialen Verhältnisse der in Frage kommenden Personen in allen für die Entscheidung wesentlichen Punkten genau feststehen, weil sonst eine Abwägung der Interessenlage nicht möglich ist. Wenn auch schwerwiegende Gründe zugunsten des Klägers sprechen, kann doch nicht ausgeschlossen werden, daß auf Seiten der anderen für den Sozialvergleich in Frage kommenden Arbeitnehmer im persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Bereich gravierende Gründe vorliegen, die ungeachtet der nach den Feststellungen beim Kläger bestehenden sozialen Situation zum Ergebnis führen könnten, daß die Abwägung im Rahmen des Sozialvergleiches zu ihren Gunsten ausfällt oder die beiderseitigen Gründe sich die Waage halten.

In diesen Punkten erweist sich das Verfahren ergänzungsbedürftig. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E16679

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00039.89.0222.000

Dokumentnummer

JJT_19890222_OGH0002_009OBA00039_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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