TE OGH 1989/3/2 12Os172/88

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Veröffentlicht am 02.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.März 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Ofner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz Michael H*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 18.November 1988, GZ 35 Vr 2237/88-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, und des Verteidigers Dr. Roland, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 33-jährige Franz Michael H*** (zu I) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG (nF) und (zu II) des Vergehens nach § 16 Abs 1, vierter und fünfter Fall, SuchtgiftG (nF) schuldig erkannt.

Darnach hat er

(zu I) von Ende 1982 bis Juni 1984 in Saalbach, Salzburg und Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich Kokain, in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, indem er insgesamt ca 900 Gramm Kokain an Franz G***, weitere ca 50 Gramm Kokain an Gerd K*** und weitere insgesamt ca 85 Gramm Kokain an Manfred E***, Hans B***, Walter H*** und Ursula K*** sowie an zwei nur mit dem Vornamen bekannte Personen, sohin insgesamt 1.035 Gramm Kokain, verkaufte;

(zu II) von Juni 1984 bis 19.August 1986 in Wien außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SuchtgiftG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich Kokain in einer nicht näher bekannten Menge, erworben und bis zum jeweiligen Eigenkonsum besessen. Franz Michael H*** wurde hiefür nach § 28 StGB, § 12 Abs 1 SuchtgiftG zu einer (gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe von 18 Monaten sowie gemäß § 12 Abs 5 SuchtgiftG zu einer Geldstrafe von 100.000 S, im Uneinbringlichkeitsfall 2 Monate Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt; weiters wurde gemäß § 13 Abs 2 SuchtgiftG auf eine Wertersatzstrafe von 1,200.000 S, im Uneinbringlichkeitsfall ein Jahr Ersatzfreiheitsstrafe, erkannt, wobei gemäß § 43 a Abs 1 StGB ein Teil dieser Wertersatzstrafe, nämlich im Ausmaß von 1,000.000 S, unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Von einem weiteren Anklagevorwurf in Richtung des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG erging ein unangefochten gebliebener Teilfreispruch gemäß § 259 Z 3 StPO.

Der Angeklagte bekämpft das Urteil lediglich im Strafausspruch mit einer auf die Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; weiters hat er Berufung ergriffen. Als nichtig im Sinn der zitierten Gesetzesstelle bezeichnet der Beschwerdeführer den Strafausspruch zum einen deshalb, weil das Schöffengericht in Ansehung des Ausmaßes der Wertersatzstrafe seine Strafbefugnis überschritten habe; zum anderen habe das Gericht in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen, weil es die Wertersatzstrafe nicht zur Gänze, sondern nur zum Teil bedingt nachgesehen hat.

Die Beschwerde ist in keinem Punkt im Recht.

Mit dem (im übrigen in Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde unsubstantiiert gebliebenen) Einwand, das Gericht hätte die Wertersatzstrafe zur Gänze bedingt nachsehen müssen, wird eine Nichtigkeit im Sinn des dritten Anwendungsfalls der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO nicht dargetan. Läge doch eine solche nur vor, wenn das Gericht nach dem Inhalt der Urteilsgründe für seine Entscheidung, die Wertersatzstrafe nur teilweise bedingt nachzusehen, Kriterien herangezogen hätte, die den im Gesetz (in bezug auf eine solche !Neben- Strafe) normierten Vorschriften über die bedingte bzw teilbedingte Strafnachsicht (§§ 43, 43 a StGB iVm § 44 Abs 2, zweiter Satz, StGB) in unvertretbarer Weise widersprechen (vgl EvBl 1988/116). Ein solcher Widerspruch wird indes in der Rüge nicht einmal behauptet; er haftet dem angefochtenen Strafausspruch auch nicht an. Zwar spricht § 44 Abs 2, zweiter Satz, StGB nur davon, daß unter den näher bezeichneten Voraussetzungen "eine andere Nebenstrafe" (als der Verfall) - wozu die gemäß § 13 Abs 2 SuchtgiftG verhängte Wertersatzstrafe zählt (vgl SSt 52/8 = EvBl 1981/186 verst Senat sowie Foregger-Litzka Suchtgiftgesetz2 Anm III zu § 13 und Leukauf-Steininger Strafrechtliche Nebengesetze2

2. ErgH 1985, 58) - "bedingt nachzusehen" ist. Die in Rede stehende Vorschrift ist aber im Zusammenhang mit dem Abs 1 des § 44 StGB zu lesen, worin ausdrücklich auch § 43 a StGB zitiert ist. Daraus folgt, daß (auch) in bezug auf "eine andere Nebenstrafe" (als den Verfall) sowohl § 43 als auch § 43 a StGB anwendbar ist (vgl auch die Überschrift des § 44 StGB, die generell auf "bedingte Nachsicht" abstellt, wiewohl § 44 Abs 1 nicht nur § 43, sondern auch § 43 a für anwendbar erklärt). Da das Erstgericht jedenfalls mit der über den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe die (eine) Hauptstrafe bedingt nachgesehen hat, durfte es (unbeschadet dessen, daß die gemäß § 12 Abs 5 SuchtgiftG zusätzlich verhängte Geldstrafe unbedingt ausgesprochen wurde) die Wertersatzstrafe im Sinn des § 44 Abs 2, zweiter Satz, StGB teilbedingt nachsehen.

Verfehlt ist aber auch der weitere Beschwerdeeinwand, der "tatsächliche Erlös" aus dem Suchtgiftverkauf habe insgesamt nur 450.000 S betragen, weil der Beschwerdeführer das Kokain zu einem Grammpreis von 1.000 S gekauft und durch den Verkauf von 900 Gramm an Franz G*** zu einem Grammpreis von 1.500 S lediglich einen "Verdienst" von 500 S pro Gramm erzielt habe, weshalb die Wertersatzstrafe maximal 450.000 S betragen hätte dürfen. Denn bei dieser Argumentation übersieht die Beschwerde, daß der Begriff des Erlöses (im Sinn des § 13 Abs 2 SuchtgiftG) nicht dem des Nutzens (im Sinn des § 12 Abs 5 SuchtgiftG) gleichzusetzen ist. Letzterer ist zwar für die Bemessung der (neben der Freiheitsstrafe verhängten) Geldstrafe maßgebend, nicht aber für die Wertersatzstrafe gemäß § 13 Abs 2 SuchtgiftG, für welche es auf die Höhe des (gemeinen) Wertes oder des tatsächlich erzielten (nicht mehr greifbaren) Erlöses (und nicht etwa bloß auf den erlangten Gewinn) ankommt. Der tatsächlich erzielte Erlös aus dem Verkauf des Kokains an Franz G*** hat aber insgesamt 1,350.000 S betragen. Dazu kommt noch der (gemeine) Wert jener 135 Gramm Kokain, die der Beschwerdeführer an andere Personen verkauft hat (I 2 und 3 des Schuldspruchs) und in bezug auf welche der (erzielte) Erlös nicht festgestellt wurde, sodaß das Schöffengericht, indem es den Wertersatz (lediglich) mit 1,200.000 S festsetzte, seine ihm gemäß § 13 Abs 2 SuchtgiftG zustehende Strafbefugnis keineswegs überschritten (sondern im Gegenteil, von der Anklagebehörde unbekämpft, sogar unterschritten) hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe, der Geldstrafe und der Wertersatzstrafe sowie die bedingte Nachsicht (auch) der Geldstrafe und die gänzliche bedingte Nachsicht der Wertersatzstrafe an.

Auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Schöffengericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die Weitergabe des Suchtgifts an mehrere Personen, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis und das Wohlverhalten des Angeklagten seit der länger zurückliegenden Tat.

Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes kann dem Angeklagten der Milderungsgrund des § 34 Z 18 StGB nicht zugute gehalten werden; wurde doch die letzte Tathandlung gemäß § 16 Abs 1 SuchtgiftG am 19. August 1986 gesetzt, sodaß insoweit von einem längeren Zurückliegen der Tat nicht gesprochen werden kann. Bezogen auf die dem § 12 Abs 1 SuchtgiftG unterstellte Tat hinwieder kann im Hinblick auf das danach begangene Vergehen nach § 16 Abs 1, vierter und fünfter Fall, SuchtgiftG von einem seitherigen Wohlverhalten keine Rede sein, abgesehen davon, daß der Angeklagte sich nach dem Juni 1984 (letzte Tathandlung gemäß § 12 Abs 1 SuchtgiftG) der Verletzung der Unterhaltspflicht schuldig gemacht hat (P 2 der Strafregisterauskunft). Recht besehen kommt daher dem Berufungswerber nur das reumütige Geständnis als Milderungsgrund zugute. Wird dies entsprechend berücksichtigt und weiters erwogen, daß der Berufungswerber eine sehr beträchtliche Menge an Kokain (die, wenn die Tat nach dem 1.September 1985 begangen worden wäre, die Anwendung des § 12 Abs 3 Z 3 SuchtgiftG nF zur Folge gehabt hätte) in Verkehr gesetzt hat, so erweist sich die in erster Instanz verhängte Freiheitsstrafe als durchaus schuldangemessen. Aber auch die gemäß § 12 Abs 5 SuchtgiftG verhängte Geldstrafe ist nicht überhöht. Die Wertersatzstrafe gemäß § 13 Abs 2 SuchtgiftG schließlich ist (aufgrund ihrer Determinierung durch den Wert oder Erlös) absolut bestimmt und läßt solcherart (abgesehen vom hier nicht gegebenen Fall einer Aufteilung auf mehrere an derselben Tat Beteiligte) für ein mit Berufung bekämpfbares Ermessen keinen Raum (vgl Leukauf-Steininger aaO ENr 97 zu § 12 SuchtgiftG). Zur Erreichung der Strafzwecke bedarf es, wie das Erstgericht zutreffend erkannte, jedenfalls des Vollzugs der Geldstrafe sowie zumindest eines Teiles der Wertersatzstrafe, weshalb auch dem Begehren um bedingte Nachsicht dieser Strafen (gemäß § 43 StGB) nicht nähergetreten werden konnte.

Anmerkung

E17514

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00172.88.0302.000

Dokumentnummer

JJT_19890302_OGH0002_0120OS00172_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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