TE OGH 1989/3/14 4Ob16/89

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Veröffentlicht am 14.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***-Zeitschriftenverlags-Gesellschaft mbH, Wien 6., Lehargasse 11, vertreten durch Dr.Andreas Steiger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei L***-Gesellschaft mbH, Wien 1., Walfischgasse 11, vertreten durch Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 17. November 1988, GZ 1 R 181/88-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 20.Juli 1988, GZ 38 Cg 295/88-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.079,40 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 2.679,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Medieninhaberin der periodischen monatlich erscheinenden Druckschriften "W***" und "W***"; die Beklagte ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift "F*** UND F***". Beide Parteien nehmen in ihre Druckwerke entgeltliche Inserate, unter anderem von Unternehmen der Bekleidungs- und Kosmetikartikelbranche, von KFZ-Händlern und von Nahrungsund Genußmittelherstellern, auf; die Leserkreise überschneiden einander zumindest teilweise.

Auf Seite 53 der Sommerausgabe 1988 ihrer Zeitschrift "F*** UND F***" kündigte die Beklagte - auf grünem Grund im Großdruck - an:

"Die A*** T*** und F*** UND F*** laden zur Woche der romantischen Musik nach Schloß Grafenegg".

Im Anschluß daran wurde - neben einem Lichtbild des genannten Schlosses - ein dreispaltiger Artikel über das Schloß Grafenegg und die in der Überschrift angekündigte Veranstaltung gebracht. In der mittleren Spalte fand sich - nur durch Unterstreichung der ersten zehn Wörter vom übrigen Text hervorgehoben und sonst nicht besonders ins Auge fallend - folgender Text:

"Dank der Unterstützung durch A*** T*** verlost F*** UND F*** drei Preise und zwar 1. einen Wochenendaufenthalt für zwei Personen (mit Eintritt zu allen Veranstaltungen und inklusive Anreise) vom 10. bis zum 12.September 1988, als zweiten Preis Karten (für zwei Personen) für das Eröffnungskonzert und als dritten Preis eine Stange "Belvedere". F*** UND F*** ergänzt diese Preise für den 1. Preis mit einem Buch über Robert Schumann, für den zweiten und dritten Preis mit je 1000 S als Fahrtkostenzuschuß. Viel Spaß! Und so wird's gemacht: Schreiben Sie einfach eine Postkarte mit Ihrer Anschrift und dem Kennwort 'Belvederekonzert' an unsere Adresse, Frau und Freizeit, 1010 Wien, Walfischgasse 11. Aus den Einsendern werden drei Gewinner gezogen, der Rechtsweg ist ausgeschlossen, Korrespondenz über das Preisausschreiben wird keine geführt; die Gewinner werden wie üblich rechtzeitig verständigt und im Folgeheft veröffentlicht."

Mit der Behauptung, daß dieses Gewinnspiel gegen § 28 UWG verstoße, weil die Spielbedingungen erst aus der Zeitschrift zu erfahren seien, der Gewinn von einer Verlosung abhänge und auch die Gewinner im Folgeheft veröffentlicht würden, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung für die Zeit bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreites beim Vertrieb der periodischen Druckschrift "F*** UND F***" zu verbieten

1. das Ankündigen der Verlosung von drei Preisen anläßlich der "Woche der romantischen Musik" auf Schloß Grafenegg vom 10. bis 18. September 1988, bei welchem Preise nicht unbedeutenden Wertes, insbesondere die drei oben genannten Preise, verlost werden, wobei die Teilnahmebedingung das Einsenden einer Postkarte mit dem Kennwort "Belvedere" und dem Namen und der Adresse des Teilnehmenden an die "F*** UND F***" (ist) und "deren" Gewinner im Folgeheft der "F*** UND F***" veröffentlicht werden;

2. das Verlosen oder Ziehen von solchen bei der Beklagten einlangenden Postkarten und das Verteilen solcher Wettgewinne. Die Beklagte sprach sich gegen den Sicherungsantrag aus. Da von der Ankündigung des Gewinnspiels nur Kenntnis erhalten könne, wer die betreffende Zeitschrift bereits besitze und sie daher nicht mehr kaufen müsse, könne sein Gewinnstreben den Entschluß zu einem Warenbezug nicht mehr beeinflussen. Das Gewinnspiel beschränke sich darauf, die Aufmerksamkeit auf die Zeitschrift der Beklagten zu lenken, entbehre aber jeder Akzessorietät zu deren entgeltlichem Absatz; es sei daher zulässig. Auch durch das Ankündigen einer persönlichen Verständigung der Gewinner habe nicht der Eindruck entstehen können, daß es für die Feststellung des Verlosungsergebnisses vorteilhafter sei, die Folgenummer der Zeitschrift "F*** UND F***" zu kaufen.

Der Erstrichter erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Die Beklagte habe gegen § 28 UWG verstoßen: Von der Ankündigung des Gewinnspiels habe auch derjenige Kenntnis erlangen können, der die Zeitschrift noch nicht erworben gehabt habe. Vor allem in Supermärkten und bei größeren Zeitschriftenverschleißstellen sei es üblich, eine Zeitschrift vor ihrem Erwerb durchzublättern. Es sei anzunehmen, daß potentielle Käufer dabei von dem Gewinnspiel Kenntnis erlangt hätten; dadurch habe das Bestreben, die Gewinnchance zu wahren, Einfluß auf die Kaufentscheidung genommen. Auch der Hinweis darauf, daß die Gewinner wie üblich rechtzeitig verständigt und im Folgeheft veröffentlicht würden, bilde für den Spielteilnehmer einen Anreiz, das Folgeheft zu erwerben, zumal die Ankündigung "wie üblich rechtzeitig" keine genaue Aussage über Zeit und Art der Verständigung enthalte und der am Ergebnis der Verlosung Interessierte den Erwerb des Folgeheftes als den zuverlässigsten Weg ansehen müsse, von einem eventuellen Gewinn Kenntnis zu erlangen. Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Ein Verstoß gegen § 28 UWG liege nicht vor, wenn der Käufer einer Zeitschrift von dem Preisrätsel erst Kenntnis erlange, nachdem er die Zeitschrift bereits gekauft habe; in einem solchen Fall könne die Entscheidung, die Zeitschrift zu kaufen, nicht mehr beeinflußt werden. Auf dem Titelblatt der Zeitschrift der Beklagten habe sich kein Hinweis auf das Preisrätsel befunden; auch irgendeine Werbung mit dem Preisrätsel sei weder behauptet noch bescheinigt worden. Da das Einsenden einer Postkarte genügt habe, hätten auch dann mehrere Personen an dem Spiel teilnehmen können, wenn nur eine von ihnen die Zeitschrift erworben habe. Auch ein mehrfacher Erwerb der Zeitschrift habe die Gewinnchancen nicht erhöhen können, so daß auch dadurch kein Anreiz zum Kauf der Zeitschrift gegeben gewesen sei. In manchen größeren Geschäften habe zwar der Kunde die Möglichkeit, vor dem Kauf auch den Inhalt der Zeitschrift zu sehen und daher von dem Preisrätsel Kenntnis zu erlangen; dabei handle es sich aber nur um einen unmaßgeblichen Teil der in Betracht kommenden Verbraucher. Der durchschnittliche Interessent werde eine Zeitschrift ohne nähere Prüfung ihres Inhaltes kaufen; er werde davon eine gewisse Unterhaltung und Entspannung erwarten und die Zeitung auf Grund des Titels und der dort angeführten Schlagzeilen erwerben; anders möge es vielleicht bei Fachzeitschriften sein, die ein Kunde nur dann zu erwerben bereit sei, wenn sie einen ihn besonders interessierenden Beitrag enthalten. Hiezu komme, daß das beanstandete Preisrätsel in einer solchen Form angekündigt worden sei, daß es nur bei aufmerksamem Lesen der gesamten Seite 53 erkennbar werde. Auch der Hinweis auf die Veröffentlichung der Gewinner im Folgeheft könne das Unterlassungsbegehren der Klägerin nicht stützen. Wenngleich die Zeitschrift der Beklagten im Impressum ein monatliches Erscheinen ankündige, sei doch auf dem Titelblatt anstelle eines Erscheinungsdatums oder -monats lediglich "Sommer" angeführt; für den Leser stehe daher die schriftliche Verständigung von einem möglichen Gewinn im Vordergrund, da er nur so die Gewähr habe, rechtzeitig die Ergebnisse der Verlosung zu erfahren. Auch das Bestreben, den Gewinner zu erfahren, bilde somit keinen Anreiz für den Entschluß, die Folgenummer zu kaufen. Die Beklagte habe infolgedessen weder gegen § 28 noch gegen § 1 UWG verstoßen. Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung der ersten Instanz wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Nach § 28 UWG ist es - soweit hier von Bedeutung verboten, Waren in der Form zu vertreiben, daß eine neben der Ware zu gewährende Zuwendung (Prämie) vom Ergebnis einer Verlosung - wie im vorliegenden Fall - oder einem anderen Zufall abhängig gemacht ist. Die Terminologie des § 28 UWG entspricht jener des § 1 ZugG (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 104; Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung 303). Nach § 1 Abs 1 ZugG ist es verboten, im geschäftlichen Verkehr neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anzubieten, anzukündigen oder einem größeren Kreis von Personen zu gewähren. Dabei ist es nach § 1 Abs 1 Satz 2 ZugG belanglos, ob die Zugaben im vorhinein, gleichzeitig mit der Ware oder Leistung oder erst später gewährt werden sollen oder gewährt werden und ob sie in Waren oder Leistungen bestehen. Ist aber die neben einer Ware oder einer Leistung zu gewährende Zugabe vom Ergebnis einer Verlosung oder von einem anderen Zufall abhängig, dann gelten gemäß § 6 ZugG nicht die Bestimmungen dieses Gesetzes, sondern § 28 UWG. Die von § 28 UWG erfaßten Formen glücksspielartigen Vertriebes sind somit als Sonderform der Zugabe anzusehen (Schuhmacher aaO).

Zugabe ist nach ständiger Rechtsprechung ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung angekündigt, angeboten oder gewährt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern (ÖBl 1985, 108 mwN). Dieser Vorteil muß mit der Hauptware (-leistung) in einem solchen Zusammenhang stehen, daß er objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware (-leistung) zu beeinflussen, also Werbe- oder Lockmittel sein (ÖBl 1985, 47 und 108 je mwN; Hohenecker-Friedl 122; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1906 Rz 12 zu § 1 dZugVO). Zwischen der Haupt- und der unentgeltlichen Zusatzleistung muß demnach ein "innerer Zweckzusammenhang" bestehen; es müssen diejenigen Waren- oder Leistungsumsätze gefördert werden, neben denen und zu denen die Zuwendung gemacht wird (Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt 101 Rz 26 zu § 1 dZugVO). Die Zuwendungen müssen neben Hauptangeboten gemacht oder in Aussicht gestellt werden, für die sich der Kunde um ihretwillen entschließen soll; auf die Förderung des Einzelgeschäftes und nicht der allgemeinen Geschäftstätigkeit kommt es dabei an (Hoth-Gloy aaO 103 Rz 28). Der notwendige Zusammenhang muß zur Zeit des Kaufentschlusses gegeben sein; er kann nicht nachträglich in Umkehrung der Kausalfolge hergestellt werden. Werden nach dem Geschäftsabschluß Zuwendungen in Aussicht gestellt oder gewährt, mit denen der Käufer beim Kauf nicht rechnen konnte, dann liegt keine Zugabe vor. Die dem Ziel und Zweck des Zugabeverbotes zuwiderlaufenden werblichen Wirkungen müssen spätestens bei Vertragsschluß (Kaufentschluß) wirksam geworden sein (Hoth-Gloy aaO 112 f Rz 34).

Wendet man diese Grundsätze, die auch für den Bereich des § 28 UWG gelten, hier an, dann muß ein Verstoß der Beklagten gegen § 28 UWG verneint werden. Die Beklagte hat auf das beanstandete Gewinnspiel weder auf dem Titelblatt ihrer Zeitschrift noch sonst in der Werbung hingewiesen; erst beim Durchblättern der Zeitschrift konnte man auf dieses Spiel stoßen. Hatte aber jemand die Zeitschrift bereits gekauft und erst dann von dem Gewinnspiel erfahren, so bestand für ihn keinerlei Anlaß, im Hinblick auf dieses Spiel eine oder mehrere weitere Nummern derselben Zeitschrift zu erwerben, konnte er doch seine Gewinnchancen zwar durch das Einsenden mehrerer Postkarten, nicht aber durch den Erwerb weiterer Exemplare der Zeitschrift erhöhen. Wollte er Familienangehörige, Freunde, Bekannte udgl. an der Gewinnchance teilhaben lassen, so genügte es, ihnen mitzuteilen, daß sie eine Postkarte unter dem Kennwort "Belvederekonzert" an die Beklagte abzusenden hätten; ein Erwerb der Zeitschrift durch diese Personen hätte deren Gewinnchance in keiner Weise beeinflußt (in diesem Sinne schon 4 Ob 112/88 und 4 Ob 113/88).

Aber auch die Mitteilung, daß die Gewinner "wie üblich rechtzeitig verständigt und im Folgeheft veröffentlicht" würden, war nicht geeignet, Spielteilnehmer zum Kauf des nächsten Heftes zu veranlassen. Diese Eignung wurde allerdings dort bejaht, wo nur eine Bekanntgabe der Gewinner in der Zeitung angekündigt (ÖBl 1982, 46) oder jedenfalls nicht darauf hingewiesen wurde, daß die Gewinner direkt verständigt würden (ÖBl 1980, 81 mit Kritik von Korn); hier hatte aber die Beklagte ausdrücklich die persönliche Verständigung der Gewinner zugesagt. Nur ein ganz geringfügiger, nicht ins Gewicht fallender Teil der Spielteilnehmer konnte sich in einem solchen Fall veranlaßt sehen, bei Ausbleiben einer Verständigung von einem Gewinn das nächste Heft der Zeitschrift zu kaufen, um allenfalls dort von seinem Gewinn zu erfahren. Auch das hätte aber im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Art der angekündigten Gewinne nur dann Sinn gehabt, wenn die nächste Nummer der Zeitschrift noch vor dem 10. September 1988 erschienen wäre; das hat jedoch die Klägerin nicht einmal behauptet. Durch das vorliegende, auf eine zeitlich begrenzte Veranstaltung bezogene Gewinnspiel konnte aber auch keine Hoffnung auf ähnliche Spielveranstaltungen in den folgenden Ausgaben der Zeitschrift erweckt werden.

Dem Gericht zweiter Instanz ist schließlich auch darin zu folgen, daß nur ein geringer, nicht ins Gewicht fallender Teil des angesprochenen Publikums Zeitschriften erst nach näherer Prüfung ihres Inhalts zu kaufen pflegt. In aller Regel sieht der Erwerber einer Zeitschrift oder Zeitung vor dem Kauf im besten Fall ihre Titelseite, nicht aber die erst im Blattinneren gemachten Ankündigungen; ein genaues Durchblättern solcher Medien vor ihrem Kauf kommt dagegen wohl nur ausnahmsweise vor.

Da das beanstandete Gewinnspiel somit nicht geeignet war, einen Anreiz zum Kauf der Zeitschrift "F*** UND F***" zu schaffen, liegt kein Verstoß gegen § 28 UWG vor.

Dem Revisionsrekurs mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 2, EO, 41, 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E17030

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00016.89.0314.000

Dokumentnummer

JJT_19890314_OGH0002_0040OB00016_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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