TE OGH 1989/3/15 3Ob562/88 (3Ob563/88, 3Ob564/88)

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Veröffentlicht am 15.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1) Arnold L***, Kaufmann, Feldbach, Raabau 150, und 2) Antonia L***, Hausfrau, ebendort, beide vertreten durch Dr. Gerhard Richter ua, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1) Ing. Josef T***, Kaufmann, Feldbach, Mühldorf 372, und 2) Christine T***, Angestellte, ebendort, beide vertreten durch Dr. Dieter Gorscheg, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wegen 1) 1,019.600 S (8 Cg 252/86),

2) 200.000 S (8 Cg 349/86) und 3) 1,322.853,06 S (8 Cg 356/86) je sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 23.Juni 1988, GZ 4 a R 83-85/88-31, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 27.Jänner 1988, GZ 8 Cg 252/86-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit 24.069,32 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.188,12 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 23.Oktober 1984 errichteten die vier Streitteile die Ing. J. T*** Gesellschaft mbH mit einem Stammkapital von je 125.000 S.

Am 14.Dezember 1984 errichteten diese GmbH als persönlich haftende Gesellschafter und die vier Streitteile als Kommanditisten die Ing. J. T*** Gesellschaft mbH & Co KG. Nach dem Gesellschaftsvertrag sind die Gewinn- und Verlustanteile der Gesellschafter auf privaten Verrechnungskonten zu verbuchen. Eine Verpflichtung zur Abgeltung von Verlustanteilen besteht für die Gesellschafter nicht.

Ende 1985 und anfangs 1986 wurde zwischen den Streitteilen über das Ausscheiden der Kläger verhandelt, was vor allem zu folgenden Vorgängen führte:

Mit Notariatsakt vom 4.Februar 1986 wurde ein Abtretungsvertrag über die Abtretung der GmbH-Geschäftsanteile der Kläger an die Zweitbeklagte abgeschlossen. Der Abtretungspreis von je 62.500 S entsprach der Höhe der von den Klägern schon eingezahlten Teile der Stammeinlage. Mit Gesellschafterbeschluß vom gleichen Tag stimmte die GmbH der Abtretung der Geschäftsanteile zu.

Mit Notariatsakt vom gleichen Tag wurde in untrennbarer Einheit mit dem Abtretungsvertrag ein Veräußerungsvertrag über die Übertragung der Gesellschaftsrechte der Kläger an der KG an die beiden Beklagten abgeschlossen.

Nach Punkt 2 dieses Vertrages sollten die Kläger am Gewinn und Verlust des von der KG betriebenen Unternehmens für das laufende Geschäftsjahr bis 31.Dezember 1985 zum bisherigen Gewinnverteilungsschlüssel beteiligt sein. Der Gewinnanteil der Kläger sei binnen sieben Tagen nach Erstellung der Zwischenbilanz fällig und zahlbar. Für den Fall, daß die Zwischenbilanz bis 17. März 1986 nicht erstellt sei, sei eine Vorauszahlung auf die Gewinnanteile von je 250.000 S, also zusammen 500.000 S an die Kläger zu überweisen. Eine nachträgliche Änderung der zum 31. Dezember 1985 zu erstellenden Zwischenbilanz durch Betriebsprüfungen sollte alle bisherigen Gesellschafter im Verhältnis ihrer bisherigen Erfolgsanteile treffen. - Da die Streitteile für das Geschäftsjahr bis 31.Dezember 1985 einen Gewinn erwarteten, wurde von einem Verlust nicht gesprochen. Die Nachzahlungsverpflichtung der Kläger sollte aber nur für die angeführten Fälle (Betriebsprüfung) gelten. Die vorgesehene Zwischenbilanz zum 31.Dezember 1985 wurde den Klägern erst mit Schreiben der KG vom 9.Jänner 1987 übermittelt. Sie war nicht unterfertigt. Das Schreiben enthielt die Aufforderung zur Zahlung binnen sieben Tagen. Mit Schreiben des Klagevertreters an den Beklagtenvertreter vom 14.Jänner 1987 wurde die Bilanz nicht anerkannt und die Nachschußpflicht bestritten. Im Fernschreiben vom 16. Februar 1987 vertraten die Beklagten die Ansicht, daß die Kläger einen Verlustanteil von je 1,958.598,10 S tragen müßten, welcher Betrag mit dem garantierten Gewinnanteil von 4,182.000 S verrechnet werden könne (dazu noch später). - Auf den Betrag von 500.000 S bezahlten die Beklagten 300.000 S. Die restlichen 200.000 S sind Klagsgegenstand zu 8 Cg 349/86.

Nach Punkt 3 des Vertrages betrug die Vergütung für die Kommanditbeteiligung je 790.000 S. - Dieser Betrag wurde von den Beklagten bei Vertragsunterfertigung bezahlt.

Nach Punkt 4 hatten die Kläger für die Ertragsaussichten der KG nicht einzustehen.

Nach Punkt 5 des Vertrages vereinbarten die Streitteile für die Zeitspanne vom 1.Jänner 1986 bis zum Tage des Ausscheidens der Kläger am 4.Februar 1986 einen garantierten fixen Gewinnanteil von 4,182.000 S unabhängig davon, ob in der Auseinandersetzungsbilanz zum 4.Februar 1986 ein höherer oder niedrigerer Gewinnanteil oder ein Verlust ausgewiesen ist. Mit der Zahlung dieses Betrages sollten alle aus dem Titel der Auseinandersetzung ausgelösten Ansprüche aller Art vollkommen befriedigt und verglichen und kein Teil mehr berechtigt sein, aus welchem Rechtstitel immer gegen den anderen Teil noch irgendwelche Forderungen und Ansprüche zu stellen. Dieser garantierte Gewinnanteil wurde mit dem Teilbetrag von 900.000 S sofort bezahlt; ein Teilbetrag von 1,000.000 S sollte bis 31. März 1986 fällig sein und wurde mit einer Zahlung vom Konto der KG, was die Kläger aber nicht bemerkt hatten, am 2.März 1986 beglichen; ein Teilbetrag von 1,000.000 S sollte am 30.Juni 1986 fällig sein und ist Klagsgegenstand zu 8 Cg 252/86; der Restbetrag von 1,282.000 S sollte am 30.September 1986 fällig sein und ist Klagsgegenstand zu 8 Cg 356/86. - Nicht nur der zu Punkt 3 behandelte Vergütungsbetrag, sondern auch der als fixer Gewinnanteil deklarierte Betrag war nach dem Willen der Parteien Kaufpreis für die abgetretenen KG-Anteile. Die unrichtige Benennung erfolgte nur aus steuerlichen Gründen. Alle vereinbarten Zahlungen, insbesondere auch die Vorauszahlungen auf den vermuteten Gewinnanteil für das Rumpfgeschäftsjahr 1985 sollten von dem Beklagten persönlich geleistet werden. - Ebenfalls am 4.Februar 1986 faßten die Gesellschafter der KG den Beschluß, daß den als Kommanditisten ausscheidenden Klägern unabhängig vom Betriebsergebnis ein fixer Gewinnanteil von je 2,091.000 S, also zusammen 4,182.000 S, zugewiesen werde.

Die Kläger haben ihre Hafteinlagen voll eingezahlt. Der im ersten Rumpfgeschäftsjahr entstandene Verlust wurde nur auf den privaten Verrechnungskonten verbucht, während am Kapitalkonto der Kläger nur die einbezahlten Hafteinlagen aufschienen. Eine Verlustabdeckung haben die Kläger an die KG bisher nicht geleistet. Sie wurden auch - ausgenommen das oben erwähnte Schreiben vom 9. Jänner 1987 und das Fernschreiben vom 16.Februar 1987 - noch nicht aufgefordert, einen solchen Verlust abzudecken. Von einer Abtretung solcher Verlustabdeckungsansprüche der KG an die Beklagten wurden die Kläger von der KG nicht verständigt.

Auf Grund dieses im Revisionsverfahren nicht strittigen Sachverhaltes begehrten die Kläger in drei verbundenen Rechtssachen von den Beklagten zur ungeteilten Hand 1.) zu 8 Cg 252/86 (führender Akt) die zum 30.Juni 1986 fällige Rate gemäß Punkt 5 des Veräußerungsvertrages von 1,000.000 S zusätzlich nicht strittiger Nebengebühren zusammen 1,019.600 S sA; 2.) zu 8 Cg 349/86 den offenen Restbetrag zu Punkt 2 des Veräußerungsvertrages von 200.000 S sA und 3.) zu 8 Cg 356/86 die zum 30.September 1986 fällige Restrate gemäß Punkt 5 des Veräußerungsvertrages von 1,282.000 S zusätzlich nicht strittiger Nebengebühren, zusammen 1,322.853,06 S sA.

Die Beklagten beantragten die Abweisung der drei Klagebegehren. Sie wendeten ein, sie seien nicht persönliche Schuldner und daher passiv nicht legitimiert. Der Betrag von 200.000 S sei noch nicht fällig, weil die Nichterstellung der Bilanz bis zum 17.März 1986 von den Klägern verschuldet worden sei (worin dieses Verschulden bestehen soll, wurde nie vorgebracht). Es lägen ein Irrtum bei Vertragsabschluß und ein Wegfall der Geschäftsgrundlage vor, weil die Streitteile mit einem Gewinn und nicht mit einem erheblichen Verlust gerechnet hätten. Die Klageführung sei schikanös und sittenwidrig. Bis zum 31.Dezember 1985 seien die Kläger am Verlust der KG beteiligt. Die entsprechenden Verlustbeträge müßten daher von den Klägern getragen werden. Die KG habe ihre diesbezüglichen Ansprüche dem Beklagten abgetreten. Entweder seien daher die Beklagten nicht mehr zur Zahlung von Gewinnanteilen (um einen Kaufpreis habe es sich nicht gehandelt) verpflichtet, oder aber es stehe ihnen eine Aufrechnung zu, welche mittels Einrede geltend gemacht werde.

Das Erstgericht sprach aus, daß die drei Klagsforderungen zu Recht bestehen, die Gegenforderung nicht, und gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Die Vorinstanzen vertraten die Rechtsansicht, daß die passive Klagslegitimation wegen der von den beklagten Parteien ausdrücklich persönlich übernommenen Zahlungspflicht gegeben sei. Alle Zahlungen stellten in Wahrheit ungeachtet ihrer Bezeichnung den Gegenwert für die den Beklagten abgetretenen Gesellschaftsanteile beider Gesellschafter dar. Wegen der Generalklausel scheide die nachträgliche Geltendmachung eines Verlustes aus. Ein allfälliger Irrtum betreffe reine Geschäftserwartungen in der Sphäre der beklagten Parteien und sei daher unbeachtlich. Der KG stehe auch für den Zeitraum bis 31.Dezember 1985 kein Recht auf Verlustabdeckung durch die Kläger zu, weil im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich keine Nachschußpflicht, sondern lediglich die Verrechnung auf ein Verrechnungskonto vereinbart gewesen sei. Die allfälligen Ergebnisse der bis zum 31.Dezember 1985 erstellten Zwischenbilanz seien daher nicht von Belang.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach den von den Vorinstanzen getroffenen Tatsachenfeststellungen haben sich die beklagten Parteien persönlich zur Zahlung eines Veräußerungsentgelts verpflichtet, das aus steuerlichen Gründen teilweise als Gewinnanteil deklariert wurde. Wenn die Revision ausführt, es sei die Auszahlung eines Gewinnanteiles vereinbart und aus steuerlichen Gründen ein Teil des Gewinnes als Firmenwert bezeichnet worden, entfernt sie sich in unzulässiger Weise von den Feststellungen der Vorinstanzen. Der Umstand, daß im schriftlichen Vertrag festgehalten wurde, es bestünden keine Nebenabreden, steht dem hier erwiesenen Gegenteil nicht entgegen (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 261; MietSlg 34.125 mwN), zumal hier aus steuerlichen Gründen ein falscher Schein erweckt werden sollte.

Von diesen die beklagten Parteien persönlich als Erwerber von Gesellschaftsanteilen treffenden Verpflichtungen sind die Rechtsbeziehungen zwischen den Klägern und der KG zu unterscheiden. Ob den Klägern aus dem Gesellschaftsverhältnis noch Ansprüche gegen die KG zustehen, die niedriger oder höher als die Verpflichtungen der beklagten Parteien sein mögen, oder ob der KG noch Ansprüche gegen die Kläger zustehen, könnte in den vorliegenden Rechtsstreitigkeiten nur dann erheblich sein, wenn die KG den Beklagten solche Ansprüche abgetreten hätte. Auf die Verpflichtungen der beklagten Parteien hat es hingegen keinen Einfluß, auch wenn die KG für den Zeitraum vom 1.Jänner 1986 bis 4.Februar 1986 einen garantierten Gewinnanteil der Kläger von zusammen 4,182.000 S beschlossen hat, was vom Erstgericht (Seite 36) ausdrücklich festgestellt, also von den Vorinstanzen nicht etwa übergangen wurde. Unerheblich ist in dieser Hinsicht auch, was der Gesellschaftsvertrag für die Verluste bestimmte, wie Verluste im ersten Geschäftsjahr verbucht wurden, aber auch, daß der Zeitraum vom 1.Jänner 1986 bis 4.Februar 1986 Teil des Geschäftsjahres der KG vom 1.April 1985 bis 31.März 1986 war.

Richtig ist zwar, daß aus der persönlichen Leistungspflicht allein noch nichts über die rechtliche Natur der Verpflichtungen der beklagten Parteien folgen würde. Diese hätten sich zB persönlich verpflichten können, den Klägern nur das zu leisten, was diese von der KG als Gewinnanteil zu fordern berechtigt wären. Nach den getroffenen Feststellungen ist dieser Fall jedoch nicht gegeben, sondern die Beklagten haben sich zur Leistung der im einzelnen noch zu behandelnden Beträge unabhängig von den Ansprüchen zwischen den Klägern und der KG verpflichtet.

Die Auslegung der einzelnen Vertragsbestimmungen ergibt, daß die beklagten Parteien in diesem Sinne jedenfalls ein fixes Veräußerungsentgelt von 790.000 S (Punkt 3) und 4,182.000 S (Punkt 5) schuldeten.

Für den Fall eines Gewinnes der KG im Zeitraum vom 1.April 1985 bis 31.Dezember 1985 sollten die beklagten Parteien zusätzlich verpflichtet sein, den Klägern einen Betrag zu leisten, der der Höhe nach dem für diesen Zeitraum zu errechnenden Gewinnanteil gemäß einer zu erstellenden Zwischenbilanz entsprach. Sollte sich durch eine Betriebsprüfung der Sozialversicherung oder des Finanzamtes eine nachträgliche Änderung des Betriebsergebnisses der KG für diesen Zeitraum herausstellen, würde der von den beklagten Parteien zu leistende Betrag entsprechend höher oder niedriger ausfallen, was auch eine Rückzahlungspflicht der Kläger auslösen könnte; diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Falls die Zwischenbilanz nicht bis zum 17.März 1986 erstellt würde, sollten die Beklagten zu einer "Vorauszahlung" von 500.000 S verpflichtet sein.

An den Fall eines Verlustes der KG haben die Parteien nach den getroffenen Feststellungen zwar nicht gedacht, aber immerhin sollte die Nachzahlungsverpflichtung der Kläger nur im Falle einer der beiden erwähnten Betriebsprüfungen gelten. Im Verhältnis zwischen den Streitteilen scheidet damit die Möglichkeit aus, daß die beklagten Parteien sich von den im Punkt 3 und 5 vereinbarten fixen Beträgen im Falle eines Verlustes noch einen Verlustbetrag abziehen könnten.

Die Verwendung des Ausdruckes "Vorauszahlung" erlaubt zwar nicht die Auslegung der Vorinstanzen, daß die Kläger diesen Vorauszahlungsbetrag auch im Falle eines Verlustes oder eines den Vorauszahlungsbetrag nicht erreichenden Gewinnanteiles für den Fall der schon erfolgten Zahlung endgültig behalten dürften. Die "Strafe" der Nichterstellung der Bilanz bis zum vorgesehenen Zeitpunkt sollte wohl in einer Vorschußverpflichtung der beklagten Parteien bestehen, aber nicht darüber hinaus in der Zahlung einer Art Konventionalstrafe in Höhe der Vorauszahlung. Auch die Generalklausel des Punktes 5 spricht nicht für eine andere Auslegung, weil sich diese Vertragsklausel zunächst nur auf die Zeitspanne vom 1.Jänner 1986 bis zum Tag des Ausscheidens der Kläger am 4.Februar 1986 und den für diese Zeit zu leistenden "garantierten fixen Gewinnanteil" bezieht (in Wahrheit ein Veräußerungsentgelt), und nur der Inhalt der Auseinandersetzungsbilanz zum 4.Februar 1986 irrelevant bleiben sollte. Die Klausel ist nicht dahin zu verstehen, daß mit der Zahlung dieses Betrages (= 4,182.000 S) auch alle Verpflichtungen nach Punkt 2 befriedigt und verglichen seien, also etwa die Kläger im Fall eines Gewinnes bis 31.Dezember 1985 nicht den ihnen zustehenden Gewinnanteil erhalten sollten. Andererseits können aber die beklagten Parteien infolge ihrer Verpflichtung zur Leistung einer Vorauszahlung nach Unterlassung der zeitgerechten Vorlage der Zwischenbilanz die Zahlung des noch offenen Teiles des Vorauszahlungsbetrages nicht verweigern und schon jetzt den bezahlten Teil des Vorauszahlungsbetrages mit der Begründung fordern, es habe sich inzwischen herausgestellt, daß die Vorauszahlung (endgültig) gar nicht gebühre, weil es im kritischen Zeitraum keinen Gewinn, sondern einen Verlust gegeben habe. Die Beklagten haben doch gerade für den eingetretenen Fall des fehlenden Nachweises bis zu dem bestimmten Termin die Leistung versprochen und sind seither damit in Verzug. Es erscheint daher sachgerecht, die strittige Vorschußverpflichtung wie eine Vorleistungspflicht zu behandeln. Der Vorleistungspflichtige hat die Vorleistung unabhängig von der ihm selbst zustehenden Gegenleistung zu erbringen. Ein Leistungsverweigerungsrecht steht ihm gemäß § 1052 Satz 2 ABGB nur für den Fall der Unsicherheitseinrede zu. Klagt er die ihm zustehende Gegenleistung ein, ohne die eigene (Vor-)Leistung erbracht zu haben, wird seine Klage mangels Fälligkeit seiner Forderung abgewiesen. Er kann sich also nicht, aus seinem eigenen Verzug Vorteile ableitend, auf die inzwischen eingetretene Fälligkeit der Gegenleistung berufen und etwa eine Verurteilung zur Leistung Zug um Zug herbeiführen, sondern er bleibt uneingeschränkt vorleistungspflichtig (Ehrenzweig-Mayrhofer3, Schuldrecht AllgT 360 mwN). Solange der Vorleistungspflichtige seiner Vorleistungspflicht nicht nachgekommen ist, sich also im Verzug befindet, ist der Nachleistungspflichtige von seiner Leistung befreit (SZ 51/182 ua). Der Vorleistungspflichtige soll es nicht in der Hand haben, die Erfüllung der ihm obliegenden Vorleistung durch das Vorschützen von Gegenansprüchen uU jahrelang bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines Rechtsstreites hinausziehen zu können (Wahle in Klang2 IV/2, 72).

Diese Überlegungen treffen auch auf die vorliegende Verpflichtung zur Leistung eines Vorauszahlungsbetrages zu. Auch wenn es hier nicht unmittelbar um Leistung und Gegenleistung geht, haben die beklagten Parteien zunächst die Vorauszahlung wie versprochen in voller Höhe zu leisten, und erst nach Erfüllung dieser "Vorleistungsverpflichtung" werden sie unter Nachweis des vielleicht gegebenen Verlustes den Vorschuß rückfordern können. Solange sie aber mit der Leistung eines Teiles des Vorauszahlungsbetrages im Verzug sind, können sie weder die Leistung des restlichen Teiles ablehnen, noch ist ihr aufrechnungsweise eingewendeter Rückforderungsanspruch fällig.

Soweit die beklagten Parteien immer wieder auf die rein gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkte verweisen, ist noch folgendes anzufügen:

Die Formulierung der Vertragsbestimmung Punkt 2 ("am Gewinn und

Verlust sind ... für das laufende Geschäftsjahr bis 31.Dezember 1985

zum bisherigen Gewinnverteilungsschlüssel beteiligt. Dieser

Gewinnanteil wird ... fällig und zahlbar") spricht dafür, daß nicht

darauf abzustellen ist, ob und wann die KG gesellschaftsrechtlich verpflichtet gewesen wäre, einen Gewinnanteil an die Kläger auszuzahlen.

Aus der Regelung des § 167 Abs 2 und 3 HGB, wonach der einem Kommanditisten zukommende Gewinn seinem Kapitalanteil nur solange zugeschrieben wird, als dieser den Betrag der bedungenen Einlage nicht erreicht, und der Kommanditist am Verlust nur bis zum Betrage seines Kapitalanteiles und seiner noch rückständigen Einlage teilnimmt, würde zwar nach herrschender Ansicht folgen, daß das Kapitalkonto des Kommanditisten durch die Verlustbelastungen auch negativ sein kann und spätere Gewinnzuweisungen zunächst auf dem Kapitalkonto gutzubuchen sind, bis es wieder den positiven Stand der Pflichteinlage erreicht (Torggler-Kucsko in Straube, HGB, Rz 4 zu § 167 und Rz 4 zu § 169; Klaus-Mittelbach, Die Kommanditgesellschaft4, Rz 251). Ein solches Ausgleichungsrecht wurde aber zwischen den Streitteilen in dem hier maßgebenden Übernahmsvertrag nicht vereinbart. Auch aus der etwas widersprüchlich gehaltenen Formulierung des Punktes III Z 4 des Gesellschaftsvertrages ist für die Beklagten nichts zu gewinnen. Zwar könnte die Formulierung, Verlustanteile der Gesellschaft seien auf die privaten Verrechnungskonten zu verbuchen, auf den ersten Blick bedeuten, daß die Kommanditisten der Gesellschaft entgegen der gesetzlichen Regelung den Verlust in voller Höhe sofort und in jedem Fall refundieren müßten. Durch die unmittelbar folgende Vertragsbestimmung, daß für die Gesellschafter eine Verpflichtung zur Abdeckung der Verlustanteile nicht bestehe, wurde jedoch klargestellt, daß an eine solche Verbindlichkeit der Kommanditisten nicht gedacht war.

Auch der KG steht also gegen die Kläger keine Forderung auf Verlustabgeltung zu, sondern sie hat nur das Recht, im Falle von Gewinnanteilen zunächst den Ausgleich des allenfalls negativen Kapitalkontos herbeizuführen. Ob es darüber hinaus auch an der Abtretung von Ansprüchen der KG gegen die Kläger an die beklagten Parteien mangelt, kann deshalb dahingestellt bleiben. Offen bleiben kann nach dem oben Gesagten auch, ob die von den beklagten Parteien inzwischen für den Zeitraum vom 1.April 1985 bis 31. Dezember 1985 erstellte Zwischenbilanz richtig ist; denn die Kläger fordern unabhängig von der Richtigkeit dieser Bilanz mit Recht den noch offenen Vorauszahlungsbetrag von 200.000 S gemäß Punkt 2 des Übernahmsvertrages (= Klagebegehren zu 8 Cg 349/86), und die von den beklagten Parteien geltend gemachte Gegenforderung auf Rückzahlung des schon bezahlten Vorauszahlungsbetrages von 300.000 S besteht wegen fehlender Fälligkeit nicht zu Recht.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E17008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00562.88.0315.000

Dokumentnummer

JJT_19890315_OGH0002_0030OB00562_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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