TE OGH 1989/4/12 14Os164/88

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Veröffentlicht am 12.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.April 1989 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lässig als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ing. Karl H*** und Ing. Hans Ulrich T*** wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der beiden Angeklagten sowie die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 29.Juni 1988, GZ 10 Vr 1.349/86-42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Vertreters der Finanzstrafbehörde, Mag. Höbinger, des Angeklagten Ing. Hans Ulrich T*** und des Verteidigers Dr. Schober jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Ing. Karl H*** zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurden der 47-jährige Ing. Karl H*** und der 37-jährige Ing. Hans Ulrich T*** (zu I.) des (Finanz-)Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a (Abs. 3 lit. b) FinStrG und (zu II.) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 (§ 161 Abs. 1) StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie in Weikersdorf als geschäftsführende Gesellschafter der R*** Bausystem GesmbH (zu I.) am 10. Dezember 1985 im einverständlichen Zusammenwirken vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UmsatzsteuerG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Höhe von 2,843.800 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten und (zu II.) in der Zeit von 1983 bis 1985 (fahrlässig) die Zahlungsunfähigkeit dieser mehreren Gläubigern verpflichteten Gesellschaft insbesondere dadurch herbeigeführt, daß sie übermäßigen Aufwand trieben und grundsätzliche Finanzierungsregeln mißachteten. Die von den beiden Angeklagten dagegen aus den Z 4, 5, 5 a, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Zur Urteilstat I.:

Der Verfahrensrüge (Z 4) genügt es zu erwidern, daß in der am 29. Juni 1988 zufolge Ablaufs der in § 276 a StPO bezeichneten Monatsfrist neu durchgeführten Hauptverhandlung kein Antrag auf Vornahme eines Ortsaugenscheins gestellt wurde und es mithin an einer wesentlichen formellen Voraussetzung für die Geltendmachung des in Frage stehenden Nichtigkeitsgrundes gebricht (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO2 § 281 Abs. 1 Z 4, ENr. 30-33). Nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt sind auch die sich auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO berufenden Beschwerdeausführungen der Angeklagten, in denen sie die zur subjektiven Tatseite der Abgabenhinterziehung betreffenden Feststellungen als mangelhaft und unvollständig begründet bekämpfen bzw. das Vorliegen erheblicher Bedenken gegen ihre Richtigkeit behaupten. Denn indem sie auf die darauf bezügliche wesentliche Argumentation des Erstgerichtes überhaupt nicht eingehen, verlassen sie den Boden einer sachbezogenen Erörterung, die ja nicht darin bestehen kann, daß man, ohne auf die sachlichen Erwägungen der Gegenseite eingeht, auf der eigenen Darstellung verharrt. Im einzelnen sind die Beschwerdeführer daran zu erinnern, daß die Tatrichter ihre Verantwortung durch die für glaubhaft befundenen Aussagen der Zeugen K***, Ing. B***, Ing. H***, Ing. B*** und Ing. P*** für widerlegt

erachteten (siehe US 8 unten und verso) und den von den Beschwerdeführern zugestandenen äußeren Zusammenhang zwischen der "Stornierung" der Schlußrechnung und der Weigerung eines Kreditinstituts, von dem ihm zedierten Rechnungsbetrag einen der Umsatzsteuer entsprechenden Teil frei zu geben, dahin würdigten, sie hätten mit dem Storno geradezu bezweckt, die entstandene Umsatzsteuerschuld, welche sie nicht rechtzeitig zu begleichen vermochten, zu verheimlichen (US 6 Mitte, 9, zweiter Absatz). Was endlich jene Einwände in der Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) betrifft, die sich gegen die Urteilsannahme richten, das Finanzamt hätte von den gegenständlichen Machinationen erst auf Grund einer anonymen Anzeige vom 20.März 1986 Kenntnis erlangt und die sich mit der Geltendmachung des aus der gegenständlichen Rechnungslegung resultierenden Vorsteuerabzugs seitens der Firma B*** im November 1985 befassen, erübrigt sich eine sachliche Einlassung, weil weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus dem Sachzusammenhang ersichtlich ist, weshalb es sich hiebei um entscheidende, dh für die rechtliche Unterstellung der Tat oder für die Anwendung eines bestimmten Strafsatzes maßgebliche Tatsachen handeln könnte.

Das Schwergericht der Nichtigkeitsbeschwerden in Ansehung des Finanzdeliktes liegt in dem inhaltlich unter der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemachten Feststellungsmangel, der nach Ansicht der Beschwerdeführer die Beurteilung verhinderte, ob am 10. Dezember 1985 (Fälligkeitstag nach § 21 Abs. 1 UStG 1972) eine Umsatzsteuerschuld (in der Höhe des Verkürzungsbetrags) auf Grund der am 1.Oktober 1985 gegenüber der B*** GesmbH gelegten und am 9. Dezember 1985 "stornierten" Schlußrechnung über die Lieferung einer Produktionsanlage zur Herstellung von Fertigbauteilen bestand; auch insoweit geht die Rüge jedoch fehl. Denn gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 lit. a UStG 1972 entsteht die Steuerschuld für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung (sonstige Leistung) ausgeführt worden ist (Sollbesteuerung). Erfolgt die Rechnungsausstellung erst nach Ablauf dieses Kalendermonats, dann verschiebt sich der Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld um einen Kalendermonat. Nach den Urteilsfeststellungen (siehe US 5 f) war am 1.Oktober 1985, dem Zeitpunkt der Schlußrechnungslegung über 14,219.000 S zuzüglich 2,843.800 S Umsatzsteuer, die Produktionsanlage bereits geliefert, dh dem Abnehmer der Werklieferung die Verfügungsmacht hieran verschafft worden (§ 3 Abs. 4 und Abs. 7 UStG 1972). Der Zeitpunkt der Lieferung lag sohin jedenfalls noch vor Beginn des Monats Oktober 1985; spätestens mit Ablauf dieses Kalendermonats war daher die Umsatzsteuerschuld entstanden.

Daß das Erstgericht die gelieferte Anlage als im Zeitpunkt der Schlußrechnungslegung nur "im wesentlichen" fertig bezeichnete und von der späteren Notwendigkeit kleiner Modifikationen oder Verbesserungen ausging (US 6 oben), wäre bei Beurteilung des Bestands der Steuerschuld nur von Bedeutung, wenn die quantitativen oder qualitativen Mängel die Abnahme der Werklieferung verhindert hätten. Eine dahingehende Feststellung wurde vom Erstgericht jedoch nicht getroffen; vielmehr folgte es ausdrücklich (siehe US 8 f) den gegenteiligen Angaben der Zeugen K*** (AS 145 ff; 190 ff), Ing. B*** (AS 135 ff), Ing. H*** (AS 197 f), Ing. B*** (AS 198 f) und Ing. P*** (AS 199 und verso). Nach Abnahme der Anlage - im Rahmen der Gewährleistung (vgl. Dittrich-Tades, ABGB MGA32 § 918 E 12 und § 1167 E 5) - gestellte Verbesserungs- oder Minderungsansprüche ändern im übrigen an sich noch nichts an der durch Ausführung der Lieferung (siehe hiezu Dorazil-Frühwald-Hock-Mayer, Komm. zum UStG 1972, § 19, Anm. 2; Kranich-Siegl-Waba, MWSt-Handbuch, § 19 Anm. 3) entstandenen Umsatzsteuerschuld. Eine Änderung des Entgelts auf Grund eines Minderungsanspruches, die Anlaß zu einer späteren Berichtigung im Sinne des § 16 UStG 1972 geben konnte, wurde für die Tatzeit, zu welcher allenfalls Verbesserungen vorgenommen wurden (US 6 oben), vom Erstgericht nicht festgestellt und boten die Verfahrensergebnisse für eine derartige Konstatierung auch keinen Anlaß. Die rein theoretische Möglichkeit der Herabsetzung der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer konnte aber auf Bestand und Höhe der Umsatzsteuerschuld keinen Einfluß üben. Hieraus erhellt auch, daß es der in der Mängelrüge (Z 5) vermißten Auseinandersetzung mit Art und Umfang der Gewährleistungsansprüche des Abnehmers nicht bedurfte.

Die in der Rechtsrüge abschließend behauptete Mangelhaftigkeit der die subjektive Tatseite der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG betreffenden Urteilsfeststellungen liegt gleichfalls nicht vor; ist doch das Erstgericht von einer planmäßigen Verheimlichung der gegenständlichen Umsatzsteuerschuld gegenüber der Finanzbehörde durch beide Angeklagten im Wissen, hiedurch eine Verkürzung von Vorauszahlungen "und" (richtig: an) Umsatzsteuer zu bewirken, ausgegangen (siehe US 6 Mitte bis US 7 erster Absatz). Damit wurde aber ausgeschlossen, daß die Angeklagten irrtümlich (§ 9 FinStrG) den Fortbestand der Steuerschuld nach "Stornierung" der Schlußrechnung nicht erkannt haben könnten. Jener Teil der sich auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO berufenden Rechtsrüge, der sich mit der (irrigen) Benennung der Tat im Urteilsspruch ("§ 33 Abs. 1, Abs. 3 lit. a FinStrG") befaßt, kann auf sich beruhen, weil mittlerweile eine Angleichung der Tatbezeichnung an den (richtig) verkündeten Urteilsspruch erfolgte (ON 50).

Zur Urteilstat II.:

Soweit in der Mängelrüge (Z 5) zu diesem Faktum Ungenauigkeiten der Urteilsfeststellungen über die Umstände der Gründung und über den Zweck der R*** Patentverwertungs-GesmbH behauptet werden, genügt es dem zu erwidern, daß die angeführten Punkte weder für die rechtliche Unterstellung der Tat noch für die Anwendung eines bestimmten Strafsatzes von Bedeutung und sonach nicht entscheidend sind (Punkt A II 1 a der Rechtsmittelschrift mit Bezug auf US 7, dritter Absatz, erster Satz). Gleiches gilt dem Sinne nach aber auch für jene weiteren Beschwerdeausführungen, worin mangelhafte Begründung, zum Teil auch Undeutlichkeit der Konstatierungen über Bestand, Grad und Ursachen der Überschuldung der R*** Bausystem GesmbH behauptet werden. Denn Zahlungsunfähigkeit (deren fahrlässige Herbeiführung im Sinne des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB den Angeklagten vorgeworfen wird) liegt nicht erst bei Überschuldung (Überwiegen des Passiv- gegenüber dem Aktivvermögen), sondern schon dann vor, wenn der Schuldner nicht imstande ist, binnen angemessener Frist bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung alle seine Schulden vollkommen zu begleichen (siehe Foregger-Serini MKK StGB4, Erl. II zu § 159). Damit gehen aber all jene Beschwerdeausführungen ins Leere, welche das Verhältnis der Aktiven zu den Passiven der R*** Bausystem GesmbH, insbesondere die Bewertung bestimmter Vermögensteile ("Patenthälften"), betreffen.

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen sind die Urteilsfeststellungen über die den beiden Angeklagten namentlich im (mit den Gründen eine Einheit bildenden) Urteilstenor zur Last gelegten Kridahandlungen, nämlich die Finanzierung übermäßigen (privaten) Aufwands und die Mißachtung grundsätzlicher Finanzierungsregeln (siehe insbesondere US 7 über die Finanzierung des Kaufpreises für den Geschäftsanteil des Ing. S*** sowie US 9), bei Berücksichtigung ihres Bezuges auf das Buchsachverständigengutachten (siehe Band II des einbezogenen Aktes ON 35, Seite 33 oben, 43 erster Absatz, 45 letzter Absatz und 47 oben, 63) weder undeutlich noch unbegründet. Schon im Hinblick hierauf erübrigt es sich, auf weitere - der Urteilsbegründung, nicht jedoch dem Urteilssatz zufolge - die Zahlungsunfähigkeit mitverursachende Verhaltensweisen (insbesondere Bezahlung der Patentablöse, Herbeiführung einer hohen Steuernachzahlung) einzugehen, zumal der Entfall einer von mehreren Begehungshandlungen an der Verwirklichung des Tatbestandes des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB nichts ändern könnte (vgl. Mayerhofer-Rieder StGB2 ENr. 10 bis 13 zur bezeichneten Gesetzesstelle).

Schließlich ist - der abschließenden Mängelrüge zuwider - die Verwertung des Buchsachverständigengutachtens (siehe Band II der einbezogenen ON 35, AS 65 Mitte) als Grundlage der Feststellung über den Eintritt der (objektiven) Zahlungsunfähigkeit im Laufe des Jahres 1985 aus dem inhaltlichen Zusammenhang derart klar ersichtlich, daß die Urteilsbegründung keines besonderen Hinweises darauf bedurfte.

Das formell auf die Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Beschwerdevorbringen zur Urteilstat II erschöpft sich einem Hinweis auf die Ausführungen der Mängelrüge, bringt sohin keine sich aus der Aktenlage ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit entscheidender Tatsachenannahmen zur Darstellung und bedarf daher keiner gesonderten Erörterung.

Der Antwort auf die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) der beiden Angeklagten ist voranzustellen, daß dafür, ob eine Feststellung tatsächlicher Natur vorliegt, nicht die Einordnung an einer bestimmten Stelle der Urteilsbegründung sondern der Sinngehalt maßgebend ist. Sohin sind auch jene (teils faktischen, teils normativen) Urteilspassagen, wonach bei ordnungsgemäßer kaufmännischer Sorgfalt bereits "von Beginn an" (dh laut US 5 seit Gründung der R*** Bausystem GesmbH am 19.Oktober 1983) erkennbar war, daß die Gesellschaft äußerst risikoreich war und daß die Finanzierung vorwiegend mit Fremdkapital zwangsläufig zu einem Engpaß (zur Zahlungsunfähigkeit) führen mußte (siehe US 9, letzter Absatz), als Feststellungen zu werten. Bei Berücksichtigung des Zusammenhanges dieser Konstatierungen mit den bereits an früherer Stelle (siehe US 7, letzter Absatz) getroffenen Annahmen, welche ersichtlich auf zum Teil wörtlicher Übernahme des Buchsachverständigengutachtens (ON 20 im einbezogenen Akt ON 35) beruhen, und mit dem Urteilstenor, in welchem den Angeklagten (ua) eine Mißachtung grundsätzlicher Finanzierungsregeln vorgeworfen wird, mangelt es nicht an der zur Tatbestandserfüllung erforderlichen Sachverhaltsgrundlage. Wie bereits oben angeführt, ist für die den Angeklagten vorgeworfene Fahrlässigkeit namentlich von Relevanz, daß sie ein risikoreiches Unternehmen "von Anfang an" vorwiegend mit Fremdkapital finanzierten und hiebei eine weitere grundsätzliche Finanzierungsregel, nämlich die der Fristenkongruenz, dadurch mißachteten, daß sie mittelfristiges Vermögen kurzfristig finanzierten (siehe Gutachten ON 20 im einbezogenen Akt ON 35, Band II, Seite 45 f., 63). Gegen die rechtliche Annahme, daß ein umsichtiger und ordentlicher Kaufmann sich hierauf nicht eingelassen hätte, ergeben sich keine Bedenken. Es liegen aber auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Angeklagten nach ihren geistigen und körperlichen Verhältnissen nicht fähig gewesen sein könnten, diese objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten. Nach der Aktenlage kann es auch keinem Zweifel unterliegen, daß ein rechtmäßiges Alternativverhalten (vorliegend also die Abstandnahme von der riskanten Unternehmung) den tatbestandmäßigen Erfolg, nämlich die zur Schädigung der Gläubiger führende Zahlungsunfähigkeit, verhindert hätte. Den Akten sind aber auch keine Hinweise auf das ausnahmsweise Vorliegen einer die Angeklagten überfordernden Situation zu entnehmen, in welcher von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen gleicher körperlicher und geistiger Ausstattung die Einhaltung der objektiven Sorgfaltspflicht nicht zu erwarten, rechtmäßiges Alternativverhalten sohin nicht zumutbar gewesen wäre. Da diese Fragen rechtlicher und nicht tatsächlicher Natur sind, begründet das Unterbleiben besonderer Erörterungen hierüber im angefochtenen Urteil keineswegs dessen Nichtigkeit (siehe beispielsweise Mayerhofer-Rieder StPO2 § 281 Abs. 1 Z 5 ENr. 15).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sonach zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte die beiden Angeklagten nach § 33 Abs. 5 FinStrG zu Geldstrafen in der Höhe von je 400.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu je 4 Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, sowie nach § 159 Abs. 1 StGB zu Freiheitsstrafen von je 3 Monaten. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wurden die verhängten Freiheitsstrafen unter Bestimmung von jeweils dreijährigen Probezeiten bedingt nachgesehen. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht bei beiden Angeklagten den bisher ordentlichen Lebenswandel, die teilweise Schadensgutmachung sowie den Beitrag zur Wahrheitsfindung als mildernd, das Zusammentreffen strafbarer Handlungen verschiedener Art hingegen als erschwerend.

Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft sowie die Finanzstrafbehörde eine Erhöhung der ausgesprochenen Geldstrafen an. Dagegen begehren die Angeklagten mit ihrer gemeinsam ausgeführten Berufung, die Gewährung bedingter Strafnachsicht sowie in eventu die Herabsetzung der über sie verhängten Geldstrafen.

Keinem dieser Rechtsmittel kommt Berechtigung zu.

Das Schöffengericht hat - abgesehen davon, daß mit Rücksicht auf § 22 Abs. 1 FinStrG der Erschwerungsgrund des Zusammentreffens strafbarer Handlungen verschiedener Art zu entfallen hat - die gegebenen Strafzumessungsgründe vollständig erfaßt. Daß die Angeklagten durch ihr Fehlverhalten lediglich eine Verschiebung von Fälligkeitsterminen (und keinen endgültigen Schaden) bewirkten, stellt zwar - weil dem Tatbild des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG inhärent - keinen Milderungsgrund dar; es läßt dieser Deliktscharakter aber bei der gegebenen Sachlage im Verein mit den konstatierten Milderungsumständen die vom Erstgericht ausgemessenen Geldstrafen als durchaus genügend erscheinen.

Angesichts des gegebenen, bis zu rund 5,6 Millionen S reichenden Strafrahmens erachtet der Senat aber auch eine Reduzierung der Unrechtsfolgen für das Finanzvergehen als nicht vertretbar. Deren bedingter Nachsicht stehen im Hinblick auf die geringe Effektivität bloß angedrohter Geldstrafen nach dem FinStrG generalpräventive Bedenken entgegen.

Es mußte daher sämtlichen Berufungen ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E17168

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00164.88.0412.000

Dokumentnummer

JJT_19890412_OGH0002_0140OS00164_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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