TE OGH 1989/4/12 2Ob600/88

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Veröffentlicht am 12.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatpräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Melber und Dr.Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Hugo Konrad M***, Zivilingenieur für Bauwesen, 1010 Wien, Dorotheergasse 7, vertreten durch Dr.Hubert Dostal, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Rudolf H***, Gastwirt, 1180 Wien, Thimigasse 11, vertreten durch Dkfm.Dr.Heinrich Jandl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 146.477,84 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 11.Mai 1988, GZ 48 R 135/88-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14.Oktober 1987, GZ 48 C 231/86d-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 6.225,45 (darin keine Barauslagen und S 565,95 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Miteigentümer der Liegenschaft 1010 Wien, Gölsdorfgasse 2, mit seinem Liegenschaftsanteil ist Wohnungseigentum an den auf Stiege II gelegenen Geschäftsräumlichkeiten, und zwar Büro top.Nr. 8, Geschäftslokal top.Nr. 4, und Magazin top.Nr. 2 und 3 im Ausmaß von 196,98 m2 untrennbar verbunden. Der Beklagte ist Mieter der Geschäftsräumlichkeiten top.Nr. 8, top.Nr. 4 und top.Nr. 2 und 3 im genannten Haus. Unbestritten blieb, daß der in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 14.August 1987 eingeschränkte Betrag von S 146.477,84 den Mietzinsrückstand des Beklagten für den Zeitraum Februar 1986 bis einschließlich Februar 1987 für top.Nr. 8 und 4 darstellt. Die rechnerische Höhe dieses Mietzinsrückstandes wurde von dem Beklagten mit Ausnahme des Mietzinsminderungsanspruches nicht bestritten.

Der Kläger begehrte zuletzt die Bezahlung von S 146.477,84 s.A. und brachte vor, der vom Beklagten behauptete Mietzinsminderungsanspruch liege nicht vor. Der Kläger habe dem Betrieb eines Gastgewerbes im Bestandobjekt durch den Beklagten zugestimmt. Die Beschaffung der hiezu notwendigen gewerbe- und baurechtlichen Genehmigungen sei jedoch Sache des Mieters gewesen. Dieser habe auch einen Architekten beauftragt, dem Kläger sei gar nicht bekannt gewesen, welche Umbauten der Beklagte vorgehabt habe. In § 5 Abs 7 des Mietvertrages sei ausdrücklich festgehalten, daß der Mieter die erforderlichen behördlichen Genehmigungen selbst zu beschaffen habe.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung und wendete ein, daß die Mietzinszahlungen wegen Unbenützbarkeit des Bestandobjektes nicht erfolgt seien. Der Beklagte habe das zuvor in der Textilbranche verwendete Geschäftslokal angemietet und dem Vormieter eine Ablöse von S 360.000,-- bezahlt. Der Betriebszweck des Gastgewerbes sei sowohl mit dem Vormieter als auch mit dem Hausverwalter, der den Kläger bei der Vermietung vertreten habe, abgesprochen gewesen. Der Hausverwaltung Dr.D*** habe anläßlich der Mietvertragsunterfertigung nicht erklärt, daß die Zustimmung der Miteigentümer zu einer Widmungsänderung bzw. zu Umbauten im Objekt nicht gegeben würde oder auch nur fraglich sei. Im Gegenteil, Dr.D*** habe den Eindruck erweckt und verstärkt, daß eine solche Zustimmung bereits vorliege. Dem Beklagten sei auch keinerlei Erklärung Dr.D*** zugegangen, daß es Sache des Beklagten sei, eine solche Zustimmung zu erlangen. Erst in der Folge, als der Beklagte um gewerbebehördliche Bewilligung seiner Umbaupläne ansuchte, habe der Beklagte von Dr.D*** erfahren, daß die Einwilligung der übrigen Miteigentümer nicht vorliege. Im Februar 1986 hätten die Miteigentümer endgültig ihre Zustimmung untersagt. Es wäre nun notwendig, die Zustimmung dieser sich weigernden Miteigentümer in einem Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz zu erzwingen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es von folgenden Feststellungen ausging:

Bis 1985 war der in der Textilbranche tätige Bruno E*** Mieter des Bestandobjekts. Im Sommer 1985 wandte er sich an den Hausverwalter Dr.D*** und fragte, ob es möglich wäre, für das Bestandobjekt einen Nachmieter zu präsentieren. Dr.D*** stimmte zu, wies aber E*** darauf hin, daß es sich um ein Wohnhaus mit Wohnungseigentum handle und es daher bei baulichen Veränderungen der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedürfe. E*** erklärte, er habe den Beklagten als Nachmieter gefunden, der im Bestandobjekt eine Milchbar bzw. eine Imbißstube errichten wolle. Dr.D*** erklärte, er würde die Zustimmung des von ihm vertretenen Klägers erteilen, wenn es sich um keinen "Immissionsbetrieb" handle. Bei anderen Umbauten bedürfe es jedoch der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer, für die Dr.D*** keine Vollmacht in Bauangelegenheiten habe. Am 17.Juli 1985 richtete der Beklagtenvertreter ein Schreiben an Bruno E*** (Beilage ./8). Nachdem E*** mit Dr.D*** gesprochen hatte, unterfertigte er das Schreiben Beilage ./8 zum Zeichen seines Einverständnisses. Am 22. August 1985 fand eine Besprechung in der Kanzlei Dr.D*** statt, an der neben Dr.D*** auch der Beklagte, der Beklagtenvertreter, Herr E*** und eine Angestellte der Kanzlei, Frau H***, teilnahmen. Zunächst wurden sämtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Mietvertrag ausführlich erörtert. Ein Mietvertragsentwurf (Beilage ./7) war bereits vorbereitet. Dr.D*** betonte bei diesem Gespräch, daß er in Baufragen für die übrigen Wohnungseigentümer keine Zustimmung erteilen könne. Der Beklagte teilte mit, daß er in dem Bestandobjekt nur kalte Sachen und Brötchen, eventuell eine Suppe, servieren würde. Ein eigener Küchenbetrieb sollte nicht eingerichtet werden. Die Speisen sollten in einem Zentralbetrieb des Beklagten hergestellt und geliefert werden. Dr.D***, der davon ausging, daß keinerlei umfassende bauliche Veränderungen am Bestandobjekt nötig sein würden, und daß es keiner Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu einer bloßen Widmungsänderung ohne Durchführung baulicher Veränderungen bedürfe, wies jedoch den Beklagten mehrfach und ausdrücklich darauf hin, daß er nur die Zustimmung des Klägers für allfällige erforderliche Umbauten, die keiner Baugenehmigung bedürften, erteilen könne und daß es Sache des Beklagten sein würde, die erforderlichen Zustimmungen der anderen Wohnungseigentümer einzuholen. Ebenfalls erörtert wurde, daß dem Beklagten vom Kläger gestattet würde, "interne" Umbauten, damit waren solche gemeint, die keiner baubehördlichen Genehmigung bedurften, durchzuführen. Bei diesem ausführlichen Gespräch nahmen die Gesprächspartner überhaupt die Unterscheidung in "externe" und "interne" Umbauarbeiten vor. Darunter wurde von Dr.D***, wie dargelegt, verstanden, daß bei nichtbewilligungsbedürftigen Arbeiten keine Schwierigkeiten bestünden (das bezog sich auf die internen Umbauten), während bei den "externen", bewilligungsbedürftigen Arbeiten die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer vom Beklagten einzuholen wäre. Das machte Dr.D*** durch die erwähnte Äußerung, er habe in Bausachen keine Vollmacht der übrigen Eigentümer, der Beklagte müsse sich um allfällige Zustimmung der übrigen kümmern, deutlich. Der Beklagte vermeinte trotz dieser Äußerung Dr.D***, zu allem, was im Inneren des Bestandobjekts geschehe, erteile Dr.D*** seine Zustimmung. Nach einer Vollmacht für im Inneren des Bestandobjekts erforderliche bewilligungsbedürftige Arbeiten durch die übrigen Wohnungseigentümer fragten weder der Beklagte noch sein Vertreter den Hausverwalter Dr.D***. Schließlich erfolgte nach Klärung aller wesentlichen Punkte die Unterfertigung des endgültigen Mietvertrags Beilage ./1, der vereinbarungsgemäß u.a. folgendes festhält:

Unter § 5 Z 7 des Mietvertrages ist festgehalten:

In allen Fällen hat der Mieter auf eigene Verantwortung für die rechtzeitige Beschaffung der erforderlichen behördlichen Genehmigung und sonstigen Unterlagen (zum Beispiel Kaminbefund) zu sorgen. Unter § 1 ist festgehalten, daß der Mietgegenstand nur zum Betrieb eines Gastgewerbebetriebes verwendet werden darf. Als § 7 sind in den Mietvertrag fünf maschinschriftlich hinzugefügte Absätze unter dem Titel "sonstige Vereinbarungen" aufgenommen worden. Die Absätze 3 bis 5 dieses § 7 lauten: Ergänzung zu § 1

Punkt 1 - Betriebsgegenstand: Der Vermieter stimmt einer Abänderung des Betriebsgegenstandes zu, soferne die einschlägigen bau- und gewerbebehördlichen Genehmigungen erteilt werden und die damit verbundenen Immissionen das ortsübliche Ausmaß nicht übersteigen. Abänderung zu § 5 Punkt 6: Der Vermieter gestattet bauliche Änderungen im Inneren des Bestandgegenstandes, soferne die einschlägigen bau- und gewerbebehördlichen Vorschriften eingehalten werden. Ergänzung zu § 6: Der Vermieter nimmt zustimmend zur Kenntnis, daß der Mieter berechtigt ist, die Mietrechte nicht nur persönlich, sondern auch im Wege einer Beteiligung oder eines Gesellschaftsverhältnisses auszuüben. Darüber hinaus ist der Mieter berechtigt, in seinem Betrieb beschäftigte Personen in den Mietvertrag als Mitmieter aufzunehmen. Unmittelbar nach dem Mietvertragsabschluß diktierte Dr.D*** seiner Angestellten Christa H*** eine Aktennotiz über den Inhalt der Besprechungen und Vertragsverhandlungen mit dem Beklagten (Beilage ./I), die den Gesprächsverlauf richtig wiedergibt. In dieser Aktennotiz ist unter anderem festgehalten: "Herr H***, befragt über den Gegenstand des beabsichtigten Betriebes, weist darauf hin, daß er eine Milchbar bzw. eine Imbißstube betreiben will, wobei die verabreichten Speisen nicht an Ort und Stelle in einem Küchenbetrieb hergestellt, sondern von einer anderen Betriebsstätte angeliefert werden sollen. Diskutiert wurde der Punkt 6 zu § 5 des Mietvertrages, wonach seitens des Vermieters die Zustimmung für Abänderungen im Inneren des Bestandobjektes erteilt würde. Diesbezüglich weist Herr Dr.D*** ausdrücklich darauf hin, daß bauliche Abänderungen jeglicher Art, die eine Baugenehmigung erfordern, der Zustimmung sämtlicher Liegenschaftseigentümer bedürfen und daß Herr Dr.D***, soferne der Betrieb mit keinerlei Beeinträchtigungen und Immissionen für das Haus verbunden sei, die Zustimmung der Vermieterseite hinsichtlich des Miteigentums und Wohnungseigentums des Geschäftsteiles (Erdgeschoß) erteilen könne. Die Hausverwaltung besitze in Bausachen keinerlei Vollmacht seitens der übrigen Miteigentümer und es müsse erforderlichenfalls die Zustimmung der übrigen Miteigentümer vom Mieter unmittelbar eingeholt werden. Herr E*** versuchte aus verständlichen Gründen mehrfach, die Probelmatik im Zusammenhang mit den von seinem Nachfolgemieter in Aussicht genommenen Umbauarbeiten zu bagatellisieren, wobei jedoch Herr Dr.D*** immer wieder den aufgezeigten Sachverhalt bekräftigte, daß für baubehördlich genehmigungspflichtige Umbauten jedenfalls die Zustimmung sämtlicher Liegenschaftseigentümer und nicht nur der Vermieterseite erforderlich ist". Am 22.August 1985 übergab der Beklagte in der Kanzlei Dr.D*** dem Vormieter Bruno E*** S 360.000,-- für den Verzicht E*** auf Mietrechte. Unmittelbar nach Vertragsabschluß reichte der Architekt des Beklagten den Umbauplan bei der Baubehörde ein. Dieser Plan sah umfassende Umbauarbeiten, nämlich die Schaffung neuer WC-Anlagen im ersten Stock neben dem bereits im Erdgeschoß und im ersten Stock bestehenden WC, eines Personalumkleideraumes, von Waschräumen und einer Entlüftungsanlage vor. Der Kläger, vertreten durch Dr.D***, unterfertigte diesen Einreichplan. Die übrigen Liegenschaftseigentümer verweigerten ihre Zustimmung. In der Folge bemühten sich sowohl Dr.D*** als auch der Beklagte um die Erlangung der Zustimmung der übrigen Miteigentümer, diese wurde jedoch verweigert. Ein Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz gegen die die Zustimmung verweigernden Liegenschaftseigentümer wurde bis dato nicht eingeleitet. In einem Schreiben vom 18. März 1986 teilte jedoch der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter mit, daß eine Vollmacht des Klägers für ein Verfahren nach § 13 WEG erteilt würde, die Antragstellung müßte jedoch auf Kosten des Beklagten gehen. Nachdem die Schwierigkeiten aufgetreten waren, fand am 18.März 1986 eine Besprechung zwischen Dr.D*** und Herrn E*** in der Kanzlei Dr.D*** statt, an der auch noch Frau H*** und der Prokurist J*** teilnahmen. Die über den Inhalt dieses Gespräches diktierte Aktennotiz durch Dr.D*** (Beilage ./II) gibt den wesentlichen Inhalt des Gespräches richtig wieder und es lautet ab Absatz 2 wie folgt:

"Gegenstand der Erörterung ist der mit Herrn Rudolf H*** betreffend das Lokal Wien 1., Gölsdorfgasse 2 top.Nr. 2 bis 4 und 8 mit Wirksamkeit vom 1. 9. 1985 abgeschlossene Mietvertrag, dessen Mietrechte zuvor Herr E*** zu Gunsten des Herrn H*** zurückgelegt hatte.

Im Zuge dieser Besprechung bestätigt Herr E*** ausdrücklich, daß anläßlich der Gespräche im Bezug auf die Vermietung der gegenständlichen Lokalitäten an Herrn H*** insbesondere der Besprechung vom 22. 8. 1985 Herr Dr.D*** Herrn H*** ausdrücklich darauf hinwies, daß zu allen baulichen Veränderungen, die einer bau- oder verwaltungsbehördlichen Genehmigung bedürfen, das Einverständnis aller Liegenschaftseigentümer erforderlich ist und er das Einverständnis nur namens des Vermieters erteilen könne. Die Einholung der Zustimmung der übrigen Miteigentümer sei daher ausschließlich Sache des Herrn H***". Diese Aktennotiz Beilage ./II wurde auch von E*** unterfertigt.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß mangels Bestehens des vom beklagten Mieter behaupteten Mietzinsminderungsanspruches der im übrigen der Höhe nach nicht bestrittene, eingeklagte Zinsrückstand bestehe. Inhalt des zwischen den Parteien am 22.August 1985 abgeschlossenen Mietvertrages, in welchem der Verwendungszweck des im Wohnungseigentum des Klägers stehenden Geschäftslokals mit Gastgewerbebetrieb aufscheine, sei geworden, daß der Kläger zwar seine Zustimmung zu baulichen Abänderungen geben würde, daß es aber Sache des Beklagten sei, die Zustimmung der übrigen Miteigentümer zu erlangen. Der Hausverwalter Dr.D***, der den Kläger bei diesen Vertragsverhandlungen vertreten habe, habe ausdrücklich erklärt, er habe keine Vollmacht der übrigen Liegenschaftseigentümer. Da der im übrigen auch damals anwaltlich vertretene Beklagte dennoch den Mietvertrag unterfertigte, sei der Vertrag mit dem Inhalt zustandegekommen, daß eine Zustimmung der übrigen Miteigentümer nicht garantiert werde. Möge der Beklagte auch hinsichtlich der Frage der Erlangung der Zustimmung aller Miteigentümer einem Irrtum unterlegen sein, so komme es dabei nur auf den objektiven Erklärungswert an. Die Bedeutung einer Willenserklärung - hier der Willenserklärung des als Vertreter des Klägers auftretenden Dr.D*** - richte sich danach, wie sie unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv verstanden werden mußte. Da Dr.D*** ausdrücklich erklärt habe, er habe keine Vollmacht der übrigen Liegenschaftseigentümer, darum müsse sich der Beklagte selbst kümmern, und der Beklagte dennoch den Mietvertrag unterfertigte, sei der Vertrag mit dem Inhalt zustandegekommen, daß eine Zustimmung der übrigen Miteigentümer von Dr.D*** nicht garantiert wurde. Daß dieser Vertragsinhalt nicht den Vorstellungen des Beklagten entsprach, möge bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen den Beklagten zur Irrtumsanfechtung berechtigten, schließe aber einen Zinsminderungsanspruch des Beklagten aus. Wenn nun die Durchführung der vom Beklagten geplanten umfangreichen Umbauarbeiten, nämlich die Schaffung neuer WC-Anlagen im 1. Stock, eines Personalumkleiderraums, von Waschräumen und einer Entlüftungsanlage deshalb scheiterten, weil zwar der Kläger, vertreten durch Dr.D***, zum Zeichen seines Einverständnisses den Einreichplan unterfertigte, übrige Miteigentümer jedoch die Zustimmung verweigerten, führe dieser Umstand dennoch nicht zu einem Zinsminderungsanspruch. In Abänderung der Vorschrift des § 1096 ABGB sei nämlich zulässigerweise vereinbart worden, daß der Vermieter die Gebrauchsfähigkeit des Bestandobjekts, soweit sie sich auf erforderliche Zustimmung der anderen Miteigentümer beziehe, nicht garantiere. Der Kläger habe von seiner Seite alles getan, um den bedungenen Gebrauch des Bestandobjektes herzustellen. Er habe sogar zugesichert, dem Beklagten im Bedarfsfall eine Vollmacht für ein Verfahren nach § 13 WEG zu erteilen, damit der Beklagte auf eigene Kosten die begehrte Zustimmung der übrigen Miteigentümer auch auf diesem Weg zu erlangen versuchen könnte.

Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos; das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision zulässig sei; es erachtete das erstgerichtliche Verfahren als mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme jener, daß der Vormieter E*** die Aktennotiz Beilage ./II unterfertigt habe, als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wendet sich die am 1. September 1988 telegrafisch erhobene, mit am 2.September 1988 zur Post gegebenen Schriftsatz wiederholte Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist rechtzeitig eingebracht (vgl. SZ 47/35, SZ 50/41 ua.) und auch zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO); sie ist jedoch nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist.

In der Rechtrüge führt der Kläger aus, das Berufungsgericht stütze seine Rechtsauffassung auf den Hinweis Dr.D***, wonach es Sache des Beklagten gewesen wäre, die erforderlichen Zustimmungen der anderen Wohnungseigentümer einzuholen, in Verbindung mit § 5 Z 7 des Mietvertrages. Das Berufungsgericht beziehe jedoch die zitierte Erklärung Dr.D*** und die bezogene Vertragsklausel rechtsirrig aufeinander, da die Vertragsklausel als solche keineswegs das Risiko der Nichterlangung der Zustimmung anderer Miteigentümer auf den Mieter überwälze. Sie schließe lediglich das Risiko des Vermieters für jene Fälle aus, in denen der Mieter eine meritorische Entscheidung der Behörde nicht oder nicht rechtzeitig erhalte. Im gegenständlichen Fall sei die Behörde gar nicht tätig geworden, da schon die Voraussetzungen für die baubehördliche Einreichung, nämlich die Zustimmungserklärungen der übrigen Miteigentümer, nicht vorgelegen seien. Der Fall der Nichterteilung notwendiger Zustimmungen durch andere Miteigentümer sei gar nicht Gegenstand der Parteienvereinbarung gewesen, da weder Dr.D*** eine derart weitreichende Erklärung des Beklagten erwartete, noch dieser selbst eine derartig weitreichende Erklärung abgegeben habe. Eine Zinsbefreiung sei nach ständiger Rechtsprechung nur ausgeschlossen, wenn der Bestandnehmer die Umstände, die den Gebrauch des Bestandgegenstands hindern, akzeptiere oder wenn er die Gebrauchsbeeinträchtigung zu vertreten habe. Beides sei gegenständlich nicht der Fall gewesen. Selbst wenn - sei es schlüssig oder ausdrücklich - eine von § 1096 ABGB abweichende Regelung getroffen worden wäre, träfe den Bestandgeber nach Treu und Glauben die Verpflichtung, durch aktives Handeln daran mitzuwirken, daß der Beklagte den bedungenen Gebrauch (konkret die Zustimmung der ihre Unterschrift verweigernden Miteigentümer) erlange. Ein derartiges, dem Bestandgeber zumutbares Verhalten könne sich nicht darin erschöpfen, daß er dem Beklagten Vollmacht zur Durchführung eines Verfahrens gemäß § 13 WEG auf dessen Kosten erteilt habe. Diesen Ausführungen kann nicht gefogt werden.

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes hatte der bevollmächtigte Hausverwalter des Klägers, Dr.D***, bei einem Gespräch mit dem Beklagten und dem Beklagtenvertreter am Tage des Abschlusses des Mietvertrages mitgeteilt, daß er in "Baufragen" namens der übrigen Wohnungseigentümer - mit Ausnahme des Klägers - keine Zustimmung erteilen könne. Dr.D*** wies den Beklagten mehrfach und ausdrücklich darauf hin, daß er nur die Zustimmung des Klägers für allfällig erforderliche Umbauten, die keiner Baugenehmigung bedürfen, erteilen könne und daß es Sache des Beklagten sein würde, für baubehördlich bewilligungspflichtige Umbauten die erforderlichen Zustimmungen der anderen Wohnungseigentümer einzuholen. Der Beklagte vermeinte trotz dieser Äußerung Dr.D***, zu allem, was im Inneren des Bestandobjektes geschehe, erteile Dr.D*** seine Zustimmung. Nach einer Vollmacht für im Inneren des Bestandobjektes erforderliche bewilligungsbedürftige Arbeiten durch die übrigen Wohnungseigentümer fragten weder der Beklagte noch sein Vertreter den Hausverwalter Dr.D***. Anschließend unterfertigten Dr.D*** und der Beklagte den Mietvertrag.

Ausgehend von diesen Feststellungen hat das Berufungsgericht aber zutreffend gefolgert, daß die Parteien in diesem Fall von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, die in § 1096 ABGB dispositiv geregelten beiderseitigen Rechte und Verpflichtungen der Parteien des Bestandvertrags (vgl. SZ 24/163 ua.), abweichend von der genannten Bestimmung zu vereinbaren. Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht erkannt, daß dann, wenn es der Mieter, wie hier, übernommen hat, anstelle des Vermieters auch etwaige erforderliche Zustimmungen der anderen Wohnungseigentümer für baubehördlich bewilligungspflichte Veränderungen am Bestandgegenstand einzuholen, der Mieter das damit verbundene Risiko, eine derartige Zustimmung nicht zu erlangen, akzeptiert hat. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, daß für den Fall, daß fehlende Zustimmungserklärungen vereinbarungsgemäß vom Mieter zu erwirken sind, darin ein bei Vertragsabschluß bereits berücksichtigter Rechtsmangel liegt, für den ein Zinsminderungsanspruch, soweit er sich auf die fehlende Zustimmung der übrigen Miteigentümer stützt, ebenso wie etwa einem bei Vertragsabschluß bereits berücksichtigten Sachmangel, ausgeschlossen sind. Es würde den Grundsätzen von Treu und Glauben widersprechen, wenn der Mieter den Mietvertrag in Kenntnis eines Mangels des Mietgegenstandes abschließt, ohne diese Mängel zu rügen, dann aber nachträglich vom Bestandgeber die Behebung dieses Mangels fordert (vgl. MietSlg. 20131 ua.). Dasselbe muß auch im vorliegenden Fall gelten, in dem der Mieter vereinbarungsgemäß die Erwirkung erforderlicher Zustimmungserklärungen der übrigen Miteigentümer übernommen hat und daher die Folgen der Nichterlangung dieser Zustimmungserklärung nicht dem Vermieter anlasten kann. In der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß unter diesen Umständen ein Zinsminderungsanspruch des Mieters im Sinn des § 1096 Abs 1 ABGB nicht in Betracht kommt und daher das auf Zahlung des Mietzinsrückstandes gerichtete Klagebegehren gerechtfertigt ist, kann somit keine unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E17233

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00600.88.0412.000

Dokumentnummer

JJT_19890412_OGH0002_0020OB00600_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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