TE OGH 1989/4/18 4Ob116/88

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Veröffentlicht am 18.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) "S***" Ö*** M*** reg.Genossenschaft mbH, Milchhof Wien, Wien 14., Linzerstraße 223-231; 2) Z***

F*** & R*** Gesellschaft mbH & Co KG, Linz, Hopfengasse 23;

3)

M*** L*** reg.Genossenschaft mbH, Linz, Semmelweisstraße 32;

4)

M*** G*** reg.Genossenschaft mbH, Gmunden, Theresienstraße 16;

5)

M*** G*** UND U***

reg.Genossenschaft mbH, Geinberg, Moosham 10; 6) G*** D*** reg.Genossenschaft mbH, Dornbirn, Schmelzhüttenstraße 33;

              7)              M*** O*** reg.Genossenschaft mbH, Feldkirch; 8) I*** M*** reg.Genossenschaft mbH, Wörgl; 9) M*** I*** reg.Genossenschaft mbH, Innsbruck, Valiergasse 15; 10) U*** M*** reg.Genossenschaft mbH, Klagenfurt, Schrödingerstraße 51;

              11)              O*** M*** V*** reg.Genossenschaft mbH, Villach, Brauhausgasse 11; 12) M*** S*** reg.Genossenschaft mbH, Salzburg, Schillerstraße 2-4; 13) M*** G*** reg.Genossenschaft mbH, Graz, Babenbergerstraße 75; 14) W*** M*** reg.Genossenschaft mbH, Wien 2., Molkereistraße 1;

15)

W*** M*** Josef T***, Wien 3., Paulusgasse 10-12;

16)

A***-Z*** Gesellschaft mbH, Wiedner Molkerei Johann T*** KG, Wien 4., Viktorgasse 22; 17) N*** N***

M*** reg.Genossenschaft mbH, Wien 20., Höchstädtplatz 5, sämtliche vertreten durch Dr.Walter Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei G***-D***

Gesellschaft mbH, Elsbethen-Glasenbach, vertreten durch Dr.Fritz Czerwenka, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert: 330.000 S; Revisionsinteresse: 220.000 S), infolge Revision der klagenden Parteien zu 1. bis 4., 6. und 7., 9. und 10., sowie 12. bis 17. gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 8.Juni 1988, GZ 6 R 157/88-20, womit infolge Berufung der klagenden Parteien zu 1. - 17. das Teilurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 1.April 1988, GZ 11 Cg 217/87-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird insoweit, als damit der Berufung gegen die Abweisung des Unterlassungsbegehrens zu lit a) nicht Folge gegeben wurde, bestätigt; im übrigen werden die Urteil der Vorinstanzen dahin abgeändert, daß die Entscheidung über die Unterlassungsbegehren zu lit b) und c) wie folgt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb flüssiger Milchprodukte, insbesondere fermentierten Fruchtrahms, zu unterlassen, flüssige Milchprodukte, die einen Fettgehalt von mehr als 7 % haben, b) als "Joghurt", insbesondere als "Fruchtjoghurt" oder "Creme Joghurt", und c) als "hergestellt aus pasteurisierter Milch" zu bezeichnen.

Den klagenden Parteien zu 1. bis 4., 6. und 7., 9. und 10. sowie 12. bis 17. wird die Ermächtigung erteilt, den stattgebenden Teil des Urteilsspruches und den Urteilskopf samt vorangehender Überschrift "Im Namen der Republik!" binnen 6 Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der beklagten Partei in je einer Samstag-Ausgabe der Tageszeitungen "Kurier" und "Kronen-Zeitung" sowie in einer Sonntag-Ausgabe der Tageszeitung "Salzburger Nachrichten" in Normallettern, wie sie für redaktionelle Artikel verwendet werden, mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift und gesperrt sowie fettgeschriebenen Namen der Prozeßparteien, veröffentlichen zu lassen." Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind Molkereien, denen als Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieben jeweils mit Kundmachungen des Milchwirtschaftsfonds gemäß §§ 11 und 12 MOG 1967 bestimmte geographisch begrenzte Gebiete als Einzugs- und Versorgungsgebiete zugewiesen sind. Mit Beschluß der Verwaltungskommission des Milchwirtschaftsfonds vom 26.Juni 1985 wurde die "Andienungssonderregelung für Fruchtjoghurt und Fermentierten Fruchtrahm", befristet bis 30.Juni 1988, verlängert (39.Kundmachung in Beilage 7 !zu Heft 18 des vom Milchwirtschaftsfonds herausgegebenen Verlautbarungsblattes "Österreichische Milchwirtschaft"). Danach haben die Kleinhändler ein Wahlrecht auf Sortiment gegenüber dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb, in dessen Versorgungsgebiet sie liegen. Dem zuständigen Bearbeitungs- und Versorgungsbetrieb wurde aufgetragen, über die bestehende Zukaufspflicht hinaus das gesamte von den Kleinhändlern ihres Versorgungsgebietes nachgefragte Sortiment zu führen. Soferne der zuständige Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb dieser Andienungspflicht nachkommt, ist er zur Belieferung seines Versorgungsgebietes mit Fruchtjoghurt und fermentiertem Fruchtrahm ausschließlich berechtigt. Mit dem am 1.Jänner 1988 in Kraft getretenen Beschluß der Verwaltungskommission des Milchwirtschaftsfonds vom 17.Dezember 1987 wurde eine gleichlautende "Sonderregelung für Fruchtjoghurt und Fermentiertem Rahm" - befristet bis 30.Juni 1988 - festgelegt (90.Kundmachung in Beilage 22 !zu Heft 24 der "Österreichischen Milchwirtschaft"). Die Kläger erzeugen und vertreiben Molkereiprodukte, darunter auch Fruchtjoghurt und Fermentierten Fruchtrahm; sie setzen ihre Produkte in Österreich ab.

Die Beklagte vertreibt als Vertriebsgesellschaft einer namensgleichen deutschen GmbH deren Produkte in Österreich. Sie lieferte seit Jahren in der Bundesrepublik Deutschland hergestellte Milchprodukte, wie Gervais, Rahmkäse, Hüttenkäse, Frucht- und Kräutertopfen, Milchpudding und Puddingcreme, Topfencreme und dgl., sowohl an den österreichischen Lebensmittelgroßhandel als auch an Dachverbände der österreichischen Molkereibetriebe, nämlich an den M*** FÜR N***, die Firmen A***, A***

und S*** Ö*** M***. Der Umsatz der Beklagten wird zu rund 50 % über die Molkereiverbände erzielt, denen auch einzelne Kläger als Mitglieder angehören.

Seit Spätherbst 1986 vertreibt die Beklagte in Österreich ein neues Produkt unter der Bezeichnung "D*** Creme Joghurt"; in ihrer Sortimentspreisliste wird Creme Joghurt auch als "Fruchtjoghurt" bezeichnet. Die Ware wird in Bechern mit einem Inhalt von 150 g pro Packung verkauft, wobei verschiedene Geschmacksrichtungen - wie "Erdbeere", "Boysenbeere" und "Aprikosen" - angeboten werden. Auf den Deckeln dieser Becher findet sich die Aufschrift "D*** Creme Joghurt" mit einem Hinweis auf die jeweils darin enthaltene Frucht; die Seitenwände weisen folgende weitere Hinweise und Inhaltsangaben auf:

"150 g Fruchtjoghurt aus pasteurisierter Milch mit 10 % Fett, Zucker, 11 % Früchten. Gekühlt mindestens haltbar bis: siehe Deckel. Hergestellt in Deutschland für G*** D***, Salzburg..." Die Kläger stellen ähnliche Produkte entweder aus Milch mit einem Fettgehalt von 3,2 % oder von 7 % - bezeichnet als "Fruchtjoghurt" - oder aus Rahm mit 10 %igem Fettgehalt und einem Fruchtanteil von 8 % - bezeichnet als "Fruchtrahm" - her.

Alle österreichischen Produzenten bezeichnen die von ihnen unter Verwendung des Joghurtpilzes hergestellten Milchgetränke dann als "Fruchtjoghurt", wenn sie aus Milch mit einem Fettgehalt von weniger als 8 % hergestellt wurden, und dann als "Fruchtrahm", wenn für die Produktion Milch mit einem Fettgehalt von mehr als 8 % (Rahm) verwendet wurde.

Die Beklagte ist zwar bereit, allen Klägern das von ihr importierte "D*** Creme Joghurt" mit den verschiedenen Geschmacksrichtungen zum Weiterverkauf zu liefern; sie weigert sich aber, den Klägern das Vertriebsmonopol einzuräumen, und besteht darauf, das Produkt auch weiterhin direkt über Großhändler und Handelsketten zu vertreiben. Die Klägerin zu 17. wiederum ist nur unter der Voraussetzung bereit, die Fruchtjoghurts der Beklagten in ihr Verkaufsprogramm aufzunehmen, daß diese tatsächlich den Alleinverkauf des Produktes über die zuständigen Molkereien gewährleistet.

Nach den Richtlinien des ÖLMB (Codex Alimentarius Austriacus), zweite Auflage, Kapitel XLV. über "Milch und Milcherzeugnisse", ist gemäß Abschnitt "I.Milch" im Handel unter der Bezeichnung "Milch" ausschließlich Kuhmilch zu verstehen. Unter Pkt "A. Kuhmilch und Erzeugnisse aus Kuhmilch" fallen:

a) Frische Milch b) Kindermilch c) Saure Milch d) Rahm (Obers, Sahne, Schmetten) e) Magermilch f) Buttermilch g) Molke.

Gemäß Abschnitt II über "Milchzubereitungen und Milchkonserven" gehören dazu:

A. Sterilisierte Milch B. Homogenisierte Milch C. Kondensierte Milch

D. Blockmilch E. Trockenmilch F. Säuglingsmilch und diätetische Milchpräparate G. Gegorene Milchgetränke.

Zu diesen "gegorenen Milchgetränken", die sowohl aus roher als auch aus erhitzter Milch oder Magermilch bereitet werden, gehören (ua):

a) Joghurt b) Kefir c) Acidophilusmilch.

Das quantitative Verhältnis der einzelnen Milchbestandteile zueinander unterliegt erheblichen Schwankungen, weshalb man lediglich von einer mittleren oder durchschnittlichen Zusammensetzung sprechen kann. Danach besteht Milch aus 87,2 % Wasser und 12,8 % Trockensubstanz, hievon ca 3,7 % Fett. "Rahm" ist ein Produkt, das durch Stehenlassen (Aufrahmen) oder Ausschleudern (Zentrifugieren) der Milch als fettreichster Teil neben Magermilch abgeschieden wird. Im Handel kommt süßer und saurer Rahm vor. Der Fettgehalt, der hauptsächlich den Handelswert bestimmt, schwankt von 8 bis 50 Prozent. Die fettärmste Sorte süßen Rahms, auch "Kaffeerahm" oder "Obers" schlechthin genannt, muß mindestens 8 Prozent, die mittlere Qualität, als "Teerahm" oder "Teeobers" bezeichnet, mindestens 15 Prozent, die beste, das "Schlagobers", mindestens 28 Prozent und saurer Rahm mindestens 8 Prozent Fett enthalten. Ein Zusatz von Konservierungsmitteln oder anderen fremden Stoffen, wie zB Farbstoffen, Rahmverdickungsmitteln (Mehl, Stärke, Zucherkalk, Eialbumin, Gelatine, Tragant, Pektin usw) und fremden Fetten, ist nicht erlaubt. Zur eventuellen Verdünnung darf nur frische Milch oder frische Magermilch verwendet werden. "Joghurt" ist ein rein milchsäures, nicht schäumendes und nicht alkoholhältiges, aus Kuh-, Büffel-, Ziegen- und Schafmilch hergestelltes Milchgetränk. Die hochpasteurisierte (95 C) oder auch abgekochte, mitunter etwas eingedickte oder unter Zusatz von Trockenmilch bereitete und in Flaschen gefüllte Milch wird auf etwa 40 bis 45 C abgekühlt, mit den Joghurtpilzen versetzt, bei einer Temperatur von 45 C (Optimum) 3 bis 5 Stunden lang stehengelassen und hierauf während 3 bis 4 Stunden an einem kühlen Ort aufbewahrt. Über den Fettgehalt von Joghurt sind im ÖLMB2 keine Werte vorgegeben. Nach den Beurteilungsrichtlinien sind Milch und Milcherzeugnisse, die einen Wasserzusatz erhalten haben, ebenso verfälscht wie Milch, deren Fettgehalt vermindert wurde. Joghurt ist außerdem dann als verfälscht zu erklären, wenn er unter Zusatz von Trockenmagermilch erzeugt und dieser Umstand in der Bezeichnung nicht angegeben wird.

Als falsch bezeichnet im Sinn des Lebensmittelgesetzes sind anzusehen: Kuhmilch, deren natürlicher Zustand verändert ist und die ohne Kennzeichnung dieses Umstandes.....in Verkehr gesetzt wird; ferner süßer Rahm fettärmster Qualität (Kaffeerahm) mit weniger als 8 Prozent, süßer Rahm mittlerer Qualität (Teerahm) mit weniger als 15 Prozent, Schlagrahm (Schlagobers) mit weniger als 28 Prozent und saurer Rahm mit weniger als 8 Prozent Fett.

Mit der am 11. Mai 1987 eingebrachten Klage begehren die Kläger (ua) die Verurteilung der Beklagten, es im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb flüssiger Milchprodukte, insbesondere fermentierten Fruchtrahms, zu unterlassen, a) unter Umgehung der Versorgungsgebietsregelung für flüssige Milchprodukte derartige Produkte, insbesondere fermentierten Fruchtrahm, bezeichnet als "Fruchtjoghurt", im Versorgungsgebiet der Kläger zu vertreiben;

b) flüssige Milchprodukte, die einen Fettgehalt von mehr als 7 % haben, als "Joghurt", insbesondere als "Fruchtjoghurt" oder "Creme Joghurt", zu bezeichnen;

c) flüssige Milchprodukte, die einen Fettgehalt von mehr als 7 % haben, als "hergestellt aus pasteurisierter Milch" zu bezeichnen;

außerdem verlangen sie die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in drei österreichischen Tageszeitungen.

Das Unterlassungsbegehren zu a) begründen die Kläger damit, daß die Beklagte ihre Fruchtjoghurts - bzw. ihren als "Fruchtjoghurt" bezeichneten fermentierten Fruchtrahm - ohne Rücksicht auf die für flüssige Milchprodukte geltende Versorgungsgebietsregelung des Marktordnungsgesetzes 1985 BGBl 210 (MOG) idgF an Wiederverkäufer in den den Klägern zugewiesenen Versorgungsgebieten liefere; sie verstoße damit in wettbewerbswidriger Weise gegen das den Klägern zustehende Versorgungsgebietsmonopol. Die Kläger gaben zugleich die ausdrückliche Erklärung ab, daß sie bereit seien, das Fruchtjoghurt der Beklagten in ihren Ordersatz aufzunehmen.

Dem hält die Beklagte entgegen, daß sie die von ihr in Österreich ausschließlich an Wiederverkäufer und nicht auch an Letztverbraucher vertriebenen Produkte aus der Bundesrepublik Deutschland importiere; für derartige Importprodukte bestehe aber weder ein gesetzliches noch ein vertragliches "Versorgungsgebietsmonopol" der Kläger. Das Unterlassungsbegehren zu b) begründen die Kläger damit, daß in der Produktdeklaration der Beklagten als "Joghurt" eine Falschbezeichnung liege; durch sie werde auch eine Irreführung der Konsumenten bewirkt. "Joghurt" müsse nach dem ÖLMB aus Milch erzeugt werden. In Österreich habe sich in jahrzehntelanger lückenloser Praxis im Handelsverkehr die Übung herausgebildet, nur jene Milchprodukte als "Joghurt" zu bezeichnen, die weniger als 8 % Fett enthalten; alles, was mehr als 8 % Fett habe, müsse als "Rahm" bezeichnet werden.

Demgegenüber verweist die Beklagte darauf, daß in der Bezeichnung ihres Produktes als "Creme Joghurt" und "Fruchtjoghurt" keine Falschbezeichnung liegen könne, weil auch Milch mit einem Fettgehalt von mehr als 8 % noch als "Milch" bezeichnet werden müsse. Da im ÖLMB der Begriff "Rahmjoghurt" überhaupt nicht vorkomme, müsse davon ausgegangen werden, daß "Joghurt" sowohl aus "Milch" als auch aus "Rahm" hergestellt werden könne. Überdies könne es nicht wettbewerbswidrig sein, wenn sie ein höherwertiges Produkt minderwertiger bezeichne.

Zum Unterlassungsbegehren zu c) verweisen die Kläger auf die Ankündigung der Beklagten, wonach ihr "Fruchtjoghurt aus pasteurisierter Milch mit 10 % Fett" hergestellt sei. Damit verstoße die Beklagte gegen die in Österreich gebräuchlichen Gattungsbezeichnungen, weil nach dem ÖLMB die fettärmste Rahmsorte mindestens 8 % Fett enthalten müsse. In Österreich habe sich daher die Praxis herausgebildet, daß Milchprodukte bis höchstens 7 % Fett als "Milch" und Milchprodukte ab 8 % Fett als "Rahm" zu bezeichnen seien. Hiezu steht außer Streit (ON 11 S 107; ON 12 S 115; ON 15 S 137), daß sich diese "Begriffsgebräuche" durch jahrzehntelange lückenlose Handelsübung in Österreich herausgebildet haben und daß auf Grund der Bestimmungen des ÖLMB Milch mit mehr als 7 % Fett (gemeint offenbar: ab 8 % Fett) "Rahm" genannt wird. Die Kläger sehen in der Nichtverwendung der üblichen Gattungsbezeichnung durch die Beklagte einen Verstoß gegen die LMKV 1973; die Beklagte verschaffe sich damit einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern. Überdies würden die Konsumenten auch irregeführt, weil bei ihnen durch die Bezeichnung des Produktes als "Milch" (und nicht als "Rahm") der Eindruck entstehe, es liege "ein nicht besonders dickmachendes Milcherzeugnis" vor.

Die Beklagte hält dem entgegen, daß auch Milch mit mehr als 8 % Fettgehalt als "Milch" bezeichnet werden könne, weil nach dem ÖLMB "Rahm" kein eigenes Produkt sei, sondern eben "Milch, die nur einen höheren Fettgehalt aufweise". Ihr Hinweis, daß das Fruchtjoghurt aus "pasteurisierter Milch mit 10 % Fett" hergestellt wurde, sei daher fachlich zutreffend und richtig; auch die Konsumenten könnten dadurch nicht getäuscht werden, weil durch nichts bewiesen sei, daß sie unter "Rahm" ein besonders nahrhaftes (dickmachendes) Milchprodukt verstünden.

Das Erstgericht wies mit Teilurteil die drei in Rede stehenden Unterlassungsbegehren der Kläger ab; ein förmlicher Ausspruch über das damit verbundene Veröffentlichungsbegehren ist unterblieben. Das Erstgericht stellte im wesentlichen den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und folgerte daraus rechtlich, daß die Beklagte durch den Vertrieb der von ihr aus der Bundesrepublik Deutschland importierten Milchprodukte nicht gegen die Monopolstellung der Kläger gemäß dem Marktordnungsgesetz verstoßen habe, weil dessen Versorgungsgebietsregelung auf den Import ausländischer Milchprodukte nicht anwendbar sei. Im übrigen könne das Verhalten der Beklagten schon deshalb nicht gegen § 1 UWG verstoßen, weil dieses Gesetz "seiner Natur nach kaum geeignet sei, dem Monopolisten bei der Ausschaltung des Wettbewerbes zu helfen".

Die Abweisung der zu lit.b) und c) gestellten Begehren begründete das Erstgericht damit, daß es nach den die Verbrauchererwartung wiedergebenden Bestimmungen des ÖLMB keinesfalls verboten sei, Joghurt aus Milch mit einem höheren Fettgehalt als 7 oder 8 % herzustellen. Die Beklagte habe daher weder durch ihre Produktdeklaration "Joghurt" noch durch die Angabe "Milch mit einem Fettgehalt von 10 %" gegen das LMG 1975 oder § 1

UWG verstoßen. Auch eine wettbewerbsrelevante Täuschung der Verbraucher sei nicht zu befürchten, weil die Beklagte deutlich darauf hingewiesen habe, daß das beanstandete Fruchtjoghurt aus pasteurisierter Milch mit 10 %igem Fettgehalt hergestellt wurde. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Teilurteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes in bezug auf jeden einzelnen Kläger und hinsichtlich der jeweils als Einheit zu sehenden Unterlassungsbegehrens einerseits zu lit.a) und andererseits zu lit.b) und c) jeweils den Betrag von 300.000 S übersteige. Es billigte nicht nur die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach die Versorgungsgebietsregelung des Marktordnungsgesetzes auf importierte ausländische Milchprodukte nicht anzuwenden sei, sondern auch die Auffassung, daß die Produktbezeichnung der Beklagten ebensowenig wie deren Angabe über die Herstellung des Fruchtjoghurts aus "pasteurisierter Milch mit 10 % Fett" gegen § 1 UWG oder gegen dessen § 2 verstoße. Weder die Kläger noch der Milchwirtschaftsfonds könnten einseitig bestimmen, was hinsichtlich des Fettgehaltes unter "Joghurt" zu verstehen sei;

das ÖLMB selbst sehe für "Rahm" nur einen Mindestfettgehalt vor. Die Beklagte habe überdies den Fettgehalt ausdrücklich angegeben, so daß der Konsument den Zusammenhang zwischen "Creme Joghurt" und Rahm als dessen Ausgangsprodukt jedenfalls herstellen könne. Feststellungsmängel in bezug auf die von den Klägern behaupteten handelsüblichen Bezeichnungen lägen schon deshalb nicht vor, weil diese auf die Monopolstellung der Kläger in bezug auf inländische Milchprodukte zurückgehen würden. Insoweit würden aber die Kläger die Marktübung und damit auch die handelsübliche Sachbezeichnung eines Lebensmittels im Sinne des § 3 Z 1 LMKV 1973 bestimmen; dies könne aber aus rechtlichen Gründen nicht angenommen werden, wenn die Beklagte mir ihrer individuellen Bezeichnung "Creme Joghurt" das Käuferpublikum nicht täusche.

Dagegen richtet sich die Revision der Kläger zu 1. - 4., 6., 7., 9., 10. und 12. - 17. (damit ist das angefochtene Urteil gegenüber den Kläger zu 5., 8. und 11. bereits in Rechtskraft erwachsen). Die verbleibenden 14 Kläger machen die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und stellen den Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens; hilfsweise beantragen sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils.

Die Beklagte beantragt, dem Rechtsmittel der Kläger nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nur teilweise berechtigt.

In ihrer Mängelrüge behaupten die Revisionswerber keine Mängel des Berufungsverfahrens im Sinne des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO; sie rügen vielmehr ausschließlich angebliche Feststellungsmängel, die jedoch dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu unterstellen sind.

1. Zum Unterlassungsbegehren zu a):

In ihrer Rechtsrüge wenden sich die Revisionswerber zunächst mit Recht gegen die Auffassung der Vorinstanzen, daß ein Verstoß der Beklagten gegen eine monopolartige Alleinstellung der einzelnen Kläger innerhalb der ihnen mit Verordnung des Milchwirtschaftsfonds zugewiesenen Versorgungsgebiete nicht zugleich auch gegen § 1 UWG verstoßen könne (vgl zur insoweit vergleichbaren Zuweisung eines Kehrbezirkes gemäß § 176 GewO 1973: ÖBl 1981, 96). Damit ist allerdings für die Kläger nichts gewonnen, weil sich die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß die Versorgungsgebietsregelung des MOG 1985 in der geltenden Fassung nicht auf nach Österreich importierte ausländische Milch und Milcherzeugnisse anzuwenden sei, entgegen der Meinung der Revisionswerber im Ergebnis als zutreffend erweist:

Auszugehen ist zunächst davon, daß das von der Beklagten aus der Bundesrepublik Deutschland importierte "Fruchtjoghurt", welches sie in ganz Österreich an Wiederverkäufer vertreibt, unter die in § 1 Abs 2 MOG 1985 angeführte Zolltarifnummer ex 21.07 (bzw. nunmehr unter die Tarifnummer 0403, Unternummer 10 B, gemäß § 1 Abs 2 MOG idF der 3.MOG-Novelle 1987 BGBl 578) fällt und damit zu den von diesem Gesetz umfaßten "Erzeugnissen aus Milch" zählt (vgl Walter-Mayer, Grundriß des Besonderen Verwaltungsrechts2, 250; VfGHSlg 7886). Die Ziele, die das Marktordnungsgesetz für den Bereich der Milchwirtschaft im Rahmen der agrarischen Marktordnung erreichen will, sind in § 2 MOG 1985 - unverändert bis einschließlich der MOG-Novelle 1988 BGBl 330 - wie folgt umschrieben:

"1. Schutz der inländischen Milchwirtschaft, 2.Sicherung eines möglichst einheitlichen Erzeuger- und Verbraucherpreises für Milch und Erzeugnisse aus Milch, 3.Erreichung einer möglichst wirtschaftlichen Anlieferung, Bearbeitung, Verarbeitung und Verteilung von Milch und Erzeugnissen aus Milch, 4.Erzielung der aus volkswirtschaftlichen Gründen gebotenen Gleichmäßigkeit in der Belieferung der Märkte mit Milch und Erzeugnissen aus Milch, Sicherung einer ausreichenden Belieferung mit vom Handeln, den Verarbeitern und Kosumenten nachgefragten Milch und Erzeugnissen aus Milch, 5.Bereitstellung von Milch und Erzeugnissen aus Milch in einwandfreier guter Beschaffenheit und 6.Anpassung der Produktion und des Absatzes von Milch und Erzeugnissen aus Milch an die Aufnahmefähigkeit des in- und ausländischen Marktes."

Mit seinem Regelungssystem versucht daher das Marktordnungsgesetz im wesentlichen die unterschiedlichen Produktions- und Absatzbedingungen der inländischen Milchwirtschaft auszugleichen, und zwar primär durch Ausgleichsbeiträge und Zuschüsse sowie durch andere Lenkungsmaßnahmen (zB Produktionsaufträge, Bewilligungen). Die einzelnen Lenkungsmaßnahmen sind in der Regel von dem als juristische Person des öffentlichen Rechts eingerichteten Milchwirtschaftsfonds (§ 2 Abs 2 MOG), in besonderen Fällen auch vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, anzuordnen. Regelmäßig ist vorgesehen, daß der Fonds die ihm zufließenden Ausgleichsbeiträge für bestimmte Zwecke als Zuschüsse zu gewähren hat. Praktisch besonders bedeutsam ist derzeit die - in Verbindung mit dem Richtmengensystem stehende - konzpierte Produktionsbeschränkung (§§ 69 ff MOG); dieser Bereich ist besonders umstritten (Walter-Mayer aaO 250) und daher auch immer wieder - zuletzt durch die MOG-Novelle 1988 - geändert worden. Als Lenkungsmaßnahmen sieht das MOG 1985 in der geltenden Fassung neben Preis- und Transportausgleichsbeiträgen (§§ 3 f und 7 f MOG 1985; nunmehr gemäß §§ 3 ff idF der MOG-Novelle 1988:

"Ausgleichsbeiträge"), Import- und Exportausgleichen (§§ 20 ff, 23 MOG 1985), Absatzförderungen (§§ 69 ff MOG 1985) und Qualitätsregelungen (§ 17 MOG 1985) auch die hier in Rede stehende Festlegung von Einzugs- und Versorgungsgebieten (§§ 13 f MOG 1985) vor (Walter-Mayer aaO 250 ff). Gerade bei dieser Lenkungsmaßnahme steht aber die Zuweisung eines geographisch begrenzten Einzugsgebietes an einen bestimmten Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb oder deren wirtschaftliche Zusammenschlüsse gemäß § 13 Abs 2 MOG 1985 in einem offensichtlichen Zweckzusammenhang mit der Zuweisung eines geographisch begrenzten Versorgungsgebietes an bestimmte Bearbeitungs- und Versorgungsbetriebe oder deren wirtschaftlichen Zusammenschlüsse gemäß § 13 Abs 3 MOG 1985. Im jeweiligen "Einzugsgebiet" sind nämlich die Milchbauern (in der Diktion des MOG: "Erzeuger") verpflichtet, die in ihren landwirtschaftlichen Betrieben hergestellte und zur Abgabe gelangende Milch oder die Erzeugnisse aus Milch an den zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb oder wirtschaftlichen Zusammenschluß zu liefern; diese sind - korrenspondierend dazu - auch zur Übernahme der Milch und der Milcherzeugnisse von den Milchbauern ihres Einzugsgebietes verpflichtet (Kontrahierungszwang, ausgenommen die sogenannten "Ab-Hof-Verkäufe": § 16 MOG 1985), soweit die Qualitätsvorschriften des Fonds (§ 17 MOG 1985) eingehalten wurden. Demgegenüber sind die Molkerein und Molkereiverbände zur ausschließlichen Belieferung der ihnen zugewiesenen Versorgungsgebiete mit Milch und bestimmten Milcherzeugnissen (gemäß der Vorschreibung des Milchwirtschaftsfonds: § 15 Abs 1 Z 3 MOG 1985), zu deren Zukauf sie allenfalls sogar verpflichtet sind, berechtigt und verpflichtet (vgl Bernard in Wenger-FS !1983 638 f).

Daraus folgt aber bereits, daß auf Grund einer objektivteleologischen Interpretation (vgl Koziol-Welser8 I 22) nach dem Zweck der hier in Rede stehenden Lenkungsmaßnahme "Festlegung von Einzugs- und Versorgungsgebieten" das den Molkereien und Molkereiverbänden innerhalb des ihnen zugewiesenen Versorgungsgebietes gesetzlich eingeräumte Belieferungsmonopol für Milch und bestimmte Milcherzeugnisse (vgl zu den korrespondierenden Bestimmungen des seinerzeitigen § 7 Abs 2 und 3 MWG: ÖBl 1956, 41; VfGHSlg 3110) jedenfalls nur für in Österreich produzierte Milch und Milchprodukte gelten kann. Auf solche hat sich auch die genannte Rechtsprechung bezogen, so daß daraus im Gegensatz zur Meinung der Revisionswerber für die hier zu lösende Rechtsfrage nichts zu gewinnen ist. Dasselbe gilt auch für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.November 1979, 1454/78 (Beilage O), in welcher diese Frage meritorisch gar nicht geprüft, sondern der angefochtenen Bescheid schon aus rein formellen Gründen aufgehoben worden ist.

Gerade die offensichtliche Zweckbeziehung zwischen dem einer bestimmten Molkerei (einem bestimmten Molkereiverband) zugewiesenen Einzugsgebiet einerseits und deren Versorgungsgebiet andererseits spricht aber gegen die Anwendbarkeit diese Lenkungsmaßnahme auch auf im Ausland produzierte Milcherzeugnisse, die nach Österreich importiert werden. Da das MOG - im Gegensatz zu Importen von ausländischem Brotgetreide und Mahlerzeugnissen (§ 28 Abs 3 MOG 1985) - die Einfuhr ausländischer Milcherzeugnisse weder von einer Bewilligung des Milchwirtschaftsfonds abhängig macht noch ein Importmonopol für den Milchwirtschaftsfonds oder die Molkereien oder Molkereiverbände vorsieht, ist schon die Einzugsgebietsregelung auf solche Produkte nicht anwendbar; damit scheidet dann aber auch die isolierte Anwendung der Versorgungsgebietsregelung auf importierte Milchprodukte aus, weil für diesen Fall der dem Belieferungsmonopol der gebietszuständigen Molkerei entsprechende gesetzliche Kontrahierungszwang aus der Einzugsgebietsregelung fehlt. Diesem Auslegungsergebnis entspricht es auch, daß für den Import ausländischer Milch und ausländischer Erzeugnisse aus Milch nur eine einzige Lenkungsmaßnahme vorgesehen ist, nämlich die Einhebung eines Importausgleiches (anstelle des Zolles) anläßlich ihrer Einfuhr in das Inland (§§ 20 ff MOG 1985). Dieser Importausgleich, dessen - vom Milchwirtschaftsfonds durch Beischeid festzusetzende - Höhe sich im allgemeinen aus dem Unterschied zwischen dem Zollwert von Milch und dem höheren Inlandspreis gleichartiger Milch (§ 20 Abs 2 bis 4 MOG 1985) ergibt, soll die inländische Milchwirtschaft vor "Billigeinfuhren" schützen (Walter-Mayer aaO 252). Im Falle des hier in Rede stehenden Milcherzeugnisses ergibt sich die Höhe des Importausgleiches aus den von den Molkereien für derartige Produkte entrichteten Preisausgleichsbeiträgen und/oder dem nach § 11 MOG 1985 entrichteten sogenannten "Konsumentenbeitrag" (Walter-Mayer aaO 253). Dieser Importausgleich ist gemäß § 25 MOG 1985 eine - von den Zollämtern zu erhebende - Einnahme des Bundes und für absatzfördernde Maßnahmen in der Milchwirtschaft zu verwenden. Die Vorinstanzen haben daher im Gegensatz zu der - unter anderem auch im Rundschreiben Nr 15/84 zum Ausdruck gebrachten, die Gerichte aber keineswegs bindenden - Rechtsmeinung des Milchwirtschaftsfonds zutreffend erkannt, daß die Weigerung der Beklagten, das von ihr aus der Bundesrepublik Deutschland importierte "Fruchtjoghurt" in den den Klägern zugewiesenen Versorgungsgebieten ausschließlich über die Kläger zu vertreiben, die Bestimmungen des MOG 1985 nicht verletzt; damit ist aber dem Vorwurf der Kläger, die Beklagte habe durch den Vertrieb dieses Milchproduktes an Wiederverkäufer in ihren Versorgungsgebieten einen Wettbewerbsverstoß gemäß § 1 UWG begangen, gleichfalls der Boden entzogen.

Der Revision mußte in diesem Punkt ein Erfolg versagt bleiben.

2. Zu den Unterlassungsbegehren gemäß b) und c):

Mit Recht heben die Revisionswerber hier hervor, daß eine Verletzung der LMKV 1973 gegen § 1 UWG verstoßen kann, weil sich die Beklagte auf diese Weise durch das Inverkehrbringen ihres Milcherzeugnisses unter einer anderen als der handelsüblichen Sachbezeichnung (§ 3 Z 1 LMKV) oder durch die unrichtige Bezeichnung eines wesentlichen Bestandteils ihres Produktes (§ 3 Z 18 LMKV) einen Wettbewerbsvorteil gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern verschaffen könnte (SZ 49/70; ÖBl 1987, 74; WBl 1987, 163 ua);

zugleich kann darin aber auch eine zur Irreführung des angesprochenen Publikums geeignete Angabe über die Beschaffenheit der Ware im Sinne des § 2 UWG liegen (ÖBl 1985, 156 ua). Nach den Feststellungen hat die Beklagte ihre in Bechern mit Deckeln verpackte Milchzubereitung in Österreich einerseits unter den Sachbezeichnungen "Creme Joghurt" und "Fruchtjoghurt" und andererseits mit einem Bestandteilverzeichnis in Verkehr gebracht, in dem an erster Stelle "pasteurisierte Milch mit 10 % Fett" angeführt ist. Zur letztgenannten Bestandteilsangabe steht außer Streit, daß sich in Österreich durch jahrzehntelange Handelsübung ein Begriffsgebrauch herausgebildet hat, nach welchem nur Milcherzeugnisse mit einem Fettgehalt bis höchstens 7 % als "Milch", solche mit einem Fettgehalt von mindestens 8 % aber als "Rahm" bezeichnet werden.

Damit ist aber im Gegensatz zur Meinung der Vorinstanzen bereits klargestellt, daß die Beklagte den anteilsmäßig oder nach seiner Bedeutung wesentlichsten Bestandteil der von ihr vertriebenen Ware dem handelsüblichen Begriffsgebrauch zuwider nicht als "Rahm", sondern als "Milch" bezeichnet hat. Unter diesem Gesichtspunkt ist aber die Bestandteilsbezeichnung "Milch" jedenfalls eine zur Irreführung des angesprochenen Publikums geeignete Angabe über die Beschaffenheit der Ware im Sinne des § 2 UWG. Sie wendet sich nämlich nicht nur an die sachkundigen Wiederverkäufer, sondern auch und vor allem an die Letztverbraucher. Ein nicht unerheblicher Teil der solcherart angesprochenen Konsumenten wird zum Kauf gerade dieser Ware veranlaßt werden, weil er davon ausgeht, daß "Milch" fettärmer ist als "Rahm". Außer gesundheitsbewußten und informierten Kaufinteressenten, für die durch die Angabe des Fettgehaltes kein Irrtum mehr entstehen kann, mag es zwar immer noch einen gar nicht so kleinen Kreis nicht besonders gesundheitsbewußter Konsumenten geben, für welche die hier umstrittene Fettangabe gleichfalls keinen relevanten Irrtum hervorrufen wird; daneben gibt es aber noch einen iteren, keinesfalls unbedeutenden Kreis von Letztverbrauchern, die sich zwar gesund ernähren wollen, dennnoch aber keine konkrete Vorstellung von den einzelnen Bestandteilen der einzelnen Lebensmittel, insbesondere von deren genauem Fettgehalt, haben. Für diese Konsumenten wird aber die Irreführungseignung der beanstandeten Angabe auch nicht durch die ausdrückliche Anführung des Fettgehaltes mit 10 % beseitigt, werden sie doch trotzdem annehmen, das ihnen bekannte, aus der vermeintlichen gesünderen "Milch" hergestellte Getränk und nicht das beanstandete, wesentlich fettreichere Nahrungsmittel zu bekommen.

Im Hinblick auf den außer Streit gestellten handelsüblichen Begriffsgebrauch ist für die Beklagte auch daraus nichts zu gewinnen, daß im ÖLMB "Rahm" zusammen mit anderen Milcherzeugnissen unter dem Oberbegriff "Milch" zusammengefaßt ist; insofern sind nämlich die im ÖLMB in Form eines qualifizierten Sachverständigengutachtens enthaltenen (widerlegbaren) Grundsätze (ÖBl 1987, 74 ua) durch die mehrfach erwähnte Außerstreitstellung widerlegt. An diesem Ergebnis mag es im Gegensatz zur Meinung der Beklagten auch nichts zu ändern, daß § 16 Abs 1 MOG 1985 idF der 1. MOG-Novelle 1987 (nunmehr idF der MOG-Novelle 1988) von "Milch" mit einem Fettgehalt von "weniger als 8 %" bzw "8 % und mehr" spricht; das ist schon deshalb unbeachtlich, weil für den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes "Milch" stets "Kuhmilch und Rahm von Kuhmilch" (§ 1 Abs 1 MOG 1985) bzw. "Milch und Rahm" (3.MOG-Novelle 1987) ist.

Das von der Beklagten im Inland gewerbsmäßig in Verkehr gesetzte verpachte Milcherzeugnis (§ 1 LMKV) unterliegt gemäß § 4 Abs 1 Z 37 LMKV jedenfalls der Kennzeichnungspflicht nach § 3 Z 1 LMKV; es ist daher mit der handelsüblichen Sachbezeichnung zu kennzeichnen. Nach den Bestimmungen des ÖLMB - bei denen es sich auch um die Wiedergabe der in den beteiligten Branchen vertretenen Auffassungen über die Bezeichnung derartiger Getränke handelt (ÖBl 1987, 74) - gehört "Joghurt" zu den gegorenen Milchgetränken, die sowohl aus roher als auch aus erhitzter Milch oder Magermilch bereitet werden; "Joghurt" im speziellen liegt danach nur dann vor, wenn das Getränk aus Kuh-, Büffel-, Ziegen- oder Schafmilch hergestellt wurde. Schon durch die Anführung von "Magermilch" neben "roher Milch" und "erhitzter Milch" als Ausgangsprodukt für gegorene Milchgetränke, zu denen "Joghurt" zählt, ist klargestellt, daß das ÖLMB hier im Abschnitt II "Milch" nicht im Sinne des Oberbegriffes des Abschnittes I, sondern im engeren Sinne als "frische Milch" versteht. Nach dem außer Streit gestellten handelsüblichen Begriffsgebrauch wird aber von "Milch" nur bei einem Fettgehalt bis höchstens 7 % gesprochen; bei einem Fettgehalt ab 8 % liegt bereits "Rahm" vor. Das Milcherzeugnis der Beklagten wurde daher nicht aus "Milch", sondern aus "Rahm" hergestellt und ist somit kein "Joghurt". Wie die handelsübliche Sachbezeichnung eines aus Rahm nach Art der Joghurterzeugung hergestellten Milchgetränkes lautet, kann hier dahingestellt bleiben; sie kann jedenfalls nicht "Joghurt" sein, weil diese Sachbezeichnung einem aus Milch hergestellten Produkt vorbehalten ist. Dazu kommt, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen sämtliche österreichischen Produzenten die von ihnen unter Verwendung des Joghurtpilzes hergestellten Milchgetränke nur dann als "Fruchtjoghurt" bezeichnen, wenn sie aus Milch mit weniger als 8 % Fettgehalt hergestellt werden. Insoweit ist demnach von einer in Österreich handelsüblichen Bezeichnung auszugehen, weil es keinem Zweifel unterliegt, daß die österreichischen Produzenten auf diesem Gebiet - gerade auch im Hinblick auf ihre überragende Stellung nach dem MOG - den weitaus größten Anteil des Angebotes stellen; der in diesem Zusammenhang geltend gemachte Feststellungsmangel liegt daher nicht vor.

Damit hat aber die Beklagte nicht nur gegen § 3 Z 1 LMKV 1973, sondern auch gegen § 1 UWG verstoßen, hat sie doch eine einheitliche Vorgangsweise im österreichischen Milchgetränkehandel mißachtet, wonach die Bezeichnung "Joghurt" unzulässig ist, wenn dieses Getränk nicht aus Milch, sondern aus Rahm hergestellt ist. Daß der handelsübliche Begriffsgebrauch bezüglich "Milch" und "Rahm" der Beklagten bekannt war, ergibt sich aus der Außerstreitstellung; die genannten Bestimmungen des ÖLMB mußte sie schon auf Grund ihrer gewerblichen Tätigkeit kennen. Damit hat sich aber die Beklagte bewußt über eine einheitliche Branchenübung hinweggesetzt und auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern verschafft. Ihr Verhalten ist somit sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

Daran ändert es auch nichts, daß die Beklagte im Rahmen des Bestandteilverzeichnisses der Verpackung den Fettgehalt der "Milch" mit 10 % angegeben und ihre Ware nicht nur als "Fruchtjoghurt", sondern auch als "Creme Joghurt" bezeichnet hat. Abgesehen davon, daß insbesondere die Letztverbraucher das Milchgetränke schon auf Grund seiner Sachbezeichnung als "Joghurt" kaufen und dabei der Angabe über den Fettgehalt im Rahmen des Bestandteilverzeichnisses gar keine Beachtung schenken werden, wurde bereits ausgeführt, daß diese Annahme auch gar nicht geeignet ist, den irrigen Eindruck von der Beschaffenheit der Ware richtigzustellen. Das gilt auch für die Bezeichnung als "Creme Joghurt", aus der die angesprochenen Verkehrskreise wohl einen Hinweis auf eine höhere Konsistenz des Milchgetränkes entnehmen, nicht aber zwingend darauf schließen werden, daß es entgegen der Sachbezeichnung "Joghurt" tatsächlich kein solches, sondern ein anderes, aus Rahm hergestelltes Produkt ist.

Die vorliegenden Feststellungen reichen somit im Zusammenhalt mit der Außerstreitstellung bereits aus, um einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten im Sinne der zu lit.b) und c) gestellten Unterlassungsbegehren zu bejahen. Der Revision war daher insoweit stattzugeben und das angefochtene Urteil in diesem Umfang im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; diese umfaßt auch den von den Klägern gestellten Antrag auf Urteilsveröffentlichung, der gemäß § 25 Abs 3 UWG berechtigt erscheint und gegen den die Beklagte im übrigen auch keinerlei konkrete Einwendungen erhoben hat. Der Ausspruch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf § 43 Abs 1, § 50 ZPO. Da die Kläger die in Rede stehenden Unterlassungsansprüche zu a) mit 100.000 S, zu lit.b) und c) aber mit jeweils 50.000 S (ON 13 S 127; ON 15 S 137) bewertet haben, ist unter Einschluß des Urteilsveröffentlichungsantrages von einem für das Rechtsmittelverfahren maßgeblichen Gesamtstreitwert von 220.000 S auszugehen. Die Kosten waren daher gegeneinander aufzuheben, weil die Streitteile zu gleichen Teilen jeweils obsiegt haben und unterlegen sind.

Anmerkung

E17922

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00116.88.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19890418_OGH0002_0040OB00116_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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