TE OGH 1989/4/19 8Ob561/89

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Veröffentlicht am 19.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als Richter in der Pflegschaftssache der mj. Marlene H***, geboren am 14. Mai 1984, des Antragstellers Johann H***, Maschinenschlosser, Oberplaißa 15, 4463 Großraming, wider die Antragsgegnerin Gertraud S***, J.W. Kleinstraße 72/4/21, 4020 Linz, wegen Besuchsrechtsregelung, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 16. Februar 1989, GZ 18 R 107/89-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 9. Jänner 1989, GZ 3 P 171/88-18, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern der Minderjährigen wurde am 19. Mai 1988 geschieden. Dabei einigten sie sich, daß die Tochter Marlene in Pflege und Erziehung der Mutter verbleibt und dieser auch sämtliche Rechte und Pflichten im Sinne des § 144 ABGB alleine zustehen. Die Regelung des Besuchsrechtes wurde vorerst einer außergerichtlichen Vereinbarung zwischen den Eltern vorbehalten.

Da sich die Eltern jedoch nicht einigen konnten, beantragte der Vater, ihm ein Besuchsrecht in der Weise einzuräumen, daß er seine Tochter am ersten Samstag und dritten Sonntag eines jeden Monates ab 8 Uhr abholen könne und bis spätestens 18 Uhr desselben Tages zurückbringen müsse. Er hänge sehr an seiner Tochter und möchte die Beziehung zu ihr unbedingt aufrechterhalten.

Die Mutter sprach sich gegen die Gewährung eines Besuchsrechtes aus. Ihr geschiedener Ehegatte sei zu ihr immer sehr unberechenbar und brutal gewesen. Gegenüber der Tochter Marlene habe er sich zwar bisher nicht aggressiv verhalten, doch befürchte sie, daß er sich an ihr oder an dem Kind rächen würde, weil sie es geschafft habe, ein eigenes Leben aufzubauen.

Der Vater gab hiezu an, daß er das Kind seit etwa einem halben Jahr nicht mehr gesehen habe, weil es ihm vorenthalten worden sei. Es sei zwar richtig, daß es in seiner Ehe laufend Krisen gegeben habe und er einmal sogar seine geschiedene Ehefrau tätlich mißhandelt habe, doch habe er immer versucht, das Kind aus diesen Spannungen herauszuhalten. Es sei auch richtig, daß er einmal Selbstmordabsichten gehabt und einen entsprechenden Abschiedsbrief geschrieben habe, doch seien diese Zustände heute vorbei. Das Erstgericht räumte dem Vater ein Besuchsrecht am ersten Samstag und dritten Sonntag eines jeden Monates jeweils von 14 Uhr bis 18 Uhr ein. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Mutter wohnt gemeinsam mit der Tochter Marlene in einem Studentenheim mit Kindergarten in Linz. Sie studiert Wirtschaftspädagogik. Der Vater war von Anfang an mit diesen Fortbildungsplänen der Mutter nicht einverstanden. Es kam öfters zu heftigen Wortwechseln, in deren Verlauf er sie in Anwesenheit des Kindes mit den Worten "Hure" und "Tschuschenweib" beschimpfte. Während dieser Zeit nahm die Tochter auch die Kraftausdrücke des Vaters an. Einmal kam es zu einer Mißhandlung der Mutter, die eine Verletzung an der Unterlippe zur Folge hatte. Der Vater äußerte wiederholt Selbstmordabsichten. Seine geschiedene Ehegattin stand dadurch unter Druck und Angst, daß sich der Vater etwas antun würde. Heute hat dieser seine Depressionszustände überwunden. Das Verhältnis des Vaters zu seiner Tochter ist von Zuneigung und Liebe geprägt, die vom Kind auch erwidert wird. Zu aggressiven Verhaltensweisen gegenüber der Minderjährigen oder gar Mißhandlungen kam es nie.

Rechtlich hielt das Erstgericht ein Besuchsrecht des Vaters in der festgesetzten Dauer als dem Wohl des Kindes zuträglich. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge. Es hielt die Sachverhaltsergebnisse für ausreichend, um das Besuchsrecht einwandfrei beurteilen zu können. Gegen die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen bestünden keine Bedenken. Die seinerzeitigen Selbstmordtendenzen des Vaters seien überwunden. Sie seien im Spannungsfeld der nicht funktionierenden Ehe gelegen gewesen und wirkten sich auf das Kind nicht aus. Die Befürchtungen der Mutter, der Vater könnte sich an ihr oder dem Kind rächen, seien lediglich abstrakter Art und entbehrten jeglicher Grundlage.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs gemäß § 16 AußStrG der Mutter mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Antrag des Vaters auf Einräumung eines Besuchsrechtes abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Es sei offenbar gesetzwidrig, daß keine Stellungnahme des Jugendamtes eingeholt wurde. Der Vater sei zu Unrecht im Rechtshilfeweg vernommen worden. Die Selbstmordtendenz des Vaters hätte Anlaß zur Beiziehung eines Sachverständigen sein sollen. Es sei aktenwidrig, von der Überwindung der Selbstmordtendenz des Vaters auszugehen. Mit diesen Ausführungen werden primär Verfahrensverstöße der Vorinstanzen behauptet, die aber nur dann nach § 16 AußStrG geltend gemacht werden können, wenn sie das Gewicht einer Nullität haben;

dies ist hier nicht der Fall; demnach unterliegen die oben dargestellten angeblichen Verfahrensverstöße der Vorinstanzen nicht der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (SZ 23/10;

EvBl. 1974 127; 7 Ob 630/88 uza).

Von einer Aktenwidrigkeit kann nicht die Rede sein. Eine solche läge nur vor, wenn das Rekursgericht den Inhalt eines Vorbringens einer Partei oder eines Beweismittels unrichtig wiedergegeben hätte und infolgedessen zur Feststellung eines fehlerhaften Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt gekommen wäre (RZ 1977, 239; 8 Ob 662/88 ua). Der Vater des Kindes hat jedoch ausdrücklich ausgesagt, daß seine Selbstmordtendenzen endgültig vorbei seien, sodaß die in diesem Belang getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen im Akteninhalt ihre Deckung finden.

Die dargelegten Gründe haben zur Folge, daß das Rechtsmittel der Mutter wie im Spruch zurückzuweisen war.

Anmerkung

E17391

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00561.89.0419.000

Dokumentnummer

JJT_19890419_OGH0002_0080OB00561_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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