TE OGH 1989/4/25 2Ob533/89

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Veröffentlicht am 25.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Melber und Dr.Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Theodor S***, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Wiesingerstraße 6, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Renate F***, 1220 Wien, Sinagasse 1-19/1/7, wider die beklagten Parteien 1.) Katharina H*** Gesellschaft mbH i.L., 1150 Wien, Dieffenbachgasse 46, vertreten durch Dr.Erwin Dick, Rechtsanwalt in Wien, und 2.) Franz M***, Angestellter, 1210 Wien, Skraupstraße 24/25/13, vertreten durch Dr.Helene Klaar, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 3,375.340,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15.Dezember 1988, GZ 2 R 169/88-54, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 8.Juli 1988, GZ 11 Cg 72/87-49, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Zweitbeklagten die mit S 30.003,18 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 2.400,-- und die USt von S 4.600,53) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Renate F*** begehrte von den Beklagten die Bezahlung von S 3,375.340,-- s.A. Er brachte vor, die Gemeinschuldnerin Renate F*** und Otto F*** hätten mit Kaufvertrag vom 21.8.1980 die ihnen je zur Hälfte gehörende Liegenschaft EZ 647 KG Hinterstoder um den Kaufpreis von S 5,5 Millionen an die Erstbeklagte, welche damals noch den Firmenwortlaut "Vera A*** Ges.mbH." führte, verkauft. Wegen Finanzierungsschwierigkeiten sei die Käuferin nicht in der Lage gewesen, den Kaufvertrag zu erfüllen. Deshalb sei am 11.12.1980 bzw. 10.1.1981 zwischen den Vertragspartnern eine Dissolutionsvereinbarung getroffen worden, womit der Kaufvertrag einvernehmlich aufgelöst wurde. Allen Ansprüchen der Verkäufer gegen die Erstbeklagte wegen Nichterfüllung des Vertrages sei der Zweitbeklagte als deren damaliger Geschäftsführer und Gesellschafter als Solidarschuldner beigetreten. Den Verkäufern sei es trotz intensivster Bemühungen nicht gelungen, die Liegenschaft zu dem ursprünglich vereinbarten oder einem geringeren Kaufpreis zu veräußern. Am 21.4.1983 sei die Liegenschaft im Zuge eines Zwangsversteigerungsverfahrens um ein Meistbot von S 2,116.660,-- an den Ersteher zugeschlagen worden. Somit sei den Verkäufern ein Schaden in der Höhe des Differenzbetrages zum vereinbarten Kaufpreis im Betrag von S 3,383.340,-- entstanden. Otto F*** habe alle seine Ansprüche gegen die Beklagte an die Konkursmasse zediert. Der Zweitbeklagte habe sich als Kaufmann zur Solidarhaftung mit der Erstbeklagten verpflichtet.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Der Zweitbeklagte stellte den Abschluß des Kaufvertrages und dessen einverständliche Auflösung nicht in Abrede, er sei jedoch über den Wert und die Finanzierbarkeit des Kaufs der Liegenschaft in Irrtum geführt worden. Die Verkäufer hätten mit Rücksicht auf geleistete Zahlungen für Strom- und Baukosten auf die Geltendmachung einer Schadenersatzforderung, deren Höhe mit S 25.000,-- beziffert wurde, verzichtet. Nach dem Parteiwillen sollten Schadenersatzansprüche bereinigt sein.

Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren gegen beide Beklagte ab. Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf, der Oberste Gerichtshof gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Zweitbeklagten nicht Folge. Im zweiten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Klagebegehren gegen die Erstbeklagte statt und wies es hinsichtlich des Zweitbeklagten ab. Es traf im hier noch relevanten Teil folgende Feststellungen:

Der am 8.11.1959 geborene Zweitbeklagte und die am 7.12.1959 geborene Vera A*** beschlossen im Jahre 1980, also beide im Alter von 20 Jahren, sich selbständig zu machen. Diese Idee stammte von dem damals allseits als "Direktor" titulierten Friedrich K***, geboren 29.3.1936. K*** selbst bezeichnete sich als Gesellschafter mit 2 % der J.K*** GesmbH. in Wien 1., Kohlmarkt 5, sowie als freier Mitarbeiter und Prokurist dieser auf Finanzierungen, Immobilien, Import und Export ausgerichteten Firma. Er vermittelte dem jungen Paar je einen Bausparvertrag und eine Lebensversicherung und redete ihm ein, die Pension "Wien" des Ehepaars F*** in Hinterstoder um S 5,500.000,-- ohne Eigenmittel zu kaufen, wobei er für die Finanzierung sorgen wollte und sollte. Um die persönliche Haftung auszuschalten sowie wegen des fehlenden Gewerbescheins schlug K*** die Gründung einer Gesellschaft mbH vor. So wurde die Vera A*** Gesellschaft mbH in Wien gegründet, die später in die erstbeklagte Firma überging. Das Ehepaar Otto und Renate F*** schloß am 21.8.1980 in der Notariatskanzlei Dr.K*** mit dieser Firma als Käuferin den Kaufvertrag (Beilage ./A) über die Pension "Wien" in Hinterstoder ab. Am 1.9.1980 zogen der Zweitbeklagte und Vera A*** in die Pension ein und nahmen den Betrieb auf. Das Haus war auch immer gut besetzt

Nur mit der Finanzierung klappte es nicht; diese wurde von der Sparkasse schließlich ausdrücklich abgelehnt. K*** war nicht mehr erreichbar. Es folgte das Schreiben der Anwaltskanzlei F*** & R*** vom 14.11.1980 (Beilage ./C), an welche sich die Verkäuferin F*** mangels Eingangs der vereinbarten Zahlungen in der Zwischenzeit gewandt hatte.

Da auch die Vorschreibung der Grunderwerbssteuer einlangte und dem Erstbeklagten als Geschäftsführer der Käuferin A*** Gesellschaft mbH klar war, daß die Finanzierung nicht möglich sei, rief er, um diese Steuerschuld wegzubringen, in der Kanzlei des Notars Dr.K*** an. Es kam am 11.12.1980 sowie am 20.1.1981 zur Unterfertigung der Dissolutionsvereinbarung (Beilage ./B) durch Käuferin und Verkäufer.

Keine Rede war dabei von Schadenersatzansprüchen, insbesondere nicht über solche gegenüber dem Zweitbeklagten. In der Zwischenzeit war auch schon die Räumungsklage zugestellt, weshalb sich alle Beteiligten im November 1980 bei Rechtsanwalt Dr.F*** zu einer Besprechung einfanden. Man kam überein, daß die Firma A*** wegen der bereits erfolgten Gästebuchungen bis Ende Jänner 1981 in der Pension bleibt und dafür S 25.000,--, gewissermaßen als Pacht incl. der Anwaltskosten, bezahlt.

Am 9.1.1981 besuchte der Zweitbeklagte anläßlich einer Fahrt nach Wien Renate F*** in ihrer Trafik; er bezahlte S 8.000,-- und erhielt dafür die Quittung (Beilage ./F). Für den Rest auf die vereinbarten S 25.000,-- unterschrieb er das Wechselformular (Beilage ./G), ohne Einsetzen eines Betrages, weil die Honorarforderung des Anwaltes der Renate F*** noch nicht genau bekannt war. Keinesfalls wollte der Zweitbeklagte sich für S 3,000.000,-- verpflichten.

Ende Jänner 1981 erfolgte der Auszug aus der Pension. Anläßlich eines weiteren Besuches bei Renate F*** im Februar 1981 forderte die Genannte S 10.000,-- auf die vereinbarten S 25.000,--. Der Zweitbeklagte hielt ihr darauf die bei Übernahme der Pension bezahlten Stromrückstände von S 38.000,-- entgegen, die er als Gesellschafter der A*** GesmbH geleistet hatte, worauf Renate F*** resignierte und auf keiner Zahlung mehr bestand. Aus dem Schreiben (Beilage ./L) ergit sich, daß Rechtsanwalt Dr.F*** als Anwalt der Gemeinschuldnerin keine Angaben zur Widmung des Wechsels Beilage ./G machen konnte.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß wohl die Erstbeklagte ("als Rechtsnachfolgerin der Käuferin") für deren Vertragsverletzung im Umfang des Klagebetrages hafte, der Zweitbeklagte aber weder aus einem Schuldbeitritt noch aus einem deliktischen Verhalten zahlungspflichtig sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verwies darauf, daß der Kläger die Inanspruchnahme des Zweitbeklagten damit begründet habe, daß dieser allen Ansprüchen der Verkäufer gegenüber der Erstbeklagten wegen Nichterfüllung des Vertrages als Solidarschuldner beigetreten sei; er habe sich, nachdem die Schadenersatzverpflichtung von der Erstbeklagten grundsätzlich anerkannt worden sei, "mitverpflichtet und zur Besicherung ein Blankoakzept (dem Vertreter der Klägerin) übergeben, weil er für die Erstbeklagte die "persönliche Haftung" übernommen habe; den Beweis dieser Behauptungen sei der Kläger aber schuldig geblieben. Der Rechtsanwalt Dr.F*** habe keine konkreten Erinnerungen, die Gemeinschuldnerin Renate F*** habe keine Haftungsübernahme des Zweitbeklagten bestätigen können. Die von ihr geäußerte Vermutung, daß der Zweitbeklagte vor Dr.F*** eine entsprechende Verpflichtungserklärung abgegeben habe, reiche für eine verläßliche Feststellung in der vom Kläger angestrebten Richtung nicht hin. Das Erstgericht habe zu Recht der Darstellung von Renate F*** nicht geglaubt, daß der Zweitbeklagte ihrden Wechsel mit der Aussage übergeben habe, daß er für den gesamten Schaden aufkomme. Der Zweitbeklagte habe mit den Worten "er habe keine 3 Mill. unterschrieben", deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er eine alle Schadenersatzansprüche der Verkäufer umfassende Haftung nicht übernehme. Die Feststellungen des Erstgerichtes im zweiten Rechtsgang, daß bei Abschluß der Dissolutionsvereinbarung keine Rede von Schadenersatzansprüchen insbesondere gegenüber dem Zweitbeklagten war, werde durch die Aussage des Rechtsanwaltes Dr.F*** nicht widerlegt. Da der Zweitbeklagte zu der Verbindlichkeit der Erstbeklagten weder ausdrücklich noch stillschweigend einen Schuldbeitritt erklärt habe, aber auch sonst kein ausreichendes Substrat für ein deliktisches Verhalten desselben vorgebracht worden sei, habe das Erstgericht zutreffend das Klagebegehren ihm gegenüber abgewiesen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z.2, 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und auch den Zweitbeklagten zur Bezahlung des Klagebetrages zu verurteilen

Der Zweitbeklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die unter den Revisionsgründen des § 503 Abs 1 Z.2 und 3 ZPO vorgebrachte Mängel- und Aktenwidrigkeitsrüge ist - wie der Oberste Gerichtshof überprüfte - nicht berechtigt; eine weitere Befassung mit diesen Anfechtungspunkten hatte daher zu unterbleibe (§ 510 Abs 3 ZPO).

In der Rechtsrüge stellt sich die klagende Partei sinngemäß auf den Standpunkt, daß sehr wohl von einem Schuldbeitritt des Zweitbeklagten für deren gesamte Schadenersatzforderung auszugehen sei. Dem hat aber das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die getroffenen Feststellungen zutreffend entgegengehalten, daß der Zweitbeklagte den Wechsel "nur für den Rest auf die als Pachtzins bezeichneten S 25.000,-- unterschrieben" habe. Damit fehlt es aber an jeglichem Beweis dafür, daß dieser sich neben der Erstbeklagten zur Bezahlung eines allfälligen Schadens aufgrund der Auflösung des Kaufvertrages verpflichtet hätte.

Die Ausführungen der klagenden Partei zur angeblichen deliktischen Haftung des Zweitbeklagten waren, worauf das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht verweist, im erstgerichtlichen Verfahren sehr summarisch gehalten. Sie waren im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß den Beklagten vorgeworfen wurde, sich vor Abschluß des Kaufvertrages nicht ausreichend um dessen Finanzierbarkeit gekümmert zu haben. Dies allein rechtfertigt aber noch nicht die Annahme, daß der Zweitbeklagte für einen allenfalls aus der Dissolutionsvereinbarung resultierenden Schaden haftbar sein müsse: Wie der Oberste Gerichtshof in der in EvBl 1988/93 veröffentlichten jüngsten Entscheidung unter Bezugnahme auf bisherige verschiedentliche Standpunkte der Literatur und Judikatur ausführte, kommt eine Verschuldenshaftung nur dann in Betracht, wenn - nach Vertragsauslegung - aus der Vereinbarung über die Aufhebung des Vertrages geschlossen werden kann, daß nicht alle Wirkungen daraus beseitigt werden sollten. Das Erstgericht hat aber im zweiten Rechtsgang ausdrücklich festgestellt, daß jedenfalls gegenüber dem Zweitbeklagten keine Rede von Schadenersatzansprüchen war, seine Haftung vielmehr ausdrücklich auf den als Pacht bezeichneten Betrag von S 25.000,-- eingeschränkt wurde. Damit fehlt es aber ihm gegenüber an jeglichen Haftungsgrundlagen, sodaß die Vorinstanzen das Klagebegehren gegen den Zweitbeklagten mit Recht abgewiesen haben.

Der Revision war daher der Erfolg zu versagen

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E17237

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00533.89.0425.000

Dokumentnummer

JJT_19890425_OGH0002_0020OB00533_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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