TE OGH 1989/4/26 3Ob503/89

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Veröffentlicht am 26.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leopold K***, Konditormeister, Mürzzuschlag, Allegasse 2, vertreten durch Dr.Ernst Fasan ua, Rechtsanwälte in Neunkirchen, wider die beklagte Partei Dr.Georg F***, Rechtsanwalt, Kindberg, Bahnhofstraße 12, als Masseverwalter im Konkurs über die Verlassenschaft des Martin P***, Kaufmann, Mürzzuschlag, Wiener Straße 123, vertreten durch Dr.Peter Freiberger, Rechtsanwalt in Mürzzuschlag, wegen 103.716,45 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 10. November 1988, GZ 3 R 173/88-59, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 15. Dezember 1986, GZ 7 Cg 441/84-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 7.577,85 (darin S 514,35 Umsatzsteuer und S 1.920,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger kaufte am 7.Jänner 1982 bei Martin P*** (im folgenden Verkäufer genannt) einen PKW der Type Lada Universal 1500 um S 90.000,--. Der Verkäufer, ein zum Handel mit Kraftfahrzeugen befugter Gewerbetreibender, verstarb im August 1986. Über seinen Nachlaß wurde am 19.Mai 1987 der Konkurs eröffnet. Der Masseverwalter trat in den Rechtsstreit als beklagte Partei ein. Der Kläger begehrte mit der am 18.Dezember 1984 beim Erstgericht eingelangten, in der Folge geänderten Klage vom Verkäufer zuletzt die Bezahlung von S 103.716,45 sA Zug um Zug gegen Rückstellung des gekauften PKW. Der Verkäufer habe ihn in Irrtum geführt, weil er behauptet habe, das verkaufte Fahrzeug sei fabriksneu, während dessen Baujahr tatsächlich 1979 gewesen und es schon 1980 nach Österreich importiert worden sei. Es habe überdies wesentliche, teilweise nur notdürftig reparierte Schäden aufgewiesen. Insbesondere habe der Verkäufer verschwiegen, daß der Lack am Rahmen des Heckfensters und an der Motorhaube matte Stellen aufwies. Er fechte deshalb den Kaufvertrag wegen Irrtums an und habe Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises von S 90.000,--. Außerdem sei ihm ein vom Verkäufer zu ersetzender Schaden durch die notwendig gewordenen Reparaturen, durch Bahnfahrten, durch Benzinverbrauch für Fahrten im Zusammenhang mit den festgestellten Mängeln, durch eine Stornoversicherung und ein Versicherungsstorno sowie an Kosten einer Ersatzkraft für seinen Gewerbebetrieb in der Höhe von insgesamt S 13.716,45 entstanden.

Nachdem sich in der mündlichen Verhandlung aus dem Gutachten des vom Erstgericht vernommenen Sachverständigen ein entsprechender Hinweis ergab, brachte der Kläger am 13.November 1986 vor, daß an dem Fahrzeug infolge eines Vorschadens in nicht fachgerechter Weise großflächig eine Nachlackierung vorgenommen worden sei. Er sei in diesem Punkt vom Verkäufer in Irrtum geführt worden, allenfalls liege ein gemeinsamer Irrtum vor. Das Begehren auf Vertragsaufhebung sei auch aus diesem Grund gerechtfertigt.

Der Verkäufer bestritt, den Kläger in Irrtum geführt zu haben. Der PKW sei zur Zeit der Übergabe fabriksneu und mängelfrei gewesen. Der Kläger sei seiner Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen, weil er ein ihm angebotenes Ersatzfahrzeug und auch ein im Jahr 1983 gestelltes Anbot des Importeurs des gekauften PKW, diesen zum damaligen Listenpreis von S 80.000,-- zurückzunehmen, nicht angenommen habe. Er habe die Nachlackierung nicht gekannt. Die in der Klage angeführten Mängel seien alle behebbar, Gewährleistungsansprüche welcher Art immer und eine allfällige Wertminderung überdies verjährt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Der dem Kläger verkaufte PKW wurde vom Alleinimporteur am 23.Mai 1980 vom Erzeugerland nach Österreich gebracht und im Dezember 1981 dem Vertragspartner des Klägers verkauft. In der Zwischenzeit wurde er, mit einer Schutzschicht versehen, gelagert. Vor der Auslieferung an den Vertragspartner des Klägers wurde er einer sogenannten Fertigungsprüfung unterzogen. Dabei wurde festgestellt, daß die linke Seitenwand auf einer Fläche von 5 x 5 cm eingedrückt und zerkratzt war. Diese Delle wurde gekittet, die Motorhaube, die linke hintere Tür, das Dach und die Hecktür wurden lackiert. Der Vertragspartner des Klägers wurde von diesen Arbeiten nicht in Kenntnis gesetzt; das Fahrzeug wurde ihm als fabriksneu verkauft. Beim Verkauf an den Kläger hatten weder der Verkäufer noch der Kläger Kenntnis von der Tatsache, der Art und dem Umfang der durchgeführten Fertigungsarbeiten. Diese verminderten den Wert des Fahrzeuges um etwa S 6.000,--.

Der vom Kläger am 7.Jänner 1982 um S 90.000,-- gekaufte PKW wurde an diesem Tag erstmals zum Verkehr zugelassen. Bei einer im April 1982 bei einem Kilometerstand von 2.476 und einer weiteren im August 1982 bei einem Kilometerstand von 6.160 durchgeführten Überprüfung des PKW in einer Werkstätte wurden nur (kleinere) Mängel festgestellt, die im Rahmen der gewährten Garantie behoben wurden. In der Folge bemängelten der Kläger und seine Ehefrau, die ihn in allen mit dem PKW zusammenhängenden Angelegenheiten vertrat und hiezu bevollmächtigt war, die mangelhafte Funktion der Kupplung, das Vibrieren bei Geschwindigkeiten über 70 km/h und das Aufleuchten der Öl- und Ladekontrollampe. Eine hiezu vom Verkäufer veranlaßte und im September 1982 durchgeführte Überprüfung durch einen Fachmann des Importeurs brachte kein Ergebnis. Die Ehefrau des Klägers ließ den PKW sodann am 29.Oktober 1982 durch den ÖAMTC prüfen. Dabei wurden Mängel an der Fern- und Abblendlichteinstellung, Korrosionsschäden am Rahmen, eine Undichtheit des Kupplungnehmers, ein Mangel an der Bereifung (Höhenschlag), ferner Ölverlust des Getriebes und des Motors und ein Fehler an der Lenksäule festgestellt. Nach dem Überprüfungsbericht entsprach das Fahrzeug nicht dem § 57 a KFG. Der Verkäufer veranlaßte hierauf neuerlich eine Überprüfung durch den Importeur, die in der Zeit vom 4. bis 8.November 1982 bei einem Kilometerstand von 9.504 zugleich mit dem üblichen Service durchgeführt wurde. Dabei wurde als Mangel festgestellt, daß der Motor Öl verliert, die Reifen einen Höhenschlag aufweisen, das Öl und der Ölfilter zu erneuern sind, der Kupplungszylinder undicht ist, die Kupplung nicht freigibt, an der Lenkung ein Geräusch und an der Hinterachse Ölverlust auftritt und das Auspuffrohr Roststellen aufwies. Die Mängel wurden beseitigt und außerdem die Türen und die Scheinwerfer eingestellt. Hiefür mußte der Kläger S 2.039,80 bezahlen. Zusätzlich wurden im Garantieweg die Felgen lackiert, die rechte vordere Tür eingepaßt, die linke vordere Türe entscheppert, die Reifen gewuchtet, beide Rahmen mit "Antidröhn", einem Konservierungsmittel, ausgespritzt, die Schwungmasse der Kupplung geschliffen und die Räder gewuchtet.

Die Ehefrau des Klägers stellte in der Folge neuerlich einen übermäßigen Ölverlust fest und beklagte sich gegenüber dem Verkäufer über die mangelhaft funktionierende Kupplung, ein lautes Geräusch des Motors bei höherer Temperatur und Startschwierigkeiten. Sie verlangte die Zurücknahme des Fahrzeuges, wobei sie den Verdacht äußerte, daß ihr kein neues, sondern ein gebrauchtes Fahrzeug verkauft worden sei. Dies führte zu einer weiteren Überprüfung des Fahrzeuges in einer Werkstätte des Importeurs in der Zeit vom 1. bis 7. Dezember 1982. Dieser machte das Anbot, den PKW einzutauschen. Da der Kläger und seine Ehefrau mit dem auf das neue Fahrzeug zu zahlenden Aufpreis von etwa S 6.000,-- nicht einverstanden waren, sondern den Rückkauf und Bargeld verlangten, bot ihnen im Februar 1983 ein Angestellter des Importeurs den Rückkauf des Fahrzeuges um S 80.000,-- an, um weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden. Es wurde jedoch keine Einigung erzielt, weil der Kläger und seine Ehefrau den vollen Kaufpreis von S 90.000,-- zurückverlangten und überdies den Ersatz von Aufwendungen in der Höhe von etwa S 23.000,-- und daher insgesamt die Bezahlung von mindestens S 113.000,-- begehrten. Da der Kläger mit dem Fahrzeug auf Grund der aufgetretenen Schwierigkeiten nicht mehr fahren wollte, meldete er es am 20.Mai 1983 ab und stellte es bei einem Bekannten ein. Der PKW hatte damals einen Wert von S 65.000,--. Im Jahr 1984 wurde er von einer Dachlawine getroffen. Sein Wert betrug zur Zeit des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz unter Berücksichtigung des durch die Dachlawine entstandenen Schadens und des Wertverlustes seit der ersten Zulassung nur noch S 5.000,--.

Das vom Kläger gekaufte Fahrzeug war zur Zeit der Übergabe verkehrs- und betriebssicher, und es sind während des Betriebes auch keine die Betriebssicherheit beeinträchtigenden Mängel aufgetreten. Die im Auftrag des Klägers und seiner Ehefrau durchgeführten Instandsetzungsarbeiten waren zum Teil einsatzbedingt, zum Teil betrafen sie die Wartung des Fahrzeuges. Die weiter aufgetretenen Mängel, soweit sie nicht auf mechanische Einwirkungen zurückgingen, waren behebbar und wurden teilweise auch behoben.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß eine Wandlung im Rahmen der Gewährleistung nicht in Betracht komme, weil die Mängel behebbar seien und die Klage überdies erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist eingebracht worden sei. Die Neulackierung des Fahrzeuges, die vor dem Verkauf an den Kläger durchgeführt wurde, stelle wohl einen wesentlichen Mangel dar, weshalb der Kaufvertrag wegen Irrtums angefochten werden könne. Der Kläger habe aber hierauf schlüssig verzichtet, weil er zwei der Sachlage entsprechende Anbote des Importeurs zur Rückabwicklung ausgeschlagen und die Klage erst zwei Jahre danach eingebracht habe, wodurch der Wert des Fahrzeuges auf S 5.000,-- herabgesunken sei. Die eingeklagten Schadenersatzansprüche seien nicht gerechtfertigt, weil der Kläger ein schuldhaftes Verhalten des Verkäufers nicht bewiesen habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß die Revision gegen sein Urteil gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Der Kläger habe sein Begehren ausdrücklich auf Irrtumsanfechtung und Schadenersatz gestützt. Die vom Erstgericht festgestellte großflächige Nachlackierung würde zwar die Anfechtung des Kaufvertrages wegen Irrtums ermöglichen, weil der Irrtum einen wesentlichen Umstand betroffen habe und als beiden Vertragsparteien gemeinsam unterlaufener Irrtum ohne die im § 871 ABGB festgelegten Voraussetzungen geltend gemacht werden könne. Dem Erstgericht sei aber darin beizupflichten, daß der Kläger auf seinen Rückabwicklungsanspruch schlüssig verzichtet habe. Obwohl er monatelang Mängel des Fahrzeuges geltend gemacht und obwohl seine Ehefrau schließlich auch mit der Behauptung, es sei dem Kläger ein gebrauchtes Fahrzeug verkauft worden, die Aufhebung des Vertrages gefordert habe, habe er das Fahrzeug sodann weiter verwendet und den ihm vom Importeur namens des Verkäufers der Sachlage entsprechend angebotenen Rückkauf abgelehnt. Schließlich habe er die Klage erst 1 3/4 Jahre später eingebracht. Dies müsse als Verzicht auf die ihm längst mögliche und ernstlich angebotene Vertragsaufhebung verstanden werden. pie Schadenersatzansprüche seien aus den schon vom Erstgericht angeführten Gründen nicht gerechtfertigt. Die für die Entscheidung wesentliche Frage des Verzichtes auf die Rückabwicklung sei eine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Auf Grund der nur nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässigen Revision sind bloß die Rechtsfragen zu prüfen, denen eine erhebliche Bedeutung im Sinn dieser Gesetzesstelle zukommt (§ 503 Abs 2 ZPO; SZ 56/156; JBl 1985, 238 ua). Dies ist hier für die Frage zu beachten, ob der Kläger auf sein Recht zur Anfechtung des Kaufvertrages schlüssig verzichtet hat. Nach einheitlicher Rechtsprechung ist ein solcher Verzicht möglich (MietSlg. 21.096; vgl. auch SZ 48/103; RZ 1984/3 ua), und diese Rechtsansicht wird in der Revisions gebilligt. Die Annahme eines solchen Verzichtes auf Grund der konkreten Sachlage hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung.

Die Vorinstanzen übersahen allerdings, daß sich ein schlüssiger Verzicht auf die Anfechtung eines Vertrages wegen Irrtums naturgemäß im allgmeinen nur auf diejenigen Anfechtungsgründe bezieht, die den Parteien schon bekannt waren, nicht aber auf solche, die erst hervorkamen, als der Verzicht schon, wenn auch schlüssig, erklärt war. Etwas anderes würde nur gelten, wenn aus dem Verhalten des Verzichtenden entnommen werden müßte, daß er auf die Anfechtung unabhängig von den Anfechtungsgründen verzichtet habe. Sieht man von solchen Sonderfällen ab, können daher Anfechtungsgründe, die der Verzichtende bei Abgabe des Verzichts nicht kannte, auch nach dem Verzicht noch geltend gemacht werden, wobei die Anfechtung wegen Irrtums zufolge § 1487 ABGB allerdings innerhalb von 3 Jahren geschehen muß. Diese Frist läuft nach ständiger Rechtsprechung schon vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (MGA ABGB32 § 1487/39). In der Revision wird zutreffend darauf hingewiesen, daß dem Kläger erst nach seinem von den Vorinstanzen als Verzicht gewerteten Verhalten davon erfuhr, daß das von ihm gekaufte Fahrzeug nachträglich in größerem Ausmaß lackiert worden war. Es wurde nicht behauptet und es ergibt sich im übrigen auch aus den Verfahrensergebnissen nicht, daß dies dem Verkäufer schon früher bekannt war und daß er deshalb annehmen mußte, der Verzicht des Klägers beziehe sich auch auf diesen Umstand. Der Kläger hat daher entgegen der Ansicht der Vorinstanzen auf die Geltendmachung dieses Anfechtungsgrundes nicht verzichtet. Daraus ist für ihn aber ebensowenig etwas zu gewinnen wie aus dem Rechtssatz, daß ein Vertrag wegen eines wesentlichen gemeinsamen Irrtums ohne die sonst im § 871 ABGB festgelegten Voraussetzungen angefochten werden kann (SZ 57/108 ua, zuletzt 7 Ob 596/88 je mwN). Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ist der Irrtum, auf dessen Geltendmachung der Kläger nicht verzichtete, nämlich nicht wesentlich, und der über den PKW abgeschlossene Kaufvertrag kann schon deshalb nicht angefochten werden. Es muß unter diesen Umständen nicht auf die Kritik eingegangen werden, die in jüngerer Zeit gegen die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum gemeinsamen Irrtum geäußert wurde (Rummel in JBl 1981,1 und in Rummel, ABGB, Rz 18 zu § 871; Koziol-Welser I8 123).

Die Frage, ob wegen der Nachlackierung ein wesentlicher Irrtum vorliegt, ist vom Obersten Gerichtshof zu prüfen, obwohl sie an sich eine Frage des Einzelfalls ist, weil sie erst dadurch Bedeutung erlangte, daß das Berufungsgericht zu Unrecht einen Verzicht auf die Anfechtung des Vertrages wegen dieses Umstands annahm. Auf Grund einer nur gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässigen Revision hat der Oberste Gerichtshof auch nicht erhebliche Rechtsfragen zu lösen, wenn sie sich daraus ergeben, daß er eine erhebliche Rechtsfrage anders als das Berufungsgericht beurteilte (Petrasch in ÖJZ 1983, 178).

Wesentlich ist ein Irrtum, wenn bei Kenntnis des Sachverhalts kein Vertrag, unwesentlich hingegen, wenn der Vertrag bloß anders abgeschlossen worden wäre (SZ 48/112; SZ 53/13; SZ 55/2 ua), wobei bei der Lösung dieser Frage von einer redlichen Gesinnung beider Parteien auszugehen ist (SZ 53/108). Bedenkt man, daß es sich bei dem vom Kläger gekauften PKW um ein Fahrzeug der billigen Preisklasse handelte, von dem gerichtsbekannt ist, daß es in Österreich nicht den Ruf vergleichbarer Fahrzeuge westlicher Erzeugung genießt und das deshalb zu einem geringeren Preis angeboten wird, und stellt man ferner in Rechnung, daß die Nachlackierung für den durchschnittlichen Betrachter nicht erkennbar war, auf die Betriebssicherheit des Fahrzeuges keinen Einfluß hatte und dessen Wert nur um etwa 7 % verringerte, so kann angenommen werden, daß der Kläger den Kaufvertrag auch bei Kenntnis des Mangels geschlossen hätte, wenn ihm ein entsprechender Preisnachlaß gewährt worden wäre, und daß der Verkäufer diesen auch gewährt hätte. Der Irrtum des Klägers war daher nicht wesentlich, und er kann somit nicht die Aufhebung des Vertrages verlangen (§ 872 ABGB). Nur darauf war aber sein Klagebegehren gerichtet. Es kann ihm auch nicht ein Geldbetrag aus dem Titel der gemäß § 872 ABGB möglichen Vertragsanpassung zugesprochen werden, weil diese gegenüber der Vertragsaufhebung ein aliud und nicht bloß ein minus darstellt (Gschnitzer in JBl 1953, 543; SZ 18/99; ähnlich HS 1829) und überdies die Zug um Zug-Rückstellung des Fahrzeuges für diesen Fall wohl nicht beabsichtigt ist.

Da dem Klagebegehren somit schon aus diesen Gründen nicht stattgegeben werden kann, muß nicht darauf eingegangen werden, ob der Kläger den Irrtum über die Nachlackierung rechtzeitig geltend machte und ob die beklagte Partei deutlich genug auch hiezu Verjährung einwendete.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E17269

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00503.89.0426.000

Dokumentnummer

JJT_19890426_OGH0002_0030OB00503_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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