TE OGH 1989/4/26 1Ob1/89

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Veröffentlicht am 26.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Blasius S***, Bauer, Winklern 3, 9341 Straßburg, vertreten durch Dr.Heinz Walther, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur,

Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen S 194.367 s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21.September 1988, GZ 14 R 133/88-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 8.März 1988, GZ 54 a Cg 1063/87-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie (im folgenden kurz BMHGI) hat u.a. folgenden Milchpreisverordnungen erlassen:

1. Die Verordnung vom 30.April 1982, betreffend Preisbestimmungen für Milch, Zl 36.560/1 III/VII/82, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 101 vom 1.Mai 1982, in Kraft getreten am 1.Mai 1982, außer Kraft getreten mit 3.Juli 1983;

2. die Verordnung vom 1.Juli 1983, Zl 36.560/1 III/VII/83, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 152 vom 3.Juli 1983, in Kraft getreten am 4.Juli 1983, außer Kraft getreten mit 31. Dezember 1983;

3. die Verordnung vom 16.Dezember 1983, Zl 36.560/4 III/VII/83, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 292 vom 18.Dezember 1983, mit Richtigstellung in der Wiener Zeitung Nr 301 vom 31. Dezember 1983, in Kraft getreten am 1.Mai 1984, außer Kraft getreten mit 31.Juli 1984;

4. die Verordnung vom 30.Juli 1984, Zl 36.560/4 III/7/84, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 177 vom 1.August 1984, in Kraft getreten mit 1.August 1984, außer Kraft getreten mit 31. Juli 1985;

5. die Verordnung vom 30.Juli 1985, Zl 36.560/9 III/7/85, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 177 vom 1.August 1985, in Kraft getreten mit 1.August 1985 außer Kraft getreten am 30. September 1986;

6. die Verordnung vom 26.September 1986, Zl 36.560/8 III/86, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 229 vom 1.Oktober 1986, in Kraft getreten mit 1.Oktober 1986.

Der Kläger hat beim Verfassungsgerichtshof Anträge gestellt, die oben unter 1, 2, 4 und 5 angeführten Verordnungen als gesetzwidrig aufzuheben bzw auszusprechen, daß diese Verordnungen gesetzwidrig waren. Die Anträge des Klägers auf Aufhebung der unter 2 und 5 genannten Verordnungen wurde vom Verfassungsgerichtshof zurückgewiesen, weil er die Antragslegitimation des Klägers wegen zu langen Zeitablaufes nach dem Außerkrafttreten verneinte. Dagegen waren dessen Anträge, soweit er damit die unter 1 und 4 angeführten Verordnungen bekämpfte, erfolgreich. Mit den Erkenntnissen vom 12. Dezember 1984, V 46/82-15, und vom 11.März 1986, V 32/85-6, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß die den Erzeugermilchpreis regelnden §§ 1 und 2 dieser Verordnungen gesetzwidrig waren. Hiezu führte der Gerichtshof aus, beim Zustandekommen dieser Verordnungen seien Verfahrensvorschriften des § 2 PreisG (PrG) nicht beachtet worden. Der BMHGI habe auf Grund einer Beratung mit anderen Personen dem Vorsitzenden der Preiskommission bereits vor Abschluß des im § 2 PrG vorgesehenen Begutachtungsverfahren seine schon feststehende Auffassung über den volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preis in der Erwartung zur Kenntnis gebracht, daß sich die Preiskommission dieser Auffassung anschließen werde. Gemäß § 2 PrG habe sich die Preiskommission aber nicht bloß darauf zu beschränken, dem Bundesminister das Ergebnis ihrer Willensbildung nach Art eines Sachverständigengutachtens mitzuteilen, sondern dem Bundesminister beratend zur Seite zu stehen. Die personelle Zusammensetzung dieser Kommission solle gewährleisten, daß sachkundige Personen den Bundesminister bei der Erarbeitung der Grundlagen für seine Preisentscheidung behilflich sind. Diese Grundsätze habe der Bundesminister mißachtet. Der Kläger begehrte im Amtshaftungsverfahren die Verurteilung der beklagten Partei zum Ersatz des mit S 194.367 s.A. bezifferten Schadens, den er im Zeitraum vom 1.Oktober 1984 bis 28.Februar 1987 als Milcherzeuger wegen des vom BMHGI entgegen den gesetzlichen Bestimmungen zu niedrig festgesetzten Kuhmilchpreises erlitten habe. Der Bundesminister hätte den Milchpreis unter Bedachnahme auf die Produktionskosten nach der Kalkulation des Allgemeinen Österreichischen Bauernverbandes (AÖBV) zum 1.April 1984 mit S 7,34, zum 1.August 1984 mit S 7,57, zum 1.August 1985 mit S 7,72 und zum 1. Oktober 1986 mit S 8,08 je Liter Milch festsetzen müssen, wogegen der Milchpreis im Verordnungsweg zum 1.April 1984 mit S 4,60, zum 1. August 1984 mit S 4,75, zum 1.August 1985 mit S 4,87 und zum 1. Oktober 1985 mit S 5,-- festgesetzt worden sei. Die Differenzbeträge ergäben bei den vom Kläger gelieferten Milchmengen - 22.326 kg vom 1.Oktober 1984 bis 31.Juli 1985,

22.288 kg vom 1.August 1985 bis 30.September 1986 und 12.788 kg vom 1. Oktober 1986 bis zum 28.Februar 1987 - den Klagsbetrag. Die Produktionsverhältnisse in seinem überwiegend mit Milchwirtschaft befaßten Betrieb glichen in diesem Zweig weitgehend jenen im Modellbetrieb des AÖBV. Trotz rationeller Führung beliefen sich die Produktionskosten je Kilogramm Milch auf mehr als S 7,--, so daß er bei den festgesetzten Preisen keinen Unternehmergewinn erwirtschaften könne. Zufolge eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes verlange § 2 Abs. 2 PrG einen bestmöglichen Ausgleich zwischen einander im allgemeinen entgegengesetzten Interessenlagen der Erzeuger bzw. Händler einerseits und der Verbraucher andererseits. Die Preise müßten aber grundsätzlich die Kosten der Erzeuger einschließlich der im Gesamtinteresse vertretbaren Gewinnspannen decken. Diese Grundsätze habe der BMHGI außer Acht gelassen, zu dessen Verschulden auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.Dezember 1984, V 46/82-15, zu verweisen sei

Die beklagte Partei wendete ein, der geltend gemachte Schadensbetrag könne nur zum Teil (S 62.959) auf vom Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig erklärte Verordnungen gestützt werden. Soweit dieser Gerichtshof deren Gesetzwidrigkeit festgestellt habe, sei dies aus "formaljuristischen" Gründen und nicht wegen inhaltlicher Gesetzwidrigkeit geschehen. Aus den beiden Erkenntnissen könne nicht abgeleitet werden, daß die Erzeugerpreise den gesetzlichen Vorschriften zuwider festgesetzt worden seien. Es fehle deshalb am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der behaupteten Gesetzwidrigkeit und dem geltend gemachten Schaden. Der Kläger unterstelle bei seiner Schadensberechnung fälschlich, daß sich der volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preis an den vom AÖBV errechneten Produktionskosten orientieren müsse. Schließlich fehle es auch an jedem schuldhaften Verhalten der Preisbehörde. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zur Dartuung seines Amtshaftungsanspruches hätte der Kläger beweisen müssen, daß zwischen dem mittels Verordnung festgesetzten Preis und dem von der Preiskommission in einem mängelfreien Verfahren vorgeschlagenen hypothetischen Preis eine Differenz bestanden hätte. Die Heranziehung von Preisrichtlinien des AÖBV reiche zu solcher Beweisführung nicht aus, weil diese Richtlinien nur auf die Produktionsverhältnisse des Durchschnittsbauern und nicht auf den volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preis Rücksicht nehmen. Der Verfassungsgerichtshof habe dargelegt, daß der Begriff "volkswirtschaftlich" kein unbestimmter Gesetzbegriff sei. Volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise enthielten "eine Abwägung der Erzeugerpreise und des Marktes, wobei Angebot und Nachfrage berücksichtigt werden" müßten. In Anbetracht des gegenüber den Nachbarstaaten hohen Milchpreisniveaus in Österreich und des vorhandenen Milchüberschusses könne ein volkswirtschaftlich gerechtfertigter höherer Preis wohl nicht erzielt werden. Der Kläger habe somit nicht einmal behauptet, daß die Preiskommission dem Bundesminister einen höheren Preis vorgeschlagen hätte. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Rechtswidrige Rechtsverordnungen könnten Amtshaftungsansprüche zur Folge haben. Bedürfte eine Verordnung - wie im vorliegenden Fall - als genereller Verwaltungsakt nicht der Vollziehung durch individuelle Verwaltungsakte, könne sich schon aus der Erlassung einer solchen Verordnung ein Schaden ergeben; einen solchen behaupte der Kläger. Auch wenn man davon absehe, daß dieser nur einen Teil seiner Ansprüche aus Verordnungen ableiten könne, deren Gesetzwidrigkeit durch den Verfassungsgerichtshof festgestellt worden sei, erwiesen sich die Ansprüche nicht als berechtigt. Anträge auf Festsetzung volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preise seien zunächst einer Vorprüfung zu unterziehen. Danach sei der Antrag der Preiskommission zur Begutachtung vorzulegen. Der vom BMHGI zu bestimmende Preis habe sowohl den bei der Erzeugung und dem Vertrieb bzw bei der Erbringung der Leistung jeweils bestehenden volkswirtschaftlichen Verhältnissen als auch der jeweiligen wirtschaftliche Lage der Verbraucher bzw der Leistungsempfänger bestmöglich zu entsprechen. Vor Erlassung von Verordnungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse nach den Bestimmungen des Preisgesetzes seien die Gestehungskosten rationell geführter landwirtschaftlicher Betriebe in den maßgeblichen Produktionsgebieten zu untersuchen. Mit dem im § 2 PrG angeführten Begriff des "volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises" sei dem Bundesminister ein Ermessensbereich eingeräumt, der von den Kriterien der volkswirtschaftlichen Rechtfertigung abgesteckt werde. Angesichts des dem Bundesminister bei der Preisbestimmung eingeräumten Ermessens hätte der Kläger einen Ermessensmißbrauch behaupten müssen, also etwa, daß der Bundesminister bei der Preisfestsetzung willkürlich verfahren wäre. Der Ermessensmißbrauch müsse jedoch nicht in der Absicht, ein Gesetz zu mißbrauchen, geschehen; er liege auch vor, wenn die Behörde zwar in bester Absicht handle, jedoch auf verfehlte Gesichtspunkte Bedacht nehme. Auch wenn Willkür nicht mit Sicherheit festzustellen sei, könne das Vorgehen eines Organes doch derart sachwidrig sein, daß es dann nicht mehr dem Sinn des Gesetzes entspreche und somit unvertretbar rechtswidrig werde. Die Vorstellungen des Klägers wiesen zwar offensichtlich in diese Richtung, doch fehle es an entsprechendem sachlichen Substrat und tauglichen Beweisanboten. Allein aus der Tatsache, daß der Verfassungsgerichtshof die Gesetzwidrigkeit zweier Verordnungen aus den eingangs dargelegten Gründen festgestellt habe, lasse sich ein Ermessensmißbrauch noch nicht ableiten. Dazu hätte es der Behauptung und des Nachweises bedurft, daß die Preisgestaltung inhaltlich in einer Weise erfolgt sei, die der Absicht des Gesetzgebers eklatant widerspreche, also unvertretbar rechtswidrig sei. Der Kläger scheine zwar dergleichen vor Augen zu haben, habe jedoch keine entsprechenden Tatsachen behaupten und Beweise anbieten können. Seine Ausführungen zur Preisgestaltung krankten vor allem daran, daß sie einseitig auf die Deckung der Erzeugerkosten ausgerichtet seien, obgleich der festzusetzende Preis auch der jeweiligen wirtschaftlichen Lage der Verbraucher und der Leistungsempfänger bestmöglich zu entsprechen habe. Nicht zuletzt seien auch die flächendeckende Versorgung und die Vermeidung eine Überproduktion in die Erwägungen miteinzubeziehen. Diese Gesichtspunkte habe der Kläger gänzlich vernachlässigt § 2 Abs. 3 LWG, nach dem vor Erlassung von Verordnungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse nach den Bestimmungen des Preisgesetzes die Gestehungskosten rationell geführter landwirtschaftlicher Betriebe in maßgeblichen Produktionsgebieten zu untersuchen seien, impliziere zwar, daß sich die Preise an den Verhältnissen der Betriebe orientieren, keineswegs aber eo ipso, daß die Preise mit den Gestehungskosten identisch sein müßten, weil - wie erwähnt - noch andere Faktoren zu berücksichtigen seien. Der Kläger habe seine Ausführungen über die Produktionskosten allein auf die eines Modellbetriebes des AÖBV aufgebaut, wogegen das Gesetz auf die Gestehungskosten rationell geführter landwirtschaftlicher Betriebe in maßgeblichen Produktionsgebieten abstelle. Auch aus dem im § 2 Abs. 2 PrG verwendeten Begriff der volkswirtschaftlichen Rechtfertigung der Preise und Entgelte sei für ihn nichts zu gewinnen, weil auch dieser Begriff, der nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den bestmöglichen Ausgleich zwischen den in der Regel gegensätzlichen Interessenlagen der Produzenten und Konsumenten verlange, der Auslegung weiten Spielraum lasse und daraus das Erfordernis der Kostendeckung keineswegs als absolutes Prinzip abgeleitet werden könne. Wie viele Komponenten bei der Preisgestaltung zu berücksichtigen seien, zeige schon die große Anzahl der zur Vorprüfung und Begutachtung herangezogenen Gremien aus den verschiedensten Wirtschaftsbereichen, die den festgesetzten Preis als Ergebnis oft in starkem Interessengegensatz stehenden Kräfte ausweise. Die Ermessensentscheidung des BMHGI sei von zahlreichen Faktoren abhängig gewesen, deren Gewichtung im Sinne eines Ausgleiches der Interessenlagen auf Wertungskriterien beruhe, die keine scharfe Abgrenzung zuließen. Daß der Bundesminister den im Gesetz vorgezeichneten Weg der Preisbestimmung nicht eingehalten bzw stark abgekürzt habe, tue nichts zur Sache, weil es nur darauf ankomme aufzuzeigen, daß bei der Preisgestaltung nicht nur formelle, sondern vor allem auch inhaltliche Faktoren mitspielten, die eine einseitig ausgerichtete Preisgestaltung und somit die bloß einzelne Gesichtspunkte berücksichtigende Ausübung des Ermessens ausschlössen. Dem trügen das Sachvorbringen und Beweisanbot des Klägers jedoch nicht Rechnung.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger erhobene Revision ist berechtigt.

Der Kläger leitet seine Amtshaftungsansprüche aus dem Inhalt von Verordnungen des BMHGI ab, mit welchen dieser auf Grund preisrechtlicher Vorschriften den Erzeugermilchpreis festsetzte. Es handelt sich bei diesen Verordnungen um auf die vorgeschriebene Weise (§ 12 a PrG) kundgemachte Rechtsverordnungen (vgl. JBl 1988, 176; Loebenstein-Kaniak, AHG2 69; vgl. auch die über Beschwerden des Klägers ergangenen Erkenntnisse des VfGH vom 12.Dezember 1984, V 46/82-15, VfSlg 10.313/1984 = JBl 1985, 736 mit Glosse von Morscher, und vom 11.März 1986, V 32/85, VfSlg 10.820/1986). Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, können auch Verordnungen Amtshaftungsanspüche auslösen, wenn sie rechtswidrig (gesetzwidrig) erlassen wurden (JBl 1988, 176; SZ 55/190 uva; Welser in JBl 1975, 231 mwN in FN 23; Loebenstein-Kaniak aaO mwN). Bedarf eine Verordnung als genereller Verwaltungsakt keiner Vollziehung durch individuelle Verwaltungsakte, kann schon aus der Erlassung der Verordnung ein Schaden erwachsen (Loebenstein-Kaniak aaO). Das gilt auch für die Verordnungen des BMHGI, auf deren Rechtswidrigkeit der Kläger seine Ansprüche stützt; wie der Verfassungsgerichtshof in dem schon zitierten Erkenntnis VfSlg 10.313/1984 dargelegt hat, werden in den §§ 1 und 2 dieser Verordnung Geldbeträge festgesetzt, die u. a. der Kläger bei der durch die marktordnungsrechtlichen Vorschriften angeordneten Ablieferung der Milch an den zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb unter Berücksichtigung des jeweiligen Fettgehalts, der Qualität sowie anderer Kriterien als Verkaufspreis erhält bzw bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu erhalten hätte. Durch die verbindliche Festsetzung des Preises für den Verkauf von u.a. vom Kläger hergestellten Erzeugnissen wurde in dessen Vertragsfreiheit und damit in dessen Rechtssphäre unmittelbar eingegriffen, ohne daß die Verordnungen noch der Konkretisierung durch individuelle Akte der Vollziehung bedurften. Deshalb hat der Verfassungsgerichtshof dem Kläger grundsätzlich auch die Antragslegitimation gemäß Art 139 Abs.1 B-VG zugebilligt. Die Vorinstanzen haben das Amtshaftungsbegehren, ohne die vom Kläger beantragten Beweise aufzunehmen, allein mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe in seinem Vorbringen dem Umstand, daß die in der Preisfestsetzung des BMHGI liegende Ermessensentscheidung von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig sei, deren Gewichtung im Sinne eines Ausgleichs gegensätzlicher Interessen auf Wertungskriterien beruhe, die eine scharfe Abgrenzung nicht zuließen, nicht Rechnung getragen, sondern sich ausschließlich auf die Gestehungskosten eines einzigen Modelbetriebes berufen. Der Kläger hat aber schon in seiner Klage behauptet, der vom BMHGI festgesetzte Erzeugermilchpreis weiche von dem nach dem Preisgesetz maßgeblichen volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preis, der jedenfalls die Gestehungskosten der Erzeuger und weiters die im Gesamtinteresse vertretbaren Gewinnspannen decken müssen, um mehr als 50 % zu seinem Nachteil ab (vgl. die Aufstellung in ON 1, S 4). Für diese Behauptung hat er eine Reihe von Beweisen - darunter einen sachverständigen Zeugen und das Gutachten eines Sachverständigen - beantragt. Dieses Vorbringen des Klägers entbehrt keineswegs der Schlüssigkeit; auch die Beweisanbote können nicht von vornherein als unerheblich abgetan werden.

Bei Erlassung der Verordnungen zur Festsetzung eines Erzeugermilchpreises war der BMHGI an die §§ 1 a und 2 PrG (idF der PrGNov. 1980) gebunden. Gemäß § 1 a Abs. 1 PrG können für die in der Anlage bezeichneten Sachgüter und Leistungen - darunter auch die Kuhmilch - vom BMHGI auf Antrag oder von Amts wegen volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise und Entgelte festgesetzt werden. Preise und Entgelte im Sinne dieses Gesetzes sind nach dessen § 2 Abs. 2 dann volkswirtschaftlich gerechtfertigt, wenn sie sowohl den bei der Erzeugung und im Vertrieb oder bei der Erbringung der Leistung jeweils bestehenden volkswirtschaftlichen Verhältnissen als auch der jeweiligen wirtschaftlichen Lage der Verbraucher oder Leistungsempfänger bestmöglich entsprechen. Für inländische landwirtschaftliche Erzeugnisse bestimmt § 3 Abs. 2 LWG darüber hinaus, daß vor der Erlassung von (Bescheiden oder) Verordnungen, mit welchen nach den Vorschriften des Preisgesetzes für solche Produkte Preise bestimmt werden, die Gestehungskosten rationell geführter landwirtschaftlicher Betriebe in maßgeblichen Produktionsgebieten zu untersuchen sind. Gegen den im § 2 Abs. 2 PrG enthaltenen unbestimmten Gesetzesbegriff, mit welchem dem BMHGI für die Preisbestimmung durch die preisrechtlichen Vorschriften ein Ermessensbereich eingeräumt wurde und der sich innerhalb des Rahmens zu bewegen hatte, der von den Kriterien der volkswirtschaftlichen Rechtfertigung abgesteckt wurde, hatte der Verfassungsgerichtshof - entgegen einem Teil der Lehre (Walter-Mayer, Besonderes Verwaltungsrecht2 356) - aus dem Gesichtspunkt der Art 18 Abs. 1 und 2 B-VG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (VfSlg 10.313/1984)

Zum unbestimmten Gesetzesbegriff des volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis VwSlgNR 10.491 A - zum Preis für das Erdgas - unter Bezugnahme auf das einschlägige Schrifttum (Korinek in ÖZW 1974, 126; Bernard in ÖZW 1974, 125 und Wohlhaupt-Rentrop-Bertelsmann, Die gesamten Preisbildungsvorschriften3 I 22, Anm 1 zu § 2 PreisbildungsG vom 29. Oktober 1936, RGBl. I S. 927, mit dem der Begriff der "volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preise" in das Preisrecht eingeführt wurde) Stellung genommen. Dieser Begriff werde nur durch den bestmöglichen Ausgleich zwischen zwei einander regelmäßig entgegengesetzten Interessenlagen - einerseits der wirtschaftlichen Situation der Erzeuger und der Händler und andererseits den Interessen der Verbraucher - ausgeschöpft. Auf der Unternehmerseite komme es zunächst auf die betrieblichen Verhältnisse - allerdings nicht auf die Lage des konkreten Betriebes, sondern auf die typischen Verhältnisse rationell geführter Betriebe des betroffenen Wirtschaftszweiges - an. Diese Preise müßten für die Erzeuger nicht bloß grundsätzlich die Gestehungskosten decken, sondern auch im Gesamtinteresse vertretbare Gewinnspannen erwirtschaften lassen. Andererseits müsse der Preis so festgesetzt werden, daß er für die in Betracht kommenden Verbraucher auch erschwinglich sei; überdies müsse auch auf die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen Bedacht genommen werden. Daraus schloß der Verwaltungsgerichtshof, die Preisbestimmung müsse sich an den Gestehungskosten und dem volkswirtschaftlich gerechtfertigten Gewinn der Erzeuger orientieren; diese auf Gewinne in anderen Produktionszweigen zu verweisen, sei nicht gerechtfertigt, weil der Erzeuger bei Bedachtnahme auf betriebswirtschaftliche Erfordernisse sonst genötigt sein könnte, die Erzeugung der in Frage stehenden Sachgüter überhaupt einzustellen, was aber - aus gesamtwirtschaftlicher Sicht - wiederum den Verbrauchern zum Nachteil gereichen könnte. Den vom Verwaltungsgerichtshof - wenngleich zu einem anderen Wirtschaftsgut - angestellten Erwägungen ist nicht nur beizutreten, ihnen hatte auch nach Veröffentlichung dieses Erkenntnisses der BMHGI, selbst wenn Verordnungen nicht vom Verwaltungsgerichtshof, sondern nur vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden können, Rechnung zu tragen. Dies mußte umso mehr gelten, als der aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes abzuleitende Grundsatz, daß es bei der Ermittlung des volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises nicht auf die konkreten Betriebsverhältnisse, sondern auf die Gestehungskosten rationell geführter landwirtschaftlicher Betriebe in maßgeblichen Produktionsgebieten ankommt, für die hier in Frage stehende Milch im § 3 Abs. 2 LWG positiviert ist. Darüber hinaus erfordern die im § 2 Abs. 1 programmatisch zusammengefaßten Ziele des Landwirtschaftsgesetzes 1976 die Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes in einem funktionsfähigen ländlichen Raum (lit a), die Sicherung der Teilnahme der Landwirtschaft und der in ihr tätigen Personen an der fortschreitenden Entwicklung der österreichischen Volkswirtschaft (lit b), die Erhöhung der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft (lit c) und die Förderung der Landwirtschaft unter Bedachtnahme auf die Gesamtwirtschaft und die Verbraucherinteressen (lit d). Die gesetzliche Vorgabe dieser Ziele erfordert wiederum die Auslegung der preisrechtlichen Vorschriften dahin, daß der volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preis landwirtschaftlicher Erzeugnisse nicht nur die Gestehungskosten rationell geführter Betriebe in maßgeblichen Produktionsgebieten (in einem solchen liegt zweifellos auch der Betrieb des Klägers) deckt, sondern die Erzeuger auch jene Gewinne erwirtschaften läßt, die sie überhaupt erst in die Lage versetzen, ihre Betriebe zu erhalten, womit sie auch - aus gesamtwirtschaftlicher Sicht - den Verbraucherinteressen gerecht werden. Der Kläger und die mit ihm vergleichbaren Bauern dürfen auch nicht auf Gewinne in anderen Produktionszweigen verwiesen werden, weil der Ackerbau im Alpenland nur in beschränktem Ausmaß möglich ist und die Milchwirtschaft eines der wesentlichen Elemente der in diesen Gebieten vorzugsweise betriebenen Rinderzucht ist. Die Außerbetrachtlassung angemessenen Gewinns aus einzelnen Produktionszweigen bei Festsetzung eines volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises für diese kann überhaupt nicht Sinn des Gesetzes sein, stünde mit der Verpflichtung der Erhaltung gesunder landwirtschaftlicher Betriebe in einem funkionsfähigen ländlichen Raum in Gegenden, die überwiegend nur die Viehzucht und die Milchwirtschaft ermöglichen, in Widerspruch und läge auch nicht im volkswirtschaftlichen Interesse. Die hohen Milchpreise in Österreich sind gerade eine Folge der besonderen Struktur seiner Landwirtschaft, die aber - gerade auch im Hinblick auf die ökologische Bedeutung der Landwirtschaft in solchen Gebieten und außerdem auch auf ihre Funktion für den Fremdenverkehr - zu beachten ist. Die sich aus verschiedenen Umständen ergebende Überproduktion an Milch kann zwar ein Hinweis darauf sein, daß die festgesetzten Preise nicht unangemessen waren, erspart aber nicht die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung, ob sie der Garantie eines verbleibenden Gewinns für rationell geführte Durchschnittsbetriebe entsprachen. Auch die Bedürfnisse kaufkraftschwacher Verbraucherschichten rechtfertigten die Festsetzung eines rentabilitätsgefährdenden Erzeugerpreises nicht. Soll das erklärte Ziel des Landwirtschaftsgesetzes 1976, die Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden, leistungsstarken und wettbewerbsfähigen Bauernstandes in funktionsfähigem ländlichen Raum, erreicht bzw gesichert werden, so müssen ohne daß also insoweit der Behörde ein Ermessenspielraum eingeräumt ist, diesem kostendeckende Preise, die auch einen angemessenen Gewinn ermöglichen, zugebilligt werden. Der Kläger hat - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - ausreichende Behauptungen aufgestellt, daß die Milchpreisverordnungen, aus welchen er seine Ersatzansprüche herleitet, diesen Grundsätzen, die den unbestimmten Gesetzesbegriff des volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises (§ 2 Abs. 2 PrG) eingeräumten Ermessensspielraum einengten, nicht gerecht wurden. Daran ändert auch nichts, daß sich der Kläger in Dartuung seines Standpunktes, auch auf die Ergebnisse eines ganz bestimmten Modellbetriebes einer berufsständischen Organisation (AÖBV) stützt. Er hat seine Schadensberechnung auf diese Betriebsergebnisse gegründet, weil er zur Dartuung seines Klagsanspruches an objektivierbare Daten anknüpfen wollte und der Überzeugung ist, daß die Kostenrechnung des Modellbetriebes den Gestehungskosten rationell geführter Betriebe in dem für ihn maßgeblichen Produktionsgebiet (§ 3 Abs. 2 LWG) gleichkommt. Die Prüfung, ob diese Kostenrechnung den gesetzlichen Richtlinien entspricht, darf nicht verweigert werden. Dies gilt auch für die Ansprüche, die der Kläger aus Verordnungen ableitet, die er nicht oder verspätet beim Verfassungsgerichtshof angefochten hat. Da die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zu den im § 2 Abs. 2 AHG genannten Rechtsmitteln zur Abwehr des geltend gemachten Schadens zählt (Loebenstein-Kaniak aaO 173 mwN), kann es dem Geschädigten nicht zum Nachteil gereichen, wenn er nicht mittels Individualbeschwerde das Verordnungsprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof eingeleitet hat. Im übrigen fiele ihm die Unterlassung auch nicht als Verschulden zur Last, weil die Ermittlung der Beschwerdegrundlagen naturgemäß beträchtliche Zeit erfordert und die Verordnungen jeweils schon nach verhältnismäßiger kurzer Dauer durch neue ersetzt wurden was zudem eine Abwendung des Schadens auch nicht mehr ermöglicht hätte.

Da der Kläger seinen Amtshaftungsanspruch aus einem ihm infolge des vom BMHGI mittels Verordnung festgesetzten Erzeugermilchpreises erwachsenen Schaden ableitet, kann seinem Ersatzbegehren allerdings nur dann Erfolg beschieden sein, wenn dieser Preis abweichend von den durch die Gesetzeslage vorgezeichneten Richtlinien (insbesondere dem volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preis) zu seinem Nachteil festgesetzt worden sein sollte. Aus der Rechtswidrigkeit von vom Verfassungsgerichtshof noch nicht überprüften Verordnungen abgeleitete Ansprüche kann das Amtshaftungsgericht nur zuerkennen, wenn es vorher mit dem Antrag, die Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben bzw auszusprechen, daß die Verordnung gesetzwidrig war, gemäß Art 89 Abs. 2 und 3 B-VG an den Verfassungsgerichtshof herangetreten war und dieser dem Antrag stattgegeben hat. Einen solchen Antrag an den Verfassungsgerichtshof hat das Amtshaftungsgericht jedoch nur dann zu stellen - ist hiezu dann aber auch verpflichtet -, wenn es gegen die Anwendung der Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit Bedenken hat (Art 89 Abs. 2 B-VG;

SZ 54/12 ua; Loebenstein-Kaniak aaO 74). Eine Verordnung wird aber nicht nur dann "angewendet", wenn sie Erzeugungsbedingung für den zu setzenden Akt ist (Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht6 Rz 1110;

Walter, Bundesverfassungsrecht 736 f), sondern auch wenn die Beurteilung ihrer Gesetzmäßigkeit nur die Vorfrage für die Entscheidung einer Rechtssache bildet . Das ergibt sich auch aus § 11 Abs. 3 AHG, wonach die in Art 89 Abs. 2 bis 4 B-VG festgelegten Verpflichtungen der Gerichte unberührt bleiben. Diese Bestimmung wäre unverständlich, wenn im Amtshaftungsprozeß die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung nicht in Betracht käme; überdies läge in der gegenteiligen Auffassung auch ein dem Gesetzgeber nicht zu unterstellender Wertungswiderspruch, wenn das Amtshaftungsgericht zwar nicht die Rechtswidrigkeit eines Bescheides ohne vorherige Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof, aber doch die einer Verordnung annehmen dürfte (Loebenstein-Kaniak aaO 74). Das Amtshaftungsgericht hat vor einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof selbständig zu prüfen und zu beurteilen, ob Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung bestehen; hegt es keine Bedenken, ist das auf das Amtshaftungsgesetz gestützte Schadenersatzbegehren abzuweisen, ohne daß der Verfassungsgerichtshof vorher mit der Frage der Gesetzmäßigkeit der Verordnung zu befassen wäre. Dabei ist zu beachten, daß der Verfassungsgerichtshof dem BMHGI in seinem Erkenntnis VfSlg 10.313/1984 für die Preisbestimmung auf Grund des § 2 Abs. 2 PrG - wohl weil der theoretisch einzig richtige Betrag (vgl. Morscher in seiner Glosse in JBl 1985, 739) angesichts zahlreicher nur schwer faßbarer Faktoren nur mit annähernder Genauigkeit ermittelt werden kann - einen Ermessensbereich zubilligte, der durch die Kriterien der volkswirtschaftlichen Rechtfertigung abgesteckt wird. Dieser Ermessensspielraum findet seine Untergrenze in jenem Preis, der dem Milchproduzenten - wie schon weiter oben eingehend dargelegt - neben der Deckung der Gestehungskosten auch noch den gesamtwirtschaftlich vertretbaren Gewinn sichern kann. Hat der festgesetzte Preis diese Untergrenze unterschritten, war die Preisbestimmung durch den gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraum nicht mehr gedeckt. Nur bis zu dieser Untergrenze sind Amtshaftungsansprüche wegen Rechtswidrigkeit der Verordnungen möglich, weil ein Verhalten innerhalb eines Ermessensspielraumes nicht rechtswidrig ist (Loebenstein-Kaniak aaO 133 mwN). Die hiezu erforderliche Kostenrechnung, die bereits im Rahmen des preisrechtlichen Verfahrens vor Erlassung der Verordnungen anzustellen gewesen wäre, bedarf agrartechnisch-betriebswirtschaftlicher Begutachtung, die der Kläger im Verfahren erster Instanz auch beantragt hat. Führt dieses Verfahren zum Ergebnis, daß die Abweichungen der Verordnungen zum gesetzmäßigen Preis so gering waren, daß sie noch im Ermessensbereich lagen, ist das Klagebegehren abzuweisen. Der Verfassungsgerichtshof hat in zwei Fällen den Antrag wegen Verneinung der Antragslegitimation zurückgewiesen, in zwei Fällen dagegen ausgesprochen, daß die bereits außer Kraft getretene Verordnung gesetzwidrig war. Dieser Ausspruch war in beiden Fällen darauf gegründet, daß die Entscheidungsgrundlagen, die zur Preisfestsetzung führten, nicht nur in nicht ausreichendem Maße erkennbar und objektiv nachvollziehbar, sondern - sofern überhaupt vorhanden - jedenfalls nicht in der im § 2 PrG festgelegten Weise erarbeitet worden waren. Damit allein ist für den Standpunkt des Klägers jedoch noch nichts gewonnen, weil er seine Schadenersatzansprüche nicht auf jede Rechtswidrigkeit der Verordnung gründen kann, sondern - wegen des erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhanges - nur darauf, daß der mittels der genannten Verordnungen festgelegte Preis vom volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preis im Sinne des § 2 Abs. 2 PrG - gleichviel, ob unter Einhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens oder unter dessen Mißachtung - zu seinem Nachteil unter die beschriebenen Untergrenzen abwich.

Die beklagte Partei hat im Verfahren erster Instanz auch jedwedes Verschulden ihrer Organe bei Erlassung der Verordnungen bestritten, weil die von diesen eingehaltene Vorgangsweise gewesen sei. Auch wenn das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu dem Schluß gelangen sollte, daß genügend Anhaltspunkte für das Bestehen begründeter Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnungen vorliegen, wird es daher vor der Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof auch noch die von der beklagten Partei relevierte Verschuldensfrage zu prüfen haben, weil das Schadenersatzbegehren trotz Rechtswidrigkeit der Verordnungen dennoch abzuweisen ist, wenn dem Organ bei Erlassung der (rechtswidrigen) Verordnungen kein Verschulden zur Last gefallen sein sollte (Loebenstein-Kaniak aaO 240). Soweit die beklagte Partei allerdings ins Treffen führt, das Vorgehen des Verordnungsgebers beruhe auf "langjähriger" Praxis und sei überdies nach Ergehen der beiden den Anträgen des Klägers stattgebenden Erkenntnissen der Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes angepaßt worden (ON 4, S 11 f), sind ihm dessen Ausführungen in den Erkenntnissen VfSlg 10.313/1984 und 10.820/1986 entgegenzuhalten; danach verlangt der Gerichtshof in seiner bereits mit dem Erkenntnis VfSlg 8280/1984 begonnenen Rechtsprechung eine strenge Prüfung der Frage, ob die Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers in genügendem Ausmaß erkennbar sind und ob der Verordnungsgeber die im Gesetz zur Schaffung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage vorgesehene Vorgangsweise eingehalten hat. Wenngleich das zitierte Erkenntnis zu Fragen der Raumordnung ergangen ist, gelten die dort ausgesprochenen Grundsätze auch für die vorliegenden Verordnungen, weil es in beiden Fällen eingehender Begutachtung bedurfte, um die durch unbestimmte Rechtsbegriffe umschriebene Verordnungsermächtigung auszufüllen. Da die Organe des Rechtsträgers ausnahmslos verpflichtet sind, sich rechtmäßig zu verhalten, trifft die Behauptungs- und Beweislast für mangelndes Verschulden bei Nichterfüllung von Rechtspflichten stets den Rechtsträger (JBl 1988, 176; Loebenstein-Kaniak aaO 145). Es ist zwar nicht schon jedes rechtswidrige Verhalten auch schon schuldhaft, doch ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Loebenstein-Kaniak aaO 143) an die Haftung des Rechtsträgers grundsätzlich der gleiche Maßstab wie an die Haftung von Rechtsanwälten, Notaren und sonstigen Fachleuten, die nur für Unkenntnis der Gesetze, nicht aber auch dann zu haften haben, wenn ein vertretbarer Rechtsstandpunkt in der Folge von der Rechtsprechung nicht geteilt wird, anzulegen ist. Bei Erlassung von Verordnungen ist, wie der erkennende Senat bereits ausgesprochen hat (JBl 1988, 176), zu berücksichtigen, daß sie in aller Regel nicht unter einem solchen Zeitdruck erarbeitet werden müssen, wie dies bei Bescheiden und anderen Entscheidungen im Einzelfall unvermeidlich sein kann. Sie haben für viele Personen zu gelten und üben - wie gerade die hier zur Beurteilung stehenden Preisverordnungen - häufig eine einschneidende Wirkung auf die Rechtsstellung der Normadressaten aus, weshalb es zu erwarten und den Organen auch zuzumuten ist, daß ihrer inhaltlichen Ausgestaltung und Formulierung besonderes Augenmerk gewidmet und die Übereinstimmung mit der gesetzlichen Grundlage genau geprüft hat. Das gilt besonders in einem Fall, in dem zwar nicht der für Verordnungsprüfungen allein zuständige Verfassungsgerichtshof, aber doch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VwSlgNF 10.491 A die Vollziehung in einem vergleichbaren Fall vorgezeichnet hat. Sollten die Ergebnisse des fortgesetzten Verfahrens dem Erstgericht genügend Anhaltspunkte für Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Inhaltes der Preisbestimmung in den genannten Verordnungen liefern und auch der Beweis des mangelnden Verschuldens nicht angetreten oder erbracht werden, wird es gemäß Art 89 Abs. 2 und 3 B-VG bzw § 11 Abs. 3 AHG beim Verfassungsgerichtshof den Ausspruch zu beantragen haben, daß diese Verordnungen in den Preisbestimmungen gesetzwidrig waren, weil die festgesetzten Preise zum Nachteil des Klägers keine volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preise im Sinne des § 2 Abs. 2 PrG waren. Das gilt auch für die Fälle, in denen der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen, daß die Verordnungen vom 30.April 1982 und 30.Juli 1984, aber aus Gründen, die allein den geltend gemachten Amtshaftungsanspruch nicht zu stützen vermögen, gesetzwidrig waren. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, daß der Verfassungsgerichtshof zur Feststellung einer die Vorfrage für die Entscheidung des Amtshaftungsgerichtes bildenden Gesetzwidrigkeit einer Verordnung auch noch dann anzurufen ist, wenn der Gerichtshof die Gesetzwidrigkeit der Verordnung bereits aus einem anderen, für den Rechtsstreit jedoch nicht voll präjudiziellen Grund ausgesprochen hat. Da Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - soweit überblickbar - zu dieser Frage fehlt, hat das Amtshaftungsgericht dann jedenfalls an den zur Prüfung der Verordnung zuständigen Gerichtshof heranzutreten, um die Frage, ob dessen Verordnungsprüfungszuständigkeit durch die bereits getroffene Entscheidung, daß die anzuwendende Verordnung aus einem anderen Grund gesetzwidrig war, erschöpft sei, klären zu lassen. Erst wenn der Verfassungsgerichtshof eine neuerliche Entscheidung über die Gesetzmäßigkeit der beiden von ihm bereits geprüften Verordnungen ablehnen sollte, wird das Amtshaftungsgericht selbständig nach den dargelegten Grundsätzen zu prüfen haben, ob die mittels der genannten Verordnung bestimmten Preise zum Nachteil und in Schädigung des Klägers gesetzwidrig festgesetzt wurden. In Stattgebung der Revisions sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.

Anmerkung

E17685

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00001.89.0426.000

Dokumentnummer

JJT_19890426_OGH0002_0010OB00001_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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