TE OGH 1989/5/31 8Ob559/89

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** S*** C***, 1170 Wien, Hernalser Hauptstraße 214, vertreten durch Dr. Alfred Fürst, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** R***-WIEN, 1140 Wien, Keißlergasse 6, vertreten durch Dr. Manfred Pilgerstorfer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,000.000,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23. Dezember 1988, GZ 13 R 213/88-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes f. ZRS Wien vom 4. Juli 1988, GZ 12 Cg 96/87-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.667,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 3.111,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei die Bezahlung von S 1,000.000,-- s.A. Zur Begründung brachte sie vor, die beklagte Partei habe unter Mißachtung der getroffenen Vereinbarung hinter dem Rücken der klagenden Partei und ohne deren Einverständnis am 20.Juli 1986 den Fußballspieler Peter P*** an den FC-TIROL weitergegeben. Um Peter P*** und den FC-TIROL nicht zu schädigen, habe die klagende Partei auf Grund verschiedener Interventionen gegenüber dem Ö*** F*** die Zustimmung erteilt, daß Peter P*** für den FC-TIROL spiele, und so ermöglicht, daß er schon beim ersten Meisterschaftsspiel am 22. Juli 1986 für diesen Verein tätig war. Sie habe sich aber alle Ansprüche gegen die beklagte Partei hiebei vorbehalten. Diese habe vom FC-TIROL eine Ablösesumme von S 5,000.000,-- verlangt, sei aber dann auf den Ausweg verfallen, Peter P*** gegen Bezahlung von S 500.000,-- an diesen Verein zu verleihen. Die klagende Partei habe ein "Vorkaufsrecht" auf den Fußballer Peter P*** und habe nie darauf verzichtet; die beklagte Partei habe sich aber darüber hinweggesetzt und Peter P*** im Sommer 1987 endgültig gegen eine Ablöse von S 5,000.000,-- dem FC-Tirol überlassen. Nach § 6 Abs 4 des Regulativs für die dem ÖFB angehörigen Vereine und Spieler sei die klagende Partei berechtigt, für die Freigabe eine der freien Vereinbarung unterliegende Ablöse zu fordern. Der Senat 2 der Österreichischen Fußball-Bundesliga habe in seiner Entscheidung vom 30. Juli 1986, gegen welche ein Protest erfolglos geblieben sei, festgestellt, daß die beklagte Partei auf Grund der getroffenen Vereinbarung ohne Einverständnis der klagenden Partei nicht berechtigt gewesen sei, Peter P*** im Juli 1986, in welcher Art immer, an den FC-TIROL abzugeben. Da die beklagte Partei die Vereinbarung gebrochen habe, die klagende Partei durch ihre Zustimmung aber den Einsatz dieses Spielers schon im ersten Meisterschaftsspiel ermöglicht und die beklagte Partei für diesen eine Ablöse von S 5,000.000,-- erhalten habe, müsse sie der klagenden Partei eine Ablöse von S 1,000.000,-- als angemessen zahlen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klage sei unschlüssig; es ergebe sich kein Rechtsgrund für das Ablösebegehren und für dessen Höhe. Die beklagte Partei habe nämlich schon im Jahre 1984 bei dem Spielertausch mit Aufzahlung eine Ablöse für Peter P*** geleistet. Gegen die damalige Vereinbarung habe sie nicht verstoßen, weil sie diesen Spieler erst nach Ablauf von zwei Spieljahren an den FC-TIROL verliehen und diesem Verein gleichzeitig eine Option zum endgültigen Erwerb eingeräumt habe. Der Präsident der klagenden Partei sei von den Vereinbarungen zwischen der beklagten Partei und dem FC-TIROL telefonisch in Kenntnis gesetzt worden. Es sei ihm gleichzeitig angeboten worden, Peter P*** zu den gleichen Bedingungen zu erwerben bzw. das Vorkaufsrecht auszuüben, was jedoch ausdrücklich abgelehnt wurde. Eine weitere Ablöse sei nur für den nicht eingetretenen Fall des Verkaufes des Spielers P*** ins Ausland, nicht aber für einen sonstigen Fall vereinbart worden. Einen Schadenersatzanspruch wegen angeblicher Verletzung einer Vereinbarung oder eines Vorkaufsrechtes behaupte die klagende Partei gar nicht, so daß es an einem tauglichen Rechtsgrund für ihr Begehren mangle.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf nachstehende Feststellungen:

Vor und gegen Ende des Spieljahres 1983/84 bekundete der geschäftsführende Vizepräsident der beklagten Partei Heinz H*** dem damaligen Präsidenten der klagenden Partei Hans B*** sein Interesse am Spieler Peter P***. Hans B*** bestimmte ein aus den Herren E*** und H*** bestehendes Verhandlungsteam, welches mit den zuständigen Funktionären der beklagten Partei verhandelte. Ende Juli bzw. Anfang August 1984 wurde zwischen den Streitteilen eine mündliche Einigung erzielt, welche von Heinz H*** schriftlich in der Beilage./A festgehalten und von beiden Teilen unterfertigt wurde. Peter P*** war damals der weitaus höherwertige Spieler als Christian K***.

Der Vertrag hatte folgenden Inhalt:

"Wir haben mit Ihren Herren Präsident B***, Generaldirektor H*** und Herrn E*** wiederholt Gespräche über einen Tausch der beiden Spieler Peter P*** und Christian K*** geführt und dabei volle Übereinstimmung erzielt. Vereinbarungsgemäß wiederholen wir die wesentlichen Punkte unserer Übereinstimmung.

1.) Peter P*** ist sofort für den SK R*** trainings- und spielberechtigt.

Christian K*** ist ab sofort für den WSC-P.S.K.

trainings- und spielberechtigt.

2.) Die beiden Vereine tauschen die entsprechenden Freigabescheine wechselseitig aus, wobei der W*** S***-C***-P.S.K. vom SK R*** S 334.000,-- (dreihundertdreißigviertausend) erhält. Des weiteren erhält der WCS-P.S.K. bis zum ersten Europacup-Heimspiel weitere S 333.000,-- (dreihundertdreißigdreitausend) und bis zum zweiten Europacup-Heimspiel weitere S 333.000,-- (dreihundertdreißigdreitausend). Sollte der SK R*** die zweite Runde nicht erreichen, ist der Betrag bis zur Abrechnung des Stadthallenturniers fällig.

3.) Beide Vereine verpflichten sich, die Spieler P*** einerseits und K*** andererseits für die Dauer von zwei Jahren nicht ohne gegenseitiges Einverständnis an einen anderen österreichischen Verein abzugeben. Nach Ablauf dieser Frist ist der verkaufswillige Verein verpflichtet, dem Partner ein Vorkaufsrecht anzubieten, wobei die Höhe jenem Betrag zu entsprechen hat, den ein dritter Verein bietet.

Sollte der Spieler Peter P*** ins Ausland verkauft werden, so ist an den WSC-P.S.K. der Betrag von S 500.000,-- (fünfhunderttausend) zu bezahlen.

4.) Sollte der Spieler Christian K*** vom WSC-P.S.K., ohne daß der SK R*** sein Vorkaufsrecht ausnützt, an den Fußballklub AUSTRIA-MEMPHIS verkauft werden, erhält der SK R*** S 500.000 (fünfhunderttausend).

5.) Die im Jahre 1983 vereinbarte Einnahmenteilung für alle Bundesliga-Meisterschaftsspiele wird bis zur Saison 1985/1986 verlängert".

Vor Ablauf des auf zwei Spieljahre mit der beklagten Partei geschlossenen Vertrages kündigte Peter P***, der in den letzten Monaten davor sehr wenig eingesetzt worden war, seinen Vertrag mit der beklagten Partei. Es kam dann im Juli 1986 noch vor Beginn des mit der ersten Runde am 22. und 23.Juli 1986 beginnenden Spieljahres 1986/87 zu Verhandlungen zwischen der beklagten Partei und dem FC-TIROL betreffend Peter P***. Für die beklagte Partei verhandelte Heinz H*** und für den FC-TIROL General Rudolf S***. Am 15.Juli 1986 differierten die Preisvorstellungen jedoch noch um jedenfalls S 2,000.000,--. Am 19.Juli 1986 erzielten die beiden Herren in Eugendorf eine Annäherung bis auf S 500.000,--. Am folgenden Tag, den 20.Juli 1986 begab sich P*** nach Innsbruck und wurde mit dem FC-TIROL handelseins; er unterschrieb einen Zweijahresvertrag unter dem Vorbehalt, daß zwischen FC-TIROL und R*** ebenfalls eine entsprechende Einigung erzielt werde. Nach einer Zeitungsmitteilung vom 21.Juli 1986, wonach die klagende Partei den Transfer des Spielers P*** "beeinspruche", telefonierte General S*** noch am selben Tag mit Heinz H***. Dieser meinte, daß ein Kaufvertrag vorläufig nicht möglich bzw. untunlich sei, daß man aber einen Leihvertrag schließen könne. Die beiden Herren vereinbarten an diesem Tag, daß der FC-TIROL den Spieler P*** von R*** um S 500.000,-- auf ein Spieljahr ausleiht, wobei auch davon die Rede war, daß der FC-TIROL den Spieler kauft, falls eine entsprechende Einigung zwischen den Streitteilen erfolgt. Auf Grund weiterer fieberhafter Telefonate zwischen den Beteiligten richtete die klagende Partei am 22.Juli 1986 ein Telex an den ÖFB, worin gegen den Einsatz des Peter P*** für den FC-TIROL kein Einwand erhoben und gleichzeitig ersucht wurde, die Angelegenheit auf den SK-R*** und den W*** S***-C*** einzuschränken. Im Juni 1987, nach Ablauf des Spieljahres 1986/87, wurde der Leihvertrag zwischen R*** und dem FC-TIROL in einen Kaufvertrag geändert.

Nachdem die Funktionäre der klagenden Partei aus der Zeitung erfahren hatten, daß P*** an den FC-TIROL abgegeben wurde, protestierten sie dagegen. Es wurde jedoch in der Folge kein Kaufanbot an R*** betreffend den Spieler P*** gestellt, weil hiezu kein Grund bzw. Anlaß bestand. Am 21.Juli 1986 fand auch ein Telefonat zwischen Heinz H*** und dem Präsidenten der klagenden Partei Hannes N*** statt. H*** teilte N*** mit, daß P*** an TIROL nur verliehen worden sei. Im übrigen brachte er zum Ausdruck, er wäre glücklich, wenn die klagende Partei in Verfolgung ihres Vorkaufsrechtes den Spieler P*** kaufe bzw. kaufen wolle. Die Antwort des Hannes N*** hierauf war sinngemäß, "er sei ja nicht deppert", womit das Kaufanbot abgelehnt wurde.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß unter dem Wort "Jahre" in der Vereinbarung vom 8.August 1984 "Spieljahre" gemeint seien, weil Verträge mit Fußballspielern grundsätzlich so abgeschlossen würden. Am 21.Juli 1986 sei die vereinbarte Frist von zwei Spieljahren schon abgelaufen und ein Einverständnis der klagenden Partei zur Abgabe des Peter P*** an einen anderen Verein in Österreich nicht erforderlich gewesen. Die klagende Partei habe keinen Anspruch auf eine weitere Ablöse, weil die in Beilage A./ bereits vereinbarte Ablösesumme bezahlt wurde und für eine zusätzliche Ablöse jede Grundlage fehle. Ein Tatsachenvorbringen, welches einen allfälligen Schadenersatzanspruch aus der Verletzung eines Vorkaufsrechtes rechtfertigen würde, habe die klagende Partei nicht erstattet. Im übrigen sei das telefonische Kaufanbot eindeutig abgelehnt worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es verwarf ihre Rüge, wonach Dr. Heinz G*** zu Unrecht nicht als Sachverständiger vernommen worden sei mit dem Hinweis darauf, daß die Satzungen des ÖFB, das Statut der Bundesliga und das Regulativ für die dem ÖFB angehörigen Vereine und Spieler (Beilagen F, G und H) nicht strittig sind und keiner Auslegung durch einen Sachverständigen bedürfen. Die Anrufung der Gerichte sei mit ausdrücklicher Zustimmung der Ligakommission erfolgt. Im übrigen habe das Gericht auf Grund der Vereinbarung und der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen, ob der geltend gemachte Zahlungsanspruch berechtigt ist. Eine Bindung an eine Entscheidung des Senates 2 der Bundesliga und an die darin enthaltene Begründung bestehe nicht, weil durch diese Entscheidung keine Verfügung für den Sportbereich getroffen werde, die Beurteilung und Entscheidung privatrechtlicher Ansprüche aber Sache des Gerichtes sei. Auch das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß die Zeit von zwei Jahren als Spieljahre zu verstehen sei, weil sich die besondere Konkurrenzsituation jeweils auf die einzelnen Spielsaisonen beziehe. Die Vereinbarung vom 8.August 1984 sei in der Sommerpause der Fußballmeisterschaft geschlossen worden, was ebenfalls dafür spreche, daß mit den Worten zwei Jahre die nächsten 2 Spieljahre bis zur Sommerpause in 2 Jahren gemeint war und daß für eine Weitergabe der getauschten Spieler bis dahin das gegenseitige Einverständnis erforderlich sein sollte. Wäre eine Bindung bis zu einem bestimmten Tag gewollt gewesen, so wäre dies wohl datumsmäßig zum Ausdruck gebracht worden. Im Zeitpunkt der Weitergabe des Spielers Peter P*** an den FC-TIROL am 20.Juli 1986 seien die zwei Spieljahre bereits abgelaufen gewesen; es habe daher ein Einverständnis der klagenden Partei für dessen Weitergabe nicht mehr eingeholt werden müssen. Eine Vertragsverletzung der beklagten Partei sei somit nicht erfolgt. Es ergebe sich aber auch kein Ablöseanspruch aus der von der klagenden Partei herangezogenen Bestimmung des § 6 Abs 4 des Regulativs, wonach für die Freigabe eines Spielers - von bestimmten, hier nicht zutreffenden Fällen abgesehen - eine der freien Vereinbarung unterliegende Ablösesumme gefordert werden kann. Denn daraus ergebe sich nur die Zulässigkeit der Vereinbarung einer Ablöse, nicht aber ein Anspruch auf Ablöse ohne eine solche Vereinbarung. Da es nicht strittig sei, daß die beklagte Partei die als Aufzahlung beim Tausch 1984 vereinbarte Ablöse von S 1,000.000,-- erbracht hat, eine weitere Ablöse aber nicht vereinbart wurde, sei das Ablösebegehren nicht berechtigt. Für die Berechtigung eines Schadenersatzbegehrens fehle es aber sowohl an entsprechenden Behauptungen als auch an hiefür erforderlichen Sachverhaltsergebnissen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2, 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die klagende Partei rügt als Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens, daß das Berufungsgericht die vom Erstgericht unterlassene Beiziehung eines Sachverständigen zur Beurteilung des für Fußballer bestehenden Partikularrechtes nicht als einen Verfahrensmangel erster Instanz aufgegriffen habe. Die Annahme der Vorinstanzen, daß mit den Worten "für die Dauer von 2 Jahren" in der bezogenen Vereinbarung 2 Spieljahre zu verstehen seien, sei aktenwidrig. Auch die Annahme des Berufungsgerichtes, daß eine weitere Ablöse angestrebt werde, sei aktenwidrig gewesen, weil die in der Vereinbarung vom 8.August 1984 enthaltene Summe keine Ablöse, sondern ein "Wertausgleich" gewesen sei. Ein Vereinswechsel sei nur mit der Freigabe und nach Zahlung einer Ablöse möglich. § 6 Abs 4 des Regulativs sehe vor, daß für die Freigabe eines Spielers eine der freien Vereinbarung unterliegende Ablösesumme gefordert werden kann. Selbst unter der unrichtigen Annahme, daß die Vereinbarung vom 8.August 1984 zwei Spieljahre meine, wäre am 20. Juli 1986 die Frist noch nicht abgelaufen gewesen. Die klagende Partei habe sich bei der Freigabe des Spielers P*** ihre Ansprüche vorbehalten und könne daher auf der Grundlage des Regulativs die dort vorgesehene Ablöse fordern. Die Auslegung, die der Ablehnung des Angebotes, P*** wieder zu kaufen ("er - N*** - sei ja nicht deppert") unterstellt werde, sei unrichtig. Es sei keine Kaufsumme genannt worden. Zu einer rechtsverbindlichen Ablehnung sei N*** nicht berechtigt gewesen.

Die geltend gemachten Anfechtungsgründe sind nicht gegeben. Nach § 20 Abs 1 der Satzungen des Ö***

F*** ist die Inanspruchnahme von Gerichten, soweit sie im Zusammenhang mit der sportlichen Tätigkeit der Fußballvereine steht, nur mit Zustimmung des Vorstandes des zuständigen Landesverbandes bzw. der Ligakommission gestattet. Die Zustimmung der Ligakommission wurde am 28.Jänner 1987 erteilt (Beilage D). Den ordentlichen Gerichten obliegt es, Streitigkeiten des Privatrechtes zu entscheiden (SZ 20/71; Fasching, Kommentar IV, 896), worunter auch das vorliegende Klagebegehren auf Bezahlung einer Ablöse von S 1,000.000,-- durch die beklagte Partei einzuordnen ist (vgl. auch Tomandl, Schrammel, Die Rechtsstellung von Vertrags- und Lizenzfußballern, JBl 1972, 234 ff).

Richtig ist, daß das Gericht auf das Partikularrecht Bedacht zu nehmen hat, das sich im sportlichen Bereich der Fußballspiele organisierenden Vereine herausgebildet hat. Für den vorliegenden Fall sind daher insbesondere die Satzungen des ÖFB, das Statut der Bundesliga und das sogenannte "Regulativ" für die dem ÖFB angehörigen Vereine und Spieler maßgebend. Dieses Sonderrecht für den fußballerischen Bereich ist nach den für generelle Normen bestehenden Grundsätzen der §§ 6 und 7 ABGB auszulegen. Maßgebend ist der objektive Sinngehalt der Bestimmungen (Rummel in FS Strasser 819; SZ 47/78; SZ 58/178 ua). Die Auslegung hat sich an der Gesetzestreue, dem Vereinszweck und den berechtigten Interessen der Mitglieder zu orientieren (GesRZ 1985, 38; SZ 58/178). Unklare Satzungsbestimmungen sind ihrem billigen und vernünftigen Sinne zufolge so auszulegen, daß bei ihrer Anwendung im Einzelfall brauchbare Ergebnisse erzielt werden (3 Ob 551/80; SZ 58/178 ua). Dabei kann es durchaus erforderlich sein, in Fällen, in denen sich das Gericht außerstande sieht, mit dem Fußballwesen zusammenhängende Fragen lebensnah im Sinne der dargelegten Grundsätze zu beurteilen, einen Sachverständigen beizuziehen. Die Beurteilung der Frage, ob verläßliche Sachverhaltsfeststellungen ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens getroffen werden können, gehört jedoch zum Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung; insoweit kann der Oberste Gerichtshof hier nicht mehr regulierend eingreifen (1 Ob 647, 648/81; 8 Ob 184/82 uza).

Es ist zwar richtig, daß der Senat 2 der Bundesliga zur Ansicht gelangte, bei der sogenannten "Zweijahresfrist" der hier zu beurteilenden Vereinbarung vom 8.August 1984 habe es sich um Kalenderjahre gehandelt. Die gerichtlichen Vorinstanzen, die an diese Rechtsmeinung des 2. Senates der Bundesliga nicht gebunden sind, haben demgegenüber jedoch eingehend begründet, warum sie der gegenteiligen Ansicht sind, daß mit den bezogenen Worten zwei Spieljahre zu verstehen seien. Sie haben sich bei der Sinnerforschung nicht auf die Auslegung der Vertragsurkunde beschränkt, sondern dazu auch die Aussagen von Zeugen verwertet (vgl. S 23 des erstgerichtlichen Urteiles); damit ist aber das Ergebnis der Auslegung des Vertragsinhaltes ebenfalls irrevisibel geworden; die Auslegung des Inhalts einer Urkunde ist nur dann eine Frage der rechtlichen Beurteilung, wenn der Parteiwille allein auf Grund der Auslegung einer in ihrem Wortlaut feststehenden Urkunde ermittelt wurde. Hingegen liegt eine Tatsachenfeststellung vor, wenn die Absicht der Parteien auch aus anderen Beweismitteln abgeleitet wird. In diesem Fall ist der Oberste Gerichtshof an die Tatsachenfeststellungen gebunden und kann nicht den Inhalt der Urkunde für sich allein und selbständig würdigen (JBl 1985, 97; JBl 1979, 267; MietSlg 32.729; 2 Ob 698/87 ua).

Da sich die Streitteile in Punkt 3 der bezogenen Vereinbarung (nur) verpflichtet haben, die Spieler P*** und K*** für die Dauer von zwei Spieljahren nicht ohne gegenseitiges Einverständnis an einen anderen österreichischen Verein abzugeben, kann der beklagten Partei kein Vertragsverstoß angelastet werden, weil sie den Spieler P*** nach Ablauf dieser Frist am 20.Juli 1986 an den FC-TIROL weiterverlieh (vgl. auch ON 18).

Die klagende Partei stützt ihren Anspruch nicht auf die Verletzung der Anbotsverpflichtung der beklagten Partei auf Grund des in Punkt 3 des Vertrages Beilage A vereinbarten Vorkaufsrechtes, sondern - wie sie auch in der Revision (Seite 5 letzter Absatz) ausdrücklich betont - auf die mit ihrer Zustimmung, aber unter Vorbehalt ihrer Ansprüche auf Bezahlung einer Ablöse im Sinne des § 6 Abs 4 des Regulativs innerhalb der Sperrfrist von zwei Jahren erfolgte Abgabe des Spielers Peter P*** durch die beklagte Partei an den FC-TIROL; sie habe, um diesen Spieler und den FC-TIROL nicht zu schädigen, ihre Zustimmung zur Weitergabe des Spielers P*** gegeben. Die klagende Partei erblickt also in dem geschilderten Sachverhalt den Tatbestand der "Freigabe eines Spielers" durch sie im Sinne des § 6 Abs 4 des Regulativs, der sie zur Forderung eines der freien Vereinbarung unterliegenden Ablösesumme berechtige. Ob dieser Sachverhalt aber überhaupt den Tatbestand der "Freigabe eines Spielers" im Sinne des § 6 Abs 4 des Regulativs erfüllt und die dort vorgesehene Rechtsfolge auslösen kann, muß unbeantwortet bleiben, weil für den Obersten Gerichtshof unüberprüfbar feststeht, daß die in Punkt 3 des Vertrages der Parteien, Beilage A, festgelegte Sperrfrist von 2 Jahren zum Zeitpunkt der Abgabe des Spielers Peter P*** durch die beklagte Partei an den FC-TIROL bereits abgelaufen war und damit auf der Sachverhaltsebene dem Klageanspruch jede Grundlage genommen ist. Einen Schadenersatzanspruch aus der Verletzung der Anbotsverpflichtung der beklagten Partei auf Grund des vereinbarten Vorkaufsrechtes gemäß § 1079 ABGB hat aber die klagende Partei ausdrücklich nicht als Anspruch genannt. Es ist deshalb auch völlig unerheblich, ob die beklagte Partei der klagenden Partei den Spieler "angeboten" und diese seine Übernahme abgelehnt hat oder nicht. Damit erweisen sich die Ausführungen der klagenden Partei insgesamt nicht als stichhältig. Ihrer Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E18134

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00559.89.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19890531_OGH0002_0080OB00559_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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