TE OGH 1989/6/13 4Ob75/89

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Veröffentlicht am 13.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei VERBAND DES Ö***

O***-F***, Wien 1, Graben 30/5, vertreten durch

Dr. Franz Josef Salzer und Dr. Gunter Granner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei L*** Warenhandelsgesellschaft mbH, Wiener Neudorf, Industriezentrum NÖ-Süd, Straße 3, Objekt 16, vertreten durch Dr. Christian Kuhn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 9. März 1989, GZ 3 R 22/89-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 28. Dezember 1988, GZ 38 Cg 487/88-3, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.125,80 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 1.854,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung:

Der klagende Verein hat sich zum Ziel gesetzt, durch geeignete Maßnahmen den seriösen Geschäftsverkehr im Teppichhandel zu fördern und insbesondere auch unklare und streitige wettbewerbsrechtliche Fragen zu klären. Seine Mitglieder sind ausschließlich Gewerbebetreibende in ganz Österreich, die mit handgeknüpften Teppichen handeln.

Die Beklagte betreibt in zahlreichen Betriebsstätten im gesamten Bundesgebiet (ua) den Handel mit Orientteppichen. Sie ließ im Dezember 1988 einen Prospekt unter dem Titel "Litega erfüllt Weihnachtswünsche" an Haushalte verteilen. Auf Seite 4 dieses Prospektes wurde für Orientteppiche geworben. Dort waren fünf solche Teppiche abgebildet; der Text lautete:

"Schenken Sie Kostbarkeiten aus:

Iran, Indien, Pakistan, Türkei, China, Marokko, Afghanistan,

Tibet - alle Orientteppiche - 50 %".

Dabei war die Angabe "-50 %" durch besondere Schriftgröße hervorgehoben.

Mit der Behauptung, daß diese Ankündigung nicht den geringsten Hinweis darauf enthalte, von welchen Preisen die Herabsetzung berechnet werde, so daß eine Irreführung des Publikums möglich sei, begehrt der Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Teppichen mit Preisherabsetzungen, insbesondere durch die Angabe "-50 %" oder Angaben ähnlichen Inhaltes, zu werben, wenn nicht in derselben Ankündigung gleich wirksam, unübersehbar und unmißverständlich ausgesagt werde, von welchen Preisen die Herabsetzung berechnet wird. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Der Prospekt bringe eindeutig zum Ausdruck, daß es sich bei der Preisherabsetzung um eine Aktion für die Vorweihnachtszeit handle; die beanstandete Angabe "-50 %" weise ausreichend deutlich darauf hin, daß es sich bei dem "Statt-Preis" um den eigenen vorher verlangten Preis handle. Eine Irreführung des Käuferpublikums sei daher unmöglich.

Der Erstrichter erließ die einstweilige Verfügung. Aus dem Prospekt sei nicht zu ersehen, worauf sich die Aussage "-50 %" beziehe, weil keine Vergleichspreise angeführt seien. Die von der Beklagten betriebene "Statt-Preis"-Werbung verstoße gegen § 2 UWG, weil mangels näherer Bekanntgabe der Vergleichspreise eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise über die Preisgestaltung möglich sei. Es sei nicht erkennbar, ob die Herabsetzung von Listenpreisen, von Preisen von Mitbewerbern oder von früher von der Beklagten verlangten Preisen ausgehe; die Beklagte habe die ungünstigte Auslegung ihrer Werbeaussage gegen sich gelten zu lassen.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. In dem in seiner Gesamtheit zu beurteilenden Prospekt komme hinreichend deutlich zum Ausdruck, daß eine Weihnachtsaktion angekündigt werde. Der Ausdruck "-50 %" entspreche der Wortfolge "-50 % reduziert"; darin liege ein hinreichend deutlicher Hinweis darauf, daß es sich bei dem "Statt-Preis" um den eigenen vorher verlangten Preis handle. Die beanstandete Werbung sei daher nicht irreführend. Dagegen wendet sich der Revisionsrekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstrichters wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Werbung mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere mit sogenannten "Statt"-Preisen, verstößt nach ständiger Rechtsprechung dann gegen § 2 UWG, wenn mangels näherer Erläuterung, wessen Preise zum Vergleich herangezogen werden, eine Irreführung des Käuferpublikums möglich ist. Dabei ist wegen der suggestiven Wirkung einer solchen Werbemethode ein strenger Maßstab anzulegen und im Interesse der angesprochenen Verkehrskreise zu fordern, daß aus dem Wortlaut und aus dem Gesamtbild der als Einheit zu betrachtenden Ankündigung ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu Vergleichszwecken hingewiesen wird (ÖBl 1986, 66 mwN; MuR 1989, 63 ua). Bei einer unklaren Ankündigung muß der Ankündigende die für ihn ungünstigte Auslegung gegen sich gelten lassen (ÖBl 1979, 128 mwN; ÖBl 1986, 159; MuR 1989, 63 uva). Die Beklagte hat in der beanstandeten Werbeaussage nicht konkrete, derzeit von ihr verlangte Preise anderen Preisen gegenübergestellt, also nicht mit "Statt"-Preisen im eigentlichen Sinne des Wortes geworben; sie hat vielmehr in bezug auf Orientteppiche eine allgemeine prozentmäßige Preisherabsetzung angekündigt. Auch dafür gelten zwar die von der Rechtsprechung zur "Statt"-Preis-Werbung entwickelten Grundsätze (ÖBl 1977, 10; ÖBl 1979, 128; ÖBl 1984, 77); die Gefahr einer Irreführung des Publikums ist dabei aber doch geringer. Die - unzweifelhaft auf die Preise bezogene - Bekanntgabe einer prozentuellen Herabsetzung wird, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten, nur als Ankündigung einer Senkung der sonst allgemein geforderten Preise dieses Unternehmers verstanden (vgl. Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1230 Rz 292 ff zu § 3 dUWG; vgl. ÖBl 1977, 10; ÖBl 1979, 128). Im Fall der Entscheidung ÖBl 1984, 77 - auf welche sich der Kläger beruft - hatte die dortige Beklagte, die für Juwelierwaren mit dem Hinweis "-30 %" geworben hatten, nach ihrer eigenen Erläuterung nicht auf ihren sonstigen Normalpreis, sondern auf den unverbindlich empfohlenen Listenpreis Bezug genommen. Die beanstandete Werbung konnte von den beteiligten Verkehrskreisen nur dahin verstanden werden, daß die Beklagte von ihren eigenen (Normal-)Preisen nun einen Abschlag von 50 % gewährt. Die Schreibweise "-x %" entspricht jener, in der üblicherweise Preisnachlässe (Rabatte) zum Ausdruck gebracht werden; eine Bezugnahme auf die Preise von Mitbewerbern ist darin nicht zu erkennen. Daß es aber vom Hersteller unverbindlich empfohlene Richtpreise oder Listenpreise für Orientteppiche gebe, im Vergleich zu denen ein geringerer Preis geboten wurde, wird von den an diesen Waren interessierten Verkehrskreisen nicht angenommen. War aber die beanstandete Ankündigung nur dahin zu verstehen, daß die Beklagte ihre eigenen Preise um 50 % reduziert hatte, dann kann der Beklagten ebensowenig wie beim Gebrauch der Wortfolge "um 50 % reduziert" (vgl. ÖBl 1988, 75) eine irreführende Angabe im geschäftlichen Verkehr (§ 2 UWG) zum Vorwurf gemacht werden.

Dem Revisionsrekurs war sohin ein Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E17916

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00075.89.0613.000

Dokumentnummer

JJT_19890613_OGH0002_0040OB00075_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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