TE OGH 1989/6/15 6Ob615/89

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Veröffentlicht am 15.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als Richter in der Sachwalterschaftssache für Johann W***, geboren am 4. Februar 1906, Gewerbepensionist, Bezirksaltenheim Peuerbach, Peuerbach, Georg

v. Peuerbachstraße 21, vertreten durch den für alle Angelegenheiten zum Sachwalter bestellten Josef H***, Dipl.Sozialarbeiter, Wels, Brennereistraße 15, wegen gerichtlicher Genehmigung einer Prozeßführung, infolge Rekurses der Prozeßgegnerin Ernestine F***, kaufmännische Angestellte, Pinsdorf, Wagnerstraße 18, vertreten durch Dr. Konrad Meingast, Rechtsanwalt in Gmunden, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgericht vom 19. April 1989, GZ. R 248/89-107, womit der Rekurs der Rechtsmittelwerberin gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Peuerbach vom 16. Februar 1989, GZ. SW 18/85-102, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht stattgegeben.

Text

Begründung:

Der im Februar 1906 geborene ehemalige Fleischhauermeister lebt seit Juli 1985 in einem Bezirksaltenheim. Nach einer am 9. Dezember 1985 durchgeführten ärztlichen Untersuchung seines Geisteszustandes wurde für ihn mit Beschluß vom 2. Januar 1986 ein Sachwalter mit uneingeschränktem Wirkungskreis bestellt. Zunächst war eine Angehörige, die Ehefrau eines Neffen, Sachwalterin, an deren statt wurde mit Beschluß vom 13. Juli 1988 ein vom Verein für Sachwalterschaft namhaft gemachter Dipl.Sozialarbeiter zum Sachwalter bestellt. Der Gewerbepensionist hatte im November 1983 sein Haus samt Garten unter Vorbehalt seines lebenslänglichen Fruchtgenußrechtes an ein Fleischhauerehepaar veräußert und sich dabei eine rund zwei Drittel ha große Wiese zurückbehalten. Dieses Wiesengrundstück verkaufte er im Sinne einer mit 25. Juni 1984 datierten Vertragsurkunde um den ausgewiesenen Kaufpreis von 330.000 S an ein Landwirteehepaar. Nach einer in den Kaufvertrag aufgenommenen Bestätigung erhielt der Verkäufer einen Scheck über den Betrag des Kaufpreises.

Im Zuge der gerichtlichen Erhebungen über das vorhandene Vermögen des von der Sachwalterschaft Betroffenen bekundete dessen von der damaligen Sachwalterin als "Lieblingsnichte" bezeichnete Tochter seiner Schwester Maria, daß ihr Onkel ihr den von den Käufern ausgestellten Scheck über eine Summe von 300.000 S geschenkt und zu Handen ihres Gatten übergeben habe. Sie bestritt eine nach dem Inhalt des im Sachwalterschaftsbestellungsverfahren erstatteten Sachverständigengutachtens schon für den Tag der Schenkung anzunehmende Geschäftsunfähigkeit des Geschenkgebers zum Abschluß der Schenkung und erklärte sich nicht zu einer Rückabwicklung des Schenkungsvertrages bereit.

Nachdem sowohl die Mutter als auch die Tante der Geschenknehmerin, die beiden Schwestern des Geschenkgebers als einzige nach der Aktenlage als dessen gesetzliche Erben in Betracht zu ziehende Personen, die Schenkung gebilligt und nachdem sich auch die Sachwalterin mehrfach gegen eine Schenkungsanfechtung ausgesprochen hatte, verfügte das Gericht am 2. März 1988 die Übersendung von Kopien der Protokolle über die Aussagen der beiden Schwestern des Geschenkgebers an die Sachwalterin "mit der Erklärung, daß nunmehr von einer Anfechtung des Schenkungsvertrages Abstand genommen" werde. Gleichzeitig verfügte das Gericht, daß auch die Geschenknehmerin hievon "verständigt" werde.

Der im Juli 1988 bestellte familienfremde Sachwalter trat demgegenüber für eine Anfechtung des Schenkungsvertrages ein, ließ nach Bewilligung der Verfahrenshilfe durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt eine Klage gegen die Geschenknehmerin auf Rückzahlung von 300.000 S wegen Geschäftsunfähigkeit des Geschenkgebers bei Abschluß des Schenkungsvertrages verfassen und beantragte die gerichtliche Genehmigung dieser Klagsführung. Mit Beschluß vom 16. Februar 1989 erteilte das die Sachwalterschaftssache führende Gericht die gerichtliche Genehmigung zur Klagsführung gegen die Geschenknehmerin.

Davon erfuhr diese durch Zustellung der Klagsgleichschrift durch das Prozeßgericht und erhob gegen die Erteilung der Prozeßführungsgenehmigung Rekurs. Dabei machte sie vor allem geltend, daß das Pflegschaftsgericht an seine auch ihr gegenüber mitgeteilte "Erklärung", von einer Anfechtung des Schenkungsvertrages Abstand zu nehmen, mangels Sachverhaltsänderungen gebunden geblieben wäre.

Das Rekursgericht wies dieses Rechtsmittel der Geschenknehmerin mit der Begründung zurück, daß ihr als Prozeßgegnerin des von der Sachwalterschaft betroffenen Geschenkgebers im Verfahren über die Genehmigung der Klagsführung keine Beteiligtenstellung und daher keine Rekursbefugnis zukäme.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Geschenknehmerin gegen diesen rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß erhobene Rekurs ist nicht berechtigt. Nach dem Inhalt der angefochtenen Entscheidung können ausschließlich die vom Rekursgericht verneinte Beteiligtenstellung und Rekursberechtigung der Rechtsmittelwerberin einen erheblichen Gegenstand der Anfechtung bilden, nicht auch die erstgerichtliche Prozeßführungsgenehmigung selbst.

Beteiligtenstellung und Rekursberechtigung der Rechtsmittelwerberin hat das Rekursgericht entgegen ihrem Standpunkt zutreffend verneint: Als Nichte und Geschenknehmerin des von der Sachwalterschaft Betroffenen wurde die nunmehrige Rechtsmittelwerberin vom Erstgericht zunächst als Auskunftsperson zur Erforschung des Vermögensstandes des Pflegebefohlenen dem Verfahren beigezogen. Nach Klärung der Tatsache und der näheren Umstände der vom Pflegebefohlenen an seine Nichte bewirkten Zuwendung aus dessen Sicht wurde die nunmehrige Rechtsmittelwerberin auch zu ihren Ansichten als Vertragspartnerin und mögliche Prozeßgegnerin des Pflegebefohlenen in dem ausschließlich in dessen Interesse geführten Pflegschaftsverfahren gehört. Damit wurde sie aber in dem gerichtlichen Verfahren zur Willensbildung des Pflegebefohlenen in der Frage einer Anfechtung und Rückabwicklung des Schenkungsvertrages, mag sie auch als Prozeßgegnerin vom Ergebnis dieser Willensbildung betroffen worden sein, nicht zur Verfahrensbeteiligten. Sie war als Widerpart des Pflegebefohlenen am gerichtlichen Verfahren zur Entscheidung über dessen rechtsgeschäftliches und verfahrensrechtliches Verhalten ihr gegenüber mit ihren rechtlich geschützten Interessen bei der ausschließlich nach dem Standpunkt des Pflegebefohlenen zu fällenden Entscheidung nicht zu berücksichtigen. Die Entscheidung über die Prozeßführungsgenehmigung war für sie lediglich als Tatsache hinzunehmen. Die Benachrichtigung über die Haltung des Gerichtes zu der im Zuge der Vermögenserhebungen erwogenen Anfechtung und Rückabwicklung des Schenkungsvertrages erfolgte ausschließlich zur Information einer durch die gerichtlichen Erhebungen mit der Möglichkeit einer Klagsführung gegenübergestellten Vertragspartnerin des Pflegebefohlenen. Selbst aus einer beschlußmäßigen Verweigerung einer vom gesetzlichen Vertreter des Pflegebefohlenen beantragten Genehmigung zur Prozeßführung hätte dem potentiellen Prozeßgegner kein Recht, sondern nur eine ihm aus verfahrensrechtlichen Gründen günstige tatsächliche Lage erwachsen können. Der Rechtsmittelwerberin gegenüber hätte eine Entscheidung über die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einer Prozeßführung gegen sie oder deren Verweigerung niemals unmittelbar, sondern nur mittelbar über die erfolgte oder unterbliebene Klagserhebung Wirkungen zeitigen können.

Die wertende Einschätzung der Rechtsmittelwerberin als Beteiligte am anhängigen außerstreitigen Verfahren ist eine Frage der verfahrensrechtlichen Beurteilung. Die Lösung dieser Frage durch das Rekursgericht stellt keine Aktenwidrigkeit dar, läßt keine unrichtige Anwendung der Verfahrensgesetze erkennen und begründet umsoweniger die gerügte Nichtigkeit.

Die Rechtsmittelwerberin hat die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Prozeßführung ebenso als Tatsache hinzunehmen wie die aufgrund dieser Prozeßführungsgenehmigung gegen sie angebrachte Klage selbst. Sie kann sich gegen diese nur mit den verfahrensrechtlichen Einreden des Zivilprozeßrechtes und den materiellrechtlichen Einwendungen gegenüber dem klageweise erfolgten Begehren zur Wehr setzen.

Das Rekursgericht hat daher der Rechtsmittelwerberin zu Recht Beteiligtenstellung und Rekursberechtigung im anhängigen Verfahren abgesprochen. Es hatte aus diesem Grunde zu den gegen die erstrichterliche Prozeßführungsgenehmigung ausgeführten Anfechtungsgründen der Rechtsmittelwerberin nicht weiter Stellung zu nehmen.

Dem Rekurs gegen den zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß war aus dessen zutreffender Begründung nicht stattzugeben.

Anmerkung

E17772

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00615.89.0615.000

Dokumentnummer

JJT_19890615_OGH0002_0060OB00615_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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