TE OGH 1989/6/15 7Ob597/89

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Veröffentlicht am 15.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Pflegschaftssache des mj. Hermann K***, geboren am 20. Oktober 1976, derzeit bei den Pflegeeltern Franz und Maria W***, Eggersdorf 247, infolge Revisionsrekurses der Mutter Wilhelmine K***, Landwirtin, Oberrohr 22, vertreten durch Dr. Wolfgang Poleschinski, Rechtsanwalt in Hartberg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgericht vom 3. März 1989, Gz. 1 R 21/89-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hartberg vom 2. Jänner 1989, GZ. 1 P 128/85-9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der am 20. Oktober 1976 geborene Hermann K*** befindet sich aufgrund einer mit Beschluß des Bezirksgerichtes Hartberg vom 4. November 1985, 1 P 128/85-4, angeordneten gerichtlichen Erziehungshilfe seit 14. November 1985 bei den Pflegeeltern Franz und Maria W***.

Die Vorinstanzen haben übereinstimmend den Antrag der Mutter, ihr ein Besuchsrecht zu dem Minderjährigen einzuräumen, abgewiesen. Hiebei gingen sie von eingehenden Erhebungen über die zu erwartenden Auswirkungen eines Besuches der Mutter auf den Minderjährigen aus und kamen zu dem Ergebnis, daß derartige Besuche aufgrund der Psyche des Kindes und des Verhaltens der Mutter mit einer großen Gefahr für das Wohl des Kindes verbunden wären.

Da übereinstimmende Entscheidungen der Vorinstanzen vorliegen, wäre gemäß § 16 AußStrG ein weiteres Rechtsmittel nur wegen Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit oder offenbarer Gesetzwidrigkeit zulässig.

Eine Aktenwidrigkeit wird im Revisionsrekurs nicht aufgezeigt. Eine Nichtigkeit könnte gegeben sein, wenn im Pflegschaftsverfahren auf das Wohl des Minderjährigen überhaupt nicht Bedacht genommen worden wäre. Dies ist hier nicht der Fall, weil sich die Vorinstanzen sehr eingehend mit dem Wohl des Kindes auseinandergesetzt haben.

Rechtliche Beurteilung

Offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird (JBl 1975, 547, NZ 1973, 77 ua). Falls nicht tragende Grundsätze des Rechtes, wie im Pflegschaftsverfahren die Beachtung des Wohles des Pflegebefohlenen, gänzlich außer Betracht gelassen worden sind, kommt bei einer Ermessensentscheidung offenbare Gesetzwidrigkeit begrifflich nicht in Betracht (SZ 49/76, NZ 1982, 142 ua.).

Gemäß § 148 Abs 1 ABGB kann den Eltern, wenn durch die Ausübung des Besuchsrechtes die Beziehung des Kindes zu jenem Teil, bei dem es aufwächst, unerträglich gestört würden, die Ausübung dieses Rechtes ganz untersagt werden. Demnach findet die Entscheidung der Vorinstanzen im Gesetz Deckung. Aufgrund der getroffenen Feststellungen würden die Beziehungen des Minderjährigen zu seinen Pflegeeltern durch die Ausübung des Besuchsrechtes der Mutter unerträglich gestört werden. Demnach ist die angefochtene Entscheidung nicht nur nicht offenbar gesetzwidrig, sondern entspricht eindeutig dem Gesetz.

Der Revisionsrekurs erweist sich demnach schon aufgrund des § 16 AußStrG als unzulässig, weshalb nicht geprüft werden mußte, ob trotz der Verspätung eine allfällige Beachtung im Sinne des § 11 AußStrG möglich wäre.

Anmerkung

E18116

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0070OB00597.89.0615.000

Dokumentnummer

JJT_19890615_OGH0002_0070OB00597_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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