TE OGH 1989/6/15 6Ob8/89

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Veröffentlicht am 15.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Registersache der F.M.Z*** Gesellschaft mbH & Co in Dornbirn infolge Revisionsrekurses der beiden Gesellschafterinnen 1./ F.M.Z*** Geschäftsführungsgesellschaft mbH in Feldkirch und 2./ F.M.Z*** Gesellschaft mbH in Dornbirn, beide vertreten durch Dr.Gerhard Hammer, öffentlicher Notar in Dornbirn, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 13.April 1989, GZ 3 R 107/89-25, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Feldkirch vom 8.Feber 1989, GZ HRA 2.194-21, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der rekursgerichtliche Beschluß wird dahin abgeändert, daß der an die zweite Instanz gerichtete Rekurs des Schutzverbandes gegen unlauteren Wettbewerb zurückgewiesen wird.

Text

Begründung:

Im Handelsregister des Landes- als Handelsgerichtes Feldkirch war zu HRA 2.194 zuletzt die F.M.Z*** Gesellschaft mbH & Co (im folgenden kurz KG) mit dem Sitz in Dornbirn eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafterin war nach dem letzten Registerstand die F.M.Z*** Geschäftsführungsgesellschaft mbH in Feldkirch, Kommanditistin die F.M.Z*** Gesellschaft mbH in Dornbirn. Mit der Behauptung, die KG habe mit 31.Dezember 1988 den Geschäftsbetrieb eingestellt und werde liquidiert, beantragten die beiden Gesellschafterinnen am 26.Jänner 1989 deren Löschung. Über Aufforderung des Erstgerichtes legten die beiden Antragstellerinnen ein Schreiben der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg vom 2.Feber 1989 vor, wonach die KG nach Mitteilung des Einschreiters vom 31.Jänner 1989 ihren Geschäftsbetrieb eingestellt habe, die Liquidation ohne formelles Verfahren erfolge und gegen die Löschung der Firma im Handelsregister keine Einwendungen erhoben würden.

Das Erstgericht trug darauf im Handelsregister ein, die Gesellschaft sei aufgelöst und deren Firma erloschen. In Stattgebung des Rekurses des Schutzverbandes gegen unlauteren Wettbewerb hob das Gericht zweiter Instanz die registergerichtliche Löschungsverfügung auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Löschungsantrag nach Verfahrensergänzung auf. Es führte aus, die Eintragungsverfügung sei eine registergerichtliche Entscheidung, die nicht schon deshalb der Überprüfung durch die Rechtsmittelinstanz entzogen sei, weil sie durch die Eintragung im Register bereits vollzogen worden sei. Die Vollziehung der Eintragung nehme einem nach § 9 AußStrG Rekursberechtigten nicht den verfahrensrechtlichen Anspruch auf Überprüfung der Eintragungsverfügung und beschränke ihn somit nicht auf die bloße Anregung einer Prüfung der Voraussetzungen für eine amtswegige Löschung durch das Registergericht. Verfolge ein Gläubiger seine Ansprüche gegen die Gesellschaft in einem Zivil- oder Exekutionsverfahren, werde seine verfahrensrechtliche Stellung schon dadurch unmittelbar betroffen, daß die Gesellschaft infolge der Löschung im Handelsregister ihre vertretungsbefugten Organe verliere, sodaß er genötigt sei, die Bestellung neuer Organe zu betreiben und abzuwarten. Insoweit sei auch dem Gesellschaftsgläubiger die Rechtsmittelbefugnis zuzubilligen, selbst wenn die Löschung nur rechtsbezeugend wirke und die Parteifähigkeit der Gesellschaft so lange nicht beeinträchtige, als ihr Rechtsverhältnis Dritten gegenüber noch nicht abgewickelt sei. Der bereits vor der Verlautbarung der Löschungsverfügung beim Erstgericht eingebrachte Rekurs sei auch rechtzeitig. Gemäß den §§ 31, 145, 157 und 161 HGB erlösche die Firma einer Kommanditgesellschaft mit dem Abschluß der auf die Auflösung folgenden Liquidation, was dann der Fall sei, wenn die Abwickler ihre Aufgabe - die Vollbeendigung der Gesellschaft - erfüllt hätten. Es dürfe kein verwert- und verteilbares Vermögen mehr vorhanden sein. In der Rechtsprechung sei überdies der Standpunkt vertreten worden, vor der Löschung der Firma müßten alle Rechtsverhältnisse der Gesellschaft Dritten gegenüber abgewickelt sein. Dem habe freilich ein großer Teil der Lehre widersprochen. Wie dem immer sei, nach dem Grundsatz, daß das Handelsregister nur die wirkliche Rechtslage wiedergeben solle, habe das Registergericht bei begründeten Zweifeln an der Beendigung der zu löschenden Gesellschaft eigene Erhebungen anzustellen. Solche Zweifel seien schon deshalb indiziert gewesen, weil in der Eingabe der beiden Gesellschafterinnen lediglich vorgebracht worden sei, die Gesellschaft werde nach Einstellung des Geschäftsbetriebes liquidiert. Auch nach der Stellungnahme der Kammer erfolge die Liquidation ohne formelles Verfahren. Deshalb und weil der frühere Kommanditist Dkfm.Martin Z*** noch im Dezember 1988 seinen Gesellschaftsanteil an die F.M.Z*** Gesellschaft mbH übertragen habe, liege es nahe, daß die Voraussetzungen für die Löschung noch nicht erfüllt seien. Es sei überdies amtsbekannt, daß die F.M.Z*** Gesellschaft mbH & Co im Zusammenhang mit der Errichtung von Einkaufsmärkten in Österreich in noch nicht abgeschlossene Rechtsstreitigkeiten verwickelt sei. Daher hätte sich das Erstgericht nicht mit der bloßen Mitteilung des Einschreiters, die Liquidation sei bereits durchgeführt, begnügen dürfen, sondern hätte eigene Nachforschungen anstellen müssen. Es werde deshalb zu klären haben, ob die Löschungsvoraussetzungen tatsächlich erfüllt seien. Allein durch die Auflösung der Gesellschaft werde das Erlöschen der Firma nicht bewirkt. Übernehme etwa bei einer aus zwei Personen gebildeten Gesellschaft ein Gesellschafter das Unternehmen ohne Liquidation (§ 142 HGB), so erlösche die Firma nicht; vielmehr erwerbe sie der Übernehmer. Werde das Gesellschaftsunternehmen veräußert und die Firma nicht fortgeführt, erlösche sie, sobald die Gesellschafter den nach Berichtigung der Verbindlichkeiten verbleibenden Überschuß unter sich aufgeteilt hätten. Auch diese Form der Abwicklung gehöre als Ersatz für die Liquidation noch zum Gewerbebetrieb.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der beiden Gesellschafterinnen der KG ist berechtigt.

Der Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb berief sich zur Rechtfertigung seiner Rekurslegitimation wie auch zur Begründung seines Rechtsmittels an die zweite Instanz darauf, er führe gegen die KG mehrere Prozesse. Die KG habe im März 1989 im Zuge eines näher bezeichneten Exekutionsverfahrens eine dort über sie verhängte Beugestrafe bezahlt. Sie betreibe nach wie vor ihr Unternehmen, verfüge über Vermögen und habe dementsprechend auch Verpflichtungen. Der Löschungsantrag sei offenbar ein prozeß- bzw exekutionstaktisches Manöver.

Der Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb entbehrte aber - wie noch zu zeigen sein wird - der vom Rekursgericht zu Unrecht angenommenen Rechtsmittelbefugnis. Der Löschung der Firma der KG war unbestrittenermaßen keine Liquidation im Sinne der §§ 145 ff HGB vorausgegangen. Diese findet auch nur dann statt, wenn - abgesehen von der Eröffnung des Konkurses über das Gesellschaftsvermögen - nicht eine andere Art der Auseinandersetzung von den Gesellschaftern vereinbart ist (§ 145 Abs 1 HGB); dies gilt zufolge § 161 Abs 2 HGB auch für die KG (GesRZ 1984, 50 mwN). Im Falle einer solchen Auseinandersetzung sind gemäß § 158 HGB, solange noch ungeteiltes Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, im Verhältnis zu Dritten die für die Liquidation geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Das Erstgericht hat seiner Löschungsverfügung offenbar unterstellt, daß die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern bereits beendet sei, obgleich die "Liquidation" sowohl im Löschungsantrag als auch in der Stellungnahme der Handelskammer erst in Aussicht gestellt war. Im vorliegenden Verfahren ist aber nicht zu prüfen, ob das Erstgericht dem Antrag der Gesellschafter auf Löschung der Firma der KG entsprechen durfte, weil das Gericht zweiter Instanz - wie schon angedeutet - dem Rekurs des Schutzverbandes gegen unlauteren Wettbewerb, der sich zur Dartuung seines Rechtsmittelrechtes nur auf seine Stellung als Gesellschaftsgläubiger berufen kann, keiner sachlichen Erledigung hätte zuführen dürfen.

Die zwischen der KG - so wie auch der offenen Handelsgesellschaft - und Dritten bestehenden Rechtsverhältnisse welcher Art immer werden durch die Löschung der Firma der Gesellschaft, der bloß rechtsbezeugende Wirkung zukommt, nicht berührt. Ist die KG - weil, wie der Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb behauptet hat, noch ungeteiltes Vermögen vorhanden ist - noch nicht (voll-)beendet, so besteht sie im Verhältnis zu Dritten, insbesondere zu ihren Gläubigern, trotz der Löschung ihrer Firma im Handelsregister zu Liquidationszwecken fort und ist demnach auch formell weiterhin parteifähig. Die Gesellschaft kann dann unter ihrer alten Firma klagen und geklagt werden. Anhängige Verfahren sind trotz der Löschung der Firma im Handelsregister ohne Änderung der Parteienbezeichnung weiter zu führen (GesRZ 1984, 50; Torggler-Kucsko in Straube, HGB, § 157 Rz 3 mwN). Auch die von der Gesellschaft erteilte Prozeßvollmacht wird durch die Löschung der Firma nicht berührt (GesRZ 1978, 82).

§ 158 HGB stellt, wie schon angedeutet, klar, daß die Gesellschaft auch im Falle einer "anderen Art der Auseinandersetzung" fortbesteht, so lange noch ungeteiltes Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. Klagen und Vollstreckungshandlungen gegen die Gesellschaft und damit der Zugriff der Gläubiger auf das restliche Gesellschaftsvermögen sind somit weiterhin möglich. Während das Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern von deren Vereinbarungen über die Auseinandersetzung bestimmt wird, sind im Außenverhältnis zu Dritten die Liquidationsregeln verbindlich; jedoch werden keine Liquidatoren eingetragen, sondern die Gesellschafter behalten ihre nach außen unbeschränkbare Vertretungsbefugnis bei (Torggler-Kucsko, aaO, § 158 Rz 1 unter Berufung auf die Denkschrift, 108).

Dem Gesellschaftsgläubiger ist das Rekursrecht gegen die Eintragungsverfügung des Registergerichtes nur bei Verletzung subjektiver rechtlich geschützter - und nicht auch bloß wirtschaftlicher - Interessen zuzubilligen (SZ 36/106 uva; zuletzt wieder 6 Ob 22/88). Im vorliegenden Fall wurde aber - wie vorher dargelegt - die Rechtsstellung des Schutzverbandes gegen unlauteren Wettbewerb durch die von ihm in zweiter Instanz bekämpfte Löschungsverfügung des Registergerichtes in keiner Weise berührt. Seine Rechtsmittelbefugnis ist deshalb zu verneinen. Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht den Erwägungen des erkennenden Senates in

der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung WBl 1988, 306 = EvBl

1988/124 = RdW 1988, 198 = NZ 1988, 309. Dort war das Rekursrecht

des Gläubigers einer zwar gelöschten, aber seinen Behauptungen zufolge noch nicht voll beendeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu beurteilen: Ihm wurde das Rekursrecht deshalb zuerkannt, weil seine rechtliche Stellung dadurch unmittelbar berührt ist, daß er im Falle der Löschung genötigt ist, die Bestellung neuer vertretungsbefugter Organe abzuwarten (vgl § 93 Abs 5 GmbHG bzw § 2 Abs 3 ALöschG). Im Gegensatz dazu bleibt die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter durch die Löschung der Firma der KG unberührt. In Stattgebung des Revisionsrekurses der beiden Gesellschafterinnen war der zweitinstanzliche Beschluß dahin abzuändern, daß der Rekurs des Schutzverbandes gegen unlauteren Wettbewerb zurückzuweisen war.

Anmerkung

E17946

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00008.89.0615.000

Dokumentnummer

JJT_19890615_OGH0002_0060OB00008_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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