TE OGH 1989/6/20 11Os66/89

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Veröffentlicht am 20.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Juni 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sanda als Schriftführerin in der Strafsache gegen ILona B*** wegen des Vergehens nach dem § 2 Abs 1 lit c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 7.März 1989, GZ 34 b Vr 1.870/88-9, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Lembach verwiesen. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 24.Juli 1957 geborene, im Haushalt tätige Ilona B*** des Vergehens nach dem § 2 Abs 2 (richtig: Abs 1) lit c PornG schuldig erkannt. Ihr liegt zur Last, in Lembach wissentlich Personen unter 16 Jahren, nämlich dem 14-jährigen Michael B***, dem 12-jährigen Daniel B*** und der 9-jährigen Bianca B***, Laufbilder, welche die sittliche Entwicklung jugendlicher Personen durch Reizung der Lüsternheit und durch Irreleitung des Geschlechtstriebes zu gefährden geeignet sind, vorgeführt zu haben, und zwar

1. Ende Juni oder Anfang Juli 1988 einen Videofilm mit unbekanntem Titel und

2. am 19.Februar 1988 die Videofilme "Heb hoch das Hemd, wenn's Höschen klemmt" und "Unterm Dirndl wird gejodelt".

Dieses Urteil wird von der Angeklagten im Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Zutreffend macht die Beschwerdeführerin in ihrer Rechtsrüge unter anderem geltend, daß im Urteil ausreichende Feststellungen zur subjektiven Tatseite fehlen.

Diesbezüglich beschränkte sich das Schöffengericht auf die Konstatierung, die Angeklagte habe es wissentlich zugelassen, "daß die genannten Videofilme auch von ihren Kindern, dem damals 14-jährigen Michael, dem 12-jährigen Daniel und der 9-jährigen Bianca betrachtet wurden" (S 103 d.A).

Aus dieser Urteilspassage ergibt sich zwar, daß die Angeklagte sich dessen gewiß war (§ 5 Abs 3 StGB), die Videofilme einem dem § 2 Abs 1 lit a PornG entsprechenden Personenkreis vorgeführt (bzw zugänglich gemacht) zu haben. Der Tatbestand des § 2 Abs 1 lit c PornG verlangt aber zu seiner Erfüllung auch noch das Wissen (§ 5 Abs 3 StGB) um den (konkreten) Inhalt eines solchen Filmes, dem die Eignung zukommen muß, die sittliche oder gesundheitliche Entwicklung jugendlicher Personen durch Reizung der Lüsternheit oder Irreleitung des Geschlechtstriebes zu gefährden. In dieser Richtung sind dem Urteil ausreichende Feststellungen nicht zu entnehmen. Die bloß beiläufige Erwähnung, daß der Angeklagten beim Entlehnen eines solchen Filmes von der Verleiherin ausdrücklich mitgeteilt worden sei, der Film sei erst für Personen ab 18 Jahren geeignet (S 104 d.A), vermag daran für sich allein nichts zu ändern. Dies umsoweniger, als der Bezugnahme im Urteil auf die Angaben der Zeugen L***, H***, P*** und N*** (S 104 d.A) eine Einschränkung der den Minderjährigen eingeräumten Besichtigungsmöglichkeit auf "zumindest wesentliche Szenen" entnommen werden kann, wobei der Inhalt dieser Szenen aber nicht einmal der Art nach näher beschrieben wird (S 105 d.A). Auch der Hinweis auf ein eingangs der Hauptverhandlung abgelegtes Geständnis der Angeklagten (S 103 d.A) vermag das Fehlen ausreichender Sachverhaltsdarstellungen in dieser Hinsicht nicht auszugleichen, zumal dieses (nicht detaillierte) Geständnis von der Angeklagten im Verlauf ihrer Verantwortung sachlich - insbesondere auch zur subjektiven Tatseite - weitgehend eingeschränkt wurde (siehe insbesondere S 91 d.A).

Schon dieser Feststellungsmangel zum inneren Tatbestand bewirkt die Nichtigkeit des Urteils nach der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu erkennen, wobei auf das übrige Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden brauchte.

Daß im erneuerten Verfahren gegebenenfalls auch eingehendere Feststellungen über den Inhalt der den Minderjährigen vorgeführten Filmszenen zu treffen sein werden, um in objektiver Hinsicht die Frage ihrer Eignung, die sittliche oder gesundheitliche Entwicklung der geschützten Personen iS des § 2 PornG zu gefährden, verläßlich beurteilen zu können, versteht sich nach dem bereits an früherer Stelle Erwähnten von selbst.

Mit ihrer durch die Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Berufung war die Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen. Der Ausspruch über die künftige Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Lembach ist im Art VII und IX Abs 4, letzter Satz, JGG 1988 (iVm den §§ 9 Abs 1 Z 1, 51 StPO) begründet (vgl 12 Os 53/89).

Anmerkung

E17620

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0110OS00066.89.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19890620_OGH0002_0110OS00066_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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