TE OGH 1989/6/27 4Ob67/89

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Veröffentlicht am 27.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ÖVM - Ö*** V***,

Wien 1, Zelinkagasse 2, vertreten durch DDr.Walter Barfuß und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei V*** Verwaltung von Versicherungsverträgen für die Abfertigungsvorsorge im Bereich der Wirtschaft Gesellschaft mbH, Wien 2, Große Mohrengasse 1, vertreten durch Dr.Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 480.000) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 24.Februar 1989, GZ 3 R 1/89-15, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 14.November 1988, GZ 39 Cg 380/88-7, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels endgültig, die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist ein Verein, dem zahlreiche Versicherungsmakler in ganz Österreich als Mitglieder angehören; seine Aufgabe ist es unter anderem, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen, die die Interessen von Versicherungsmaklern berühren.

Die Kammern der gewerblichen Wirtschaft haben für ihre Mitglieder eine Versicherung gegen das finanzielle Risiko von Abfertigungsfällen eingerichtet. Um die Kammerorganisation nicht durch zusätzliche Verwaltungsarbeiten zu belasten, wurde vorgesehen, daß die Versicherungsverträge durch eine für diesen Zweck zu gründende Gesellschaft - die Beklagte - abgeschlossen und verwaltet werden. Aufgabe der Beklagten sollte es auch sein, die erforderlichen Rückdeckungsversicherungen abzuschließen und die Prämien zu veranlagen.

Die Beklagte wurde am 25.11.1987 in das Handelsregister des Handelsgerichtes Wien eingetragen. Ihr Unternehmensgegenstand ist insbesondere die Verwaltung von Versicherungsverträgen für die Abfertigungsvorsorge im Bereich der Wirtschaft sowie die Ausübung des Versicherungsmaklergewerbes. Ihre Gründungsgesellschafter waren die V***-S*** MBH - eine 100 %ige Tochtergesellschaft der

B***-V*** - mit einer Stammeinlage von S 499.000 und der Rechtsanwalt Dr.Josef B*** mit einer Stammeinlage von S 1.000. Bei der außerordentlichen Generalversammlung vom 27.7.1988, die ebenso wie die vorangegangene in den Direktionsräumen der B***-V*** AG stattfand, wurde das Stammkapital der Beklagten auf S 1,375.ooo erhöht. Zur Übernahme der Kapitalerhöhung wurde ausschließlich die V***-S*** MBH zugelassen; zugleich trat

ihr Dr.Josef B*** seinen Geschäftsanteil ab, so daß sie nunmehr Alleingesellschafterin der Beklagten ist. Als ihre Anschrift gibt sie "1020 Wien, Große Mohrengasse 1" an; dort befindet sich der Lieferanteneingang der B***-V*** AG. Eine Tafel

weist darauf hin, daß die Beklagte im Haus der

B***-V*** AG ihren Sitz hat.

Geschäftsführer der Beklagten war bis zum 22.8.1988 Horst Z***,

ein Mitarbeiter der B***-V*** AG. Seither sind

Walter O*** und Johann M*** als gemeinsam zeichnungsberechtigte Geschäftsführer eingetragen.

Der "Wirtschaftsreport" Nr 5 a vom Mai 1988, herausgegeben von der Landesgruppe Wien des Österreichischen Wirtschaftsbundes, führte unter dem Titel "Die Wahrheit über das Abfertigungsversicherungsmodell" unter anderem aus:

"Natürlich handelt es sich bei der V*** nicht um die Bundesländer-Versicherung, wie fälschlich behauptet wird. Eine derartige Bevorzugung eines einzelnen Mitgliedsbetriebes durch die Wiener Handelskammer wäre undenkbar. Derzeit ist in dieser Verwaltungsgesellschaft die Beteiligung namhafter Versicherungsunternehmen, die einen Großteil der heimischen Versicherungswirtschaft repräsentieren, vorgesehen: Neben der schon namentlich erwähnten Bundesländer-Versicherung wirken noch die Wiener Städtische, die Erste Allgemeine, die Austria-Versicherung sowie die drei großen Landesanstalten von Nieder- und Oberösterreich sowie der Steiermark mit."

Im offiziellen Organ der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien, der "Wiener Wirtschaft" vom 20.5.1988 war unter der Überschrift "Neues Mitgliederservice der Kammer: Versicherung für die Abfertigungen" ua zu lesen:

"Der V*** als Verwaltungsgesellschaft gehören an: Die federführende Bundesländerversicherung, die Wiener Städtische, die Erste Allgemeine und die Austria-Versicherung sowie die drei großen Landesanstalten der Steiermark, Niederösterreichs und Oberösterreichs."

In der "Wiener Wirtschaft" vom 7.Juni 1988 hieß es unter dem Titel "Die Abfertigungs-Versicherung folgt nahtlos der auslaufenden Sonderaktion" unter anderem:

"Für einen Teil des versicherten Risikos schließt die Handelskammer ihrerseits eine Rückversicherung bei einem Versicherungs-Pool ab, der aus mehreren großen Versicherungen gebildet wird."

Sowohl in dieser Ausgabe der "Wiener Wirtschaft" als auch in jener vom 22.Juli 1988 wurde die rechtliche Konstruktion der Abfertigungsversicherung unter anderem wie folgt beschrieben:

"Die Handelskammer schließt nun ihrerseits als Versicherter für einen Teil der Risken (Abfertigungszahlung bei Pensionierung und Tod des Arbeitnehmers) einen Rückdeckungsversicherungsvertrag mit der Bundesländer-Versicherung als federführendem Unternehmen der beteiligten Versicherungen (dies geschieht im Rahmen eines etwas modifizierten Abfertigungs-Gruppenversicherungsvertrages) ab."

Im Faltblatt "HK-A***-V***", das von der Beklagten

zusammen mit der Bundeswirtschaftskammer ausgearbeitet und von dieser sowie den Landeskammern - mit Ausnahme jener von Wien - verteilt wurde, hieß es unter anderem:

"Die V*** ist eine Gründung eines Konsortiums namhafter österreichischer Versicherungs-Unternehmen".

Die Wiener Handelskammer hat aus den Rücklagen der Abfertigungssonderaktion S 200,000.000 in die Abfertigungsversicherung eingebracht und einen weiteren Betrag von S 100,000.000 als Haftkapital bereitgestellt. Dadurch konnten die Konditionen für die Wiener Unternehmer gegenüber denen für die Unternehmer aus anderen Bundesländern verbessert werden. Die Wiener Handelskammer verteilt daher ein eigenes Faltblatt mit dem Titel "Die Abfertigungsvorsorge".

Die Beklagte gibt in einem Informationsheft über die "HK-A***-V***" unter Punkt 13 "Verwaltung der Versicherungsverträge" an:

"Sämtliche mit der Abfertigungsversicherung im Zusammenhang stehenden Administrativarbeiten ebenso wie der gesamte Zahlungsverkehr werden namens der Handelskammer von der 'V*** - Verwaltung von Versicherungsverträgen für die Abfertigungsvorsorge im Bereich der Wirtschaft GesmbH' durchgeführt. Diese Gesellschaft, die von namhaften Versicherungsunternehmen getragen wird, wurde mit der Verwaltung der Abfertigungsversicherung betraut, um die Kammer nicht mit organisatorischen Arbeiten zu belasten. Die 'V***' unterliegt der Kontrolle der Handelskammerorganisation."

Die B*** DER G*** W***, die W***

S*** W*** V***, die A***

V*** AUF G*** A*** Ö***

V*** A***, die E*** A***

V***-A***, die G*** W***

V***, die O*** W***

V*** und die E*** N***

B***-V*** haben im Oktober 1988

dem Vertreter der Beklagten Schreiben zukommen lassen, die

auszugsweise wie folgt lauten:

a) Schreiben der B*** DER G*** W***:

"Die Bundeswirtschaftskammer ist bei der Erarbeitung des Abfertigungsversicherungsmodells der Handelskammern immer davon ausgegangen, daß die Verwaltungsgesellschaft V*** von einer Mehrzahl namhafter österreichischer Versicherungsunternehmungen getragen werden muß, und nicht von der Bundesländer-Versicherung allein getragen werden kann. Die Verhandlungen, die die Bundesländerversicherung mit uns über die materielle Ausgestaltung des Modells führte, wurden immer im Hinblick darauf geführt, daß der V*** mehrere Versicherungsunternehmungen als Gesellschafter angehören werden..."

b) Schreiben der W*** S*** W***

V***:

"Ich teile Ihnen mit, daß wir im Wege über die Metropolitan Versicherungsvermittlungs GesmbH, eine 100 %-ige Tochter der Wiener Städtischen, die uns angebotene Beteiligung an der 'V*** Verwaltung von Versicherungsverträgen für die Abfertigungsvorsorge im Bereich der Wirtschaft Gesellschaft mbH' aufgegriffen haben. Damit ist die seit mehreren Jahren bestehende Absicht, die Wiener Städtische Versicherung an der damals noch in Gründung befindlichen V*** zu beteiligen, erfüllt. Wir hatten nie Zweifel, daß wir als großer österreichischer Versicherer an der Rückdeckung dieses Versicherungswerkes beteiligt sein werden und haben auch frühzeitig seitens der Bundesländer-Versicherung eine Bestätigung dieser unserer Absicht erfahren. Daß die ursprünglichen Gründungsgesellschafter der V***, die VMS und Herr Rechtsanwalt Dr.B*** waren, geschah im Einvernehmen mit der Wiener Städtischen und ist lediglich auf die damaligen, formalen Erfordernisse in der Gründungsphase zurückzuführen.

Wir danken für das Angebot und sind sicher, daß wir in guter Zusammenarbeit die Abfertigungsprobleme der Kammermitglieder lösen können".

c) Schreiben der A*** V*** AUF G***

A*** Ö*** V*** A***:

"Auf Grund Ihrer Anfrage bestätigen wird, daß die 'V***' Versicherungs-Vermittlungsgesellschaft mbH, deren Geschäftsanteile sich im 100 %-igen Eigentum unseres Unternehmens befinden, als Gesellschafter an der 'V***' Verwaltung von Versicherungsverträgen für die Abfertigungsvorsorge im Bereich der Wirtschaft Gesellschaft mbH beteiligt ist.

Wir bestätigen des weiteren, daß die Gründung der 'V***' zwischen der Bundesländer-Versicherung und unserem Unternehmen bzw der 'V***' sowie mit den anderen beteiligten Unternehmen von vornherein verhandelt und vereinbart wurde. Daß ursprünglich als Gründungsgesellschafter der 'V***' die Versicherungsmarkt Servicegesellschaft mbH sowie Herr Rechtsanwalt Dr.Josef B*** aufscheinen, erfolgte im Einvernehmen und mit Absprache mit unserem Unternehmen bzw der 'V***'.

d) Schreiben der E*** A*** V***

A***:

"Zu Ihrer gegenständlichen Anfrage betreffend unsere Beteiligung an der V*** teilen wir Ihnen mit, daß unsere Unternehmensgruppe relativ ab Beginn an den Gesprächen über die gegenständliche Gesellschaftsgründung sowie ihre Tätigkeit eingeschaltet und mitbeteiligt war und wir auch an der nunmehrigen Konstruktion mitgewirkt haben. Im Zuge der Realisierung hat es sich als zweckmäßig erwiesen, daß die V*** vorab gegründet wird, was im Einvernehmen auch mit uns von der Bundesländerversicherung im Wege ihrer Tochtergesellschaft Versicherungsmarkt-Servicegesellschaft mbH gemeinsam mit deren Rechtsberater, Herrn Rechtsanwalt Dr.Josef B***, erfolgte.

Nachdem zwischenzeitig die für die Gesamtkonstruktion erforderlichen Verträge und Vereinbarungen zwischen den Partnern abgesprochen sind, haben wir uns entschlossen, daß sich seitens unserer Unternehmensgruppe an der V*** unsere Tochtergesellschaft, Allgemeine Immobilien-Verwaltungs-Gesellschaft mbH, beteiligt. Auf Grund dieser Entscheidung ist uns bereits ein notarielles Anbot hinsichtlich der Abtretung eines Geschäftsanteiles an der V*** zugunsten unserer Allgemeinen Immobilien-Verwaltungs-GesellschaftmbH zugegangen, welches beabsichtigt ist, von dieser in den nächsten Tagen angenommen zu werden."

e) Schreiben der G*** W*** V***:

"Auf Grund Ihrer Anfrage bestätigen wir, daß unser Unternehmen beabsichtigt, sich durch Annahme eines bereits vorliegenden, von der 'Versicherungsmarkt-Servicegesellschaft mbH' gestellten Abtretungsanbotes an der 'V*** Verwaltung von Versicherungsverträgen für die Abfertigungsvorsorge im Bereich der Wirtschaft Gesellschaft mbH' zu beteiligen.

Wir bestätigen des weiteren, daß uns schon von Anfang an von Funktionären der Bundesländer-Versicherung eine solche Beteiligung in Aussicht gestellt wurde."

f) Schreiben der O*** W***

V***:

"Auf Grund Ihrer Anfrage bestätigen wir, daß unser Unternehmen an der 'V*** - Verwaltung von Versicherungsverträgen für die Abfertigungsvorsorge im Bereich der Wirtschaft Gesellschaft mbH' als Gesellschafter beteiligt werden wird.

Wir bestätigen des weiteren, daß die Gründung der V*** zwischen der Bundesländer-Versicherung und uns und anderen Unternehmen von vorneherein verhandelt und vereinbart wurde. Daß ursprünglich als Gründungsgesellschafter der V*** die Versicherungsmarkt-Servicegesellschaft mbH sowie Herr Rechtsanwalt Dr.Josef B*** aufscheinen, erfolgte im Einvernehmen mit uns."

g) Schreiben der E*** N***

B***-V***:

"Auf Grund Ihrer Anfrage bestätigen wir, daß unser Unternehmen die Absicht hat, sich an der 'V*** - Verwaltung von Versicherungsverträgen für die Abfertigungsvorsorge im Bereich der Wirtschaft Gesellschaft mbH' als Gesellschafter zu beteiligen. Weiters teilen wir mit, daß von vornherein verhandelt und vereinbart wurde, daß zu den ursprünglichen Gründungsgesellschaftern der 'V***', nämlich die Versicherungsmarkt-Servicegesellschaft mbH sowie Herr Rechtsanwalt Dr.Josef B***, unsere Gesellschaft sowie eine Reihe anderer Gesellschafter dazukommen."

Mit der Behauptung, daß die Beklagte mit allen Mitteln versuche, die Tatsache, daß sie - entgegen den Erwartungen, die einem Versicherungsmakler entgegengebracht würden - im wirtschaftlichen Alleineigentum der B***-V*** AG stehe, der

offensichtlich alle wirtschaftlichen Vorteile aus dem Abschluß der Abfertigungsversicherungen zufließen sollten, durch wahrheitswidrige Angaben über ihre Gründer zu verschleiern, begehrt der Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten in der Werbung für die "Abfertigungs-Vorsorge" der Handelskammern die unwahre Behauptung zu untersagen, die mit der Administration dieser Versicherung betraute Beklagte sei eine Gründung namhafter Versicherungsunternehmen, obwohl bei der Gründung der Beklagten in Wahrheit eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der B***-V*** 99,8 % der Stammanteile der Beklagten

übernommen habe und bei der ersten Kapitalerhöhung das gesamte zusätzliche Stammkapital von dieser Tochtergesellschaft der B***-V*** übernommen worden sei, so daß die Beklagte seither im wirtschaftlichen Alleineigentum dieser Versicherungsgesellschaft stehe.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Bei ihrer Gründung sei von vorneherein geplant gewesen, daß an ihr nicht nur die B***-V*** beteiligt sei, sondern daß

sie von mehreren namhaften österreichischen Versicherungsunternehmen getragen werde. Daß als Gründungsgesellschafter ursprünglich nur die V***-S*** MBH und Dr.Josef B***

aufgeschienen seien, sei im Einvernehmen mit sämtlichen beteiligten Versicherungsunternehmen geschehen. In der Zwischenzeit seien bereits die A*** V*** und die W*** S***

W*** V*** an der Beklagten beteiligt. Die

E*** A*** V*** AG, die G*** W***

V***, die O*** W***

V*** sowie die E***

NÖ.B***-V***-AG hätten die Absicht bekundet, die

ihnen angebotenen Beteiligungen einzugehen.

Der Erstrichter wies den Sicherungsantrag ab. Zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt nahm er noch als bescheinigt an:

Die Verhandlungen der B***-V*** mit der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft zur Erarbeitung eines Abfertigungsversicherungsmodells waren immer davon ausgegangen, daß die (zu gründende) Beklagte von einer Mehrzahl namhafter österreichischer Versicherungsunternehmen, nämlich der B***-V***, der W*** S***, der E***

A*** und der A*** V*** sowie den drei großen

Landesanstalten der Steiermark, Niederösterreichs und Oberösterreichs, getragen werden solle. Diese Versicherungsgesellschaften wurden auch von der

B***-V*** unterrichtet. Es kam zu Gesprächen

zwischen den Vorständen der beteiligten Versicherungen. Dabei gab es Willensübereinstimmung über die Tatsache der gemeinsamen Gründung der Beklagten und über die Höhe der Beteiligung der einzelnen Versicherungsgesellschaften daran. Im Herbst 1987 gab es eine Vorentscheidung der Kammern, daß das besprochene Versicherungsmodell den Kammernmitgliedern empfohlen werde. Damals wurde die Beklagte gebraucht, um die neue Versicherungssparte präsentieren zu können. Infolge formaler Erfordernisse in der Gründungsphase traten aber nicht diese Versicherungsunternehmen, sondern im Einvernehmen mit ihnen lediglich die V***-S*** mbH und Dr.Josef B*** als Gründer auf; die anderen mit dieser Angelegenheit befaßten Versicherungen sollten der Beklagten später - selbst oder im Wege von Tochtergesellschaften - im Zuge einer Kapitalerhöhung beitreten.

Rechtlich meinte der Erstrichter, daß zwischen den Streitteilen ein Wettbewerbsverhältnis bestehe, bemühten sich doch beide um Personen, die eine Abfertigungsvorsorgeversicherung abzuschließen beabsichtigten. Sämtliche beteiligten Versicherungsunternehmen hätten durch ihre Vorstände von Anfang an an den Gesprächen über die Abfertigungsvorsorgeversicherung teilgenommen und seien sich einig gewesen, die Beklagte gemeinsam zu gründen. Im Einverständnis mit den befaßten Versicherungen seien aus formalen Gründen lediglich die V***-S*** MBH und Dr.B*** als

Gründungsgesellschafter aufgetreten; die weiteren Versicherungsgesellschaften sollten später im Zuge einer Kapitalerhöhung beitreten. Wenn nun formuliert werde, daß die Beklagte "eine Gründung eines Konsortiums namhafter Versicherungsunternehmen" sei, so vermöge gerade dieser Punkt, der von den tatsächlichen Verhältnissen abweiche, nämlich die Eintragung ins Handelsregister durch sämtliche Versicherungsanstalten oder lediglich durch die federführende Versicherung, den Abshlußwillen bezüglich dieses Produktes nicht zu beeinflussen.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Die Feststellung des Erstrichters, daß über die Tatsache der gemeinsamen Gründung Willensübereinstimmung der Versicherungsunternehmungen bestanden habe, werde, weil durch die Bescheinigungsergebnisse nicht gedeckt, nicht übernommen. Die als Gesellschafter in Aussicht genommenen Versicherungsunternehmen seien zwar im Hinblick auf ihre künftige Beteiligung in Gespräche über die Gründung der Beklagten eingeschaltet gewesen; ihre Mitwirkung habe aber nicht jene Intensität erreicht, die es erlaubte, von einer gemeinsamen Gründung zu sprechen. Die beanstandete Behauptung sei demnach wahrheitswidrig; der damit hervorgerufene Irrtum sei auch geeignet, den Abschlußwillen des Publikums zu beeinflussen, mache es doch tatsächlich einen Unterschied, ob eine Gesellschaft, die eine Versicherung vermarktet und verwaltet, von einem bestimmten Versicherungsunternehmen - im vorliegenden Fall von der B***-V*** - beherrscht und bestimmt oder von einem Konsortium namhafter Versicherungsunternehmen getragen werde. Es könnte durchaus sein, daß potentielle Versicherungsnehmer schlechte Erfahrungen mit einem bestimmten Versicherer gemacht hätten oder aus anderen - allenfalls politischen - Gründen mit einem bestimmten Institut nichts zu tun haben wollten. Zumindest während jenes Zeitraums, in dem die Beteiligung anderer Versicherungsunternehmen zwar beabsichtigt, aber noch nicht verwirklicht sei, habe es Einfluß auf den Abschlußwillen, ob eine Gesellschaft wie die Beklagte nicht nur von einem bestimmten Institut, sondern von einem Konsortium namhafter Versicherungsunternehmen gegründet wurde. Daß die Beklagte zumindest in der Anfangsphase, in der sie nicht nur räumlich, sondern auch personell von ihrer (Groß-)Muttergesellschaft versorgt worden sei, von der B***-V*** beherrscht und

bestimmt wurde, könne nicht bezweifelt werden. Daß die Werbebehauptung nur deshalb unrichtig wäre, weil die Eintragung ins Handelsregister nicht durch sämtliche Versicherungsanstalten, sondern nur durch die federführende Versicherung bewirkt worden sei, treffe nicht zu. Die Unrichtigkeit gehe viel weiter: Sie liege vor allem darin, daß die Erstbeklagte tatsächlich nur von einem Versicherungsunternehmen gegründet und getragen worden sei und auch jetzt noch nicht von einem Konsortium namhafter Versicherungsunternehmen getragen werde; noch viel weniger sei sie von einem solchen Konsortium gegründet worden. Bei der Beurteilung der Werbeaussage sei die (festgestellte) Beteiligung mehrerer Versicherungsunternehmen an Gründungsgesprächen mit der tatsächlichen Gründung der Beklagten nur durch ein einziges Versicherungsunternehmen keineswegs gleichzusetzen. Die beanstandete Behauptung verhindere, daß die Beklagte als von der B***-V*** beherrscht und bestimmt erscheine; sie

gebe ihr den - tatsachenwidrigen - Anschein, eine Mehrzahl namhafter Versicherungsunternehmen zu repräsentieren und damit deren Interessen auszugleichen. Die Beklagte habe diese Behauptung in einem Prospekt, somit im geschäftlichen Verkehr, zu Werbezwecken aufgestellt.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung "aufzuheben" und den Beschluß des Erstrichters wiederherzustellen.

Der Kläger beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Ob zwischen den verschiedenen Versicherungsunternehmen Willensübereinstimmung über die Gründung der Beklagten bestanden hat, ist entgegen den Rechtsmittelausführungen der Beklagten eine Tat- und keine Rechtsfrage. Das Rekursgericht hat aus den Bescheinigungsergebnissen unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgelegten Schreiben der einzelnen Versicherungsgesellschaften, insbesondere aber auch auf Grund einer Zeugenaussage, den tatsächlichen Schluß gezogen, daß die als Gesellschafter in Aussicht genommenen Versicherungsunternehmen zwar Gespräche über die Gründung der Beklagten geführt hätten, eine Willensübereinstimmung über die gemeinsame Gründung der Beklagten aber nicht zustande gekommen sei. Da der Oberste Gerichtshof auch im Provisorialverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist, hat er von dem Sachverhalt auszugehen, den das Rekursgericht als bescheinigt angenommen hat (SZ 54/76; ÖBl 1987, 21 uva). Auf die Ausführungen der Beklagten, mit denen sie in unzulässiger Weise die Tatsachenannahmen des Gerichtes zweiter Instanz angreift, ist demnach nicht einzugehen.

Geht man aber von den Feststellungen aus, die das Rekursgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, dann erweist sich die Rechtsrüge der Beklagten als nicht stichhältig:

Da zwischen den Versicherungsgesellschaften keine Willenseinigung über die Gründung der Beklagten zustande gekommen ist, kann diese nicht als "Gründung mehrerer namhafter Versicherungsunternehmen" bezeichnet werden; der von der Beklagten hervorgehobene Unterschied zwischen dem Begriff der "Gründung" und dem der "Gründer" ist hier ohne Bedeutung. Daß die Initiative zur Schaffung der Beklagten von einer größeren Anzahl namhafter Versicherungsunternehmen ausgegangen ist, ergibt sich aus dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt nicht. Soweit der Revisionsrekurs seinen Rechtsausführungen den übereinstimmenden Willen der beteiligten Versicherungsunternehmungen zur Gründung der Beklagten und auch hinsichtlich der "Konstruktion der Gründungsphasen" zugrunde legt, ist die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß (§ 506 Abs 2, § 520 Abs 2 ZPO) ausgeführt.

Daß zwei der in Betracht kommenden Versicherungsunternehmen tatsächlich von vorneherein über die Gründung der Beklagten verhandelt und diese vereinbart hätten, hat das Rekursgericht - entgegen den Rechtsmittelausführungen - nicht festgestellt; es hat nur darauf verwiesen, daß zwei Versicherungsgesellschaften derartiges bestätigt hätten (S 156 f). Unter Bedachtnahme auf die Mitteilungen anderer Versicherungsgesellschaften und sonstige Beweisergebnisse kam jedoch das Rekursgericht zu der Überzeugung, daß keine Vereinbarung der Versicherungsgesellschaften über die Gründung der Beklagten zustande gekommen sei. Daraus, daß das Rekursgericht die Feststellung des Erstrichters, sämtliche beteiligte Versicherungsunternehmen seien sich über die gemeinsame Gründung der Beklagten einig gewesen, ausdrücklich nicht übernommen hat (S 158), folgt nicht, daß es eine solche Vereinbarung zwischen einzelnen Versicherungsgesellschaften als bescheinigt angenommen hätte. In den vom Rekursgericht angeführten Beilagen 3 und 6 (S 157) haben - wörtlich nahezu übereinstimmend - die A*** V*** (Beilage 3) und die O*** W*** V*** (Beilage 6)

bestätigt, daß die Gründung der Beklagten zwischen der B***-V*** und ihren jeweiligen Unternehmen "sowie

mit den anderen beteiligten Unternehmen" von vorneherein verhandelt und vereinbart worden sei. Das Rekursgericht hat nicht zum Ausdruck gebracht, daß es diesen Bestätigungen nur insoferne den Glauben versage, als sie sich auf die Vereinbarung mit den anderen Unternehmen bezog.

Nach Meinung der Beklagten sei es völlig unverständlich, daß das Rekursgericht in die einstweilige Verfügung auch den Hinweis darauf aufgenommen habe, daß die Beklagte "seither im wirtschaftlichen Alleineigentum der B***-V*** stehe", obwohl es doch festgestellt habe, daß schon zwei Versicherungsunternehmen die Anbote auf Abtretung von Geschäftsanteilen angenommen hätten. Die Beklagte übersieht dabei, daß das Rekursgericht auch eine solche Feststellung nicht getroffen hat; vielmehr hat es die Feststellung des Erstrichters übernommen, wonach die Beklagte (derzeit noch) im Alleineigentum der B***-V*** steht.

Mit Recht hat daher das Rekursgericht die beanstandete Werbeaussage als eine zur Irreführung geeignete Angabe über die geschäftlichen Verhältnisse der Beklagten gewertet. Da der Revisionsrekurs die Rechtsansicht des Gerichtes zweiter Instanz, daß zwischen dem durch diese Werbebehauptung hervorgerufenen Irrtum und dem Entschluß angesprochener Verkehrskreise, sich mit dem Angebot der Beklagten zu befassen, ein Zusammenhang bestehe (SZ 54/97; ÖBl 1987,18 uva), nicht bekämpft, genügt es insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses zu verweisen. Der Revisionsrekurs mußte somit erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten der Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO, jener über die Kosten des Klägers auf § 393 Abs 1 EO.

Anmerkung

E17738

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00067.89.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19890627_OGH0002_0040OB00067_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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