TE OGH 1989/6/28 9ObA154/89

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Veröffentlicht am 28.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Meches und Rudolf Randus als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Tastan E***, Steinmetz, Neuhaus, Plöcking 29, vertreten durch Dr. Heinrich E***, Sekretär der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Linz, Volksgartenstraße 40, dieser vertreten durch Dr. Alfred Eichler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei G*** K*** Gesellschaft mbH, Kleinzell 129,

vertreten durch Dr. Johann Strobl, Rechtsanwalt in Rohrbach, wegen S 41.106,60 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. Februar 1989, GZ 12 Ra 14/89-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. November 1988, GZ 15 Cga 143/88-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.087,-- (darin S 514,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er war seit 28. Juni 1983 bei der Beklagten als Steinmetz beschäftigt und befand sich ab Mitte März bis 15. Dezember 1987 im Krankenstand. Da die Beklagte keine Verlängerung beantragte, lief seine Beschäftigungsbewilligung mit 8. November 1987 aus. Als der Kläger am 16. Dezember 1987 wieder bei der Beklagten erschien, wurde ihm mitgeteilt, daß seine Beschäftigungsbewilligung abgelaufen und er bereits von der Sozialversicherung abgemeldet sei.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger eine Abfertigung in Höhe von S 41.106,60 brutto sA.

Die Beklagte stellte den Abfertigungsanspruch der Höhe nach außer Streit und beantragte im übrigen, das Klagebegehren abzuweisen. Dem Kläger sei angeboten worden, über die Weihnachtsfeiertage "stempeln" zu gehen und dann wieder für die Beklagte zu arbeiten. Da der Kläger seinen Reisepaß nicht gebracht habe, sei aber eine Antragstellung auf Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung nicht möglich gewesen. Dadurch und durch sein Nichterscheinen im Jänner 1988 sei er ohne Grund aus dem Arbeitsverhältnis vorzeitig ausgetreten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Während seines Krankenstandes hatte der Kläger keinen Kontakt zur Beklagten. Der Geschäftsführer der Beklagten fragte zwar den Sohn des Klägers, der ebenfalls bei der Beklagten arbeitete, des öfteren nach dem Kläger; er forderte den Sohn jedoch nicht auf, etwa den Reisepaß des Klägers mitzubringen. Der Sohn teilte aber dem Geschäftsführer mit, daß sein Vater krank sei.

Nach dem Auslaufen der Beschäftigungsbewilligung am 8. November 1987 meldete der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger am 10. November 1987 bei der Gebietskrankenkasse ab. Zwischen dem 6. und 8. Dezember 1987 erhielt der Kläger über seinen Sohn die Lohnabrechnung und Arbeitspapiere ausgefolgt. Am 15. Dezember 1987 erfuhr der Kläger durch den Chefarzt der Gebietskrankenkasse von der Abmeldung. Als der Kläger am 16. Dezember 1987 wieder in den Betrieb der Beklagten kam, hatte er bereits die Unterlagen zur Erlangung des Arbeitslosengeldes mit. Der Geschäftsführer der Beklagten meinte, daß eine neuerliche Beschäftigung nach Weihnachten 1987 möglich sei; es müsse dann ein neuer Antrag auf Beschäftigungsbewilligung gestellt werden. Ob der Kläger mit einer solchen Vorgangsweise einverstanden war, ist nicht feststellbar. Er meldete sich in der Folge nicht mehr.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß das Arbeitsverhältnis entweder durch die Übersendung der Arbeitspapiere Anfang Dezember 1987 oder durch die Mitteilung des Geschäftsführers der Beklagten, der Kläger solle im Jänner 1988 wieder kommen, sohin jedenfalls nach dem Ablauf der Beschäftigungsbewilligung geendet habe. Zu diesem Zeitpunkt habe gemäß § 3 Abs 1 und 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz bereits ein nichtiges Arbeitsverhältnis vorgelegen, aus dessen Beendigung kein Abfertigungsanspruch abgeleitet werden könne.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß nach Punkt III Z 2 des Kollektivvertrags über die Regelung einzelner Beschäftigungsbedingungen ausländischer Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem zeitlichen Ablauf der Arbeitserlaubnis von selbst geendet habe. Auflösungserklärungen seien dazu nicht erforderlich gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei daher nie in das Stadium der Nichtigkeit getreten, so daß dem Kläger im Hinblick auf die taxative Aufzählung der anspruchsverhindernden Gründe im § 23 Abs 7 AngG die begehrte Abfertigung nach § 2 Abs 1 ArbAbfG iVm § 23 AngG zustehe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt werde.

Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin geht nicht von den getroffenen Feststellungen aus, soweit sie geltend macht, die Beendigung des (nichtigen) Arbeitsverhältnisses sei auf ein Fehlverhalten des Klägers zurückzuführen. Der Ablauf der Beschäftigungsgenehmigung hat vielmehr automatisch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge (ZAS 1978/9 !Hoyer ; Arb. 9.866, 10.490 ua). Insoweit verweist die vom Berufungsgericht zitierte Kollektivvertragsbestimmung nur auf die geltende Rechtslage. Das Arbeitsverhältnis der Parteien war daher mit dem Auslaufen der Beschäftigungserlaubnis am 8. November 1987 beendet. Zu einer Aufnahme eines faktischen Arbeitsverhältnisses nach dem Ablaufen der Beschäftigungsbewilligung ist es entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht mehr gekommen, weil die Beklagte den Kläger bei der Gebietskrankenkasse abmeldete, ihm die Lohnabrechnung sowie die Arbeitspapiere übermittelte und erklärte, daß eine spätere Beschäftigung wieder möglich sei, sohin alle Konsequenzen aus dem Ende des Arbeitsverhältnisses zog. Auch der Kläger wurde für die Beklagte nicht mehr tätig.

Der Kläger macht daher seinen Abfertigungsanspruch nicht aus einem bloß faktischen Arbeitsverhältnis im Sinne des § 29 AuslBG in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle BG 21.4.1988, BGBl 231 (vgl. Hoyer, ZAS 1978, 60), sondern aus einem voll gültigen Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeiterabfertigungsgesetzes geltend. Im Rahmen des § 23 Abs 7 AngG hat der Arbeitgeber alle rechtsgeschäftlichen Auflösungen des Arbeitsverhältnisses mit Ausnahme jener Fälle zu vertreten, in denen der Arbeitnehmer selbst kündigt, grundlos vorzeitig austritt oder ihn ein Verschulden an der Entlassung trifft (vgl. Migsch, Abfertigung für Arbeiter und Angestellte, Rz 308 und 309). Der Anspruch auf Abfertigung besteht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch bei einvernehmlicher Auflösung und Ablauf der Befristung des Arbeitsverhältnisses (vgl. Martinek-Schwarz, AngG6 494). Prüft man nun, wer von den Parteien die überwiegende Verantwortung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses trägt (vgl. Migsch aaO Rz 51 und 330; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 115), ergibt sich, daß die Initiative zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses von der Beklagten ausging, da sie ihrer Verpflichtung zur Antragstellung im Sinne des § 19 AuslBG nicht nachgekommen ist. Ein Arbeitgeber verhält sich nicht vertragsgemäß, wenn er keine rechtzeitige Vorsorge dafür trifft, die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses den Erfordernissen der Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG anzupassen (vgl. Arb 9.866; SZ 59/56). Wie die Beklagte selbst vorbrachte, haben alle anderen türkischen Arbeitnehmer eine Beschäftigungsbewilligung bis 8. November 1988 erhalten. Die Beklagte hat aber nicht einmal den Versuch unternommen, über den Sohn des Klägers oder auf andere Weise dessen Paß einzufordern und die erforderlichen Anträge zu stellen. Sie ließ vielmehr die Beschäftigungsbewilligung während des Krankenstandes des Klägers ablaufen und zog daraus die rechtlichen Konsequenzen, sodaß ihr Verhalten zumindest einer Zustimmung zur einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses gleich zu halten ist. Auf ein Fehlverhalten des Klägers, der nicht verpflichtet war, ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen, kann sie sich nach den Feststellungen nicht berufen. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E18004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00154.89.0628.000

Dokumentnummer

JJT_19890628_OGH0002_009OBA00154_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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