TE OGH 1989/7/3 Dg1/89

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Veröffentlicht am 03.07.1989
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Der Oberste Gerichtshof als Dienstgericht hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Kralik, Dr. Schubert und Dr. Wurz als weitere Richter in der Dienstrechtssache des Richters des Landesgerichtes Eisenstadt Dr. Wolfgang R*** den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Weiterbeschäftigung des Richters des Landesgerichtes Eisenstadt Dr. Wolfgang R*** ist nicht möglich.

Text

Begründung:

Der Richter des Landesgerichtes Eisenstadt Dr. Wolfgang R*** ist zugleich Mitglied des Burgenländischen Landtages und übt dort die Funktion eines Klubobmannes des Freiheitlichen Landtagsklubs aus. Er fällt infolge des Zusammentreffens beider Funktionen unter die Regelung des Bundes-Verfassungsgesetzes vom 29.November 1983, BGBl. 611, und des damit geänderten Art. 95 Abs. 4 B-VG sowie des Burgenländischen Landesverfassungsgesetzes vom 30.Jänner 1984, LGBl. Nr. 21, in Verbindung mit § 17 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und §§ 79 und 82 RDG 1961 jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. 1983, Nr. 612, womit unter anderem die Weiterbeschäftigung eines solchen Richters auf seinem bisherigen Arbeitsplatz unter teilweiser Dienstfreistellung, seine Versetzung auf eine andere Planstelle oder seine Außerdienststellung für die Dauer der Mandatsausübung geregelt werden.

Mit Bescheid des Bundesministeriums für Justiz vom 28. Dezember 1987, GZ 4476/4-III 4-87, wurde Dr. Wolfgang R*** zur Ausübung des Mandates freie Zeit im Ausmaß von 2/3 der Dienstleistung gewährt.

Nunmehr ersucht Dr. Wolfgang R***, ihn beginnend mit 1. Juni 1989 zur Gänze außer Dienst zu stellen. Er begründet dies unter Hinweis auf die mit seiner Abgeordnetentätigkeit und seiner Funktion als Klubobmann des Freiheitlichen Landtagsklubs verbundene zeitaufwendige Arbeit.

Der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien hat das Ansuchen Dris. R*** befürwortet und ausgeführt, daß eine Versetzung auf eine andere Planstelle ausscheide, weil diese zu einer Dislozierung führen würde, durch die der Dienstbetrieb erheblich mehr beeinträchtigt wäre, als dies beim Landesgericht Eisenstadt derzeit der Fall ist. Es komme daher nur eine Außerdienststellung gemäß § 82 RDG, § 17 Abs. 3 BDG in Frage.

Der Präsident des Burgenländischen Landtages hat im Hinblick auf den mit den Tätigkeiten Dris. R*** im Zusammenhang mit seiner Funktion als Landtagsabgeordneter verbundenen Zeitaufwand das Ansuchen befürwortet und hiebei zum Ausdruck gebracht, daß die Funktion des Klubobmannes eines Landtagsklubs in Art. 14 der Verfassung des Burgenlandes und in § 10 der Geschäftsordnung des Burgenländischen Landtages verankert sei, es sich hiebei demnach um eine Funktion handle, die der Tägigkeit eines Landtagsabgeordneten zuzurechnen sei und nicht der für eine politische Partei. Das bringe im Vergleich zu einem Mandatar, der diese Funktion nicht ausübt, auch einen zusätzlichen Aufgaben- und Verantwortungsbereich mit sich und erfordere wieder mehr Zeitaufwand. Darüber hinaus seien die Klubobmänner Mitglieder der Präsidialkonferenz, die vom Präsidenten des Landtags einberufen und geleitet werde. Die Präsidialkonferenz sei ein beratendes Organ und erstatte insbesondere Vorschläge zur Erstellung und Durchführung der Arbeitspläne, zur Festlegung der Tagesordnungen und der Sitzungszeiten des Landtages, zur Zuweisung von Vorlagen an die Ausschüsse sowie zur Koordinierung der Sitzungszeiten der Ausschüsse.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof als Dienstgericht hat hiezu erwogen:

Nach Art. 95 Abs. 4 BVG in der Fassung des BVG, BGBl. 1983/611 ist den Öffentlich Bediensteten, die zu Abgeordneten eines Landtags gewählt werden, die für die Ausübung des Mandates erforderliche freie Zeit zu gewähren. Es muß also die ungestörte Ausübung des Abgeordnetenmandates gesichert bleiben. Dazu gehören selbstverständlich auch die vom Präsidenten des Burgenländischen Landtages angeführten Aufgaben, die außerhalb der Sitzungen des Landtages und seiner Ausschüsse zu erfüllen sind, wie Beratungen innerhalb des Klubs, Verhandlungen auf Parteiebene über parlamentarische Vorgänge und die Vorbereitung auf die Sitzungen des Landtages und seiner Ausschüsse. Diesem Bereich ist auch die Tätigkeit als Klubobmann eines Landtagsklubs zuzurechnen. Die (allenfalls mannigfaltigen) übrigen Tätigkeiten, Aufgaben und Verpflichtungen, die ein Mandatar im Rahmen seiner parteipolitischen Funktionen zu erfüllen hat, geben hingegen keine Handhabe für eine gänzliche oder teilweise Dienstfreistellung eines Richters. Ob der Umfang solcher Funktionen nach § 79 Abs. 1 RDG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 Z 3 BDG dann beachtlich wäre, wenn ihretwegen die weitere Tätigkeit als Abgeordneter des Landtages mit der Tätigkeit auf dessen Arbeitsplatz unvereinbar wäre, kann dahingestellt bleiben, weil ein solcher Sachverhalt nicht behauptet wurde. In mehreren Entscheidungen, insbesondere auch den ebenfalls beim Landesgericht Eisenstadt tätigen Richter Dr. Franz S*** betreffend (Dg 5/84), hat der Oberste Gerichtshof, als Dienstgericht für Richter, ausgesprochen, daß auch die umfangreiche Tätigkeit eines Landtagsabgeordneten nicht derart ist, daß durch sie die gänzliche Freistellung vom Dienst als Richter erforderlich würde. An dieser Ansicht wird grundsätzlich festgehalten.

Im vorliegenden Fall ist jedoch zu beachten, daß Dr. Wolfgang R*** auch die Funktion des Klubobmannes des FPÖ-Landtagsklubs innehat. Wie sich aus der Stellungnahme des Präsidenten des Burgenländischen Landtages ergibt, bringt diese Funktion die Notwendigkeit umfangreicher zusätzlicher Tätigkeiten mit sich. Der für die Ausübung dieser Funktion gegenüber anderen Abgeordneten des Landtages erforderliche zusätzliche Zeitaufwand ist beträchtlich. Der Oberste Gerichtshof, als Dienstgericht für Richter, teilt demnach die vom Präsidenten des Burgenländischen Landtages zum Ausdruck gebrachte Auffassung, daß einer Person, die diese Funktion ausübt, daneben die weitere Ausübung des Richteramtes auch teilweise nicht mehr zugemutet werden kann.

Abgesehen davon, daß nach der Äußerung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes eine Versetzung des Dr. Wolfgang R*** nicht möglich ist, brächte eine solche Maßnahme auch keine Lösung des Problemes des unzumutbaren Zeitaufwandes.

Aus den aufgezeigten Erwägungen war dem Ansuchen des Dr. Wolfgang R*** stattzugeben.

Anmerkung

E21320

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0000DG00001.89.0703.000

Dokumentnummer

JJT_19890703_OGH0002_0000DG00001_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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