TE OGH 1989/7/5 2Ob552/89

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Veröffentlicht am 05.07.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Kropfitsch und Dr.Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria W***, Pensionistin, 4780 Schärding, Tummelplatzstraße 490, vertreten durch Dr.Karl Wagner, Rechtsanwalt in Schärding, wider die beklagte Partei Sparkasse der Stadt S***, 4780 Schärding, Oberer Stadtplatz 24, vertreten durch Dr.Johannes Neumann, Rechtsanwalt in Schärding und den auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Dr.Alfons K***, Pensionist, D-8390 Passau, Neuburgerstraße 124, vertreten durch Dr.Peter Bründl, Rechtsanwalt in Schärding, wegen S 54.913,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei und ihres Nebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 10.März 1989, GZ 5 R 155/88-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 11.August 1988, GZ 3 Cg 387/87-23, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Beiden Revisionen wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin hatte bei der beklagten Partei ein Girokonto (Pensionskonto) unter der Nummer 0001-005552. Neben der Klägerin als Kontoinhaberin war ihre Tochter Maria K*** zeichnungsberechtigt. Zu dieser Zeichnungsberechtigung zählt nach Punkt 4) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen nicht die Erteilung oder der Entzug einer weiteren Zeichnungsberechtigung sowie die Schließung des Kontos. Maria K*** erteilte am 5.5.1987 ihrem Ehegatten, dem Nebenintervenienten, nachstehende Vollmacht:

"An Sparkasse der Stadt S***/OÖ. Betr.: Konto Frau Maria W***: - Verfügungsgewalt -. Mein Ehegatte Dr.med.Alfons K***.....ist berechtigt, Auszahlungen von dem Konto meiner Mutter, Frau Maria W***, in jeder Höhe in Empfang zu nehmen." Dr.Alfons K*** behob von dem genannten Konto am 6.5.1987 S 38.325,-- und am 12.6.1987 S 16.588,--.

Die Klägerin begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung dieser Beträge, insgesamt also von S 54.913,-- sA. Sie brachte vor, daß die Behebungen durch Dr.Alfons K*** ohne ausreichende Bevollmächtigung erfolgt seien. Die beklagte Partei hafte ihr für die Beträge der Behebungen des Dr.K*** sowohl aus dem Vertrag als auch aus schadenersatzrechtlichen Gründen, weil sie die Vollmacht des Dr.K*** nicht ausreichend geprüft habe. Dr.K*** sei nicht bereit, ihr die von ihm behobenen Beträge zu refundieren. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, daß auf Grund der Vollmacht vom 5.5.1987 gegen die Ausfolgung der Beträge von insgesamt S 54.913,-- an Dr.K*** keine Bedenken bestanden hätten; die Einräumung der Verfügungsberechtigung an Maria K*** schließe eine Unterbevollmächtigung keinesfalls aus; die Klägerin habe der Ausfolgung zugestimmt, auch seien ihr die von Dr.K*** behobenen Beträge voll zugekommen. Die Klägerin habe im Jänner 1987 in einem Altenheim untergebracht werden müssen; die Kosten hiefür sollten von ihrer auf das von der beklagten Partei geführte Konto eingehenden Pension bezahlt werden. Die inzwischen verstorbene Tochter der Klägerin Maria K*** habe die entsprechenden Pensionsbeträge bei der beklagten Partei in Schärding abgehoben. Nach ihrer schweren Erkrankung sei die Behebung der Beträge durch Dr.K*** erfolgt und zu dem mit der Klägerin vereinbarten Zweck der Zahlung der Pflegegebühren verwendet worden. Die Behebungen durch Dr.K*** seien im zumindest konkludenten Einvernehmen mit der Klägerin erfolgt; die Beträge seien ihr durch Bezahlung der Pflegekosten auch tatsächlich zugeflossen.

Die Klägerin replizierte, daß die von Dr.K*** behobenen Beträge weder zur Abdeckung der Pflegekosten erforderlich gewesen, noch zu diesem Zweck verwendet worden seien. Zur Deckung der Pflegekosten von insgesamt DM 11.597,52 hätten nämlich DM 10.000,--, die sie ihrer Tochter Maria K*** anläßlich ihrer Aufnahme ins Pflegeheim am 15.1.1987 mit entsprechender Widmung übergeben habe, und weitere DM 3.000,--, die von ihrem Konto bei der beklagten Partei am 25.2.1987 behoben wurden, ausgereicht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf über den oben wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende Feststellungen:

Anläßlich der Unterbringung der Klägerin im Altersheim in Passau am 15.1.1987 vereinbarte sie mit ihrer Tochter Maria K*** und deren Gatten Dr.Alfons K***, daß diese aus den von ihnen verwalteten Ersparnissen der Klägerin DM 10.000,-- auf ein Konto einzahlten. Dieser Betrag war zur Zahlung der die monatliche Pension überschreitenden Heimkosten, die primär durch die Pension abgedeckt werden sollten, gewidmet. Am 19.1.1987 eröffnete Dr.K*** bei der Sparkasse P***-G*** S*** das Konto Nr.240720466, lautend auf "Dr.A.K*** für Maria W***". Auf dieses Konto wurden am 20.1.1987 die DM 10.000,-- der Klägerin eingezahlt. In der Folge wurden von diesem Konto auf Grund einer dem Caritasheim erteilten Einzugsermächtigung die Heimkosten abgebucht. Am 26.1.1987 veranlaßte Dr.K*** die Überweisung von DM 8.000,-- auf das Festgeldkonto Nr.245794128. Dieses wurde am 2.7.1987 auf den Namen Dr.Alfons K*** umgeschrieben. Behebungen von diesem Konto wurden bis dahin nicht vorgenommen. Auf das Konto Nr.240720466 leistete Dr.K*** Bareinzahlungen von DM 3.000,-- am 25.2.1987 und von jeweils DM 4.000,-- am 27.3. und 12.6.1987, um einen für die Überweisung der Heimkosten erforderlichen Guthabensaldo herzustellen. Bei den DM 3.000,-- handelte es sich um den von Maria K*** am 24.2.1987 vom Pensionskonto der Klägerin bei der beklagten Partei behobenen Betrag von S 21.741,--.

Am 6.7.1987 wechselte die Klägerin vom Caritasheim in Passau in das Altenheim nach Schärding.

Vom 15.1. bis 15.7.1987 liefen Heimkosten in Höhe von DM 12.299,52 auf, die wie bereits dargestellt vom Konto bei der Sparkasse P*** bezahlt wurden. Der Pensionsbezug der Klägerin von Jänner bis einschließlich Juni 1987 betrug S 76.649,59. Am 6.5.1987 wies das Konto 240720466 bei der Sparkasse P*** ein Guthaben vom DM 2.200,84 auf, welches aus der Bareinzahlung des Nebenintervenienten vom 27.3.1987 resultierte.

Vor Auszahlung der von Dr.Alfons K*** behobenen Beträge setzte sich die beklagte Partei mit der Klägerin nicht in Verbindung. Daß diese den Behebungen durch Dr.K*** zugestimmt hätte, ist nicht feststellbar.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die beklagte Partei durch ihre Auszahlungen an den Nebenintervenienten gegen ihre Verpflichtungen aus dem Kontoführungsvertrag verstoßen habe. Es sei der Beweis nicht gelungen, daß die Klägerin im Falle einer Rücksprache den Auszahlungen an Dr.K*** ihre Zustimmung erteilt hätte. Die beklagte Partei hafte daher grundsätzlich der Klägerin für einen ihr aus den vertragwidrigen Behebungen des Nebenintervenienten entstandenen Schaden. Ein solcher sei aber nicht eingetreten, weil die Pensionsbezüge der Klägerin ohnedies zur Gänze zur Bezahlung der Heimkosten verwendet wurden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, änderte das erstgerichtliche Urteil ab und erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin S 54.913,-- sA zu bezahlen. Es verwies darauf, daß die unstrittige Feststellung, wonach Dr.Alfons K*** vom Konto der Klägerin bei der beklagten Partei am 6.5.1987 S 38.325,-- und am 12.6.1987 S 16.588,-- behoben habe, in der mündlichen Berufungsverhandlung dahin klargestellt wurde, daß er die Auszahlung dieser Beträge an sich selbst verfügte, und sie nicht bloß über vorangegangene Verfügung der Maria K*** in Empfang nahm. Zu einer solchen Verfügung sei aber Dr.Alfons K*** nicht berechtigt gewesen, weil die Zeichnungsberechtigung seiner Ehegattin Maria K*** nach Punkt 4 AGB nicht die Bestellung eines Untervertreters für die Kontoinhaberin umfaßte. Dies habe zur Folge, daß die Verfügungen des Dr.Alfons K*** über das Konto der Klägerin gegenüber nicht wirksam war. Die vollmachtslose Behebung sei nicht saniert worden. Selbst wenn davon ausgegangen werde, daß Dr.Alfons K*** die behobenen Beträge zur Bezahlung der Pflegegebühren verwendete, könne mangels entsprechender Willensbetätigung der Klägerin von einer Vorteilszuwendung im Sinne des § 1016 ABGB nicht die Rede sein. Auch eine Bereicherung der Klägerin liege nicht vor, weil Dr.Alfons K***, sollte er die Pflegekosten bezahlt haben, einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen die Klägerin habe. Die vom falsus procurator getätigten Behebungen seien gegenüber der Klägerin nicht wirksam; diese habe daher gegenüber der beklagten Partei einen Anspruch auf Bezahlung aus dem weiterhin bestehenden Kontoguthaben. Die Revision werde zugelassen, weil zu Punkt 4 der AGB der Österreichischen Kreditunternehmungen eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richten sich die Revisionen der beklagten Partei und ihres Nebenintervenienten. Beide stützen sich auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Beantragt wird die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind berechtigt.

Die beklagte Partei und ihr Nebenintervenient stellen sich auf den Standpunkt, daß selbst dann, wenn die Bestellung des Dr.K*** als Untervertreter zur Geltendmachung unzulässig gewesen sein sollte, das von diesem behobene Geld jedenfalls zur Bezahlung der Verbindlichkeiten der Klägerin verwendet worden sei, weshalb sie nicht berechtigt sei, die neuerliche Bezahlung der behobenen Gelder zu verlangen. Wenn auch die beklagte Partei aus der Verletzung des Kontoführungsvertrages haftbar sei, so liege doch kein Schade der Klägerin vor, weil mit den behobenen Geldern deren Pflegekosten bezahlt wurden.

Dazu war zu erwägen:

Nach Punkt 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen sind nur der Kontoinhaber, nicht aber der Zeichnungsberechtigte zur Erteilung und zum Entzug von Zeichnungsberechtigungen über das Konto berechtigt. Bestellt ein bloßer Zeichnungsberechtigter trotzdem einen weiteren Zeichnungsberechtigten, sind dessen Verfügungen über das Konto dem Kontoinhaber gegenüber nicht wirksam, weil die Erteilung einer Unterzeichnungsberechtigung von der Befugnis des Zeichnungsberechtigten nicht umfaßt ist (Avancini-Iro-Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht I Rz 4/26). Zeichnungsberechtigte können also nicht wirksam gegenüber der Bank einen Untervertreter für den Kontoinhaber bestellen (Avancini-Iro-Koziol aaO Rz 4/62). Unter dem Begriff einer Zeichnungsberechtigung wird die vom Kontoinhaber ausdrücklich oder schriftlich erteilte Berechtigung, über das Konto zu verfügen, verstanden. Die inhaltliche Auskleidung dieser Berechtigung ist unklar und dürftig (Avancini-Iro-Koziol aaO Rz 4/56); sie umfaßt aber sicherlich den hier vorliegenden Fall einer unbeschränkten Einräumung des Rechtes, von dem Konto der Klägerin Geldbehebungen in beliebiger Höhe vornehmen zu dürfen. Die Geldbehebung durch Dr.Alfons K*** wäre daher der Klägerin gegenüber zufolge mangelnder Vollmacht desselben nicht wirksam, weshalb die Klägerin grundsätzlich berechtigt bliebe, von der beklagten Partei die Auszahlung der strittigen Beträge zu verlangen. Das vollmachtslos "geschlossene" Geschäft kann jedoch im Sinne des § 1016 ABGB insoweit "saniert" werden, als der ursprünglich nicht Vertretene das Geschäft nachträglich genehmigt oder sich dessen Vorteile zuwendet. Der erste Fall einer unmittelbaren Genehmigung der Geldbehebung scheidet hier auf Grund der von den Vorinstanzen in diesem Belang getroffenen Feststellungen aus. Die Frage der Vorteilszuwendung blieb aber bisher - im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichtes - ungeklärt. Die von der beklagten Partei behauptete Bezahlung der Pflegekosten der Klägerin wurde zwar vom Erstgericht als erwiesen angenommen, seine Feststellungen wurden aber in der Berufung der Klägerin in umfassender Weise bekämpft. Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Problem nicht auseinandergesetzt, weil es der Ansicht war, daß selbst im Falle der vollständigen Verwendung der behobenen Gelder durch Dr.K*** für die Pflegekosten der Klägerin mangels entsprechender Willensbetätigung derselben von einer Vorteilszuwendung im Sinne des § 1016 ABGB nicht die Rede sein könne. Es ist zwar richtig, daß von einer als Genehmigung anzusehenden Zuwendung des Vorteils nur dann gesprochen werden kann, wenn dem unwirksam Vertretenen bekannt war, daß der Vertreter ohne Vollmacht in seinem Namen abgeschlossen hatte, ihm weiter bekannt war, daß der Vorteil aus diesem Geschäft stammt und der Vertretene das Geschäft will (vgl Welser in JBl 1972, 339; Ehrenzweig2 I/2, 282; JBl 1978, 32 ua); um dies aber verläßlich beurteilen zu können, fehlt es an entsprechenden Feststellungen; die bisherigen erschöpfen sich im wesentlichen darin, daß gewisse Behebungen und Zuweisungen aus den verschiedenen Konten erfolgten, ohne sich mit der subjektiven Einstellung der Klägerin zu den erfolgten Manipulationen im dargestellten Sinn auseinanderzusetzen. Dies ist aber sowohl auf Grund der Beweisrüge der Klägerin erforderlich, als auch zur erschöpfenden Beurteilung des Sachverhalts aus rechtlichen Erwägungen geboten.

Die Klägerin stützt ihr Begehren aber auch auf Schadenersatz. Hiezu ist nach der Konstellation des Falles nur grundsätzlich darauf zu verweisen, daß der Bankkunde darauf vertrauen darf, daß die Bank Anweisungen dritter Personen nicht ohne sorgfältige Prüfung der rechtlichen Vertretungsmacht befolgt (7 Ob 85, 129/74 ua). Da die beklagte Bank aber, wie sie auf S.6 ihrer Revision selbst einräumt, die Behebung der Gelder durch Dr.K*** nicht zulassen hätte dürfen, haftet sie auch grundsätzlich für den durch ihren Sorgfaltsverstoß der Klägerin allenfalls zugefügten Schaden. Auch zur Beurteilung dieses Fragenkomplexes reichen jedoch die Feststellungen des Erstgerichts, die vom Berufungsgericht noch nicht einer Überprüfung unterzogen wurden, nicht aus.

Bei dieser Sachlage ist die Aufhebung des Berufungsurteils nicht zu umgehen. Das Gericht zweiter Instanz wird sich daher entweder selbst mit den aufgeworfenen Fragen zu befassen (§ 496 Abs 3 ZPO) oder entsprechende Beweisaufnahmen durch das Erstgericht anzuordnen haben.

Da die gleichen Erwägungen auch für die Revision des Nebenintervenienten gelten, war beiden Revisionen Folge zu geben und wie im Spruch zu erkennen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E18039

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00552.89.0705.000

Dokumentnummer

JJT_19890705_OGH0002_0020OB00552_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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